Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Angemessenheit der Unterkunftskosten. Fehlen eines schlüssigen Konzepts. Erkenntnisausfall. Rückgriff auf die Wohngeldtabelle. Ermittlung der Mietenstufe bei Gemeinden mit einer Einwohnerzahl unter 10.000
Leitsatz (amtlich)
Erfolgt eine Begrenzung der Unterkunftsleistungen durch die Werte der Wohngeldtabelle plus Zuschlag und ist für die Wohnortgemeinde im Vergleichsraum keine eigene Mietenstufe festgelegt, ist unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten die Mietenstufe einer anderen Gemeinde im Vergleichsraum zugrunde zu legen.
Leitsatz (redaktionell)
1. Das für den Vergleichsraum „Raumschaft Umland Freiburg” erstellte „Konzept” des Beklagten entspricht nicht den Mindestanforderungen an die Schlüssigkeit von Konzepten zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten nach dem SGB II.
2. Der Erkenntnisausfall hinsichtlich der angemessenen Referenzmiete macht den Rückgriff auf die Tabellenwerte des § 12 WoGG zzgl. eines „Sicherheitszuschlags” i.H.v. 10% erforderlich.
3. Dabei ist nicht die Mietenstufe heranzuziehen, die das Mietniveau für den gesamten Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald widerspiegelt, sondern es gilt die Mietenstufe, die für den um ein Vielfaches kleineren Vergleichsraum „Raumschaft Umland Freiburg” und die Wohnortgemeinde der Kläger zutrifft.
Normenkette
SGB 2 § 22 Abs. 1 S. 1; SGB 3 § 22 Abs. 1 S. 3 Fassung: 2006-07-20; WoGG § 12 Fassung: 2008-09-24
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. März 2014 - L 2 AS 3878/11 - aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Streitig sind höhere Leistungen für Kosten der Unterkunft (KdU) und Heizung in der Zeit vom 15.4. bis 30.9.2009.
Die 1978 geborene Klägerin zu 1 ist die Ehefrau des 1982 geborenen M. A., der als Student vom SGB II-Bezug ausgeschlossen ist. Gemeinsam mit dem im Jahre 2007 geborenen Sohn I. A. (Kläger zu 2) und der am 3.7.2009 geborenen Tochter M. (Klägerin zu 3) lebten die Eheleute bis Mitte April 2009 in F. Die Kläger erhielten zunächst von der Arbeitsgemeinschaft Stadt F. (ARGE) SGB II-Leistungen. Wegen der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 bestätigte die ARGE die Notwendigkeit eines Wohnungswechsels. Die Familie bezog Mitte 2009 eine 85,75 qm große Vier-Zimmer-Wohnung in dem ca 10 km entfernt liegenden Ma./Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald. Die Miete hierfür betrug 910 Euro einschließlich nicht aufgeschlüsselter Neben-, Betriebs-, Heizungs- und Warmwasserkosten in Höhe von 210 Euro. Der vorab beteiligte Beklagte (bis zum 31.12.2010 noch die vormalige ARGE Breisgau-Hochschwarzwald, im Folgenden Beklagter) lehnte die Erteilung einer Zusicherung zum Umzug ab, weil die Wohnung nicht angemessen sei.
Der Beklagte berücksichtigte - wegen der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 bereits ab 15.4.2009 - eine Wohnfläche von 90 qm für einen Vier-Personen-Haushalt und legte für die Bedarfsgemeinschaft und den Ehemann als angemessene Unterkunfts- und Heizkosten 713,38 Euro, also jeweils 178,35 Euro für die Kläger zu 1 bis 3, zugrunde (Bescheide vom 8.4.2009, 19.8.2009 und 12.1.2010, Widerspruchsbescheid vom 4.2.2010, Teilanerkenntnis vor dem SG vom 23.5.2011). Dem lagen eine Mietobergrenze für die Kaltmiete in Höhe von 519,30 Euro, Heizkosten in Höhe von 86 Euro (1 Euro je qm) abzüglich einer Warmwasserpauschale in Höhe von insgesamt 15,92 Euro und Nebenkosten in Höhe von 124 Euro zugrunde. Zur Festlegung der angemessenen Unterkunftskosten in dem vom Beklagten bestimmten Vergleichsraum "Umland F.", der die Gemeinden Gl., Go., Gu., H., Ma., Me. und U. umfasst, hat der Beklagte die tatsächlichen Quadratmeterpreise auf der Datengrundlage Bestandswohnungen der Leistungsbezieher nach dem SGB II, SGB XII und AsylbLG ermittelt.
Das SG hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 8.8.2011). Im Berufungsverfahren hat das LSG dem Beklagten aufgegeben, ergänzend die Unterkunftskosten der Wohngeldempfänger einzubeziehen, Ausreißermieten ausgehend vom arithmetischen Mittelwert zu eliminieren und den dann ermittelten Spannenoberwert zu benennen. Dem ist der Beklagte nachgekommen; er hat nach Bildung von Korridoren von plus und minus 20 % aus den verbleibenden Datensätzen wiederum Durchschnittswerte gebildet und für einen Vier-Personen-Haushalt in Ma. eine Kaltmietobergrenze von 512,40 Euro festgestellt. Eine weitere Nachberechnung unter Zugrundelegung des Spannenoberwerts hat er ebenso wie die Vorlage seiner Daten abgelehnt.
