Leitsatz (amtlich)
Der Bund kann zwischen der Einrichtung einer Zentralstelle nach Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG und der Errichtung einer selbständigen Bundesoberbehörde nach Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG wählen, soweit die Voraussetzungen beider Ermächtigungsnormen erfüllt sind.
Im Bereich der Straftatenverhütung unterliegen Ermächtigungen zum Eingriff in das Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG keinen geringeren rechtsstaatlichen Anforderungen an die Normenbestimmtheit und Normenklarheit als Ermächtigungen zu Maßnahmen der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung.
Die Ermächtigung des § 39 Abs. 1 und 2 AWG zur Überwachung des Postverkehrs und der Telekommunikation im Bereich der Straftatenverhütung und die des § 41 Abs. 2 AWG zur Verarbeitung und Weitergabe der erlangten personenbezogenen Daten für weitere Zwecke genügt diesem Maßstab nicht.
Tenor
Die §§ 39, 40 und 41 des Außenwirtschaftsgesetzes, zuletzt geändert durch das Zollfahndungsneuregelungsgesetz vom 16. August 2002 (Bundesgesetzblatt I Seite 3202), sind mit Artikel 10 des Grundgesetzes unvereinbar.
Tatbestand
A.
Das Normenkontrollverfahren betrifft die Befugnisse des Zollkriminalamts, Sendungen, die dem Brief-, Post- oder Fernmeldegeheimnis unterliegen, zu öffnen und einzusehen sowie die Telekommunikation zu überwachen und aufzuzeichnen; außerdem betrifft es die Befugnis öffentlicher Stellen, die dabei erlangten personenbezogenen Daten zu verarbeiten.
I.
1. Das Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, des Strafgesetzbuches und anderer Gesetze vom 28. Februar 1992 (BGBl I S. 372) hat dem damaligen Zollkriminalinstitut Befugnisse zur Überwachung der dem Brief-, Post- oder Fernmeldegeheimnis unterliegenden Sendungen sowie des Fernmeldeverkehrs eingeräumt. Die maßgeblichen Vorschriften des Außenwirtschaftsgesetzes (im Folgenden: AWG) lauteten in der ursprünglichen Fassung:
§ 39
Beschränkungen des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses
(1) Zur Verhütung von Straftaten nach dem Außenwirtschaftsgesetz oder dem Kriegswaffenkontrollgesetz ist das Zollkriminalinstitut berechtigt, dem Brief-, Post- oder Fernmeldegeheimnis unterliegende Sendungen zu öffnen und einzusehen sowie den Fernmeldeverkehr zu überwachen und aufzuzeichnen. Das Grundrecht des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.
(2) Beschränkungen nach Absatz 1 dürfen nur angeordnet werden gegenüber
- Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung nach § 34 Abs. 1 bis 6, auch in Verbindung mit § 35, dieses Gesetzes oder § 19 Abs. 1 bis 3, § 20 Abs. 1 und 2, jeweils auch in Verbindung mit § 21, oder § 22a Abs. 1 Nr. 4, 5 und 7 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen planen,
- einer natürlichen oder juristischen Person oder einer Personenvereinigung, wenn eine der in Nummer 1 bezeichneten Personen für sie tätig ist und eine Maßnahme nach Nummer 1 nicht ausreicht, oder
- anderen Personen, von denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie für eine in Nummer 1 bezeichnete Person bestimmte oder von ihr herrührende Mitteilungen entgegennehmen oder weitergeben oder dass eine solche Person ihren Anschluss benutzt.
Die Maßnahme nach Nummer 2 darf nur angeordnet werden, soweit tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass die Person an dem Postverkehr der natürlichen oder juristischen Person oder Personenvereinigung teilnimmt oder deren Fernmeldeanschluss benutzt.
(3) Die Anordnung ist nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre und die Maßnahme nicht außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhalts steht. Die Maßnahmen dürfen auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.
(4) Vor dem Antrag auf Anordnung ist die Staatsanwaltschaft zu unterrichten. Ebenso ist die Staatsanwaltschaft von der richterlichen Entscheidung, von einer Entscheidung des Bundesministers der Finanzen bei Gefahr im Verzug und von dem Ergebnis der beantragten Maßnahme zu unterrichten.
(5) Bei der Durchführung der Maßnahmen ist Artikel 1 § 1 Abs. 2 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz hinsichtlich der Pflichten der Deutschen Bundespost und anderer Betreiber von Fernmeldeanlagen, die für den öffentlichen Verkehr bestimmt sind, entsprechend anzuwenden.
§ 40
Richterliche Anordnung
(1) Beschränkungen nach § 39 Abs. 1 sind vom Behördenleiter oder dessen Stellvertreter unter Angabe von Art, Umfang und Dauer der beantragten Maßnahme nach Zustimmung des Bundesministers der Finanzen schriftlich zu beantragen und zu begründen. In dem Antrag ist darzulegen, dass die in § 39 Abs. 3 Satz 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen.
(2) Die Anordnung ergeht durch das Landgericht, bei Gefahr im Verzug durch den Bundesminister der Finanzen. Die Anordnung des Bundesministers der Finanzen tritt außer Kraft, wenn sie nicht binnen drei Tagen von dem Landgericht bestätigt wird.
(3) Zuständig ist das Landgericht, in dessen Bezirk das Zollkriminalinstitut seinen Sitz hat. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend.
(4) Die Anordnung ergeht schriftlich. Sie muss Namen und Anschrift des Betroffenen enthalten, gegen den sie sich richtet. In ihr sind Art, Umfang und Dauer der Maßnahme zu bestimmen. Die Anordnung ist auf höchstens drei Monate zu befristen. Eine Verlängerung um jeweils nicht mehr als drei weitere Monate ist zulässig, soweit die in § 39 bezeichneten Voraussetzungen fortbestehen.
§ 41
Durchführungsvorschriften
(1) Die aus der Anordnung sich ergebenden Maßnahmen nach § 39 Abs. 1 sind unter Verantwortung des Zollkriminalinstituts und unter Aufsicht eines Bediensteten vorzunehmen, der die Befähigung zum Richteramt hat. Artikel 1 § 7 Abs. 2 und § 8 des Gesetzes zu Artikel 10 Grundgesetz ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die durch die Maßnahmen erlangten personenbezogenen Daten dürfen von öffentlichen Stellen des Bundes außer zur Verhütung oder Aufklärung der in § 39 Abs. 1 genannten Straftaten nur zur Verhütung oder Aufklärung einer in § 138 des Strafgesetzbuches bezeichneten Straftat verarbeitet und genutzt werden, soweit sich bei Gelegenheit der Auswertung Tatsachen ergeben, die die Annahme rechtfertigen, dass eine solche Straftat begangen werden soll, begangen wird oder begangen worden ist.
(3) Sind die durch die Maßnahmen erlangten Unterlagen über einen am Post- und Fernmeldeverkehr Beteiligten zu den in Absatz 2 genannten Zwecken nicht mehr erforderlich, sind sie unter Aufsicht eines der in Absatz 1 genannten Bediensteten unverzüglich zu vernichten. Über die Vernichtung ist eine Niederschrift anzufertigen. Zur Sicherung der ordnungsgemäßen Vernichtung sind in regelmäßigen Abständen Prüfungen durchzuführen.
(4) Von den getroffenen Maßnahmen ist der Betroffene durch das Zollkriminalinstitut zu benachrichtigen, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme geschehen kann. Ist wegen desselben Sachverhalts ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen eingeleitet worden, entscheidet die Staatsanwaltschaft über den Zeitpunkt der Unterrichtung.
