Beteiligte
Bundesversicherungsanstalt für Angestellte |
Nachgehend
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 6. Juni 1996 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem Kläger zu gewährenden Altersrente. Streitig ist im Revisionsverfahren – entsprechend dem Umfang der Revisionszulassung durch das BSG – noch, ob dem Kläger ab 1. Januar 1997 eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung der Rentenansprüche aus der Sozialversicherung der DDR sowie der Rentenansprüche aus der Zusatzversorgung – dynamisierbar – zu gewähren ist.
Der im Juli 1929 geborene Kläger war zuletzt von 1982 bis 1991 als Ordentlicher Professor an der M. -Universität in H. beschäftigt. Er war in der DDR sozialversichert und hatte seit Juli 1967 eine Versorgungszusage nach der zusätzlichen Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR – AVI – gemäß der Verordnung vom 12. Juli 1951 (GBl DDR I Nr 85 S 675), geändert durch Verordnung vom 13. Mai 1959 (GBl DDR I Nr 32 S 521). Ausweislich des Versicherungsscheins mit Nachtrag vom 25. September 1967 war der Rentensatz auf 60 vH des maßgeblichen durchschnittlichen monatlichen Bruttogehalts festgelegt.
Ab September 1991 bezog der Kläger eine Invalidenrente nach den Vorschriften der Sozialpflichtversicherung der DDR und eine Zusatzinvalidenrente; der Gesamtanspruch belief sich auf 90 vH des maßgeblichen Durchschnittsmonatsnettogehalts von 2.748,00 DM in der Zeit von Juli 1989 bis Juni 1990, nämlich auf 2.473,20 DM (Bescheid der Überleitungsanstalt Sozialversicherung vom 28. Oktober 1991). Ab 1. August 1991 wurde unter Berücksichtigung von § 10 Abs 1 AAÜG (aF) der Gesamtzahlbetrag auf 2.010,00 DM begrenzt (Bescheid vom 27. Oktober 1991 als Anlage dem Bescheid vom 28. Oktober 1991 beigefügt).
Mit Bescheid der Beklagten vom 9. April 1992 über die Umwertung und Anpassung der Rente aufgrund des ab 1. Januar 1992 geltenden neuen Rechts (SGB VI) wurden die Rente und die Zusatzversorgung ab 1. Januar 1992 in eine einheitliche Rente wegen Erwerbsunfähigkeit umgewertet und angepaßt. Dabei setzte die Beklagte die Rente auf 2.147,48 DM fest; dies entsprach einem um 6,84 vH erhöhten Betrag von 2.010,00 DM; abzüglich eines Beitragsanteils zur Krankenversicherung ergab sich ein Zahlbetrag von 2.010,04 DM. Die Zahlbetragsbegrenzung hob die Beklagte jedoch mit Bescheid vom 30. November 1993 ab 1. August 1991 wieder auf und wertete die Rente erneut unter Berücksichtigung einer Gesamtversorgung von 2.473,20 DM um. Da die nach den Vorschriften des SGB VI berechnete Erwerbsunfähigkeitsrente die Summe der Rente aus der Sozialpflichtversicherung und der Leistung aus der Zusatzversorgung für Dezember 1991 unterschritt, wurde nachträglich ab 1. Januar 1992 ein monatlicher Zahlbetrag von 2.642,37 DM festgestellt; dies entsprach einem um 6,84 vH erhöhten Betrag von 2.473,20 DM. Einen unterdessen ergangenen Rentenbescheid vom 26. November 1992 ersetzte die Beklagte durch diesen Bescheid.
Mit Bescheid vom 11. Februar 1994 stellte die Beklagte für die Zeit vom 1. Februar 1964 bis 30. Juni 1990 die Zugehörigkeit zur AVI unter Berücksichtigung der maßgeblichen Entgelte und Arbeitsausfalltage fest (sog Entgeltbescheid). Anschließend stellte sie die Rente unter Berücksichtigung der Entgelte ab 1. September 1991 neu fest. Danach unterschritt die nach den Vorschriften des SGB VI ermittelte Altersrente den sich aus der Gesamtversorgung ergebenden Zahlbetrag, so daß weiterhin der bestandsgeschützte Betrag von 2.642,37 DM abzüglich der Krankenversicherungsbeiträge geleistet wurde (Bescheid vom 26. Oktober 1994).
Seit August 1994 bezieht der Kläger Regelaltersrente (Bescheid der Beklagten vom 16. Mai 1995).