Das LSG hat die Berufungen der Kläger zurückgewiesen (Urteil vom 26.3.2014 - L 2 AS 378/11). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Kläger hätten im streitigen Zeitraum vom 15.4.2009 bis 30.9.2009 keinen Anspruch auf (weitere) höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung. Bei der Bestimmung der angemessenen KdU sei wegen der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 bereits ab 15.4.2009 als angemessene Wohnungsgröße eine solche für einen Vier-Personen-Haushalt von 90 qm zu berücksichtigen. Auch sei es sachgerecht, als maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum die Raumschaft "Umland F." zu wählen. Grundsätzlich nicht zu beanstanden sei es, dass der Beklagte mit seinem seit 1.5.2009 in Kraft getretenen Konzept auf Bestandsmieten von Leistungsempfängern nach dem SGB II, SGB XII, AsylbLG in seinem Bezirk zurückgreife. Allerdings sei die Bildung eines Durchschnittswertes bei Wohnungen des unteren Preissegments rechtlich nicht zulässig, wenn - wie hier - nur die Wohnungen der Leistungsempfänger nach dem SGB II und dem SGB XII als Datengrundlage herangezogen würden. Der Senat habe erfolglos versucht, das Konzept vom Beklagten schlüssig machen zu lassen. Den Vorgaben entsprechend habe er zwar die bereits erhobenen Daten um diejenigen von Wohngeldbeziehern ergänzt, jedoch erneut einen Durchschnittswert gebildet, der dem unteren Preissegment zugeordnet werden müsse. Zur Vermeidung eines Zirkelschlusses hätte vom Spannenoberwert ausgegangen werden müssen. Ferner fehle es an einem einheitlichen Mietbegriff, weil der Beklagte hinsichtlich der Wohnungen von Wohngeldempfängern - anders als bei den übrigen Wohnungen - nicht nach Brutto- und Nettokaltmieten unterschieden habe. Da er eine weitere Mitwirkung ablehne, könne ein schlüssiges Konzept nicht mehr erstellt werden und sei von einem Erkenntnisausfall bei der Ermittlung der Höhe der angemessenen Unterkunftskosten auszugehen. Zur Bestimmung der Angemessenheitsobergrenze erfolge daher ein Rückgriff auf die Höchstbeträge der Wohngeldtabelle nach § 12 WoGG zuzüglich eines "Sicherheitszuschlags" von 10 %. Für die Wohnung der Kläger (vier Personen) ergebe sich für die Wohngemeinde Ma., die nach der Anlage zu § 1 Abs 3 der Wohngeldverordnung (WoGV) im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald der Mietenstufe III zugeordnet sei, ein Betrag in Höhe von 556 Euro zuzüglich 10 %. Die tatsächlichen Heizkosten seien nicht bestimmbar. Es sei nicht nachgewiesen, dass diese höher gewesen seien, als vom Beklagten pauschal mit 86 Euro (86 qm x 1 Euro) zugrunde gelegt. Da die Kläger keine Betriebs- und Nebenkostenabrechnungen vorgelegt hätten, könne nicht ersatzweise auf den niedrigsten Grenzbetrag des bundesweiten Heizkostenspiegels von 2010 (Abrechnungsjahr 2009) zurückgegriffen werden, wonach sich maximal abstrakte angemessene Heizkosten für eine 90 qm Wohnung in Höhe von 108,90 Euro monatlich errechneten und zudem ein weiterer Abzug für die Warmwasserbereitung nicht gerechtfertigt sei. Unabhängig davon, ob die Kosten in Höhe von 20 Euro für einen Stellplatz zu übernehmen seien, seien die tatsächlichen Unterkunfts- und Heizungskosten in Höhe von 910 Euro nicht angemessen. Auch eine temporäre Übernahme der tatsächlichen Kosten komme nicht in Betracht, weil die Kläger keine Zusicherung für den Umzug erhalten hätten und über die Unangemessenheit der Kosten informiert gewesen seien.
Mit ihrer Revision machen die Kläger geltend, der für die Anwendbarkeit der Angemessenheitsobergrenze nach § 12 WoGG konstitutive Erkenntnisausfall liege nicht vor, weil aus den vorhandenen Daten ein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung entwickelt werden könne. Unabhängig hiervon sei bei der Heranziehung des Wertes nach § 12 WoGG nicht die Mietenstufe der Wohngemeinde (Stufe III), sondern die höchste im Vergleichsgebiet vorkommende Mietenstufe (Stufe VI) zu berücksichtigen. Die Bestimmung der Höhe des Sicherheitszuschlags bedürfe einer kritischen Überprüfung. Die Schätzung der Heizkosten sei in rechtswidriger Weise zu ihren Lasten erfolgt.
Die Kläger beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. März 2014 - L 2 AS 3878/11 - und des Sozialgerichts Freiburg vom 8. August 2011 - S 7 AS 1218/10 - aufzuheben sowie den Beklagten zu verurteilen, ihnen unter Abänderung des Bescheides vom 8. April 2009 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 19. August 2009 und 12. Januar 2010, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2010 sowie des Teilanerkenntnisses vom 23. Mai 2011, für den Zeitraum vom 15. April bis zum 30. September 2009 Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen monatlichen Aufwendungen zu erbringen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er trägt vor, entgegen der Ansicht der Kläger bestehe keinerlei Möglichkeit, das im Streit stehende Konzept schlüssig zu machen. Die vom LSG vorgeschlagenen Neuauswertungen und Berechnungsvarianten seien insofern nicht zielführend. Im Übrigen seien die einschlägigen Datengrundlagen für die Raumschaft "Umland F." bereits in der ersten Instanz vollumfänglich vorgelegt worden. Die Angemessenheitsobergrenze müsse sich an der Wohngemeinde und deren Mietenstufe nach dem WoGG orientieren. Mangels Kenntnis der tatsächlich anfallenden Heizkosten und angesichts vergeblicher Versuche, diese in Erfahrung zu bringen, habe er eine Pauschalierung der Heizkosten entsprechend der einschlägigen Richtlinien des Städte- und Landkreistages Baden-Württemberg zu den KdU vornehmen dürfen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, in welcher Höhe den Klägern in der Zeit vom 15.4. bis 30.9.2009 weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen. Zwar ist auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht zu beanstanden, dass es von einem Erkenntnisausfall hinsichtlich der Ermittlung der angemessenen Referenzmiete ausgegangen ist (siehe hierzu 5), der nach der Rechtsprechung der beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG den Rückgriff auf die Tabellenwerte des § 12 WoGG im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze erforderlich macht. Aufgrund der Gegebenheiten in dem örtlich maßgebenden Vergleichsraum Raumschaft "Umland F." (vgl hierzu 4) ist die Angemessenheitsobergrenze jedoch unter Berücksichtigung der Mietenstufe VI zu bestimmen (vgl hierzu 6). Eine abschließende Entscheidung über die Höhe der angemessenen KdU kann der Senat dennoch nicht treffen, weil weitere Ermittlungen des LSG insbesondere zur Festlegung der neben der Bruttokaltmiete zu übernehmenden Heizkosten sowie einer eventuellen (vorübergehenden) Unmöglichkeit oder subjektiver Unzumutbarkeit einer Kostensenkung erforderlich sind (vgl hierzu 7 bis 9).
1. Streitgegenstand sind höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung im Zeitraum vom 15.4. bis 30.9.2009, als sie der Beklagte mit den Bescheiden vom 8.4.2009, 19.8.2009 und 12.1.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4.2.2010 sowie des Teilanerkenntnisses vom 23.5.2011 anerkannt hat. Die Kläger haben den Streitgegenstand zulässigerweise auf die Leistungen der Unterkunft und Heizung beschränkt. Bei diesen handelt es sich um abtrennbare Verfügungen der hier erfassten Bescheide (stRspr seit BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f; Urteil des Senats vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 16).
2. Die Klägerin zu 1 sowie ihre 2007 und im Juli 2009 geborenen Kinder (Kläger zu 2 und 3), die ihre Bedarfe nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen decken können, bilden eine Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs 3 Nr 1, 4 SGB II) und sind Berechtigte iS des § 7 Abs 1 SGB II, weil sie im streitigen Zeitraum nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 S 1 SGB II erfüllten.
Zu den nach dem SGB II zu erbringenden Leistungen gehören auch solche für Unterkunft und Heizung, die in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit diese angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 S 1 SGB II). Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle. Zur Festlegung der abstrakt angemessenen Leistungen für die Unterkunft ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 24; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 15; vgl zuletzt Urteile des Senats vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 19 ff und vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81 RdNr 13 ff).
3. Als angemessene Wohnfläche im hier streitigen Zeitraum hat das LSG in Anlehnung an das Wohnungsbindungsrecht in Baden-Württemberg eine solche von 90 qm Wohnfläche für einen Vier-Personen-Haushalt zugrunde gelegt. Allerdings ist die angemessene Wohnungsgröße nach der Rechtsprechung des BSG auch bei Bewohnern einer Familie nicht nach der Größe des Haushalts (hier: vier Personen), sondern an der Größe der Bedarfsgemeinschaft zu orientieren. Die absolute Zahl der Nutzer einer Wohnung erlangt Bedeutung bei der Aufteilung der tatsächlichen Wohnkosten nach Kopfzahl. Die auf die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft danach entfallenden tatsächlichen Kosten sind an den abstrakt angemessenen Kosten zu messen (BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 34 RdNr 23 f). Dies wird das LSG bei seiner erneuten Entscheidung zu berücksichtigen haben, ohne dass dies Einfluss auf die Zurückverweisungsentscheidung des Senats hat (vgl hierzu unter 7). In zeitlicher Hinsicht ist - entsprechend den Ausführungen des LSG - bereits ab 15.4.2009 die abstrakt angemessene Wohnungsgröße für eine aus drei Personen bestehende Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen. Die Notwendigkeit des Auszugs aus der alten Wohnung ist durch die ARGE F. bestätigt worden und der Umzug wegen der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) bereits ab 15.4.2009 erforderlich gewesen.