(5) Der Bundesminister der Finanzen unterrichtet in Abständen von höchstens sechs Monaten ein Gremium, das aus fünf vom Bundestag bestimmten Abgeordneten besteht, über die Durchführung der §§ 39 bis 43 dieses Gesetzes.
Durch das Gesetz zur Änderung des Finanzverwaltungsgesetzes und anderer Gesetze vom 7. Juli 1992 (BGBl I S. 1222) erhielt das Zollkriminalinstitut unter Änderung von § 1 Nr. 2 des Finanzverwaltungsgesetzes (FVG) den Rang einer Bundesoberbehörde und wurde gleichzeitig in „Zollkriminalamt” umbenannt. Die vorstehend wiedergegebenen Regelungen sind mehrfach geändert worden. Sie lauten nunmehr auszugsweise wie folgt:
§ 39
Beschränkungen des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses
(1) Zur Verhütung von Straftaten nach dem Außenwirtschaftsgesetz oder dem Kriegswaffenkontrollgesetz ist das Zollkriminalamt berechtigt, dem Brief-, Post- oder Fernmeldegeheimnis unterliegende Sendungen zu öffnen und einzusehen sowie die Telekommunikation einschließlich der dazu nach Wirksamwerden der Anordnung (§ 40) innerhalb des Telekommunikationsnetzes in Datenspeichern abgelegten Inhalte zu überwachen und aufzuzeichnen. Das Grundrecht des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.
(2) bis (5) …
§ 40
Richterliche Anordnung
(1) bis (3) …
(4) Die Anordnung ergeht schriftlich. Sie muss Namen und Anschrift des Betroffenen enthalten, gegen den sie sich richtet. In ihr sind Art, Umfang und Dauer der Maßnahme zu bestimmen, bei einer Überwachung der Telekommunikation auch die Rufnummer oder eine andere Kennung des Telekommunikationsanschlusses. Die Anordnung ist auf höchstens drei Monate zu befristen. Eine Verlängerung um jeweils nicht mehr als drei weitere Monate ist zulässig, soweit die in § 39 bezeichneten Voraussetzungen fortbestehen.
§ 41
Durchführungsvorschriften
(1) Die aus der Anordnung sich ergebenden Maßnahmen nach § 39 Abs. 1 sind unter Verantwortung des Zollkriminalamtes und unter Aufsicht eines Bediensteten vorzunehmen, der die Befähigung zum Richteramt hat. § 11 Abs. 2 und 3 des Artikel 10-Gesetzes ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die durch die Maßnahmen erlangten personenbezogenen Daten dürfen von öffentlichen Stellen nur zur Verhütung oder Aufklärung der in § 39 Abs. 1 dieses Gesetzes und § 3 Abs. 1 und § 7 Abs. 1 bis 4 des Artikel 10-Gesetzes genannten Straftaten verarbeitet und genutzt werden, soweit sich bei Gelegenheit der Auswertung Tatsachen ergeben, die die Annahme rechtfertigen, dass eine solche Straftat begangen werden soll, begangen wird oder begangen worden ist.
(3) und (4) …
(5) Das Bundesministerium der Finanzen unterrichtet in Abständen von höchstens sechs Monaten ein Gremium, das aus neun vom Bundestag bestimmten Abgeordneten besteht, über die Durchführung der §§ 39 bis 43 dieses Gesetzes.
Gemäß § 51 AWG treten die §§ 39 bis 43 AWG am 31. Dezember 2004 außer Kraft.
2. Das mit Zustimmung des Bundesrates verabschiedete Zollfahndungsneuregelungsgesetz (ZFnrG) vom 16. August 2002 (BGBl I S. 3202), durch das auch das Außenwirtschaftsgesetz geändert worden ist, enthält in Art. 1 das Gesetz über das Zollkriminalamt und die Zollfahndungsämter (Zollfahndungsdienstgesetz – ZFdG). Art. 2 ZFnrG regelt durch Änderung des Finanzverwaltungsgesetzes die Rechtsstellung des Zollkriminalamts neu; nach § 1 Nr. 3 FVG ist das Zollkriminalamt nunmehr eine Mittelbehörde.
II.
Die Regierung des Landes Rheinland-Pfalz hat gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG beantragt, festzustellen:
- § 39 Abs. 1 Satz 1 des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) in der Fassung vom 28. Februar 1992, BGBl I S. 372, ist mit Art. 83, 87 GG unvereinbar und nichtig, soweit er die Zuständigkeit des Zollkriminalinstituts begründet.
- § 39 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 AWG verstoßen gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot und das Übermaßverbot und sind daher nichtig.
- § 41 Abs. 2 AWG verstößt gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot und ist daher nichtig.
1. Zur Rechtslage bis zum In-Kraft-Treten des Zollfahndungsneuregelungsgesetzes vom 16. August 2002 trägt die Antragstellerin vor, § 39 Abs. 1 AWG habe gegen die Normen zur Regelung der Verwaltungskompetenzen zwischen Bund und Ländern in Art. 83, 87 GG verstoßen.
a) Die Gesetzgebungskompetenz für das Außenwirtschaftsgesetz stehe dem Bund nach Art. 73 Nr. 5 GG zu. Gegenstand des § 39 Abs. 1 AWG sei Straftatenprävention, also materielles Polizeirecht. Der Bund sei indes zur Gesetzesvollziehung nur dann zuständig, wenn für diese Aufgabe im Grundgesetz eine Vollziehungskompetenz des Bundes zumindest ermöglicht sei.
Art. 87 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG begründe eine solche Bundeskompetenz im vorliegenden Falle nicht. Eine Bundeszuständigkeit nach Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG scheide ebenfalls aus. Zuständigkeitsregelungen, die in anderen Verfassungsnormen getroffen worden seien, dürften nicht unter Rückgriff auf Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG unterlaufen werden; sie schlössen dessen Anwendbarkeit vielmehr aus. Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG habe damit subsidiären Charakter. Sofern in § 39 Abs. 1 AWG das „polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen” geregelt sein sollte, hätte gemäß Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG lediglich eine Zentralstelle des Bundes errichtet werden dürfen. Sei dies nicht erfolgt, scheitere eine Vollziehungskompetenz des Bundes nach Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG daran, dass Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG neben seiner kompetenzbegründenden auch eine kompetenzbegrenzende Wirkung in Polizeiangelegenheiten entfalte. Der Wortlaut des Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG sei insoweit zwar nicht eindeutig. Das dort entwickelte differenzierte, alle polizeilichen Aufgabenbereiche nennende und je besonders regelnde System lege jedoch den Schluss nahe, dass hier auf dem Gebiet der Polizei eine vollständige Kompetenzabgrenzung stattfinden solle.
Für eine Begrenzung der Bundeskompetenzen und damit für eine Kompetenzzuweisung an die Länder spreche die Entstehungsgeschichte des Art. 87 GG. Die Regelungssystematik der Norm weise in dieselbe Richtung. Art. 87 GG zeichne sich dadurch aus, dass vom ersten bis zum letzten Absatz einerseits vermehrte Vollziehungskompetenzen des Bundes ermöglicht, andererseits die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Kompetenz tendenziell erschwert würden. In gegenständlicher Hinsicht sei Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG gegenüber Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG die speziellere Regelung.
Nähme man an, dass Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG Bundesexekutivkompetenzen auf dem Gebiet der Polizei begründe, wären die materiellen und organisatorischen Grenzen des Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG sinnlos. Dies lasse sich durch eine Auslegung vermeiden, nach der Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG Sperrwirkung habe. Auch ein Rückgriff auf Annexzuständigkeiten scheide aus.
b) Zu der auf Art. 87 Abs. 3 Satz 2 GG gestützten Neuregelung von Rechtsstellung und Aufgabenbereichen des Zollkriminalamts durch Art. 2 ZFnrG trägt die Antragstellerin ergänzend vor, § 39 Abs. 1 AWG erscheine nunmehr „partiell verändert”; das Außenwirtschaftsgesetz sei indes inhaltlich unverändert geblieben. Die mit dem Normenkontrollantrag gestellte verfassungsrechtliche Frage sei nach wie vor offen. Die angegriffenen Gesetze entfalteten weiterhin Rechtswirkungen, beispielsweise auf schwebende Verwaltungsstreitverfahren. Es bestehe ein Entscheidungsinteresse über den Zeitraum der ursprünglichen rechtlichen Wirkung jener Rechtslage hinaus.
2. Die Antragstellerin ist weiter der Meinung, § 39 Abs. 1 in Verbindung mit § 39 Abs. 2 AWG verletze das Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG, da er als Eingriffsermächtigung zu unbestimmt sei. Es fehle an normativen Hürden, die geeignet seien, den Eingriff in das Grundrecht als ultima ratio erscheinen zu lassen. Das widerspreche dem Gesetzesvorbehalt des Art. 10 Abs. 2 Satz 1 GG. Die zum Anlass der Ermittlungsmaßnahme genommene – geplante oder versuchte – Tat müsse so konkret festgelegt sein, dass der Eingriff im Vorhinein gesteuert und begrenzt werden könne.
Die Schwelle der Gefahrenabwehr beziehungsweise Aufklärung von Straftaten werde in das so genannte Vorfeld verlagert. § 39 Abs. 1 in Verbindung mit § 39 Abs. 2 AWG enthalte eine einzigartige Kombination zahlreicher unbestimmter Rechtsbegriffe. Dies sei vor dem Hintergrund zu würdigen, dass die Vorschrift einen erheblichen Eingriff in die Rechte der Betroffenen begründe, der heimlich stattfinde. Daher sei eine gerichtliche Klärung seiner Zulässigkeit frühestens nach Schaffung vollendeter Tatsachen möglich. Das Bundesverfassungsgericht habe dem Bestimmtheitsgebot in diesem Bereich besonderes Gewicht beigemessen.
Die fehlende materielle Begrenzung der Eingriffsbefugnisse werde nicht durch den Richtervorbehalt des § 40 Abs. 2 AWG kompensiert. Das folge für den vorliegenden Fall gerade aus der Tatsache der Unbestimmtheit selbst. Ein wirksames Kontrollverfahren bedürfe wirksamer Kontrollmaßstäbe. Die in § 39 Abs. 1 in Verbindung mit § 39 Abs. 2 AWG enthaltenen Maßstäbe seien inhaltlich so unbestimmt, dass sie auch im Verfahren der gerichtlichen Kontrolle keine ausreichende Handhabe zur Klärung böten, wann eine Maßnahme zulässig und wann sie unzulässig sei.
§ 39 Abs. 1 in Verbindung mit § 39 Abs. 2 AWG verletze auch das Übermaßverbot.
3. Zur ursprünglichen Fassung des § 41 Abs. 2 AWG hat die Antragstellerin vorgetragen, die Regelungen über die Verarbeitung der erlangten Daten seien mit dem Bestimmtheitsgebot unvereinbar. Grundrechtlich sei mindestens geboten, dass die Zulässigkeit der Datenverarbeitung überhaupt gesetzlich geregelt sei und dass die Erhebungs- wie Verwendungszwecke hinreichend bestimmt seien. Diese Anforderungen seien nicht verwirklicht. § 41 Abs. 2 AWG enthalte allein Bestimmungen über die Nutzung und Verarbeitung der erlangten Daten durch „öffentliche Stellen des Bundes”. An einer Regelung für Landesbehörden fehle es hingegen. Aus Inhalt und Zweck der §§ 39 ff. AWG ergebe sich aber, dass die erlangten Daten an Stellen der Länder weitergegeben werden müssten.
Nach einem Hinweis auf die zwischenzeitlich erfolgte Änderung der Norm hat die Antragstellerin erklärt, die Antragsgründe seien entfallen. Sie hat alsdann den Antrag zu 3 zurückgenommen.
III.
Zu dem Antrag haben die Bundesregierung und der Bundesbeauftragte für den Datenschutz Stellung genommen.
1. Für die Bundesregierung hat der Bundesminister für Wirtschaft ausgeführt, die Bestimmungen der §§ 39 ff. AWG seien sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht mit dem Grundgesetz vereinbar.
a) Zur Verhinderung von Beschaffungsbemühungen fremder Staaten im Bereich gefährlicher Technologien sei es erforderlich gewesen, nicht allein das repressive Instrumentarium zu verbessern, sondern Beschaffungsbemühungen bereits im Vorfeld rechtzeitig zu entdecken und entsprechende Exporte zu verhindern. Die bis dahin zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Überwachung des Außenwirtschaftsverkehrs hätten sich als zu diesem Zweck nicht ausreichend erwiesen.
Die Übertragung der in § 39 AWG beschriebenen Überwachungsmaßnahmen auf das Zollkriminalamt verstoße nicht gegen die kompetenzrechtlichen Vorschriften des Grundgesetzes. Jedenfalls ergebe sich eine Verwaltungskompetenz des Bundes aus Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG. Die Norm sei nicht etwa wegen einer Subsidiarität gegenüber Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG unanwendbar. Dem Bund sei lediglich die Schaffung allgemeiner Bundespolizeibehörden, deren Aufgabe allgemeine Gefahrenabwehr sei, verwehrt, soweit solche nicht ausdrücklich im Grundgesetz, namentlich in Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG, zugelassen seien. Die Möglichkeit zur Schaffung selbständiger Bundesoberbehörden werde hierdurch nicht beeinträchtigt. Es sei daher davon auszugehen, dass jedenfalls die Übertragung bestimmter polizeilicher Befugnisse auf Bundesbehörden im Rahmen von Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG nicht von vornherein ausgeschlossen sei.
b) § 39 AWG verletze das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis nicht. Auf Grund von § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 3 AWG könne mit hinreichender Bestimmtheit festgestellt werden, wann die in der Regelung vorgesehenen Maßnahmen angeordnet werden könnten. Wie sich aus § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Nr. 3 und Satz 2 AWG klar ergebe, müssten „Tatsachen” oder „tatsächliche Anhaltspunkte” vorliegen, welche die Annahme rechtfertigten, dass Personen Straftaten von erheblicher Bedeutung nach dem Außenwirtschaftsgesetz oder dem Kriegswaffenkontrollgesetz (im Folgenden: KWKG) planen oder bestimmte Fernmeldeanschlüsse benutzen. Andernfalls könne das Verfahren nach den §§ 39 ff. AWG nicht eingeleitet werden. Dem Zollkriminalamt werde also nicht die Möglichkeit gegeben, sich solche tatsächlichen Anhaltspunkte erst durch die Überwachungsmaßnahmen zu verschaffen. Hinweise aus dem Ausland oder der Auslandsaufklärung des Bundesnachrichtendienstes enthielten in der Regel solche tatsächlichen Anhaltspunkte. Abhörmaßnahmen „ins Blaue hinein”, also lediglich „auf Verdacht”, seien nach dem Gesetz nicht zulässig. Eine richterliche Überprüfung der Einhaltung der Grenzen sei ohne weiteres möglich, zumal die verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe keine neuen Begriffsschöpfungen darstellten.