Gegen den Bescheid vom 28. Oktober 1991 (Leistung aus der Zusatzversorgung), den Bescheid vom 27. Oktober 1991 (Begrenzung der Zusatzversorgung) sowie den Bescheid vom 9. April 1992 (Umwertung und Anpassung nach dem SGB VI) erhob der Kläger erfolglos Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 1992). Die auf die Folgebescheide erweiterte Klage und Berufung sind ebenfalls ohne Erfolg geblieben (Urteile des SG vom 7. Februar 1995 und des LSG vom 6. Juni 1996).
Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt: Ein Anspruch auf (zusätzliche) Zahlung aus der Zusatzversorgung der DDR lasse sich weder aus den Vorschriften der ehemaligen DDR noch aus den Bestimmungen des SGB VI herleiten. Die Überleitungsanstalt Sozialversicherung habe die Höhe der dem Kläger ab 1. September 1991 zustehenden Gesamtversorgung richtig berechnet. Bei der Unterlassung der vom Kläger angestrebten Dynamisierung der Gesamtversorgung handele es sich schon nicht um eine Verschlechterung der an einen Tatbestand geknüpften Rechtsfolgen, weil höhere Ansprüche nie bestanden hätten. Es liege auch kein Verstoß gegen höherrangiges Recht vor.
Der zunächst zuständige 4. Senat hat durch Beschluß vom 29. Juli 1997 die Revision gegen das Urteil des LSG insoweit zugelassen, als der Kläger für Bezugszeiten ab Januar 1997 eine Altersversorgung begehrt, die den monatlichen Wert seines Rechts auf Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem SGB VI übersteigt.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor: Die frühere Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem der DDR könne sich bei der Berechnung der SGB VI-Rente nur insoweit auswirken, als maximal so viele Entgeltpunkte zu berücksichtigen seien wie bei einem Verdienst bis zur bundesdeutschen Beitragsbemessungsgrenze. Hinsichtlich ihres darüber hinaus erzielten Einkommens müßten die Mitglieder von Zusatzversorgungssystemen demgemäß erhebliche Einbußen in der Gesamtversorgung hinnehmen. Dies gelte besonders in seinem Falle als emeritierter Professor, da nur ein kleiner Teil seines Anspruchs auf Zusatzversorgung überführt worden sei. Mit Ende des durch Art 2 § 1 Abs 1 Nr 3 RÜG auf den 31. Dezember 1996 festgelegten Ablaufs der Geltungsdauer des Übergangsrechts stehe dies nicht mehr mit Art 3 Abs 1 GG in Einklang. Insbesondere bei einem Vergleich zwischen ihm als Hochschullehrer aus dem Beitrittsgebiet und verbeamteten bzw versicherungspflichtigen Hochschullehrern aus den alten Bundesländern, die bei vergleichbarem Berufsleben wesentlich höhere Ansprüche aus der Beamtenversorgung bzw aus der Zusatzversorgung für Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes hätten, werde ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz sichtbar. Ihm dagegen, der sowohl Ansprüche auf Rente aus der Sozialversicherung als auch Ansprüche auf Leistungen aus der Zusatzversorgung als einem strukturell dem bundesdeutschen System der Zusatzversorgung für Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes entsprechenden System erworben habe, bleibe lediglich die gesetzliche Rente erhalten. Aber auch im Verhältnis zu anderen Versicherten aus dem Beitrittsgebiet werde er benachteiligt. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liege ferner darin, daß den einzelnen Versicherten aus dem Beitrittsgebiet ein ganz unterschiedlicher Anteil der ursprünglichen Zusatzversorgung entzogen werde. Wer keine Entgelte oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze erworben habe, komme in den Genuß der vollständigen Berücksichtigung derselben. Damit werde auch die in der DDR im Hinblick auf den Verdienst unterbewertete Arbeit der Intelligenz, welche durch höhere Leistungen aus der Zusatzversorgung ausgeglichen werden sollte, fortgeschrieben. Die sog Systementscheidung verstoße auch gegen die Eigentumsgarantie von Art 14 GG. Soweit das BSG die Auffassung vertrete, daß mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland am 3. Oktober 1990 alle vorher erworbenen Ansprüche untergegangen seien und Rentenansprüche nur unter Beachtung des Zahlbetragsschutzes nach den Bestimmungen des SGB VI bestehen, sei diese Rechtsprechung durch die Entscheidung des BVerfG vom 8. April 1997 (sog LPG-Kreditvertragsentscheidung - 1 BvR 48/94 -) widerlegt worden, wonach Schuldverhältnisse aus der DDR, nach den Bestimmungen des DDR-Rechts entstanden, weitergälten. Demgemäß könne ihm weder der Entzug seines rechtmäßig erworbenen Anspruchs auf Zusatzversorgung dem Grunde nach noch die Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze auf rentenfremde selbständige Ansprüche zugemutet werden. Die völlige Umbewertung seiner Erwerbsbiographie stelle zudem einen Verstoß gegen das in Art 20 GG enthaltene Rückwirkungsverbot dar.