Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. Anspruchsdauer. Elterngeld für 14 Monate bei zusammenlebenden Eltern. Partnermonate. Betreuung. Verfassungsmäßigkeit. Gleichheitssatz. Ehe und Familie. Alleinerziehende. Patchworkfamilie. Bedarfsgemeinschaft
Leitsatz (amtlich)
Es ist mit dem GG vereinbar, dass ein Elternteil allein nur dann Anspruch auf Elterngeld für mehr als zwölf Lebensmonate des Kindes haben kann, wenn der andere Elternteil aus tatsächlichen und/oder rechtlichen Gründen für eine Betreuung des Kindes nicht zur Verfügung steht.
Normenkette
BEEG §§ 1, 4 Abs. 2 Sätze 2-3, Abs. 3 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen den Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 12. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die Bezugsdauer des der Klägerin zustehenden Elterngeldes.
Die verheiratete und mit ihrem Ehemann zusammenlebende Klägerin gebar am 5.12.2007 die gemeinsame Tochter J. Sie war davor bis zum 10.10.2007 in abhängiger Beschäftigung erwerbstätig gewesen. Auf den Antrag der Klägerin, der auf Leistungen für den ersten bis vierzehnten Lebensmonat des Kindes gerichtet war, gewährte ihr die beklagte kreisfreie Stadt mit Bescheid vom 22.1.2008 Elterngeld für die ersten zwölf Lebensmonate, also bis zum 4.12.2008. Die der Klägerin zustehenden Beträge wurden antragsgemäß in jeweils zwei halben Monatsbeträgen bewilligt (verdoppelter Auszahlungszeitraum). Nach Neufestsetzung der Höhe des Elterngeldes durch Abhilfebescheid vom 18.2.2008 wies die Beklagte den ua auf Elterngeld für zwei weitere Lebensmonate abzielenden Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 18.8.2008 zurück.
Das von der Klägerin daraufhin angerufene Sozialgericht Münster (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 20.4.2009). Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Beschluss vom 12.10.2009). Seine Entscheidung hat es auf folgende Erwägungen gestützt: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Elterngeld für weitere zwei Monate, weil die Voraussetzungen des § 4 Abs 2 Satz 2 und Satz 4 sowie Abs 3 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) nicht erfüllt seien. Diese gesetzlichen Vorschriften seien nicht verfassungswidrig. Ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG im Vergleich mit Alleinerziehenden sei nicht zu erkennen. Soweit die Klägerin eine verfassungswidrige Benachteiligung von verheiratet zusammenlebenden Eltern gegenüber zusammenlebenden Mitgliedern einer "Patchworkfamilie" oder gegenüber Erziehungs- und Lebensgemeinschaften nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz sehe, sei darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber bei einem Gesetz über Familienleistungen nicht alle denkbaren mannigfaltigen Fallkonstellationen habe regeln können und müssen. Er habe sich auf die erkennbar häufigsten und typischen Konstellationen beschränken dürfen. Er habe davon ausgehen dürfen, dass zusammenlebende - nicht notwendig verheiratete - Eltern ihre gemeinsamen Kinder auch zusammen erzögen und daher bei der Zumessung von vierzehn Elterngeldbezugsmonaten als Einheit betrachtet werden dürfen. Schwer vorstellbar erscheine es, wie der Gesetzgeber den Elterngeldbezug bei Zusammenleben nicht verheirateter Menschen mit Kindern, die nur von einem der Erwachsenen abstammten, sinnvoll und verwaltungspraktikabel hätte ausgestalten können.
Ebenso wenig liege eine Verletzung der von Art 6 Abs 1 GG geschützten elterlichen Freiheit vor. Zwar dürften danach Eltern ihr familiäres Zusammenleben nach eigenen Vorstellungen gestalten und insbesondere in autonomer Verantwortung entscheiden, ob, wann und in welchem Umfang Kinder von einem Elternteil allein oder von beiden Elternteilen in wechselseitiger Ergänzung betreut würden. In diese grundgesetzlich geschützte Freiheit greife indes die Regelung über Partnermonate nicht ein. Ob ein oder beide Elternteile ihre Berufstätigkeit unterbrächen, bleibe ihre eigene Entscheidung. Sie würden zu einer bestimmten Gestaltung ihres Familienlebens weder durch ein staatliches Ge- noch ein Verbot gezwungen. Es handele sich lediglich um ein Angebot, dass der Freiheitsberechtigte annehmen oder ausschlagen könne.