Die in den §§ 39 ff. AWG vorgesehenen Maßnahmen verletzten nicht das Übermaßverbot. Die Einschränkung der in Art. 10 GG geschützten Rechtsgüter stehe in einem angemessenen Verhältnis zu den betroffenen schweren Gefährdungen.
c) Auch die in § 41 Abs. 2 AWG geregelte Verarbeitung der auf Grund der Maßnahmen nach § 39 AWG erworbenen Informationen entspreche den grundgesetzlichen Erfordernissen.
2. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz hat ausgeführt, auf Grund der gewählten Kombination unbestimmter Rechtsbegriffe sei § 39 Abs. 2 AWG nicht unbedenklich. Das Merkmal der in § 39 Abs. 2 Nr. 1 AWG für einen Eingriff vorausgesetzten „Tatsachen” sei einschließlich des für ihre Annahme erforderlichen Grades an Wahrscheinlichkeit einer klarstellenden Auslegung nicht zugänglich. Die Formulierung der Norm sei noch weniger klar als diejenige des § 100 a StPO.
Auch das Merkmal „Straftaten von erheblicher Bedeutung” sei bedenklich. Es sei fraglich, ob die Verweisung auf den in diesem Zusammenhang dargestellten Straftatenkatalog ihrerseits in hinreichendem Maße zur Bestimmtheit der Regelung beitrage. Der unbestimmte Rechtsbegriff des „Planens” bringe die Gefahr mit sich, dass die grundlegende rechtsstaatliche Funktion der strafrechtlichen Tatbestandsmäßigkeit weitgehend außer Kraft gesetzt werde. Im Gesetzgebungsverfahren seien indes mit Rücksicht auf die verfahrenssichernden Maßnahmen nach § 39 Abs. 3, § 40 Abs. 1, 2 und 4 sowie § 41 Abs. 1 AWG letztlich keine Einwände erhoben worden.
IV.
Die Antragstellerin hat auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
B.
Der Normenkontrollantrag nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG in Verbindung mit § 13 Nr. 6, § 76 Abs. 1 Nr. 1 BVerfGG ist zulässig. Die zwischenzeitlichen Gesetzesänderungen und die Rücknahme des Antrags zu 3 haben das öffentliche Interesse an der Klärung der Verfassungsmäßigkeit der früheren und der jetzigen Rechtslage nicht entfallen lassen. Allerdings ist die neue Vorschrift über die Rechtsstellung des Zollkriminalamts nicht in die Prüfung einzubeziehen.
I.
Auf den Antrag zu 1 ist ausschließlich über die bis zum In-Kraft-Treten des Zollfahndungsneuregelungsgesetzes vom 16. August 2002 bestehende Rechtslage zu befinden. An deren Klarstellung besteht ein objektives Interesse.
1. Die in Art. 2 Nr. 1 ZFnrG, § 1 Nr. 3 FVG geregelte Umwandlung des Zollkriminalamts in eine Mittelbehörde stellt eine grundlegende Änderung der Rechtslage dar, durch welche die im Wortlaut unveränderte Norm des § 39 Abs. 1 AWG in kompetentieller Hinsicht inhaltlich umgestaltet wird.
Eine Norm wird nur dann in ihrer Neufassung Gegenstand eines bereits eingeleiteten Normenkontrollverfahrens, wenn ihr Inhalt im Zuge der Gesetzesänderung im Wesentlichen gleich bleibt (vgl. BVerfGE 6, 104 ≪110≫; 61, 291 ≪306≫; 65, 237 ≪243 f.≫). Daran fehlt es vorliegend. Art. 2 ZFnrG ändert den Status des Zollkriminalamts und stellt es auf eine neue verfassungsrechtliche Grundlage. Für die Bundeskompetenz wird Satz 2 von Art. 87 Abs. 3 GG statt bisher Satz 1 herangezogen (vgl. Gesetzesbegründung, BTDrucks 14/8007 ≪neu≫, S. 22, zu Ziff. 3.). Das Zollkriminalamt wird in eine bundeseigene Mittelbehörde umgewandelt. Damit bezieht § 39 Abs. 1 AWG sich nunmehr auf das Zollkriminalamt in dieser neuen Rechtsstellung.
Die Änderung steht in ihren Wirkungen einer gesetzlichen Neuregelung gleich. Die veränderte Rechtsstellung des Zollkriminalamts verändert zugleich den Charakter der in § 39 Abs. 1 AWG vorgenommenen Aufgabenzuweisung. Der unverändert gebliebene Wortlaut der Norm steht dem nicht entgegen. Es gibt keinen maßgeblichen Unterschied zwischen einer gesetzlichen Regelung, die bestimmte Aufgaben einer Behörde erstmals zuweist, und einer Regelung, die bei fortbestehender Aufgabenzuweisung die Rechtsstellung der zuständigen Behörde ändert.
2. Das Bundesverfassungsgericht hätte die neu geschaffene Rechtslage nur dann verfassungsrechtlich zu überprüfen, wenn sie durch einen Antrag der Antragstellerin in das Verfahren einbezogen worden wäre. Maßgeblich für die Festlegung des Antragsgegenstandes ist der im Antrag zum Ausdruck gebrachte Wille der Antragstellerin (vgl. BVerfGE 86, 148 ≪210 f.≫; 93, 37 ≪65≫; 97, 198 ≪213≫). Ihrer Stellungnahme vom 28. Oktober 2002 ist zu entnehmen, dass nur die bisherige Rechtslage zur Überprüfung gestellt wird.
3. Das objektive Klarstellungsinteresse an der Verfassungsmäßigkeit der früheren Rechtslage besteht fort, da von ihr noch Rechtswirkungen ausgehen können (zu diesem Erfordernis vgl. BVerfGE 79, 311 ≪326 f.≫; 88, 203 ≪334 ff.≫; 100, 249 ≪257≫). Da die Neuregelung erst am 24. August 2002 in Kraft getreten ist, sind Rechtswirkungen im Hinblick auf laufende Verfahren nicht unwahrscheinlich, in denen das Zollkriminalamt noch in seiner bisherigen Rechtsgestalt gehandelt hat. Dem steht nicht entgegen, dass § 39 Abs. 1 und 2 AWG auch aus materiellen Gründen mit Art. 10 GG unvereinbar sein kann. Die Prüfung des Zuständigkeitsmangels ist vorgreiflich, weil er nicht durch eine Gesetzesänderung behoben werden könnte.
II.
In materieller Hinsicht sind die mit dem Antrag zu 2 angegriffenen Regelungen des § 39 Abs. 1 und 2 AWG weiterhin Verfahrensgegenstand. Sie haben lediglich redaktionelle Korrekturen erfahren.
Auch die Änderungen der von § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AWG durch Verweisung in Bezug genommenen strafrechtlichen Vorschriften beseitigen die fortbestehende Identität der Norm nicht. Der inhaltliche Schwerpunkt der angegriffenen Norm liegt in der Ermächtigung zu Überwachungsmaßnahmen und der Verweisung auf eine Reihe von Strafrechtsnormen. Die Regelung besteht im Kern unverändert fort, auch wenn die Normen, auf die verwiesen wird, zum Teil modifiziert worden sind.
III.
§ 41 Abs. 2 AWG ist in seiner gegenwärtigen Fassung unbeschadet der Rücknahme des Antrags zu 3 in vollem Umfang zu überprüfen. Hieran besteht ein öffentliches Interesse.