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 6. Juni 1996 und des Sozialgerichts Halle vom 7. Februar 1995 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 28. Oktober 1991 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juni 1992 sowie der Bescheide vom 9. April 1992, vom 26. November 1992, vom 30. November 1993, vom 26. Oktober 1994, vom 16. Mai 1995 sowie der zum 1. Januar 1996 ergangenen Rentenanpassungsmitteilung zu verurteilen, dem Kläger ab 1. Januar 1997 eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung der Rentenansprüche aus der Sozialversicherung der DDR sowie der Rentenansprüche aus der Zusatzversorgung (AVI) in der Höhe, in der die Rentenansprüche in der DDR rechtmäßig erworben worden sind, und angepaßt an die neuen wirtschaftlichen Verhältnisse zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie verweist zur Begründung auf die Entscheidung des 4. Senats vom 31. Juli 1997 (4 RA 35/97) sowie ihren die Beitragshöhe zur Krankenversicherung betreffenden Bescheid vom 5. März 1998, wonach der Kläger ab 1. Januar 1996 Anspruch auf eine monatliche Rente in Höhe von 2.688,66 DM gehabt habe, die damit den besitzstandsgeschützten Betrag von 2.642,37 DM übersteige.
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet.
Das LSG hat zutreffend entschieden, daß der Kläger gegen die Beklagte für die Zeit ab 1. Januar 1997 keinen Anspruch auf höhere Regelaltersrente nach dem SGB VI hat und keine zusätzlichen Zahlungen zu dem monatlichen Betrag seiner Regelaltersrente verlangen kann. Die vom Kläger mit der Klage angefochtenen Bescheide und im Berufungsverfahren ergangenen Verwaltungsentscheidungen sind – soweit sie der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegen – rechtmäßig. Für das Begehren des Klägers auf zusätzliche Versorgungsleistungen gibt es keine Anspruchsgrundlage im Bundesrecht (dazu nachfolgend Nr 1); dies ist nicht verfassungswidrig (dazu nachfolgend Nr 2).
Aufgrund der zulässig eingelegten, aber nur begrenzt zugelassenen Revision ist nicht darüber zu befinden, ob die Beklagte die Höhe der Regelaltersrente nach dem SGB VI zutreffend festgestellt hat; das Urteil des LSG ist insoweit rechtskräftig. Der Senat hat nur darüber zu befinden, ob der Kläger für Bezugszeiten ab 1. Januar 1997 berechtigt ist, neben seiner Regelaltersrente nach dem SGB VI zusätzliche monatliche Zahlungen zu verlangen, obwohl die ab Januar 1996 zustehende dynamisierbare Altersrente nach dem SGB VI auch im Nominalbetrag höher ist als sein früherer Gesamtanspruch.
1. Inhaltlich wendet sich der Kläger gegen die sog Systementscheidung (dazu zB BSG Urteile vom 27. Januar 1993 - 4 RA 40/92 - BSGE 72, 50 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1, vom 14. Juni 1995 - 4 RA 41/94 - BSGE 76, 136 = SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 1 und vom 5. März 1996 - 4 RA 82/94 - BSGE 78, 41 = SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 5). Diese in Anl II Kap VIII Sachgeb H Abschn III Nr 9 Buchst b zum EinigVtr getroffene Regelung betreffend Zusatz- und Sonderversorgungssysteme besagt: „Erworbene” Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen sollten bis 31. Dezember 1991 in die Rentenversicherung überführt werden. Bis zur Überführung waren die leistungsrechtlichen Regelungen der jeweiligen Versorgungssysteme weiter anzuwenden, wobei ua ungerechtfertigte Leistungen abzuschaffen, überhöhte Leistungen abzubauen sowie Besserstellungen gegenüber vergleichbaren Ansprüchen und Anwartschaften aus anderen öffentlichen Versorgungssystemen zu beseitigen waren. Durch diese spezielle Auslegungsregel hat der EinigVtr das in §§ 24, 25 RAnglG-DDR niedergelegte Überführungsprogramm der DDR modifiziert; das RÜG hat sie konkretisiert (vgl BSG Urteil vom 31. Juli 1997 - 4 RA 35/97 - Urteilsumdruck S 8). Die in § 24 Abs 5 RAnglG-DDR vorgesehene begrenzte Dynamisierung des Gesamtzahlbetrags der Ansprüche auf Altersversorgung oberhalb der Sozialversicherungsrente auch für Bestandsrentner und rentennahe Jahrgänge hat der EinigVtr abgeschafft, so daß diesem Personenkreis seit dem 3. Oktober 1990 nur die Erhaltung des Nominalwertes ihres bisherigen Anspruchs gewährleistet war (Senatsurteile vom 17. Juli 1996 - 5/4 RA 21/94 - BSGE 79, 57 = SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 6, vom 6. November 1996 - 5/4 RA 48/94 - sowie vom heutigen Tage - B 5/4 RA 23/97 R - jeweils mwN).