Es ist nicht zu beanstanden, dass das LSG für die Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße auf die Werte der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung (VwV-SozWo) vom 12.2.2002 (Gemeinsames ABl 2002, 240) idF vom 22.1.2004 (Gemeinsames ABl 2004, 248) zurückgegriffen hat. Hiernach ist für einen Vier-Personen-Haushalt eine Wohnungsgröße von bis zu 90 qm, für einen Drei-Personen-Haushalt eine solche von bis zu 75 qm angemessen. Zur Festlegung der angemessenen Wohnfläche ist auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen (stRspr des BSG; vgl nur Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3). Die Angemessenheit der Wohnungsgröße richtet sich grundsätzlich nach den Werten, welche die Länder aufgrund des § 10 Wohnraumförderungsgesetz vom 13.9.2001 (BGBl I 2376) festgelegt haben (vgl nur BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70, RdNr 20). Das Landesgesetz zur Förderung von Wohnraum und Stabilisierung von Quartierstrukturen in Baden-Württemberg (Landeswohnraumförderungsgesetz ≪LWoFG≫) vom 11.12.2007 (GBl 581) enthält im Zusammenhang mit den Belegungs- und Mietbindungen bei gefördertem Mietwohnraum keine gesetzlich festgelegten und nach Personenzahl differenzierten qm-Größen angemessener Wohnungen (vgl § 15 LWoFG). Die Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße in Anlehnung an die VwV-SozWo ist daher mangels anderweitiger gesetzlicher Ausführungsbestimmungen (vgl LSG Baden-Württemberg Urteil vom 28.11.2014 - L 12 AS 1547/14 - Juris RdNr 36) nicht zu beanstanden ist, wenngleich diese Verwaltungsvorschrift bereits im Jahre 2009 außer Kraft getreten ist (zur grundsätzlichen Anwendbarkeit der VwV-SozWo vgl BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 14; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 20).
4. Bei der Festlegung der Raumschaft "Umland F." als örtlich maßgebenden Vergleichsraum zur Ermittlung der abstrakt angemessenen Bruttokaltmiete hat das LSG die Vorgaben des BSG beachtet. Nach der Rechtsprechung der beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG sind bei der Bestimmung des Vergleichsraumes ausreichend große Räume der Wohnbebauung aufgrund räumlicher Nähe, mit zusammenhängender Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit festzulegen. Der Vergleichsraum muss insgesamt betrachtet einen homogenen Lebens- und Wohnbereich darstellen.
Ausgehend von dem rechtlich zutreffenden Prüfungsmaßstab zur Bildung von Vergleichsräumen hat das Berufungsgericht in tatsächlicher Hinsicht festgestellt und gewürdigt (vgl zum eingeschränkten Prüfungsumfang BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81), dass sich die Gemeinde Ma. mit 8614 Einwohnern (Stand 31.12.2008) im ländlichen Raum ca 10 km von F. entfernt befindet und zu klein ist, um einen eigenen Mietwohnungsmarkt abbilden zu können. Es begegnet daher keinen Bedenken, wenn der Beklagte in seinem Flächenlandkreis mit 1378,33 qkm und vielen Klein- und Kleinstgemeinden, in denen Mietspiegel nicht vorliegen, Gemeinden im Umkreis von 10 bis 20 km im ländlichen Raum in sog "Raumschaften" zusammengefasst hat. Die Raumschaft "Umland F." umfasst nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) jeweils gut durch ein öffentliches Verkehrsnetz angebundene Gemeinden um die Stadt F. Es ist auch nicht zu erkennen, dass der Beklagte den Vergleichsraum "Umland F." hinsichtlich der dahinter stehenden Einwohnerzahl (Stand Dezember 2008: 36 709) mit den einbezogenen Gemeinden Gl. (3052), Gu. (11 554), Go. (2501), H. (1020), Ma. (8614), Me. (4751) und U. (5217) zu eng bestimmt hat (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 21; BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3; BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 22).
5. Das LSG ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass das für diesen Vergleichsraum erstellte Konzept des Beklagten nicht den Mindestanforderungen an die Schlüssigkeit von Konzepten zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten nach dem SGB II entspricht und im Ergebnis eine Nachbesserung wegen Zeitablaufs nicht mehr erfolgen kann.
Nach den Grundsätzen, welche die beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG im Zusammenhang mit der Feststellung eines Ausfalls der lokalen Erkenntnismöglichkeiten entwickelt haben, ist die umfassende Ermittlung der Daten sowie deren Auswertung im Sinne der Erstellung eines schlüssigen Konzepts Angelegenheit des Grundsicherungsträgers und bereits für die sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig. Im Rechtsstreit muss der Grundsicherungsträger sein Konzept auf Anforderung durch das Gericht vorlegen. Entscheidet er ohne ein solches schlüssiges Konzept, ist er im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 S 1 2. Halbs SGG gehalten, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen (BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 RdNr 24; vgl BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 21; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 29 RdNr 25). Liegen dennoch keine ausreichenden Daten vor, brauchen insbesondere für weit zurückliegende Zeiträume nicht unverhältnismäßig aufwändige Ermittlungen durchgeführt zu werden. Die Amtsermittlungspflicht der Tatsacheninstanzen ist in diesen Fällen begrenzt, sofern nachvollziehbare Darlegungen dazu erfolgen, warum ein schlüssiges Konzept auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnisse und Daten nicht (mehr) entwickelt werden kann.