1. Die Antragstellerin hat § 41 Abs. 2 AWG nach der Formulierung ihres Antrags in vollem Umfang angegriffen. Die Norm betrifft die Verwertung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen. Die ursprüngliche Konzentration der Kritik auf das seinerzeitige Tatbestandsmerkmal „des Bundes” bedeutete nicht, dass der Antrag sich auf dieses Merkmal und damit auf die anfängliche Begrenzung der Regelung auf öffentliche Stellen des Bundes beschränkte. Im weiteren Schriftsatz vom 20. April 2001 hat die Antragstellerin zusätzliche allgemeine Einwände gegen die Norm vorgebracht, die insbesondere an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1999 (BVerfGE 100, 313) anknüpfen. Damit hat sie den im Antrag ausformulierten, umfassenden Angriff untermauert und dessen Tragweite klargestellt.
2. Gegenstand des Normenkontrollverfahrens ist nicht der zwischenzeitlich zurückgenommene Antrag, sondern die Prüfung der Vereinbarkeit von Bundesrecht oder Landesrecht mit dem Grundgesetz. Das durch einen zulässigen Antrag in Gang gesetzte Verfahren ist in seinem weiteren Verlauf der Verfügung des Antragstellers entzogen. Für die Gestaltung und Durchführung des Verfahrens sind nicht die Anträge und Anregungen, sondern ausschließlich Gesichtspunkte des öffentlichen Interesses maßgebend (vgl. BVerfGE 1, 396 ≪414 f.≫; 68, 346 ≪350 f.≫; 87, 152 ≪153≫).
Ein solches Interesse liegt vor. Entscheidend ist der enge Zusammenhang zwischen den Normen über die Erhebung, insbesondere § 39 AWG, und denen über die Verwendung der Daten (insbesondere § 41 Abs. 2 AWG). Die Datenerhebung gewinnt durch die Weiterverwertung erst ihr volles Gewicht (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪384≫; Urteil vom 3. März 2004 – 1 BvR 2378/98 und 1 BvR 1084/99 –, C VII). Ohne Blick auf die Verwertungsregeln ist daher nicht zu klären, wozu die Erhebung führen kann und ob sie im Hinblick auf den Erhebungszweck verhältnismäßig ist. Die im ursprünglichen Antrag angegriffenen Normen bilden mithin eine untrennbare Einheit, die nicht in einzelne Bestandteile zerlegt werden kann. Daher ist im Gesamtzusammenhang des Verfahrens ohne Rücksicht auf weitere Erwägungen, namentlich zu § 78 Satz 2 BVerfGG, auch die Sachentscheidung über § 41 Abs. 2 AWG geboten (vergleichbar BVerfGE 8, 274 ≪301≫; 57, 295 ≪334≫; 73, 118 ≪151≫).
3. Einer Erörterung der Frage, ob die ursprüngliche Begrenzung der Regelung auf öffentliche Stellen nur des Bundes für sich gesehen mit dem Grundgesetz in Einklang stand, bedarf es demgegenüber nicht mehr. Denn ein objektives Klarstellungsinteresse ist angesichts der Zeit, die seit In-Kraft-Treten des Änderungsgesetzes vom 17. Dezember 1997 (BGBl I S. 3108 ≪3115≫) und damit der Einbeziehung auch der Behörden der Bundesländer verstrichen ist, nicht erkennbar.
C.
Der Normenkontrollantrag ist begründet.
I.
Der Bund war allerdings gemäß Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG zur Übertragung der in § 39 AWG vorgesehenen Aufgabe auf eine selbständige Bundesoberbehörde befugt.
1. Die in Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG vorausgesetzte Gesetzgebungskompetenz des Bundes beruht auf Art. 73 Nr. 5 GG.
a) Gemäß Art. 73 Nr. 5 GG hat der Bund die Gesetzgebungskompetenz für den „Waren- und Zahlungsverkehr mit dem Ausland”. Davon wird schon dem Wortlaut nach der im Außenwirtschaftsgesetz geregelte Waren- und Kapitalverkehr erfasst. Wegen der Einheitlichkeit der Lebensvorgänge im Außenwirtschaftsverkehr ergibt sich auch für den Dienstleistungsverkehr (siehe §§ 18 ff. AWG) aus Art. 73 Nr. 5 GG eine Zuständigkeit des Bundes unter dem Gesichtspunkt des Sachzusammenhangs. Ein solcher ist anzuerkennen, wenn eine dem Bund zugewiesene Materie verständigerweise nicht geregelt werden kann, ohne dass zugleich eine andere Materie mit geregelt wird, wenn also das Übergreifen in einen an sich den Ländern übertragenen Kompetenzbereich für die Regelung der zugewiesenen Materie unerlässlich ist (vgl. BVerfGE 98, 265 ≪299≫; stRspr). So liegt es hier. Der Waren-, der Dienstleistungs- und der Kapitalverkehr sind im Bereich der Außenwirtschaft so vielfältig miteinander verknüpft, dass eine getrennte Regelung zur Erfüllung solcher Ziele, wie sie das Außenwirtschaftsgesetz verfolgt, nicht sachgerecht wäre. Nach § 7 Abs. 1 AWG dienen die gesetzlich erlaubten Beschränkungen der Rechtsgeschäfte und Handlungen im Außenwirtschaftsverkehr insbesondere der Gewährleistung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland sowie der Verhütung einer Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker und der Störung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland. Darauf bezogene Maßnahmen können nicht ohne erheblichen Effektivitätsverlust nach unterschiedlichen Regelungen von unterschiedlichen Behörden einerseits für den Warenverkehr und andererseits für den Dienstleistungsverkehr vorgenommen werden.
Von der Gesetzgebungskompetenz nach Art. 73 Nr. 5 GG sind auch die auf den Außenwirtschaftsverkehr bezogenen präventiv-polizeilichen Maßnahmen erfasst (vgl. BVerfGE 33, 52 ≪63 f.≫; auch BVerfGE 8, 143 ≪149≫; 97, 198 ≪222≫) und damit auch die hier in Rede stehenden besonderen Regelungen zur Verhütung der in § 39 AWG in Bezug genommenen Straftaten. Die allgemeinen Befugnisse der Bundesländer namentlich im Polizeirecht und in der Strafrechtspflege bleiben von der Regelung unangetastet. Hinreichend Rechnung getragen ist auch dem Gebot, die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern durch die Auslegung einer Regelung zur ausschließlichen Bundeskompetenz nicht zu unterlaufen (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪368≫). Denn die durch § 39 Abs. 1 AWG begründete Zuständigkeit des Zollkriminalamts liegt in Bereichen, die den Vorgängen des Außenwirtschafts- und des Kriegswaffenkontrollrechts unmittelbar zugeordnet sind.
b) Für die in § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AWG erfasste Verhütung von Straftaten nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz ergibt sich die Bundeskompetenz auch aus Art. 26 Abs. 2 GG.
2. Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG enthält eine Kompetenzregelung, die dem Bund eine zusätzliche Verwaltungskompetenz eröffnet, also im Sinne von Art. 83 GG etwas „anderes zulässt” (vgl. BVerfGE 14, 197 ≪210≫; 104, 238 ≪247≫). Das Zollkriminalamt durfte auf dieser Grundlage in seiner damaligen Rechtsgestalt als selbständige Oberbehörde des Bundes mit den sich aus § 39 Abs. 1 AWG ergebenden Aufgaben betraut werden.
a) Die Vorgaben des Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG waren erfüllt.
§ 1 Nr. 2 FVG a.F. ordnete das Zollkriminalamt als selbständige Bundesoberbehörde in die Reihe der Bundesfinanzbehörden ein. Eine solche Behörde darf nur für Aufgaben errichtet werden, die der Sache nach für das ganze Bundesgebiet von einer Oberbehörde ohne Mittel- und Unterbau und ohne Inanspruchnahme von Verwaltungsbehörden der Länder – außer für reine Amtshilfe – wahrgenommen werden können. Damit zieht Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG der Begründung einer Verwaltungszuständigkeit durch den Bund auch insofern eine Grenze, als nur bestimmte Sachaufgaben zur zentralen Erledigung geeignet sind (vgl. BVerfGE 14, 197 ≪211≫).
Für den in § 39 Abs. 1 AWG geschaffenen Aufgabenbereich des Zollkriminalamts liegen die Voraussetzungen des Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG vor. Die Überwachung der Telekommunikation und des Briefverkehrs zur Verhütung von Straftaten nach dem Außenwirtschaftsgesetz kann zentral und ohne Verwaltungsunterbau wahrgenommen werden. Bestehende Verwaltungszuständigkeiten der Länder werden nicht verdrängt.
Das Zollkriminalamt ist nach § 5 a FVG a.F. zur Unterstützung der Zollfahndungsämter eingerichtet worden. Es sollte deren Ermittlungen koordinieren und lenken und hatte keine Einwirkungsmöglichkeiten auf die Tätigkeiten von Länderbehörden. Auch kommt die begrenzte Einräumung von Weisungsbefugnissen nicht der Schaffung eines Verwaltungsunterbaus oder der Errichtung von Außenstellen gleich. Das Recht zur fachlichen Weisung stand dem Zollkriminalamt nur zu, soweit die Zollfahndungsämter ihre Ermittlungen nicht selbständig im Sinne des § 386 Abs. 2 der Abgabenordnung erfüllten. Ein Recht zur Dienstaufsicht bestand nicht. Eine faktische Eingliederung in den hierarchischen Aufbau der Bundesfinanzbehörden erfolgte durch die begrenzten Weisungsbefugnisse nicht. Weisungsbefugnisse als solche stehen der Charakterisierung einer Behörde als Bundesoberbehörde begrifflich nicht von vornherein entgegen. Die Weisungen waren für das Zollkriminalamt kein prägendes Merkmal seiner Tätigkeit, sondern lediglich Mittel zur Durchsetzung der ihm eingeräumten Befugnisse im Einzelfall. Die Gefahr einer Verdrängung von Länderkompetenzen oder der Umgehung der begrenzenden Wirkungen von Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG durch Schaffung eines faktischen Unterbaus bestand nicht.
b) Das Zollkriminalamt ist als Bundesoberbehörde durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes vom 7. Juli 1992 eingerichtet worden; das Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes, das dem damaligen Zollkriminalinstitut Befugnisse nach § 39 AWG einräumte, stammte allerdings schon vom 28. Februar 1992. An einer Klärung rechtlicher Probleme der für wenige Monate entstandenen Übergangssituation zwischen dem In-Kraft-Treten des § 39 Abs. 1 AWG und der Einrichtung des Zollkriminalamts als Bundesoberbehörde besteht kein rechtliches Interesse mehr.
3. Der Bund war nicht gehalten, statt einer Bundesoberbehörde eine Zentralstelle nach Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG einzurichten.
Art. 87 GG soll wie die anderen Regelungen des VIII. Abschnitts des Grundgesetzes eine sachgerechte Ausführung der Bundesgesetze und den Aufbau einer leistungsfähigen Bundesverwaltung ermöglichen, soweit die Aufgaben nicht von den Ländern wahrgenommen werden. Art. 87 GG sichert nicht nur die Beachtung der Interessen der Länder am Schutz der eigenen Verwaltungskompetenz, sondern auch die des Bundes an einer leistungsfähigen Verwaltung, soweit er eigene Verwaltungskompetenzen hat oder sie begründen kann. Dementsprechend stellt Art. 87 GG unterschiedliche Möglichkeiten bereit, zwischen denen der Bund wählen darf, soweit die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen der Einrichtung der jeweiligen Behörden erfüllt sind. Das Recht und die Pflicht zur Wahl einer sachgerechten Organisationsstruktur würden ohne hinreichenden Grund eingeengt, wenn die von der Antragstellerin im Einklang mit einem Teil der Literatur (vgl. Dittmann, Die Bundesverwaltung, 1983, S. 252 f.; Hermes, in: Dreier, Grundgesetz, Band III, 2000, Art. 87 Rn. 72; Lerche, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Art. 87 Rn. 170, 175, Stand: Dezember 1992; Sachs, in: ders., Grundgesetz, 3. Aufl., 2003, Art. 87 Rn. 78) behauptete Subsidiarität von Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG im Verhältnis zu Art. 87 Abs. 1 GG anzuerkennen wäre. Eine solche Einengung folgt auch nicht aus der Einleitung des Absatzes 3 durch das Wort „Außerdem” (so aber etwa Lerche, a.a.O., Rn. 170). Dieses Wort knüpft an die in den beiden ersten Absätzen des Art. 87 GG aufgeführten Fälle bundeseigener Verwaltung an (vgl. BVerfGE 14, 197 ≪210≫). Damit wird nicht zum Ausdruck gebracht, dass der Bund von der Ermächtigung des Absatzes 3 nur Gebrauch machen darf, wenn er andere Möglichkeiten zur Einrichtung bundeseigener Behörden nicht hat. Zieht er im Interesse effektiver Aufgabenbewältigung die in Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG ermöglichte Organisationsform der nach Art. 87 Abs. 1 GG eröffneten vor, so ist dies verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Der Bund musste sich daher nicht darauf beschränken, das Zollkriminalamt auf der Grundlage des Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG als Zentralstelle einzurichten. Dort, wo eine Zentralstelle im Hinblick darauf, dass diese im Wesentlichen auf die Wahrnehmung von Koordinationsaufgaben beschränkt ist, für die Erfüllung einer Aufgabe nicht ausreicht, darf der Bund unter den Voraussetzungen des Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG eine selbständige Bundesoberbehörde einrichten. Dass es sachwidrig ist, für die Verhütung von Straftaten im Außenwirtschaftsverkehr und dabei zum Schutz der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland eine nicht auf bloße Koordinationsaufgaben beschränkte Bundesbehörde einzurichten, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich.
Die Entstehungsgeschichte der Norm und in diesem Zusammenhang insbesondere der „Polizeibrief” der westalliierten Militärgouverneure vom 14. April 1949 (abgedruckt bei Werthebach/Droste, in: Bonner Kommentar, Art. 73 Nr. 10 Rn. 10, Stand: Dezember 1998) ergeben entgegen der Auffassung der Antragstellerin keine Anhaltspunkte dafür, dass die Nutzung der sich aus Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG ergebenden Befugnisse im Bereich polizeilicher Aufgaben des Bundes ausgeschlossen ist. Abgesehen davon, dass die historische Ausgangslage des Dokuments nicht mehr besteht, kann ihm lediglich entnommen werden, dass die Bundeskompetenzen im Bereich des Polizeiwesens zugunsten der Länder deutlich begrenzt sein sollten. Daraus allein lässt sich jedoch keine Aussage darüber gewinnen, ob Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG die Anwendung von Art. 87 Abs. 3 GG einschränkt.
4. Auch die Pflicht zu bundes- und länderfreundlichem Verhalten (vgl. BVerfGE 14, 197 ≪214 f.≫; 104, 238 ≪247 f.≫) stand der Vereinbarkeit von § 39 Abs. 1 AWG mit den kompetenzrechtlichen Vorschriften des Grundgesetzes nicht entgegen.