Der Sache nach besteht die Systementscheidung, alle Altersversorgungsansprüche auch der Zusatz- und Sonderversorgungsberechtigten ausschließlich durch eine einzige Rente aus der Rentenversicherung zu ersetzen, mithin aus zwei Entscheidungen: Den Betroffenen wird – ausschließlich begünstigend – ein gesetzlicher Anspruch nach dem SGB VI eingeräumt, der ihnen ohne diese gesetzliche Regelung nicht zugestanden hätte; die zusatz- und sonderversorgungsberechtigten Bestandsrentner und rentennahen Jahrgänge werden – unter gesetzlicher Zahlbetragsgarantie – „ausschließlich” auf derartige Ansprüche nach dem SGB VI verwiesen (Senatsurteile, aaO). Die in der früheren DDR und nach deren Vorschriften erworbenen Rechte, Ansprüche und Anwartschaften ua aus der Sozialpflichtversicherung und der AVI sind im Rahmen der Systementscheidung ab 1. Januar 1992 durch die entsprechenden Rechte, Ansprüche und Anwartschaften nach dem SGB VI ersetzt worden.
Auch das AAÜG (verkündet als Art 3 des RÜG) sieht zusätzliche Versorgungsleistungen neben der SGB VI-Rente oder eine höhere Berücksichtigung von Anwartschaften aus dem Rentenrecht der DDR nicht vor. Das Gesetz beschränkt sich – im Blick auf die in die gesetzliche Rentenversicherung der Bundesrepublik Deutschland überführbaren Berechtigungen im Beitrittsgebiet – darauf, die Rechte, Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet zum 31. Dezember 1991 in die Rentenversicherung zu überführen. Insoweit sind die Regelungen dieser Versorgungssysteme ab 1. Januar 1992 nicht mehr anzuwenden (§ 2 Abs 2 AAÜG); sie können also Berechtigungen für Bezugszeiten ab Januar 1992 nicht begründen.
Der EinigVtr enthält auch im übrigen keine das Begehren des Klägers tragende Bestimmung, die nach § 30 Abs 2 SGB I durch die Vorschriften des SGB VI oder des AAÜG nicht berührt werden dürfte. Jedenfalls seit dem 3. Oktober 1990 gilt der EinigVtr in der Bundesrepublik Deutschland nämlich nicht als Regelung des zwischenstaatlichen Rechts (Völkerrechts), sondern ausschließlich als in Bezug genommener Inhalt des sog Zustimmungsgesetzes, des Gesetzes zu dem Vertrag vom 31. August 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR über die Herstellung der Einheit Deutschlands – Einigungsvertragsgesetz – und der Vereinbarung vom 18. September 1990, vom 23. September 1990 (BGBl II S 885; im folgenden: EVG). Denn die DDR ist als Staats- und Völkerrechtssubjekt mit Ablauf des 2. Oktober 1990 vollständig und ersatzlos untergegangen; dasselbe gilt für ihre Rechtsvorschriften und die sich daraus ergebenden Rechte, Ansprüche und Anwartschaften, soweit Bundesrecht mit Geltung ab 3. Oktober 1990 sie nicht zu (sekundärem) Bundes- oder Landesrecht erhoben hat (vgl BSG Urteil vom 31. Juli 1997 - 4 RA 35/97 - BSGE 81, 1 = SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 14 unter Hinweis auf die stRspr des BSG, zB SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nrn 1 und 7; SozR 3-8570 § 11 Nr 3; s auch BVerfG Urteil vom 24. April 1991 - 1 BvR 1341/90 - BVerfGE 84, 133, 147 - zur Weitergeltung von Arbeitsverhältnissen). Mit dem Wegfall des Vertragspartners DDR hat der EinigVtr seine Qualität als völkerrechtlicher „Vertrag” ohne weiteres verloren (Konfusion); die Vertragspartner haben deshalb hierfür in Art 45 Abs 2 EinigVtr für die Zeit ab 3. Oktober 1990 bereits selbst Vorkehrungen getroffen und die Fortgeltung des EinigVtr als einfaches Bundesrecht bestimmt. Im übrigen konnte das EVG als einfaches Bundesrecht (abgesehen von der Zustimmung zu den in Art 4 EinigVtr vereinbarten Änderungen des GG) den von ihm in das Bundesrecht transformierten Regelungen des EinigVtr nur den Rang eines einfachen Bundesgesetzes vermitteln (stRspr des BSG, vgl Urteil vom 14. Juni 1995 - 4 RA 41/94 - BSGE 76, 136, 140 = SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 1).