Mit ihrer - vom BSG zugelassenen - Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Gemäß § 4 Abs 2 und 3 BEEG werde Eltern, die in ehelicher oder familiärer Erziehungsgemeinschaft lebten, der Anspruch auf Elterngeld auf zwölf Monate gekürzt, sodass ein Elternteil niemals vierzehn Monate Elterngeld erhalten könne. Im "systematischen Regelfall" erhielten Elternteile vierzehn Monate lang Elterngeld. Dies benachteilige Ehepaare bewusst und gewollt und damit willkürlich. Zudem sei es offensichtlich und ausdrücklich gesetzgeberischer Zweck, die eheinterne Aufgabenteilung zu beeinflussen, statt sie zu respektieren, wie es Art 6 Abs 1 GG verlange. § 4 Abs 2 und 3 BEEG sei verfassungswidrig, weil insbesondere Eltern, die eine eheliche Lebensgemeinschaft bildeten, gezwungen würden, die mögliche Bezugsdauer von vierzehn Monaten unter sich aufzuteilen, während dies bei anderen Berechtigten (insbesondere Alleinerziehenden) nicht der Fall sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG Münster vom 20.4.2009 und den Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 12.10.2009 aufzuheben sowie die Bescheide der Beklagten vom 22.1.2008 und 18.2.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.8.2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr Elterngeld für zwei weitere Lebensmonate ihres Kindes J. zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie schließt sich dem angefochtenen Urteil an. Ergänzend verweist sie darauf, dass § 4 Abs 1 Satz 1 BEEG lediglich festlege, in welchem Lebenszeitraum des eigenen Kindes die Eltern überhaupt Elterngeld beziehen könnten. Der Umfang des Elterngeldanspruchs werde erst durch § 4 Abs 2 Satz 2 BEEG festgelegt. Danach hätten die Eltern grundsätzlich einen gemeinsamen Anspruch auf zwölf Monatsbeträge des Elterngeldes. Nach § 4 Abs 2 Satz 3 BEEG hätten sie - nur - ausnahmsweise einen Anspruch auf zwei weitere Monatsbeträge, wenn sich in dieser Zeit ihr Erwerbseinkommen mindere. § 4 Abs 3 BEEG bestimme dann, wie sich der Elterngeldanspruch auf die beiden Elternteile verteile. Auch hier stelle das Gesetz zunächst fest, dass jeder Elternteil höchstens zwölf Monate Elterngeld beziehen könne. Ein vierzehnmonatiger Bezug komme ausnahmsweise nach § 4 Abs 3 Satz 3 und 4 BEEG in Betracht, wenn sich das Erwerbseinkommen mindere und bestimmte weitere Voraussetzungen vorlägen. Diese Übersicht der Anspruchsvoraussetzungen verdeutliche, dass sich die Klägerin nicht darauf berufen könne, durch einen vermeintlich verfassungswidrigen gesetzlichen Ausschluss eines ansonsten grundsätzlich bestehenden gesetzlichen Anspruchs auf vierzehnmonatiges Elterngeld in ihren Rechten verletzt zu sein. Sie begehre vielmehr eine Leistung, die das Gesetz von vornherein an Voraussetzungen geknüpft habe, die sie nicht erfülle.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet.
Zutreffend haben sowohl die beklagte kreisfreie Stadt als auch die Vorinstanzen entschieden, dass der Klägerin kein Anspruch auf Elterngeld für den dreizehnten und vierzehnten Lebensmonat ihrer Tochter zusteht, nachdem ihr bereits für den ersten bis zwölften Lebensmonat Elterngeld bewilligt worden ist.
Der Anspruch der Klägerin richtet nach den am 1.1.2007 in Kraft getretenen Vorschriften des BEEG vom 5.12.2006 (BGBl I 2748). Nach dessen § 1 Abs 1 hat Anspruch auf Elterngeld, wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (Nr 1), mit seinem Kind in einem Haushalt lebt (Nr 2), dieses Kind selbst betreut und erzieht (Nr 3) und keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt (Nr 4). Ob die Klägerin diese Grundvoraussetzungen für den streitigen Anspruchszeitraum (den dreizehnten und vierzehnten Lebensmonat des Kindes) erfüllt, vermag der Senat anhand der Tatsachenfeststellungen des LSG nicht zu beurteilen. Das ist hier unschädlich, weil der Klägerin der verfolgte Anspruch schon aus anderen Gründen nicht zusteht. Bei ihr liegen die Voraussetzungen für eine vierzehnmonatige Anspruchsdauer nicht vor.
Nach § 4 Abs 1 Satz 1 BEEG kann Elterngeld in der Zeit vom Tag der Geburt bis zur Vollendung des vierzehnten Lebensmonats des Kindes bezogen werden. Die Dauer des Anspruchs auf Elterngeld richtet sich nach § 4 Abs 2 und 3 BEEG. Gemäß § 4 Abs 2 Satz 1 BEEG wird Elterngeld in Monatsbeträgen für Lebensmonate des Kindes gezahlt. Nach § 4 Abs 2 Satz 2 BEEG haben Eltern insgesamt Anspruch auf zwölf Monatsbeträge. Sie haben Anspruch auf zwei weitere Monatsbeträge, wenn für zwei - weitere - Monate eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt (§ 4 Abs 2 Satz 3 BEEG). Nach § 4 Abs 3 Satz 1 BEEG kann ein Elternteil höchstens für zwölf Monate Elterngeld beziehen. § 4 Abs 3 Satz 3 BEEG gibt einem Elternteil abweichend von Satz 1 Anspruch auf Elterngeld für vierzehn Monate, wenn eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt und mit der Betreuung durch den anderen Elternteil eine Gefährdung des Kindeswohls iS des § 1666 Abs 1 und 2 BGB verbunden wäre oder die Betreuung durch den anderen Elternteil unmöglich ist, insbesondere weil er wegen einer schweren Krankheit oder Schwerbehinderung sein Kind nicht betreuen kann; für die Feststellung der Unmöglichkeit der Betreuung bleiben wirtschaftliche Gründe und Gründe einer Verhinderung wegen anderweitiger Tätigkeiten außer Betracht. Nach Satz 4 des § 4 Abs 3 BEEG steht Elterngeld für vierzehn Monate einem Elternteil auch zu, wenn ihm die elterliche Sorge oder zumindest das Aufenthaltsbestimmungsrecht allein zusteht oder er eine einstweilige Anordnung erwirkt hat, mit der ihm die elterliche Sorge oder zumindest das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind vorläufig übertragen worden ist, eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt und der andere Elternteil weder mit ihm noch mit dem Kind in einer Wohnung lebt.
Die besonderen Tatbestandsmerkmale des § 4 Abs 3 Satz 3 oder 4 BEEG sind bei der Klägerin nicht gegeben. Dabei kann offen bleiben, ob bei ihr eine Minderung von Einkommen aus Erwerbstätigkeit vorliegt. Jedenfalls fehlt es an den weiteren Anspruchsvoraussetzungen, weil der Betreuung des Kindes durch seinen Vater nach den insoweit nicht angegriffenen und daher nach § 163 SGG für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG Gründe der in § 4 Abs 3 Satz 3 und 4 BEEG genannten Art nicht entgegenstehen. Für die Klägerin gilt danach die Grundregel des § 4 Abs 3 Satz 1 BEEG, nach der sie für höchstens zwölf Monate Elterngeld beziehen kann.
Der Wortlaut des § 4 BEEG, insbesondere dessen Abs 3, ist hinsichtlich der Bezugsdauer des Elterngeldes klar und eindeutig. Der streitige Anspruch lässt sich daher, wovon auch die Klägerin im Ergebnis ausgeht, weder durch Auslegung des Gesetzes noch - mangels Unvollständigkeit des Gesetzes - im Wege einer richterlichen Rechtsfortbildung begründen (zu den Grundsätzen der Auslegung und Rechtsfortbildung s BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 10 EG 8/08 R, BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 30, 31).
Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt § 4 Abs 2 und 3 BEEG nicht gegen Vorschriften des GG. Es ist mit dem GG vereinbar, dass ein Elternteil allein nur dann Anspruch auf Elterngeld für mehr als zwölf Lebensmonate des Kindes haben kann, wenn der andere Elternteil aus tatsächlichen und/oder rechtlichen Gründen für eine Betreuung des Kindes nicht zur Verfügung steht. Insbesondere liegt die von der Klägerin geltend gemachte Verletzung des Art 3 Abs 1 iVm Art 6 Abs 1 GG nicht vor.
Art 3 Abs 1 GG, wonach alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Dieser hat gerade im Bereich des Sozialrechts, wozu die Bestimmungen über das Elterngeld im ersten Abschnitt des BEEG gehören (§ 6, § 25 Abs 2 Satz 2, § 68 Nr 15a SGB I), einen weiten Gestaltungsspielraum. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist grundsätzlich erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (stRspr des BVerfG seit BVerfGE 55, 72, 88; vgl jüngst BVerfGE 112, 50, 56 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55; BVerfGE 117, 272, 300 f; zuletzt BVerfG -Kammer- Beschluss vom 20.4.2011 - 1 BvR 1811/08 - juris, vorgehend BSG Urteil vom 23.1.2008 - B 10 EG 5/07 R - BSGE 99, 293 = SozR 4-7837 § 27 Nr 1 zur Stichtagsregelung des § 27 Abs 1 BEEG). Umgekehrt verbietet Art 3 Abs 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung als sachwidrig erscheinen lassen (vgl Jaras in Jaras/Pieroth, GG, 11. Aufl 2011, Art 3 RdNr 8 mwN).
Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfGE 84, 348, 359 mwN; 110, 412, 436; stRspr). Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will (BVerfGE 21, 12, 26; 23, 242, 252), und umgekehrt. Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht treffen (vgl BVerfGE 17, 319, 330; 53, 313, 329; 67, 70, 85 f; stRspr). Das BVerfG legt je nach dem Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlich strengen Prüfungsmaßstab an (vgl zusammenfassend BVerfGE 88, 87, 96 f; 105, 73, 110 f = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176 S 173). So muss der Gesetzgeber im Bereich staatlicher Maßnahmen, welche die Familie betreffen, den Schutz beachten, den er dieser nach Art 6 Abs 1 GG schuldet (vgl BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55). Allgemein ergeben sich für den Gesetzgeber umso engere Grenzen, je stärker sich das Gesetz auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken kann (BVerfGE 106, 166, 176; 111, 176, 184; BVerfG Kammerbeschlüsse vom 20.4.2011 - 1 BvR 1811/08 - und - 1 BvR 1897/08 - juris). Aus der Beeinträchtigung von Grundrechten können sich bei beabsichtigter Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte für den Gesetzgeber Differenzierungsverbote bzw bei Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte Differenzierungsgebote ergeben.
Der für die Klägerin geltenden Beschränkung der Anspruchsdauer des Elterngeldes auf zwölf Monate steht ihr Grundrecht aus Art 6 Abs 1 GG nicht entgegen. Dem Gesetzgeber war es nicht verboten, zwei sog Partnermonate vorzusehen, die grundsätzlich nur von dem anderen Elternteil in Anspruch genommen werden können (vgl dazu § 4 Abs 3 BEEG). Er musste nicht unterschiedslos allen Elternteilen die Möglichkeit eröffnen, allein Elterngeld für vierzehn Monate zu beziehen.
Art 6 Abs 1 GG, nach dem Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen, garantiert als Abwehrrecht die Freiheit, über die Art und Weise der Gestaltung des ehelichen und familiären Zusammenlebens selbst zu entscheiden. Neben der daraus sich ergebenden staatlichen Pflicht, die von den Eltern im Dienst des Kindeswohles getroffenen Entscheidungen anzuerkennen und daran keine benachteiligenden Rechtsfolgen zu knüpfen, ergibt sich aus der Schutzpflicht des Art 6 Abs 1 GG auch die Aufgabe des Staates, die Kinderbetreuung in der jeweils von den Eltern gewählten Form in ihren tatsächlichen Voraussetzungen zu ermöglichen und zu fördern. Der Staat hat daher dafür zu sorgen, dass es Eltern gleichermaßen möglich ist, teilweise und zeitweise auf die eigene Erwerbstätigkeit zugunsten der persönlichen Betreuung ihrer Kinder zu verzichten (BVerfG Beschluss vom 20.4.2011, aaO RdNr 9, unter Hinweis auf BVerfGE 99, 216, 234). Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Staat im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit und insbesondere im Bereich der Familienförderung ein weiter Gestaltungsspielraum zukommt (BVerfG, aaO unter Hinweis auf BVerfGE 99, 165, 178; 106, 166, 175 f; 87, 1, 35 f; 103, 242, 260).
Die Gewährung von Elterngeld mag Einfluss darauf haben, wie Eltern ihre grundrechtlich verankerte Erziehungsverantwortung wahrnehmen (BVerfG Beschlüsse vom 20.4.2011, aaO RdNr 8). Durch die hier in Rede stehende Begrenzung des Elterngeldanspruchs der Klägerin auf zwölf Monate und den Vorbehalt der zwei Partnermonate wird die Entscheidungsfreiheit von Eltern hinsichtlich der innerfamiliären Aufgabenverteilung jedoch nicht in verfassungsrechtlich erheblicher Weise berührt. Entgegen der Ansicht der Klägerin übt der Gesetzgeber mit der in Rede stehenden Regelung über Partnermonate keinen Zwang auf die Eltern aus, das Kind innerhalb der ersten vierzehn Lebensmonate mindestens zwei Monate von dem anderen Elternteil betreuen zu lassen. Art 6 Abs 1 GG ist daher weder in seinem Gewährleistungsgehalt als Freiheitsrecht/Abwehrrecht noch als Schutzpflicht/Benachteiligungsverbot bzw Schutz- und Förderungsgebot (vgl zusammenfassend auch BVerfG Kammerbeschluss vom 10.3.2010 - 1 BvL 11/07 - hinsichtlich der Bemessung der Höhe des Arbeitslosengeldes nach einem fiktiven Arbeitsentgelt während einer Kinderbetreuungszeit) verletzt.
Das BSG hat bereits hinsichtlich der Nichtberücksichtigung von Elternzeiten ohne Elterngeldbezug als Aufschubtatbestand nach § 2 Abs 7 Satz 5 und 6 BEEG entschieden, dass das BEEG mit seinen Regelungen zum Elterngeld keinen durch Art 6 Abs 1 GG verbotenen Zwang auf Eltern ausübt, sondern lediglich Anreize setzt, die familienpolitischen Zielen, aber auch fiskalischen Interessen des Staates dienen (BSGE 103, 291 = SozR 4-7837 § 2 Nr 2, RdNr 62 mwN). So ist es auch hier. Die gesetzliche Regelung der Partnermonate bewirkt lediglich einen Anreiz dahin, dass auch der andere Elternteil für eine begrenzte Zeit die Betreuung des Kindes übernimmt. Nur in diesem Sinn haben die Bundesregierung und die Fraktionen der CDU/CSU und SPD bei der Vorlage ihrer Gesetzentwürfe im Juni 2006 die Schaffung der sog Partnermonate gesehen und begründet (BR-Drucks 426/06 vom 16.6.2006 S 34, 50 und BT-Drucks 16/1889 vom 20.6.2006 S 16, 23). Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens sind weder im Bundesrat (BT-Drucks 16/2454 vom 25.8.2006, S 8) noch im federführenden Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BT-Drucks 16/2785 vom 27.9.2006, S 11) oder in den ausführlichen Plenarberatungen des Deutschen Bundestages (40. Sitzung am 22.6.2006, Plenarprotokoll 16/40 sowie 55. Sitzung am 29.9.2006 Plenarprotokoll 16/55) Bedenken oder Einwände gegen die Einführung der Partnermonatsregelung im Hinblick auf Art 6 Abs 1 GG vorgebracht worden. Der in anderen Bereichen im Laufe der parlamentarischen Beratungen durchaus veränderte Gesetzentwurf ist hinsichtlich der Partnermonate nicht angetastet und in der Entwurfsfassung verabschiedet worden. Die dabei zum Ausdruck gekommenen Erwägungen tragen den Anforderungen des Art 6 Abs 1 GG hinreichend Rechnung.
Seiner Schutzpflicht und dem Förderungsgebot kommt der Staat in ausreichender Weise durch die Gewährung und Sicherung der mit der Inanspruchnahme von Elternzeit (§§ 15 ff BEEG) verbundenen Rechte, insbesondere dem Kündigungsschutz nach § 18 BEEG nach. Wie bei der sich erheblich auf die Höhe des Elterngeldes auswirkenden Nichtberücksichtigung einer Elternzeit ohne Elterngeldbezug für ein älteres Kind gilt auch für die Regelung der sog Partnermonate, dass als wirtschaftlich nachteilig empfundene Auswirkungen auf den Elternteil, der das Kind für vierzehn Monate betreuen will, hinzunehmen sind.
§ 4 Abs 3 Satz 1 BEEG verstößt auch nicht gegen Art 3 Abs 1 GG in seiner allgemeinen Ausprägung. Maßgebend für die Prüfung einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes durch den Gesetzesvollzug ist der Vergleich der Personengruppe, der die klagende Person angehört, mit anderen Personen(gruppen), die das Gesetz vermeintlich oder tatsächlich ungleich oder gleich behandelt, also die Bildung sog Vergleichsgruppen. Deren Eingrenzung wird durch die betroffene gesetzliche Regelung bestimmt, hängt also von deren Inhalt ab.
Die Klägerin versteht § 4 BEEG in der Weise, dass ihr als in einer (ehelichen) Gemeinschaft mit dem anderen Elternteil lebenden Mutter der Anspruch auf Elterngeld auf zwölf Monate gekürzt werde. Sie bezeichnet es als "systematischen Regelfall", dass allen Elternteilen Anspruch auf Elterngeld für vierzehn Monate gegeben werde, der in ihrem Fall auf zwölf Monate gekürzt werde. Danach wären (ehelich) zusammenlebende Elternteile mit allen anderen Elternteilen zu vergleichen. Eine solche Vergleichsgruppenbildung entspricht nicht der Konzeption des Gesetzes.
Nach § 4 BEEG ist es nicht der "systematische Regelfall", dass - allen - Elternteilen Anspruch auf vierzehn Monate Elterngeld eingeräumt ist und dieser Anspruch für miteinander und dem Kind zusammenlebende Elternteile auf zwölf Monate gekürzt wird. Gesetzgeberische Grundregel ist es gemäß § 4 Abs 2 Satz 2 BEEG vielmehr, dass beiden Elternteilen - also den "Eltern" (s § 4 Abs 2 Satz 2 BEEG) - ein Elterngeldanspruch auf höchstens zwölf Monatsbeträge gegeben wird. Nur ausnahmsweise räumt § 4 Abs 2 Satz 3 BEEG den Eltern Anspruch auf "zwei weitere Monatsbeträge" ein, wenn für zwei Monate eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt. Damit ist der Anspruch von Eltern, bei denen beide Teile vor der Geburt kein zu berücksichtigendes Einkommen hatten, auf zwölf Monate (in Höhe des Mindestbetrages nach § 2 Abs 5 BEEG) begrenzt.
Das Gesetz unterscheidet weiter zwischen dem in § 4 Abs 2 BEEG geregelten Anspruch der "Eltern" und den in § 4 Abs 3 BEEG bestimmten Ansprüchen der "Elternteile". Nach dessen Satz 1 kann "ein Elternteil" höchstens für zwölf Monate Elterngeld beziehen. Je nach zeitlicher Länge des Anspruchs der Eltern nach § 4 Abs 2 BEEG bedeutet dies in dem Fall, dass ein Elternteil für zwei Monate Elterngeld bezieht, dass der andere Elternteil Anspruch auf höchstens zehn oder - bei vierzehn-monatigem Anspruch der Eltern - auf höchstens zwölf Monate hat. Will nur ein Elternteil Elterngeld in Anspruch nehmen, ist sein Anspruch auf höchstens zwölf Monate begrenzt.
"Abweichend" von § 4 Abs 3 Satz 1 BEEG gesteht das Gesetz unter den in § 4 Abs 3 Satz 3 und 4 BEEG genannten Voraussetzungen einem Elternteil einen Anspruch auf vierzehn Monatsbeträge Elterngeld zu. Es handelt sich dabei um Fälle, in denen die Betreuung des Kindes durch den anderen Elternteil "unmöglich" ist oder das Kindeswohl gefährden würde (§ 4 Abs 3 Satz 3 BEEG) oder in denen durch einstweilige oder endgültige gerichtliche Entscheidung dem einen Elternteil die elterliche Sorge oder zumindest das Aufenthaltsbestimmungsrecht allein zusteht und der andere Elternteil weder mit ihm noch mit dem Kind in einer Wohnung lebt (§ 4 Abs 3 Satz 4 BEEG).
Nach § 4 Abs 2 und 3 BEEG ist damit - entgegen der Darstellung der Klägerin - keineswegs allen Elternteilen ein Anspruch auf Elterngeld für vierzehn Monate gegeben, der für zusammenlebende Elternteile auf zwölf Monate "gekürzt" würde. Das Gesetz ist vielmehr umgekehrt aufgebaut und gibt allen Eltern (beiden Elternteilen gemeinsam) einen Anspruch auf zwölf Monate und nur im (gesetzlichen) Ausnahmefall einer entsprechenden Einkommensminderung auf vierzehn Monate Elterngeld. Es behandelt damit alle "Eltern" gleich. Diesen Anspruch teilt § 4 Abs 3 BEEG nach den genannten Regeln auf beide Elternteile auf. Der Anspruch beider Elternteile auf zwölf und zwei (Partner-)Monate Elterngeld steht im Übrigen nicht nur - verheiratet oder unverheiratet - zusammenlebenden Eltern zu. Die Regelung umfasst vielmehr auch getrennt lebende Elternteile, die sich einvernehmlich die Betreuung und Erziehung des Kindes innerhalb des Rahmens von vierzehn Monaten teilen, sofern während der jeweiligen Betreuung des Kindes die Grundvoraussetzungen der § 1 Abs 1 und § 4 Abs 2 Satz 3 BEEG erfüllt sind.
In Ausnahmefällen, in denen aus besonderen Gründen tatsächlich und/oder rechtlich nur ein Elternteil für die Betreuung des Kindes in Betracht kommt, gibt das Gesetz diesem betreuenden Elternteil Anspruch auf vierzehn Monate Elterngeld. Zu den in § 4 Abs 3 Satz 3 und 4 BEEG beschriebenen Elternteilen ("Alleinerziehende") gehören allein mit dem Kind zusammenlebende sowie mit dem Kind in einer sog Patchworkfamilie zusammenlebende Elternteile und auch Elternteile, die mit dem Kind in einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft zusammenleben.
Nach der geschilderten Systematik des Gesetzes ergeben sich bei der Prüfung einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes zwei Personengruppen, die das Gesetz ungleich behandelt. Auf der einen Seite stehen Elternteile, bei denen auch der jeweils andere Elternteil für eine Betreuung des Kindes zur Verfügung steht, und zwar unabhängig davon, ob die beiden Elternteile ehelich oder nicht ehelich zusammenleben oder getrennt leben und das Kind in seinen ersten vierzehn Lebensmonaten einvernehmlich abwechselnd betreuen können. Diese haben Anspruch auf Elterngeld für zwölf und zwei (Partner)Monate. Auf der anderen Seite stehen Elternteile, die aus tatsächlichen und/oder rechtlichen Gründen das Kind allein, dh ohne (zeitweise) Mitwirkung des anderen Elternteils, betreuen müssen, und zwar unabhängig davon, ob sie mit dem Kind allein oder mit einer anderen Person in einer ehelichen, nicht ehelichen oder auch gleichgeschlechtlichen Partnerschaft leben. Sie haben Anspruch auf Elterngeld für bis zu vierzehn Monate.
Diese Ungleichbehandlung ist sachlich gerechtfertigt. Es ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, dass sich der Gesetzgeber angesichts des den Eltern gemeinsam gegebenen Anspruchs von maximal vierzehn Monaten veranlasst sah, den von § 4 Abs 3 Satz 3 und 4 BEEG erfassten ("alleinerziehenden") Elternteilen eine entsprechende Anspruchsdauer zu gewähren. Andernfalls hätten diese "alleinerziehenden" Elternteile wohl mit Recht eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber zusammen erziehenden Eltern geltend machen können. Ein weiteres "Aufschaukeln" der Anspruchsdauer in dem Sinne, diese nunmehr für Elternteile, die das Kind gemeinsam erziehen können, aber nur von einem Elternteil betreuen lassen wollen, an den vierzehnmonatigen Anspruch von "alleinerziehenden" Elternteilen anzugleichen, war angesichts der dargestellten Grundstruktur des Anspruchs nicht angezeigt. Dies würde einer verfassungsrechtlich nicht gebotenen Abschaffung der sog Partnermonate gleichkommen.
Zu der Personengruppe der Elternteile, bei denen der andere Elternteil nicht für die Kinderbetreuung zur Verfügung steht, gehören zwar auch Elternteile, die in einer sog Patchworkfamilie oder einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft leben. Auch mag es zutreffen, dass sich der mit dem Kind nicht blutsverwandte Partner um das Kind kümmern könnte und häufig auch tatsächlich für dessen Betreuung zur Verfügung steht. Der Gesetzgeber war insoweit jedoch nicht verpflichtet, die mit anderen "betreuungsfähigen" Personen in einer Gemeinschaft lebenden Elternteile mit denjenigen Anspruchsberechtigten gleich zu behandeln, die - wie die Klägerin - den anderen Elternteil für die Betreuung des Kindes "zur Seite" haben. Sachgerechter Anknüpfungspunkt für die entsprechende Ungleichbehandlung ist insoweit der Umstand, dass der mit dem Kind nicht verwandte Partner eines Elternteils rechtlich nicht verpflichtet ist, das Kind zu betreuen (s § 1601 BGB). Insofern hätte ihn der Gesetzgeber allenfalls auf freiwilliger Basis im Rahmen des § 4 BEEG berücksichtigen können, wenn er ihm zugleich auch in den Kreis der anspruchsberechtigten Personen aufgenommen hätte. Es sprechen hinreichende tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte (nicht zuletzt auch der sich daraus ergebende Verwaltungsaufwand) dafür, dass der Gesetzgeber von einem solchen Schritt Abstand genommen hat.
Dass der Bundesgesetzgeber - im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II - die "Patchworkfamilie" im og Sinne als Bedarfsgemeinschaft (s § 7 Abs 3 und Abs 3a SGB II) behandelt und das Einkommen aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft bei der Ermittlung des Hilfebedarfs einzelner Mitglieder etwa auch von Kindern, die mit dem Einkommensbezieher nicht verwandt sind und die ihren eigenen Bedarf nicht aus eigenen Mitteln, zB den Unterhaltsleistungen des anderen Elternteils decken können (s § 11 Abs 1 SGB II), berücksichtigt (§ 9 Abs 2 Satz 2 SGB II idF ab 1.8.2006, s dazu BSG Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 2/08 R - BSGE 102, 76 = SozR 4-4200 § 9 Nr 7; Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 5/09 R - info-also 2010, 185), liegt an der besonderen Situation der Gewährung staatlicher Leistungen bei Bedürftigkeit. Rückschlüsse auf die verfassungsrechtliche Beurteilung des § 4 Abs 3 BEEG können daraus nicht gezogen werden, zumal es hier nicht um Fragen der Bedürftigkeit, sondern um solche der Kindesbetreuung geht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 2719965 |
DB 2012, 696 |
NJW 2012, 10 |
SGb 2011, 572 |