Der Bund unterliegt bei Ausübung seiner Sachkompetenz der Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Länder. Gegen diese Pflicht verstößt er allerdings nicht schon dadurch, dass er von einer ihm durch das Grundgesetz eingeräumten Kompetenz Gebrauch macht; vielmehr muss deren Inanspruchnahme missbräuchlich sein (vgl. BVerfGE 104, 249 ≪269 f.≫; 106, 1 ≪27≫). Da der Grundsatz länderfreundlichen Verhaltens akzessorischer Natur ist und lediglich innerhalb eines anderweitig begründeten Rechtsverhältnisses oder einer anderweitig begründeten Rechtspflicht Bedeutung gewinnen kann (vgl. BVerfGE 104, 238 ≪247 f.≫), bedarf es der Feststellung einer den Ländern zukommenden Rechtsposition, damit aus dem Grundsatz der Bundestreue überhaupt Folgen hergeleitet werden können (vgl. BVerfGE 95, 250 ≪266≫; 103, 81 ≪88≫; 104, 238 ≪248≫). Daran aber fehlt es hier.
II.
§ 39 Abs. 1 und 2 AWG ist mit Art. 10 GG nicht vereinbar.
1. Maßstab der verfassungsrechtlichen Prüfung ist Art. 10 GG. Die Grundrechtsnorm schließt das Erfordernis der Normenbestimmtheit und Normenklarheit jeglicher Ermächtigung zu Überwachungseingriffen ein.
a) Art. 10 Abs. 1 GG begründet ein Abwehrrecht gegen die Öffnung von Briefen und die Einsichtnahme in sie (vgl. BVerfGE 67, 157 ≪171 f.≫) sowie gegen das Abhören, die Kenntnisnahme und das Aufzeichnen des Inhalts der Telekommunikation, aber auch gegen die Erfassung ihrer Umstände, die Auswertung des Inhalts und die Verwendung gewonnener Daten (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪358 ff.≫; 106, 28 ≪37≫). Im Ausmaß seines Schutzgehalts verdrängt Art. 10 Abs. 1 GG das allgemeine Grundrecht nach Art. 2 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 67, 157 ≪171≫; 100, 313 ≪358≫).
Das Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG gewährleistet die freie Entfaltung der Persönlichkeit durch einen privaten, vor der Öffentlichkeit verborgenen Austausch von Kommunikation und schützt damit zugleich die Würde des Menschen (vgl. BVerfGE 67, 157 ≪171≫). Durch die Kenntnisnahme des Inhalts von Briefen und das Abhören von Telefongesprächen wird auf intensive Weise in das Grundrecht eingegriffen. Die Schwere des Eingriffs wird auch dadurch geprägt, dass der Betroffene wegen der gebotenen Heimlichkeit nicht an dem Anordnungsverfahren beteiligt ist.
b) Ermächtigungen zu Eingriffen in das Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG bedürfen nach Art. 10 Abs. 2 Satz 1 GG einer gesetzlichen Grundlage, die dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenbestimmtheit und Normenklarheit zu entsprechen hat. Die Maßgaben, die das Bundesverfassungsgericht im Volkszählungsurteil insoweit aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG entwickelt hat (vgl. BVerfGE 65, 1 ≪44 ff., 54≫), sind grundsätzlich auf die spezielle Garantie in Art. 10 GG übertragbar (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪359≫). Der Anlass, der Zweck und die Grenzen des Eingriffs müssen in der Ermächtigung bereichsspezifisch, präzise und normenklar festgelegt werden (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪359 f., 372≫). Dies soll sicherstellen, dass der betroffene Bürger sich darauf einstellen kann (aa), dass die gesetzesausführende Verwaltung für ihr Verhalten steuernde und begrenzende Handlungsmaßstäbe vorfindet (bb) und dass die Gerichte die Rechtskontrolle durchführen können (cc).
aa) Der Betroffene muss die Rechtslage anhand der gesetzlichen Regelung so erkennen können, dass er sein Verhalten danach auszurichten vermag. Die Anforderungen an die Bestimmtheit und Klarheit der Norm erhöhen sich, wenn die Unsicherheit bei der Beurteilung der Gesetzeslage die Betätigung von Grundrechten erschwert. Soweit die praktische Bedeutung einer Regelung vom Zusammenspiel der Normen unterschiedlicher Regelungsbereiche abhängt, müssen die Klarheit des Normeninhalts und die Voraussehbarkeit der Ergebnisse der Normanwendung gerade auch im Hinblick auf dieses Zusammenwirken gesichert sein (vgl. BVerfG, NJW 2003, S. 2733 ≪2735≫).
Bei Ermächtigungen zu Überwachungsmaßnahmen verlangt das Bestimmtheitsgebot, dass die betroffene Person erkennen kann, bei welchen Anlässen und unter welchen Voraussetzungen ein Verhalten mit dem Risiko der Überwachung verbunden ist. Die Bestimmtheit der Handlungsvoraussetzungen des staatlichen Eingriffs – und damit der begrenzenden Maßstäbe – kommt aber auch Personen zugute, denen die konkreten Handlungsvoraussetzungen nicht bekannt sind. Für Dritte, die den Anlass nicht geschaffen haben und eher zufällig betroffen werden, reicht es, wenn die Rechtsordnung die Voraussetzungen der Überwachungsmaßnahme in grundsätzlich nachvollziehbarer Weise umschreibt.
bb) Die Anforderungen an die Bestimmtheit und Klarheit der Norm dienen auch dazu, die Verwaltung zu binden und ihr Verhalten nach Inhalt, Zweck und Ausmaß zu begrenzen (vgl. BVerfGE 56, 1 ≪12≫; stRspr). Dazu gehört, dass hinreichend klare Maßstäbe für Abwägungsentscheidungen bereitgestellt werden. Die Entscheidung über die Grenzen der Freiheit des Bürgers darf nicht einseitig in das Ermessen der Verwaltung gestellt sein (vgl. BVerfGE 78, 214 ≪226≫). Dem Gesetz kommt im Hinblick auf den Handlungsspielraum der Exekutive eine begrenzende Funktion zu, die rechtmäßiges Handeln des Staates sichern und dadurch auch die Freiheit der Bürger vor staatlichem Missbrauch schützen soll. Dieser Aspekt der Bindung der Verwaltung ist bei einer Überwachungsmaßnahme besonders wichtig, da der Betroffene von ihr keine Kenntnis hat. Dies gilt insbesondere für unbeteiligte Dritte, die mit einer staatlichen Überwachung nicht rechnen und sich deshalb vor einem Einblick in ihren Privatbereich nicht schützen können.
cc) Schließlich dienen die Normenbestimmtheit und die Normenklarheit dazu, die Gerichte in die Lage zu versetzen, die Verwaltung anhand rechtlicher Maßstäbe zu kontrollieren. Dies ist für den Schutz der Bürger besonders bedeutsam, wenn das Gericht schon vor Ergreifen der Maßnahme oder in ihrem Vollzug zur Kontrolle der Verwaltung eingeschaltet wird, während der Betroffene infolge der Heimlichkeit der Maßnahme noch davon ausgeschlossen ist, sich selbst für sein Recht einzusetzen.