Die – grundsätzlich abschließende – Spezialregelung zur Überführung von Berechtigungen aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen außerhalb der Rentenversicherung des Beitrittsgebiets (EinigVtr Anl II Kap VIII Sachgeb H Abschn III Nr 9, im folgenden: EinigVtr Nr 9) gibt für zusätzliche Rechte oder Ansprüche gegen den Rentenversicherungsträger neben einer SGB VI-Rente nichts her. EinigVtr Nr 9 gilt – sekundär bundesrechtlich – nur für Rentenbezugszeiten in der Übergangsphase vom 3. Oktober 1990 bis 31. Dezember 1991 und regelt die Schließung der Versorgungssysteme bis zum 31. Dezember 1991 sowie die Überführung der Rentenberechtigten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Alters und Todes in die Rentenversicherung des Beitrittsgebiets bis zum 31. Dezember 1991; EinigVtr Nr 9 ist im wesentlichen durch das AAÜG (statt durch die in EinigVtr Nr 9 Buchst f vorgesehene Rechtsverordnung) gesetzlich konkretisiert worden. Das Nebeneinander von Systemen und Berechtigungen aus der Sozialpflichtversicherung und der FZR des Beitrittsgebiets einerseits und den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen andererseits hat die Regelung der EinigVtr Nr 9 nur bis zum 31. Dezember 1991 zugelassen. Lediglich im Rahmen der sog Zahlbetragsgarantie hatte EinigVtr Nr 9 garantiert, es werde zuzüglich zu dem Anspruch aus der Rentenversicherung noch ein Anspruch auf den Differenzbetrag zum früheren Gesamtanspruch gewährt.
Der Kläger kann die Beklagte auch nicht aufgrund einer vermeintlichen Nachfolge in Rechte und Pflichten der früheren DDR oder ihrer staatlichen Versicherung in Anspruch nehmen. Denn bereits die DDR hatte die Versorgungssysteme (ua die AVI) geschlossen und die Überführung in das Rentenversicherungsrecht der DDR gesetzlich angeordnet, §§ 24 ff RAnglG-DDR. Im übrigen ist die Beklagte auch in dem ihr durch den EinigVtr (und das RÜG) als öffentlich-rechtliche Aufgabe übertragenen Bereich der gesetzesvollziehenden Abwicklung von Berechtigungen aus Zusatzversorgungssystemen, deren verwaltungsmäßiger Überführung in die Rentenversicherung und der (individuellen) Entscheidung über die Gewährung von Rechten auf Rente auch aus Erwerbstatbeständen, die von einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem erfaßt waren, nicht Rechtsnachfolgerin der früher damit befaßten DDR, ihrer Organe oder Untergliederungen geworden. Vielmehr hat der EinigVtr dem Rentenversicherungsträger nur die Stellung eines Funktionsnachfolgers (im Funktionsbereich der vollziehenden Gewalt) zuerkannt und im einzelnen bestimmt, ob und ggf in welchem Umfang dieser den Berechtigten aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen aus in der DDR erworbenen, kraft Bundesrechts bis zum 31. Dezember 1991 fortbestehenden Rechten verpflichtet sein kann (BSG Urteil vom 31. Juli 1997 - 4 RA 35/97 - BSGE 81, 1 = SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 14 mwN).
