Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage, wann der Achtjahreszeitraum beim nichtentnommenen Gewinn beginnt
Leitsatz (redaktionell)
Der in § 10 a Abs. 4 Satz 1 EStG bestimmte Achtjahreszeitraum beginnt mit dem Veranlagungszeitraum, in dem der Steuerpflichtige erstmals ein positives oder negatives Betriebsergebnis hatte.
Normenkette
EStG § 10a Abs. 4 S. 1; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1
Verfahrensgang
Gründe
1. Art. 3 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 GG sind nicht verletzt.
Ob der Begriff der Einkünfte in § 10 a Abs. 4 Satz 1 EStG in der Fassung des Dritten Steuerrechtsänderungsgesetzes 1967 vom 22. Dezember 1967 (BGBl. I S. 1334) nur Gewinne oder auch Verluste mitumfaßt, ist eine Frage der Auslegung einfachen Rechts, die in den Zuständigkeitsbereich der Finanzgerichte fällt. Das Bundesverfassungsgericht kann auf Verfassungsbeschwerde nur prüfen, ob spezifisches Verfassungsrecht verletzt ist (BVerfGE 18, 85 [92]), insbesondere, ob die Auslegung willkürlich ist. Die Auslegung des § 10 a Abs. 4 Satz 1 EStG durch den Bundesfinanzhof läßt Willkür nicht erkennen. Der Bundesfinanzhof geht von der sprachlichen Bedeutung des Begriffs Einkünfte aus und berücksichtigt Sinn und Zweck des Gesetzes. Er bewegt sich daher innerhalb allgemein anerkannter Auslegungsmethoden. Wenn er sich für die für den Beschwerdeführer ungünstigere Auslegung entscheidet, so ist das verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Für die Auslegung des Bundesfinanzhofs spricht die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Die Formulierung der Gesetzesstelle geht auf den Entwurf der Bundesregierung zurück, der während des Gesetzgebungsverfahrens nicht geändert wurde. In der Begründung zu Art. 1 Nr. 4 des Gesetzentwurfs hob die Bundesregierung hervor, der zeitliche Anwendungsbereich des § 10 a solle dadurch begrenzt werden, „daß der einzelne Steuerpflichtige von der Steuerbegünstigung nur insgesamt acht Veranlagungszeiträume vom Veranlagungszeitraum der erstmaligen Aufnahme einer land- und forstwirtschaftlichen, gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit in der Bundesrepublik an gerechnet, Gebrauch machen kann” (BRDrucks.488/67 S. 8).
Ähnlich äußerte sich der Finanzausschuß des Deutschen Bundestages in seinem Schriftlichen Bericht vom 28. November 1967 (BTDrucks. V/2307)
„Der Finanzausschuß hält die von der Bundesregierung vorgeschlagenen Übergangsregelungen zu den §§ 7 e und 10 a EStG für geeignete Maßnahmen, um insbesondere den Vertriebenen, Flüchtlingen und Verfolgten, die erst in den letzten Jahren in der Bundesrepublik Aufnahme gefunden haben oder erst in Zukunft Aufnahme finden werden, die Eingliederung in das wirtschaftliche Leben der Bundesrepublik zu erleichtern. Er ist der Meinung, daß die vorgesehenen Begünstigungszeiträume von zehn Jahren (bei § 7 e EStG) bzw. von acht Jahren (bei § 10 a EStG), jeweils gerechnet von der erstmaligen Begründung einer selbständigen Existenz im Bundesgebiet, für eine Eingliederungs- und Anpassungshilfe ausreichend und angemessen sind. …”
Im Gesetzgebungsverfahren ist mithin der unterschiedlichen Formulierung in den §§ 7 e Abs. 3 und 10 a Abs. 4, entgegen der Ansicht des Finanzgerichts, keine Bedeutung beigemessen worden. Als Willen des Gesetzgebers läßt sich jedenfalls feststellen, daß mögliche anfängliche Verluste für die Ingangsetzung der Achtjahresfrist des § 10 a Abs. 4 Satz 1 kein Hindernis sein sollten. Dieser Ausgangspunkt des Gesetzgebers ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
2. Eine Verletzung des Art. 3 Abs. 3 GG ist nicht ersichtlich.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen