Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 28.03.1973) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 28. März 1973 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Der im Laufe des Revisionsverfahrens verstorbene Ehemann der Klägerin – sie hat das Verfahren aufgenommen – war bei der Deutschen Bundesbahn (DB) zuletzt als Schrankenwärter im Bereich der Bahnmeisterei Friedrichshafen beschäftigt. Vom 12. Dezember 1967 an war er wegen einer cardialen Erkrankung arbeitsunfähig. Am 21. Dezember 1967 fand er sich beim Bahnarzt in Friedrichshafen zur Nachuntersuchung ein und ließ sich anschließend durch seine Dienststelle, die sich in demselben Gebäude wie der Bahnarzt befindet, den Sichtvermerk auf dem Krankengeldschein eintragen. Danach fuhr der Ehemann der Klägerin mit dem Fahrrad nach Hause. Dort kam er noch außerhalb des Hauses zu Fall, als er die Mappe vom Gepäckträger abnehmen wollte, und brach sich den rechten Knöchel.
Durch Bescheid vom 4. März 1969 lehnte die Beklagte einen Entschädigungsanspruch ab: Das Aufsuchen des Vertrauensarztes der Bundesbahn-Betriebskrankenkasse (BBKK) zur Nachuntersuchung stehe mit der betrieblichen Tätigkeit in keinem ursächlichen Zusammenhang, auch wenn die Vorladung zum Vertrauensarzt von der Dienststelle ausgehändigt worden sei. Der Wegeunfall könne daher nicht als Arbeitsunfall anerkannt werden. Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteile des Sozialgerichts –SG– Ulm vom 22. Juli 1971 und des Landessozialgerichts –LSG– Baden-Württemberg vom 28. März 1973). Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung u. a. ausgeführt: Das Aufsuchen des Bahnarztes in Friedrichshafen am 21. Dezember 1967 habe mit der Tätigkeit des Ehemannes der Klägerin bei der DB in keinem rechtlich wesentlichen ursächlichen Zusammenhang gestanden. Die vertrauensärztliche Nachuntersuchung sei von der BBKK, Bezirksleitung Stuttgart, ausschließlich in Wahrnehmung ihrer Aufgaben als Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung veranlaßt worden. Ein mittelbares dienstliches Interesse der DB habe an dieser Untersuchung nicht bestanden. Daß die DB-Dienststelle möglicherweise von dem Ergebnis der Nachuntersuchung Kenntnis erlangt habe und dies etwa auch voraussehbar gewesen sei, habe auf die rechtliche Beurteilung keinen Einfluß. Der Gang zum Vertrauensarzt der Krankenkasse sei grundsätzlich nicht dem Betrieb zuzurechnen, sondern falle in den Bereich der Krankenkasse, sofern nicht die besonderen Voraussetzungen des § 555 der Reichsversicherungsordnung (RVO)-Durchführung einer durch Arbeitsunfall bedingten Heilbehandlung oder Untersuchung – vorlägen, was hier offensichtlich nicht der Fall sei. Die Vorlage des Krankengeldscheines bei der Dienststelle zur Eintragung des Sichtvermerks im Anschluß an die vertrauensärztliche Untersuchung habe ebenfalls keinen rechtlich wesentlichen ursächlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit begründet. Sie habe lediglich den Belangen der BBKK gedient. Nach Ziff. 5 der Krankenordnung (KO) der BBKK in der damals geltenden Fassung habe das arbeitsunfähige Mitglied den Krankengeldschein mindestens einmal wöchentlich mit der Eintragung über die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit der Dienststelle an dem von dieser bestimmten Tag vorzulegen. Die Dienststelle nehme dabei, wie auch in zahlreichen anderen Fällen, Aufgaben der BBKK wahr. Im Hinblick auf den für den Versicherungsschutz maßgebenden Zweck der Fahrt nach Friedrichshafen könne dahingestellt bleiben, ob er damit gleichzeitig Melde- und Anzeigepflichten erfülle, die ihm aufgrund der Arbeitsordnung für Arbeiter der DB (AO/Arb) oblägen. Unerheblich sei auch, ob bei der Vorlage des Krankengeldscheines auf der Dienststelle mit dem Ehemann der Klägerin das übliche Gespräch über die voraussichtliche Dauer seiner Arbeitsunfähigkeit geführt worden sei. Denn ein solches Gespräch bilde für die Personaldisposition eine absolut untaugliche Grundlage. Der Ehemann der Klägerin habe die Fahrt nach Friedrichshafen in allererster Linie unternommen, um der Vorladung zur vertrauensärztlichen Nachuntersuchung Folge zu leisten. Selbst wenn ein mittelbares Interesse der DB am Aufsuchen der Dienststelle bejaht werde, weil sie dadurch von der Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit erfahre und dienstliche Angelegenheiten erörtern könne, sei dies von rechtlich untergeordneter Bedeutung.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Klägerin hat dieses Rechtsmittel eingelegt. Sie rügt zahlreiche wesentliche Verfahrensmängel, insbesondere Verletzungen der Sachaufklärungspflicht (§ 103 des Sozialgerichtsgesetzes –SGG–) und Überschreitungen der Grenzen der richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 SGG). Sie meint, die Verfahrensverstöße rechtfertigten den Hilfsantrag auf Zurückverweisung der Sache an das LSG. Aber auch ohne weitere Sachaufklärung sei die Klage bereits aufgrund des unstreitigen und festgestellten Sachverhalts begründet. Ihr Ehemann habe den Bahnarzt, der zugleich Werksarzt sei, nicht freiwillig, sondern aufgrund einer betrieblichen Anordnung aufgesucht. Schon deshalb habe ihr Ehemann unter Unfallversicherungsschutz gestanden. Dasselbe gelte auch für den Fall, daß der Bahnarzt vertrauensärztliche Funktionen wahrgenommen habe. Da der Dienstvorgesetzte sowohl im arbeitsrechtlichen als auch im versicherungsrechtlichen Bereich Nachuntersuchungen anordnen könne, müsse zumindest nach außen klargestellt werden, aus welchem Grund im Einzelfall die Nachuntersuchung erfolge. Die Vorladung zur Nachuntersuchung sei vom Dienstvorgesetzten ohne jeden erläuternden Zusatz ergangen. Die BBKK sei nach außen hin überhaupt nicht in Erscheinung getreten. Ein Arbeitgeber, der in einem so starken Maße die Geschäfte seiner BKK ausführe und versicherungsrechtliche Belange mit arbeitsrechtlichen vermenge, müsse sich den Schein einer betriebsbezogenen Maßnahme entgegenhalten lassen. Wenn dem nicht gefolgt werde, müsse der Versicherungsschutz bejaht werden, weil Nachuntersuchungen außer von der Bezirksleitung der BBKK, dem Krankenbesucher und dem Vertrauensarzt nach Ziff. 7 der Rückseite des Krankengeldscheines auch von der Dienststelle angeordnet werden könnten. Das LSG verkenne die Machtverhältnisse und Möglichkeiten zwischen einem Großunternehmen und seiner BKK, wenn es davon ausgehe, daß die Dienststellen der DB nur im Auftrag der BBKK handelten. Wegen der Einwirkungsmöglichkeiten der DB auf ihre BKK könne die Betriebsbezogenheit einer vom Dienstvorgesetzten oder vom Bahnarzt angeordneten Nachuntersuchung nicht verneint werden. Der gemäß Ziff. 5 KO erforderliche Sichtvermerk, der vom Verpflichteten persönlich eingeholt werden müsse, sei für die Zahlung des Krankengeldes ohne Bedeutung. Damit habe die DB ihre Beschäftigten während der Erkrankung aus arbeitsrechtlichen Gründen unter Kontrolle halten wollen und bediene sich dabei der BBKK. Wegen des von ihr aufgrund der damaligen Gesetze zu zahlenden Zuschusses zu den Leistungen der Unfallversicherung und der Krankenversicherung habe die DB auf eine Konkretisierung der Melde- und Anzeigepflichten ihrer Arbeitnehmer über § 2 Abs. 11 AO/Arb hinaus nicht verzichten können. Im übrigen begründe allein schon die Rücksprache ihres Ehemannes auf der Dienststelle zur Erörterung der voraussichtlichen Dauer seiner Arbeitsunfähigkeit den Versicherungsschutz. Dabei sei es unerheblich, ob das Gespräch eine nach Ansicht des LSG untaugliche Grundlage für die Personaldisposition bilde.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 28. März 1973 und des SG Ulm vom 22. Juli 1971 sowie den Bescheid vom 4. März 1969 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr wegen des Unfalls ihres verstorbenen Ehemanns vom 21. Dezember 1967 die gesetzlichen Leistungen zu gewähren,