2. Diese sog einfachgesetzliche Rechtslage, nach welcher der Kläger zusätzliche Versorgungsleistungen nicht beanspruchen kann, ist nicht verfassungswidrig. Die Systementscheidung, die verschiedenen Rentensysteme der DDR zur Sicherung bei Alter, verminderter Erwerbsfähigkeit und Tod und die darin individuell erworbenen Berechtigungen ab 1. Januar 1992 ausschließlich durch das Rentenversicherungssystem des SGB VI und die darin vorgesehenen Rechte, ggf ergänzt um bestandsschützende Zuschläge, zu ersetzen, unterliegt keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies hat der Senat in den Urteilen vom 17. Juli 1996 - 5/4 RA 21/94 - BSGE 79, 57 = SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 6, vom 6. November 1996 - 5/4 RA 48/94 - sowie vom 14. Dezember 1998 - B 5/4 RA 23/97 R - jeweils mwN in Übereinstimmung mit den Urteilen des 4. Senats des BSG vom 27. Januar 1993 (4 RA 40/92 - BSGE 72, 50 = SozR 3-8570 § 10 Nr 1) und vom 5. März 1996 (4 RA 82/94 - BSGE 78, 41 = SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 5) und dem Urteil des 8. Senats des BSG vom 28. Oktober 1996 (8 RKn 13/94 - unveröffentlicht) ausgeführt. An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch für Bezugszeiten ab Januar 1997 fest (vgl hierzu auch Urteil vom heutigen Tage - B 5/4 RA 23/97 R). Er schließt sich insoweit – nach eigener Überprüfung – dem Urteil des 4. Senats vom 31. Juli 1997 (4 RA 35/97 - BSGE 81, 1 = SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 14) an.
Durch die Nichtgewährung zusätzlicher Versorgungsleistungen neben der SGB VI-Rente wird der Kläger auch nicht insofern ungleich behandelt, als westdeutsche Hochschullehrer, die dem Beamtenversorgungssystem unterliegen, sowie Angehörige des öffentlichen Dienstes aufgrund ihrer Zusatzversorgung eine höhere Altersversorgung haben. Der Kläger verkennt hierbei, daß er mit diesen Gruppen nicht verglichen werden kann, weil er in der DDR ein anderes Arbeitsleben mit anderen Versorgungsansprüchen hatte, die, wie dargelegt wurde, lediglich in dem beschriebenen Sinne in das Rentensystem der Bundesrepublik – im Wege der Novation – überführt wurden. Des weiteren erfährt der Kläger auch keine im wesentlichen unterschiedliche Behandlung zu einem Versicherten, der bis zum 18. Mai 1990 aus der DDR in die Bundesrepublik Deutschland geflohen bzw übergesiedelt ist. Die oberste Leistungsgruppe nach dem insoweit einschlägigen FRG orientiert sich nämlich ebenfalls an der Beitragsbemessungsgrenze, so daß auch dieser Personenkreis keine zusätzliche Leistung erhält (Urteil des 4. Senats vom 31. Juli 1997 - 4 RA 35/97 - BSGE 81, 1 = SozR 3-8120 Kap VIII H III Nr 9 Nr 14).
Nicht nachvollziehbar ist schließlich, wenn der Kläger der ständigen Rechtsprechung des BSG das von ihm als „LPG-Kreditvertragsentscheidung” bezeichnete Urteil des BVerfG vom 8. April 1997 (1 BvR 48/94 - BVerfGE 95, 267 ff) entgegenhält. Diese Entscheidung befaßt sich mit der Frage, ob die ehemaligen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften zur Tilgung der Kredite verpflichtet sind, die sie in der DDR von der Staatlichen Bank für Landwirtschaft und Nahrungsgüterwirtschaft erhalten hatten (sog Altschulden). Dazu hat das BVerfG zwar die Auffassung des BGH nicht beanstandet, daß die in der DDR eingegangenen schuldrechtlichen Verpflichtungen (grundsätzlich) fortbestehen. Diese Aussage steht aber ausdrücklich unter dem Vorbehalt, daß der Gesetzgeber keine anderen Regelungen getroffen hat, was für den dortigen Sachverhalt verneint wurde (vgl aaO, S 306 und 321). Wie ausgeführt wurde, verhält es sich auf dem hier maßgebenden Gebiet der Rentenüberleitung jedoch anders, so daß entgegen der Ansicht des Klägers aus der Entscheidung des BVerfG keine Schlüsse auf den Fortbestand seiner in der DDR erworbenen Anwartschaften gezogen werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen