Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Leitsatz
Lieferungen eines Unternehmers in einen anderen Mitgliedstaat der Gemeinschaft sind unter den Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG nach § 4 Nr. 1b UStG steuerfrei (innergemeinschaftliche Lieferung). Der leistende Unternehmer muss nach § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nachweisen. Wie diese Nachweise zu führen sind, ergibt sich nach § 6a Abs. 3 Satz 2 UStG aus den Vorschriften der §§ 17a-17c UStDV. Der leistende Unternehmer muss dabei die Voraussetzungen sowohl belegmäßig wie auch buchmäßig nachweisen. Bei einer Abhollieferung kommt der Versicherung des abholenden Leistungsempfängers, den Gegenstand der Lieferung in einen anderen Mitgliedstaat zu verbringen, eine besondere Bedeutung zu. Ohne unterschriebene Bestätigung des Leistungsempfängers kann die Steuerbefreiung nicht gewährt werden.
Sachverhalt
Ein deutscher Unternehmer lieferte mehrfach gebrauchte Fahrzeuge an einen Abnehmer in Spanien. Der Abnehmer holte die Fahrzeuge in Deutschland ab, um sie nach Spanien zu transportieren. Aufgrund einer Mitteilung der spanischen Finanzbehörden, dass es sich bei dem Abnehmer um einen Scheinunternehmer ("Missing trader") handeln würde, der keinen innergemeinschaftlichen Erwerb der Besteuerung unterworfen habe, versagte das deutsche Finanzamt dem leistenden Unternehmer die Steuerbefreiung für die Lieferungen. Außerdem sei der buchmäßige Nachweis für die Steuerbefreiung auch nicht erbracht worden, da nicht durchgehend nachgewiesen sei, dass die Fahrzeuge auch tatsächlich in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt seien.
Entscheidung
Das Finanzgericht München gab der Klage des deutschen Unternehmers zum Teil statt. Die Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers (Voraussetzung für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung nach § 6a Abs. 1 Nr. 2a UStG) war für das Finanzgericht nicht fraglich. Zum Zeitpunkt der Lieferungen war der Leistungsempfänger noch im Unternehmerverzeichnis erfasst und hatte darüber hinaus auch eine gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die vom leistenden Unternehmer aufgezeichnet wurde. Aus unterlassenen Steuererklärungen beim Leistungsempfänger ergibt sich nicht, dass der Leistungsempfänger kein Unternehmer sei.
Allerdings sah das Finanzgericht München bei einem Teil der Lieferungen den Buch- und Belegnachweis für die Steuerbefreiung nicht als erbracht an. Bei einer Abhollieferung durch den Leistungsempfänger ist der Nachweis, dass der Gegenstand tatsächlich in einen anderen Mitgliedstaat gelangt, nur durch eine schriftliche Bestätigung des Leistungsempfängers zu führen. Bei einigen der Lieferungen hatte der leistende Unternehmer eine solche, vom Leistungsempfänger auch unterschriebene, Bestätigung. Bei einem Teil der Lieferungen waren zwar auch formularmäßige Bestätigungen des Leistungsempfängers vorhanden, diese waren aber weder vom Abholenden unterschrieben noch wiesen sie ein anderes gültiges Namenszeichen auf. Aus diesem Grund sei nicht eindeutig und leicht nachprüfbar, ob die gelieferten Fahrzeuge vom Abnehmer in ein Land des übrigen Gemeinschaftsgebietes verbracht werden sollte. In Ermangelung entsprechender Nachweise konnte sich auch kein Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 UStG ergeben.
Hinweis
In den vergangenen Monaten sind die Voraussetzungen für den Buch- und Belegnachweis für steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen - insbesondere in den Abholfällen - häufig Gegenstand der Rechtsprechung gewesen. Dabei sind die Anforderungen deutlich erhöht worden. Holt der Leistungsempfänger den Gegenstand der Lieferung ab, so muss der Lieferer das Gelangen des Gegenstandes insbesondere durch eine schriftliche Bestätigung des Abnehmers nachweisen, dass der Gegenstand in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangen soll. Diese Bestätigung des Abnehmers muss nach dem Urteil des Finanzgerichtes München vom Abnehmer unterschrieben sein.
Schon der BFH hat (BFH, Urteil v. 18.7.2002, V R 3/02, BStBl 2003 II S. 616) darauf verwiesen, dass eine Bestätigung des Abnehmers schriftlich zu erteilen sei und auch - zumindest in den Fällen, in denen die Bestätigung inhaltlich unzutreffend ist - keinen Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 UStG entfaltet, wenn sie erst nachträglich erteilt wird. Damit muss der leistende Unternehmer darauf achten, dass die Bestätigung des Abnehmers schon bei Abholung schriftlich und mit Unterschrift versehen wird.
Grundsätzlich ist darauf zu achten, dass sowohl die Belegnachweise (vgl. insbesondere § 17a UStDV) wie auch die Buchnachweise (vgl. insbesondere § 17c UStDV) vorliegen müssen, damit der leistende Unternehmer die Steuerbefreiung nach § 6a UStG in Anspruch nimmt. Behandelt er eine Lieferung als steuerfrei, obwohl die Voraussetzungen (noch) nicht vorliegen und unterlässt er es, dies dem Finanzamt bei der Voranmeldung mitzuteilen, so kann zum einen bei später nachgereichten - falschen- Nachweisen der Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 UStG entfallen, zum anderen können sich aber auch steuerstrafrechtliche Konsequenzen ergeben.
Gegen...