hilfsweise,
die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie stimmt den Ausführungen des LSG zu. Sie trägt vor: Dem Bahnarzt oblägen nach der Bahnarztordnung auch die Aufgaben als Vertrauensarzt. Der Vergleich mit einem Werksarzt sei nicht zulässig. Bei der Anordnung der Nachuntersuchung, die auch durch die Dienststelle erfolgen könne, müsse nicht angegeben werden, aus welchem Grund die Nachuntersuchung erfolge. Die Pflicht zur Vorlage des Krankengeldscheines bei der Dienststelle habe keine personalpolitischen Gründe und entspringe nicht der arbeitsrechtlichen Sphäre. Der Krankenkassensachbearbeiter habe die Vorlage des Krankengeldscheines zu überwachen, um bei Nichtvorlage die Einstellung der Krankengeldzahlung zu veranlassen. Die Fahrt des Ehemannes der Klägerin nach Friedrichshafen habe erwiesenermaßen dem Besuch des Bahnarztes gegolten. Verständlicherweise habe er bei dieser Gelegenheit den Krankengeldschein seiner Dienststelle vorgezeigt, da die Räume des Bahnarztes und der Bahnmeisterei in demselben Gebäude lägen. Eine persönliche Vorlage des Krankengeldscheines werde von der KO nicht gefordert.
Entscheidungsgründe
II.
Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die Klägerin war nach dem Tode ihres Ehemannes als Bezugsberechtigte (§ 630 Abs. 1 RVO) zur Aufnahme des Rechtsstreits befugt (§ 68 SGG i.V.m. § 239 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung –ZPO–).
Die Revision der Klägerin ist insoweit begründet, als das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist.
Nach den insoweit nicht angefochtenen tatsächlichen Feststellungen des LSG, an die das Revisionsgericht gebunden ist (§ 163 SGG), war der Ehemann der Klägerin seit dem 12. Dezember 1967 wegen einer cardialen Erkrankung arbeitsunfähig und suchte am 21. Dezember 1967 den Bahnarzt zur Nachuntersuchung auf. Dem LSG ist darin zuzustimmen, daß das Aufsuchen eines Arztes durch einen erkrankten Beschäftigten in der Regel mit der versicherten Tätigkeit in keinem rechtlich wesentlichen ursächlichen Zusammenhang steht. Vor dem Inkrafttreten des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes –UVNG– vom 30. April 1963 (BGBl I 241) genügte zur Annahme des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Weg zum Arzt und der Tätigkeit im Unternehmen nicht einmal, daß ein Arbeitsunfall Anlaß für den Weg zum Arzt gegeben hatte. Das eigene Interesse des Versicherten an der Heilbehandlung überwog auch hier gegenüber dem nur allgemeinen Interesse des Unternehmers an der baldigen Wiederherstellung des Beschäftigten (vgl. BSG 23, 139, 140; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 8. Aufl. So 488 h mit weiteren Nachweisen). Erst seit dem Inkrafttreten des UVNG am 1. Juli 1963 steht nach § 555 RVO ein Unfallverletzter insofern unter Versicherungsschutz, als ein auf dem zur Heilbehandlung notwendigen Weg eingetretener Unfall als Folge des vorauf gegangenen Arbeitsunfalls gilt. Die Auffassung, daß ein betriebliches Interesse an der Heilbehandlung eines Beschäftigten im Regelfalle nicht zu bejahen ist, wenn der Arzt nicht wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls aufgesucht wird, hat hiernach Bestand auch für die Zeit nach dem Inkrafttreten des UVNG (vgl. BSG, Urteil vom 31. Januar 1974 – 2 RU 99/72 –). Den tatsächlichen Feststellungen des LSG ist mangels entgegenstehender Anhaltspunkte hinreichend zu entnehmen, daß die cardiale Erkrankung des Ehemannes der Klägerin und das dadurch veranlaßte Aufsuchen des Bahnarztes nicht auf einen Arbeitsunfall zurückzuführen sind. Sofern nicht sonstige Umstände den ursächlichen Zusammenhang mit der Tätigkeit des Ehemannes der Klägerin bei der DB zu begründen vermögen, hat daher beim Aufsuchen des Bahnarztes und dem damit zusammenhängenden Weg nach Hause kein Unfallversicherungsschutz bestanden.
Das LSG ist aufgrund unzureichender tatsächlicher Feststellungen zu dem Ergebnis gelangt, daß das Aufsuchen des Bahnarztes und anschließend der Dienststelle im wesentlichen allein im Interesse der BBKK erfolgt und nicht zugleich auch eine wesentlich auf das Beschäftigungsverhältnis bei der DB bezogene Angelegenheit gewesen sei. Hierbei stützt sich das LSG auf seine eigenen ergänzenden Ermittlungen, u. a. die Auskunft der BBKK, Bezirksleitung Stuttgart, vom 21. Februar 1973. Diese Auskunft besagt, daß die am 21. Dezember 1967 durchgeführte vertrauensärztliche Nachuntersuchung von der BBKK ausschließlich in Wahrnehmung ihrer Aufgaben als Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung veranlaßt worden sei und eine Mitwirkung oder unmittelbare dienstliche Interessen der DB an dieser Maßnahme nicht vorgelegen hätten. Da den Bahnärzten nach § 12 Abs. 1 der Bahnarztordnung auch die Tätigkeit als Vertrauensarzt obliegt, mag es zutreffen, daß die Nachuntersuchung des Ehemannes der Klägerin überwiegend der Überprüfung seiner Arbeitsunfähigkeit und der damit in Zusammenhang stehenden Zahlung des Krankengeldes (§ 182 Abs. 1 Nr. 2 RVO) gedient hat. Im Hinblick auf die in § 15 Abs. 2 der Versicherungsvorschriften – Krankenversicherung – VSV geregelte Mitwirkung der Dienststellen der DB bei den Nachuntersuchungsverfahren ist nicht auszuschließen, daß die Nachuntersuchung des Ehemannes der Klägerin am 21. Dezember 1967 zumindest auch wesentlich den dienstlichen Belangen der DB gedient hat und damit rechtlich als eine dem Versicherungsschutz unterliegende „gemischte Tätigkeit” anzusehen wäre (vgl. BSG 3, 240, 245; 20, 215, 217; Brackmann aaO S. 480 s II mit weiteren Nachweisen). Die BBKK unterscheidet die Nachuntersuchungsverfahren A, B und C. Allen drei Verfahren ist gemeinsam, daß die Nachuntersuchung arbeitsunfähiger Mitglieder auch veranlaßt werden kann, wenn 1. die Dienststelle oder das Mitglied das Dienstverhältnis gekündigt hat; 2. dem Mitglied ein anderer Arbeitsplatz gegen seinen Willen zugewiesen worden ist oder zugewiesen werden soll; 3. dem Mitglied ein Urlaubsantrag abgelehnt oder es zu einer Vertretung oder zu einem Nacht- oder Feiertagsdienst eingeteilt worden ist; 4. Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit des Mitgliedes bestehen; das gilt vor allem, wenn zu vermuten ist, daß das Mitglied eine eigenwirtschaftliche oder entgeltliche Nebenbeschäftigung (z. B. beim Hausbau, in der Landwirtschaft, in einem Gewerbebetrieb) ausführt; 5. das Mitglied nach der Erfahrung der Dienststelle die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verzögern will oder 6. die Bezirksleitung für das Mitglied allgemein angeordnet hat, daß es sofort nach jeder Krankmeldung zur Nachuntersuchung vorzuladen ist (§ 15 Abs. 2 a, b und c VSV). Die Fälle 1. bis 5. haben unverkennbar auch einen dienstrechtlichen Bezug. Bei ihnen handelt es sich nicht lediglich um die Überprüfung der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, sondern zugleich um die dienstrechtliche Kontrolle der Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis zur DB. In diesem Zusammenhang kommt es für die kausale Verknüpfung der Nachuntersuchung mit dem Beschäftigungsverhältnis nicht entscheidend darauf an, wer die Nachuntersuchung veranlaßt hat, sondern welchen Zwecken sie dient. Denn jede Nachuntersuchung, ob sie nun allein aus krankenversicherungsrechtlichen Gründen oder zugleich auch aus dienstrechtlichen Gründen erfolgt, wird, wie Ziff. 7 der Rückseite des Krankengeldscheines erkennen läßt, im Auftrag der BBKK ausgesprochen. Allerdings ist nicht zu übersehen, daß die Mitwirkungsmöglichkeiten der DB bei den drei Nachuntersuchungsverfahren unterschiedlich sind. Bei den Verfahren B und C ordnet die Dienststelle der DB die Nachuntersuchung allein an, im Verfahren B sogar ohne zuvor die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Kassenarztes mit der Krankenanzeige des Mitglieds an die BBKK gesandt zu haben. Den Regelungen in § 15 Abs. 2 VSV kann entnommen werden, daß beim Nachuntersuchungsverfahren A die Bezirksleitung der BBKK die Nachuntersuchung anordnet (vgl. Ziff. 18 KO) und nur dann, wenn die Sondertatbestände des § 15 Abs. 2 a Nr. 1 bis 6 VSV vorliegen, auch die Dienststelle tätig wird. Ohne Kenntnis der drei Nachuntersuchungsverfahren, insbesondere des für die Dienststelle des Ehemannes der Klägerin damals geltenden Nachuntersuchungsverfahrens, und aufgrund der bisherigen tatsächlichen Feststellungen kann nicht abschließend beurteilt werden, ob neben krankenversicherungsrechtlichen Gründen auch solche dienstrechtlicher Art wesentlich mitursächlich für die Nachuntersuchung gewesen sind. Die Auskunft der BBKK vom 21. Februar 1973 ist für die Beurteilung unzureichend, denn aus der Sicht der BBKK erfolgt jede Nachuntersuchung in Wahrnehmung ihrer Aufgaben als Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung. Zu einer Aussage, ob daneben auch dienstrechtliche Belange für die Nachuntersuchung eine Rolle gespielt haben, ist sie nicht kompetent. In der Regel wird die BBKK bei den von ihr veranlaßten, aber von der Dienststelle der DB ausgesprochenen Ladungen zur Nachuntersuchung überhaupt nicht wissen, ob die Dienststelle dem Vertrauensarzt (Bahnarzt) auch dienstrechtliche Sachverhalte zu überprüfen aufgibt. Sie kann daher auch keine verbindliche Aussage über den dienstrechtlichen Gehalt einer Nachuntersuchung machen. Eine Klärung, inwieweit die Nachuntersuchung des Ehemannes der Klägerin wesentlich auch im betrieblichen Interesse der DB gelegen hat, läßt sich möglicherweise schon durch die Heranziehung der Ladung zu dieser Nachuntersuchung herbeiführen. Ergibt sich aus ihr nicht, daß auch dienstrechtliche Gründe für die Nachuntersuchung maßgebend gewesen sind, kommt eine Anhörung der Stellen in Betracht, die die Ladung zur Nachuntersuchung angeordnet oder/ und ausgesprochen haben. Der Klärung kann zudem dienlich sein, das vertrauensärztliche Gutachten über die Nachuntersuchung des Ehemannes der Klägerin am 21. Dezember 1967 mit deren Einverständnis beizuziehen. Nach § 15 Abs. 2 a VSV ist der Vertrauensarzt von der Dienststelle fernmündlich über die Gründe der Vorladung zu verständigen, wenn einer der dort unter 1. bis 6. aufgeführten Fälle vorliegt. Es ist zu erwarten, daß das vertrauensärztliche Gutachten dazu Ausführungen enthält. Allein die Tatsache, daß die Nachuntersuchung von der Dienststelle ausgesprochen worden ist, genügt allerdings nicht, um den ursächlichen Zusammenhang der Nachuntersuchung mit der versicherten Tätigkeit des Ehemannes der Klägerin zu bejahen.
Um eine „gemischte Tätigkeit” würde es sich auch dann gehandelt haben, wenn die Vorsprache des Ehemannes der Klägerin bei seiner Dienststelle im Anschluß an die Nachuntersuchung beim Bahnarzt einen wesentlichen dienstrechlichen Bezug gehabt hat. Selbst wenn die Nachuntersuchung im wesentlichen allein aus krankenversicherungsrechtlichen Gründen angeordnet worden war und die Erteilung des Sichtvermerks auf dem Krankengeldschein durch die Dienststelle der DB nur im Interesse der BBKK erfolgte, können die möglicherweise am Unfalltag vom Ehemann der Klägerin auf seiner Dienststelle geführten Gespräche dienstlichen Belangen der DB gedient haben. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob es bei der DB im allgemeinen üblich war, den arbeitsunfähigen Beschäftigten im Falle der persönlichen Vorsprache auf der Dienststelle nach der voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit zu befragen. Vielmehr ist für den hier zu entscheidenden Fall zu ermitteln, ob auf der Dienststelle des Ehemannes der Klägerin solche Gespräche üblicherweise stattfanden und am Unfalltage auch tatsächlich geführt worden sind. Entgegen der Ansicht des LSG spielt es keine Rolle, ob ein derartiges Gespräch objektiv geeignet ist, für zukünftige Personaldispositionen eine taugliche Grundlage zu bilden. Sollte es in der Dienststelle des Ehemannes der Klägerin üblich gewesen sein, mit den Arbeitsunfähigen anläßlich einer persönlichen Vorsprache über die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit, die Wiederaufnahme der Tätigkeit oder über einen möglichen Wechsel des Arbeitsplatzes zu sprechen, kann ein rechtlich wesentlicher ursächlicher Zusammenhang mit der Beschäftigung bei der DB bejaht werden, auch wenn der Bahnarzt und die Dienststelle vom Ehemann der Klägerin in erster Linie in Erfüllung krankenversicherungsrechtlicher Verpflichtungen – Nachuntersuchung, Sichtvermerk auf Krankengeldschein – aufgesucht worden sind. Denn es kommt nicht darauf an, welchen Zwecken die Tätigkeit des Ehemannes der Klägerin am Unfalltage hauptsächlich diente. Es genügt, wenn die Gespräche auf der Dienststelle nach den Vorstellungen des Ehemannes zumindest als dienstlich erwünscht angesehen wurden (vgl. BSG 17, 11, 13; 20, 215, 218; Brackmann aaO S. 482 g).
Da der Sachverhalt einer weiteren Klärung in dem dargelegten Umfang bedarf, der Senat die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen aber nicht selbst treffen kann, mußte das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und, Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das LSG zurückverwiesen werden.
Unterschriften
Vorsitzender Richter Brackmann ist durch Krankheit verhindert, das Urteil zu unterschreiben. Küster, Küster, Friedrich
Fundstellen