|
Bei seiner revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Wertung hat das LSG die Rechtsprechung des erkennenden Senats berücksichtigt, nach der ein Konzept zur Ermittlung der angemessenen Bruttokaltmiete ein planmäßiges Vorgehen im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Raum erfordert (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 19). Von der Schlüssigkeit eines Konzepts ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG auszugehen, sofern die folgenden Mindestvoraussetzungen erfüllt sind (vgl zuletzt BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 28 mwN): - Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen; - Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung (Art von Wohnungen, Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete/Vergleichbarkeit, Differenzierung nach Wohnungsgröße); - Angaben über den Beobachtungszeitraum; - Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel); - Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten; - Validität der Datenerhebung; - Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung; - Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze). |
|
Das LSG ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht gegeben sind. Ausgehend vom ursprünglichen Ansatz des Beklagten zur Erstellung eines schlüssigen Konzepts auf der Grundlage von Bestandsdatensätzen der Bedarfs- bzw Einstandsgemeinschaften mit Leistungsbezug nach dem SGB II bzw SGB XII im Vergleichsraum ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass es sich hierbei um einen Rückgriff auf Daten aus dem sogenannten einfachen Segment handelt und bei diesem Auswertungsdatensatz der Spannenoberwert, dh der obere Wert der ermittelten Mietpreisspanne, zu berücksichtigen ist. Dies gilt auch nach der - auf Veranlassung des LSG erfolgten - Einbeziehung von Wohngeldempfängern. Werden nur diese Wohnungen von Leistungsempfängern als Datengrundlage herangezogen und wird von den so erhaltenen Werten nochmals der Durchschnitt gebildet, so errechnet sich ein Angemessenheitswert, der unter dem Wert liegt, der für einen Teil der Leistungsempfänger als angemessen akzeptiert wird. Um diesen Zirkelschluss zu vermeiden, ist bei einer Dateneinbeziehung von Wohnungen nur einfachen Standards als Angemessenheitsgrenze dann aber die obere Preisgrenze dieses Segments zu wählen (BSG Urteil vom 23.8.2011 - B 14 AS 91/10 R - Juris RdNr 24; vgl zu Mietspiegeldatensätzen BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 33).
Unabhängig hiervon führt jedoch bereits die alleinige Anknüpfung an den Bezug von SGB II- bzw SGB XII-Leistungen bzw Wohngeld hier bereits deshalb zu einer unzureichenden Datenbasis, weil von vornherein kein realitätsgerechtes Abbild der aktuellen Situation bei Neuanmietungen ermöglicht wird. Es ist nicht erkennbar, ob und inwieweit die einbezogenen Daten auch für die Höhe des Mietpreises bei Neuvermietungen repräsentativ sein konnten. Bei der Festlegung der Angemessenheitsobergrenze müssen auch Angebotsmieten einbezogen werden. Anders ist dies nur bei einem Rückgriff auf Mietspiegeldaten, weil hier von vornherein nur solche Mieten berücksichtigt werden, die in den letzten vier Jahren vor dem Stichtag der Datenerhebung geändert oder neu vereinbart worden sind (vgl zur Aktualität von Mietspiegeldaten: BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 30 mwN; vgl zur Vermeidung eines Zirkelschlusses durch Einbeziehung sowohl der Daten der Bestandsmieten der Leistungsempfänger nach dem SGB II und SGB XII als auch der Daten eines qualifizierten Mietspiegels sowie dem Erfordernis regelmäßiger Nacherhebungen BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81 RdNr 22, 30). Insofern ist auch für die Festlegung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung durch Satzungsregelung in § 22c Abs 1 S 3 SGB II idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches in der Neufassung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 13.5.2011 (BGBl I 850) nunmehr ausdrücklich bestimmt, dass in die Auswertung sowohl Neuvertrags- als auch Bestandsmieten einfließen sollen. Weitere Selektionsschritte, die hier zudem eine weitere Verringerung des ohnehin geringen Datenbestands zur Folge hätten, hat der Beklagte nicht durchgeführt. Die von ihm vorgenommene Ergebniskontrolle durch Auswertung der Wohnungsangebote in den unentgeltlichen Anzeigeblättern "Schnapp" und "Zypresse" in den Monaten Oktober bis Dezember 2008 kann eine systematische Einbeziehung des Faktors der Neuvertragsmieten von vornherein, dh bereits bei den Grundlagen der Datenerhebung, nicht ersetzen.
Ferner fehlt es - auch dies hat das Berufungsgericht zu Recht hervorgehoben - im Konzept des Beklagten an einer Vergleichbarkeit der einbezogenen Daten, weil er keinen einheitlichen Begriff der Miete verwendet hat. Auch wenn davon auszugehen ist, dass es in dem hier streitigen Zeitraum noch zulässig war, den von ihm gewählten Vergleichsmaßstab einer Nettokaltmiete zugrunde zu legen (vgl Urteil des Senats vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 43 mwN), entstehen vorliegend Verzerrungen durch die unterschiedlichen Maßstäbe bei der Absetzung der kalten Nebenkosten zur Ermittlung der tatsächlich aufgewandten Nettokaltmieten. Während der Beklagte die Nettokaltmieten von Wohngeldempfängern fiktiv unter Heranziehung des Betriebskostenspiegels des Deutschen Mieterbundes bestimmt hat, sind bei den SGB II/SGB XII-Leistungsberechtigten jeweils neben den von ihm als angemessen angesehenen Nettokaltmiete die kalten und warmen Nebenkosten in tatsächlicher Höhe übernommen und entsprechend abgesetzt worden. Nachträglich, also im Jahre 2015 für das Jahr 2009, diesen Maßstab auch bei den Mieten von Wohngeldempfängern zugrunde zu legen, also die tatsächlich aufgewandten kalten Nebenkosten abzusetzen erscheint - unbesehen des erheblichen Aufwandes - schon deshalb nicht möglich, weil im Rahmen der Wohngeldstatistik nur Bruttokaltmieten erhoben werden.
Insoweit kann dahingestellt bleiben, welche Konsequenzen eine fehlende Mitwirkung des Grundsicherungsträgers bei der Erstellung eines schlüssigen Konzepts hat und ob die Datenbasis hier insgesamt zu gering war (vgl allgemein zum Umfang der Datenerhebung unter Berücksichtigung des Datenmaterials und der örtlichen Gegebenheiten BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - Juris RdNr 15, 17; BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 30 zur grundsätzlichen Eignung der hinter einem Mietspiegel liegenden Daten, die grundsicherungsrechtliche Angemessenheitsgrenze zu bestimmen).
6. Der Erkenntnisausfall hinsichtlich der angemessenen Referenzmiete macht den Rückgriff auf die Tabellenwerte des § 12 WoGG zzgl eines "Sicherheitszuschlags" nach generell-abstrakten Kriterien im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze erforderlich. Insofern gehen die Kläger zu Recht davon aus, dass aufgrund der Gegebenheiten in dem örtlich maßgebenden Vergleichsraum Raumschaft "Umland F." die Mietenstufe VI und nicht die von dem Beklagten berücksichtigte Mietenstufe III heranzuziehen ist. Die Mietenstufe III spiegelt das Mietenniveau für den gesamten Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald wider, nicht jedoch für den um ein Vielfaches kleineren Vergleichsraum Raumschaft "Umland F.", in dem die Wohngemeinde des Klägers Ma. liegt.
Die hier erforderliche Berücksichtigung der Mietenstufe VI beruht im Ergebnis auf dem Verfahren der Festlegung der Mietenstufen nach dem WoGG und den vorliegend besonderen regionalen Gegebenheiten. § 12 Abs 1 WoGG sieht monatliche Höchstbeträge für Miete und Belastung nach der Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder und der jeweils gültigen Mietenstufe vor. Das Mietenniveau wird vom Statistischen Bundesamt allerdings nur für Gemeinden mit einer Einwohnerzahl von 10 000 und mehr gesondert festgestellt und einer Einwohnerzahl von weniger als 10 000 und gemeindefreien Gebieten nach Kreisen zusammengefasst ausgewiesen (vgl § 12 Abs 3 S 1 Nr 1 und 2 WoGG). Dem folgend hat die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats in der WoGV idF der Bekanntmachung vom 19.10.2001 (BGBl I 2722) für alle Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland Mietenstufen festgelegt (vgl § 38 Nr 2 WoGG). Das Mietenniveau ist die durchschnittliche prozentuale Abweichung der Quadratmetermieten von Wohnraum in Gemeinden (bzw Landkreisen) vom Durchschnitt der Quadratmetermieten des Wohnraums im Bundesgebiet (§ 12 Abs 4 S 1 WoGG). Die insgesamt sechs Mietenstufen für Gemeinden unterscheiden sich damit nach bestimmten, unterschiedlichen Abweichungsstufen der Quadratmetermieten von Wohnraum in den Gemeinden (bzw Kreisen) nach Abs 3 S 1 vom Durchschnitt der Quadratmetermieten des Wohnraums im Bundesgebiet (Stadler/Gutekunst/Dietrich/Fröba, Wohngeldgesetz, § 12 RdNr 21, Stand August 2014).
Bezogen auf den hier maßgebenden örtlichen Vergleichsraum ist ausschließlich für die Gemeinde Gu. als Mietenniveau aufgrund der Auswertung der Wohngeldstatistik durch das Statistische Bundesamt (vgl § 12 Abs 4 WoGG) die Mietenstufe VI gesondert festgestellt worden. Entsprechend § 12 Abs 3 S 1 Nr 2 WoGG ist (wegen einer Einwohnerzahl von unter 10 000) weder für die Wohngemeinde der Kläger in Ma. noch für eine der anderen Gemeinden des Vergleichsraums (Gl., Go., H., Me., U.) ein eigenständiges Mietenniveau bestimmt worden. Vielmehr wird jeweils das Mietenniveau für den gesamten Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald, also die Mietenstufe III, zugrunde gelegt.
Unter Berücksichtigung der hier gegebenen regionalen Verhältnisse kann allein die in den Vergleichsraum einbezogene Gemeinde Gu. und deren Mietenstufe VI als für die Verhältnisse im Vergleichsraum repräsentativ angesehen werden. Der erkennende Senat hat bereits darauf hingewiesen, dass die regionalen Verhältnisse auch bei einem Rückgriff auf die Tabelle zu § 12 WoGG durch die Bildung von Mietenstufen einfließen (BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 RdNr 28-29; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 22). Es ist allerdings wertend einzubeziehen, dass die Bemessung der zuschussfähigen Höchstbeträge für die Miete im Rahmen des Wohngeldrechts - anders als bei den angemessenen KdU nach dem SGB II - nicht allein nach dem Mietenniveau im Vergleichsraum bzw den regionalen Wohnungsmärkten erfolgt, sondern maßgeblich (auch) von der Zuordnung zu Gemeindegrößenklassen abhängig ist (vgl zu Reformüberlegungen beim Wohngeldrecht bereits BT-Drucks 10/1144 S 3; zur Ablehnung einer Begrenzung der angemessenen KdU auf die monatlichen Höchstbeträge nach § 12 Abs 1 WoGG im Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - BT-Drucks 17/3982 S 7 f).
Die in den Vergleichsraum einbezogene Gemeinde Gu. kann sowohl hinsichtlich ihrer Einwohnerzahl (Stand Dezember 2008: 11 554) als auch für die tatsächlichen, durch die Nähe zur Stadt F. geprägten Verhältnisse im Vergleichsraum mit insgesamt 36 709 Einwohnern (Stand Dezember 2008) als repräsentativ angesehen werden. Demgegenüber ist die Mietenstufe III des gesamten Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald mit insgesamt 250 132 Einwohnern (Stand Dezember 2008) in deutlich geringerem Umfang repräsentativ für die Bestimmung der Angemessenheitsobergrenze im Vergleichsraum. Die Mietenstufe VI ist daher auch für die weiteren Gemeinden in dem gebildeten Vergleichsraum, also auch die Gemeinde Ma., heranzuziehen. Insofern konkretisiert der Senat die bisherige Rechtsprechung des BSG zur hilfsweisen Heranziehung der Tabellenwerte des § 12 WoGG bezogen auf Vergleichsräume, in denen für die Wohngemeinde nicht zugleich eine eigene Mietenstufe festgelegt worden ist.
Der Senat hat bereits entschieden, dass wegen der nur abstrakten, vom Einzelfall und den konkreten Umständen im Vergleichsraum losgelösten Begrenzung der angemessenen Bruttokaltmiete im Wohngeldrecht (§ 9 Abs 1 WoGG) auf den jeweiligen Höchstbetrag der Tabelle, also die rechte Spalte, zurückzugreifen und ein "Sicherheitszuschlag" unter Berücksichtigung genereller, abstrakter Kriterien in Höhe von 10 % festzulegen ist (BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 RdNr 25 f; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 20 ff). Unter Berücksichtigung der Mietenstufe VI ergibt sich eine Angemessenheitsobergrenze für die Bruttokaltmiete für den Drei-Personen-Haushalt der Kläger (vgl oben unter 3) von 653,40 Euro (594 Euro zzgl eines Sicherheitszuschlags von 10 %) bzw 217,80 Euro je Bedarfsgemeinschaftsmitglied (für den vom LSG zu Unrecht bei der Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße zugrunde gelegten Vier-Personen-Haushalt von 762,30 Euro ≪693 Euro zzgl eines Sicherheitszuschlags von 10 %≫ ergäbe sich ein kopfteiliger angemessener Leistungsbetrag von 190,58 Euro).
7. Eine abschließende Entscheidung über die Höhe der angemessenen Leistungen nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II konnte der Senat jedoch nicht treffen, weil insbesondere weitere Ermittlungen - die Beträge nach § 12 WoGG ergänzend - zur Festlegung der tatsächlich zu tragenden Heizkosten erforderlich sind.
Die Prüfung der Angemessenheit der Heizkosten muss getrennt von derjenigen der Bruttokaltmiete erfolgen (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 18). Auch bei nicht näher aufgeschlüsselten monatlichen Betriebs- und Heizkosten gilt der Grundsatz, dass ein Anspruch auf Leistungen für Heizung als Teil der Gesamtleistung grundsätzlich in Höhe der konkret-individuell geltend gemachten tatsächlichen Aufwendungen besteht, soweit diese angemessen sind. Bedarfsrelevant sind allein die zu leistenden Vorauszahlungen für Miete und Heizung (vgl hierzu grundlegend BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81 RdNr 34 f). Da nachträgliche Betriebs- oder Heizkostenabrechnungen keine Auswirkungen auf die allein bedarfsrelevanten Vorauszahlungen haben (vgl BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81, RdNr 35; BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 52/09 R - Juris RdNr 23), kommt der fehlenden Vorlage der späteren Heiz- und Betriebskostenabrechnungen durch die Kläger - unbesehen einer konkreten Anrechnung von Betriebs- und Heizkostennachzahlungen im jeweils aktuellen Bewilligungsabschnitt (vgl hierzu § 22 Abs 3 SGB II) - keine Bedeutung für den hier streitigen Zeitraum zu. Dabei ist die Angemessenheit der Aufwendungen für die Heizung so lange zu bejahen, wie die Kosten unter dem Grenzbetrag eines kommunalen oder bundesweiten Heizspiegels liegen (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 41 ff mwN).
Da die Höhe der konkret-individuellen Aufwendungen für die Heizung aufgrund der einheitlichen Vorauszahlung der monatlichen Betriebs- und Heizkosten im streitigen Zeitraum vorliegend nicht beziffert waren, sind in einem ersten Schritt als aufgewandt anzusehende Heizkosten in der Weise zu ermitteln, dass von den Vorabzahlungen - hier in Höhe von 210 Euro - die abstrakt angemessenen Betriebskosten (je qm) abzusetzen sind (BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81 RdNr 34). Ausgehend von seinem rechtlichen Standpunkt hat das Berufungsgericht keine Feststellungen zu den abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten für eine 90-qm-Wohnung im streitigen Zeitraum getroffen. Den Feststellungen des LSG ist lediglich zu entnehmen, dass der Beklagte den Betrag in Höhe von 210 Euro für die Neben- und Betriebskosten sowie die Heizungs- und Warmwasserkosten in der Weise "aufgeteilt" hat, dass er einen Betrag in Höhe von 124 Euro den kalten Nebenkosten zugeordnet und den Restbetrag in Höhe von 86 Euro als Heizkosten berücksichtigt hat. Auf welcher Grundlage der Beklagte die Höhe der kalten Nebenkosten festgelegt hat und ob es sich hierbei um die abstrakt angemessenen Betriebskosten handelt, ist den Feststellungen des LSG nicht zu entnehmen. Bei den noch erforderlichen Feststellungen kann auf bereits vorliegende Daten aus Betriebskostenübersichten zurückgegriffen werden, wegen der regionalen Unterschiede insbesondere bei Ver- und Entsorgungsdienstleistungen allerdings im Ausgangspunkt auf örtliche Übersichten und insoweit auf die sich daraus ergebenden Durchschnittswerte (vgl hier näher BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 34). Ist vorliegend ein geringerer Betrag für die abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten anzusetzen, könnten sich bei einer Absetzung derselben von den Vorauszahlungen höhere Heizkosten ergeben, die zugunsten der Kläger kopfteilig ergänzend neben dem Wert der Referenzmiete nach § 12 WoGG in Höhe von 653,40 Euro für den Drei-Personen-Haushalt zu berücksichtigen wären.
Der demnach verbleibende Betrag, der den Heizungskosten zuzurechnen ist, ist mit den Grenzwerten aus den bundesweiten Heizspiegeln für 2009 für öl-, erdgas- und fernwärmebeheizte Wohnungen abzugleichen, soweit keine "kommunalen Heizspiegel" existieren. Der Grenzwert errechnet sich als Produkt aus dem Wert, der auf extrem hohe Heizkosten bezogen auf den jeweiligen Energieträger und die Größe der Wohnanlage hindeutet, und dem Wert, der sich für den Haushalt des Hilfebedürftigen als abstrakt angemessene Wohnfläche ergibt (vgl BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 22; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 42). Bei einer Warmwasserzubereitung über die Heizung ist derjenige Anteil, der für die Warmwasserbereitung im Rahmen der Haushaltsenergie in der Regelleistung enthalten ist, abzusetzen. Der von dem Beklagten bei den Klägern bisher - gleichfalls ohne weitere Begründung und Angabe der Heizungsart und der beheizten Gesamtwohnfläche des Hauses - zugrunde gelegte Wert für Heizkosten von 1 Euro je qm liegt jedenfalls unterhalb der Grenzwerte für sämtliche Heizarten aus dem bundesweiten Heizspiegel für 2009.
8. Bei seiner erneuten Prüfung der Angemessenheit der KdU für den hier streitigen Zeitraum wird das LSG auch über die bisher offen gelassene Frage entscheiden müssen, ob die Kosten in Höhe von 20 Euro für einen Stellplatz von dem Beklagten zu übernehmen sind. Ausgangspunkt ist dabei die mietvertragliche Vereinbarung der Klägerin zu 1 und ihres Ehemannes. Abzustellen ist auf dasjenige, was zu Wohnzwecken angemietet wurde oder untrennbarer Gegenstand der Mietvereinbarung ist (BSG Urteil vom 6.8.2014 - B 4 AS 37/13 R - FEVS 66, 348 ff). Dabei ist zu prüfen, ob es sich bei den geltend gemachten Kosten um solche Betriebskosten handelt, die von § 2 der Verordnung über die Aufstellung von Betriebskosten - Betriebskostenverordnung - (BGBl I 2003, 2346) erfasst sind. Für die vergleichbare Fallgestaltung einer Garage hat das BSG eine Ausnahme nur für Fallgestaltungen angenommen, in denen die Wohnung ohne eine solche nicht anmietbar ist und der Mietpreis sich bei fehlender "Abtrennbarkeit" der Garage noch innerhalb des Rahmens der Angemessenheit für den maßgeblichen Wohnort bewegt (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 28).
9. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das LSG weiter zu prüfen haben, ob die ggf zu hohen tatsächlichen Unterkunftskosten für eine Übergangszeit zu übernehmen sind, weil den Klägern eine Kostensenkung nicht möglich oder nicht zumutbar war. Nach § 22 Abs 1 S 3 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) sind auch unangemessene Unterkunftskosten vom Grundsicherungsträger zu übernehmen, wenn es dem Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Von einer Kostensenkung kann für eine Übergangszeit unter der Voraussetzung abgesehen werden, dass eine solche nicht möglich oder subjektiv nicht zumutbar ist (vgl zum Ausnahmecharakter der Regelung und den Anforderungen an die Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Unmöglichkeit und der Unzumutbarkeit: BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 32 ff). Eine vorübergehende subjektive Unzumutbarkeit eines erneuten Umzugs könnte sich aus der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 und der Geburt der Klägerin zu 3 nur drei Monate nach dem von der ARGE F. für erforderlich gehaltenen Umzugs aus der alten Wohnung ergeben. Insofern fehlt es an Feststellungen des LSG zu den näheren Umständen des Zusammenwirkens der ARGE F. und des Beklagten bei der Anmietung der neuen Wohnung.
10. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen
NDV-RD 2016, 27 |
SGb 2015, 449 |
SGb 2016, 528 |
ZfF 2015, 259 |