c) Mängel hinreichender Normenbestimmtheit und -klarheit beeinträchtigen insbesondere die Beachtung des verfassungsrechtlichen Übermaßverbots. Je ungenauer die Ziele einer Normierung und die Anforderungen an die tatsächliche Ausgangslage gesetzlich umschrieben sind, umso schwerer fällt die Beurteilung der Eignung und Erforderlichkeit einer Überwachungsmaßnahme. Vor allem bewirkt die Unbestimmtheit der tatsächlichen Voraussetzungen das Risiko eines unangemessenen Verhältnisses von Gemeinwohlbelangen, zu deren Wahrnehmung in Grundrechte eingegriffen wird, und den Rechtsgütern der davon Betroffenen. Von maßgeblicher Bedeutung im Zuge der Abwägung ist insbesondere die Einschätzung der Schwere der dem Schutzgut drohenden Gefahr. Diese setzt Klarheit nicht nur über das gefährdete Rechtsgut, sondern auch über die dieses gefährdende Handlung voraus.
d) Die konkreten Anforderungen an die Bestimmtheit und Klarheit der Ermächtigung richten sich nach der Art und der Schwere des Eingriffs. Diese ergibt sich aus der Art der vorgesehenen Maßnahme und der von ihr für den Betroffenen ausgelösten Wirkungen. Welchem Ziel die Maßnahme dient, etwa der Gefahrenabwehr oder der Gefahrenverhütung, ist für die Beurteilung ihrer Schwere für den Betroffenen ohne Belang.
Allerdings findet der Gesetzgeber je nach der zu erfüllenden Aufgabe zur Rechtfertigung der Eingriffsvoraussetzungen und zu ihrer Umsetzung unterschiedliche Möglichkeiten vor. Bei der Strafverfolgung kann er an den Verdacht einer schon verwirklichten Straftat anknüpfen, bei der polizeilichen Gefahrenabwehr an eine Gefahr, also an Tatsachen, aus denen das Bevorstehen eines schädigenden Ereignisses abzuleiten ist. Solche Anknüpfungsmöglichkeiten entfallen, soweit der Gesetzgeber die Aufgabe verfolgt, Straftaten zu verhüten oder Vorsorge für die Verfolgung zukünftig eventuell begangener Straftaten zu treffen. Das allein hindert ihn allerdings nicht, in Wahrnehmung derartiger Aufgaben Eingriffe in das Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG zu ermöglichen. Der Bestimmtheitsgrundsatz verlangt jedoch, dass die jeweiligen Ermächtigungen handlungsbegrenzende Tatbestandselemente enthalten, die einen Standard an Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit vergleichbar dem schaffen, der für die überkommenen Aufgaben der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung rechtsstaatlich geboten ist.
Die rechtsstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen sind historisch gesehen insbesondere im Bereich der polizeilichen Gefahrenabwehr entwickelt und dort im Laufe der Zeit auf neue Erscheinungsformen gefahrenabwehrender Maßnahmen erstreckt worden. Zum Teil ist die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigung anfangs zwar nicht gesehen worden. So haben die Ordnungsbehörden, insbesondere die Polizei, zunächst auch ohne besondere gesetzliche Ermächtigung Informationen im Vorfeld von Gefahren erhoben, um Rechtsgüter vorbeugend zu schützen oder die spätere Strafverfolgung zu erleichtern. Derartige Maßnahmen der Beobachtung und Informationsverarbeitung wurden lange Zeit nicht als Grundrechtseingriffe eingeordnet. Nachdem aber der Eingriffscharakter einer Vielzahl solcher Maßnahmen erkannt worden ist, steht fest, dass die Behörden hierfür eine Eingriffsermächtigung benötigen, die den rechtsstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen genügt (vgl. BVerfGE 65, 1 ≪44 ff.≫). Dies gilt umso mehr für Überwachungsmaßnahmen im Anwendungsbereich des Art. 10 GG. Sieht der Gesetzgeber solche Maßnahmen – wie in den §§ 39 ff. AWG – auf dem Gebiet der Straftatenverhütung vor, so hat er die den Anlass bildenden Straftaten sowie die Anforderungen an die Verdachtstatsachen so bestimmt zu umschreiben, dass das Risiko einer Fehlprognose in dem Rahmen verbleibt, der auch für Maßnahmen der Strafverfolgung und der Gefahrenbekämpfung als verfassungsrechtlich hinnehmbar erscheint.
e) Entsprechende Ermächtigungen dürfen für Zwecke der Straftatenverhütung an Tatsachen anknüpfen, die auf die Planung solcher Straftaten schließen lassen. Dem Gesetzgeber ist es nicht grundsätzlich verwehrt, zur Umschreibung des Anlasses und der weiteren Voraussetzungen der Straftatenverhütung unbestimmte Rechtsbegriffe zu benutzen. Die Auslegungsbedürftigkeit als solche steht dem Bestimmtheitserfordernis nicht entgegen, solange die Auslegung unter Nutzung der juristischen Methodik zu bewältigen ist (vgl. BVerfGE 31, 255 ≪264≫; 83, 130 ≪145≫; stRspr) und die im konkreten Anwendungsfall verbleibenden Ungewissheiten nicht so weit gehen, dass Vorhersehbarkeit und Justitiabilität des Verwaltungshandelns gefährdet sind (vgl. BVerfGE 21, 73 ≪79 f.≫).
In einem einheitlichen Zusammenhang dürfen auch mehrere unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet werden, solange die Normen insgesamt den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Normenklarheit und Justitiabilität entsprechen (vgl. BVerfGE 31, 255 ≪264≫). Ist die Maßnahme auf mehrere Normen gestützt, die jeweils unbestimmte Rechtsbegriffe verwenden, darf die Schutzwirkung des Bestimmtheitsgebots durch das Zusammentreffen mehrerer solcher Begriffe nicht aufgeweicht werden.
2. § 39 Abs. 1 und 2 AWG entspricht diesen Grundsätzen nicht. Die Norm ist mit Art. 10 Abs. 1 und 2 Satz 1 GG unvereinbar.
§ 39 Abs. 1 AWG umschreibt als Aufgabe des Zollkriminalamts die Verhütung von Straftaten nach dem Außenwirtschaftsgesetz und dem Kriegswaffenkontrollgesetz und erlaubt zu diesem Zweck die Überwachung des Brief- und Telekommunikationsverkehrs. § 39 Abs. 2 Satz 1 AWG ermöglicht entsprechende Anordnungen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die von der Anordnung betroffenen Personen bestimmte Straftaten von erheblicher Bedeutung planen. Auch Dritte können von den Maßnahmen erfasst werden (§ 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 3, Abs. 3 Satz 2 AWG).
Das durch § 39 AWG ermöglichte Abhören eines Telefongesprächs ist ein schwer wiegender gezielter personenbezogener Eingriff in das Grundrecht des Art. 10 Abs. 1 GG. Da er im Vorfeld einer strafbaren Handlung erfolgt, fehlt es an einem abgeschlossenen oder in Verwirklichung begriffenen strafbaren Handeln. Dies führt zu dem erheblichen Risiko, dass die Überwachungsmaßnahme an ein Verhalten anknüpft, das sich im Nachhinein als strafrechtlich irrelevant erweist. Die Ermächtigungsnorm des § 39 AWG wirkt diesem Risiko nicht in der rechtsstaatlich gebotenen Weise entgegen. Das Zusammenwirken der verschiedenen Tatbestandsmerkmale sowie eine große Zahl von Verweisungen auf andere Normen ergeben im Gesamtgefüge der vom Gesetzgeber gewählten Regelungstechnik Mängel an hinreichender Normenbestimmtheit und Normenklarheit, die durch die Beschränkung auf Straftaten von erheblicher Bedeutung nicht beseitigt werden.
a) Im vorliegenden Zusammenhang ist lediglich zu entscheiden, ob in der Situation der Vorfeldermittlung die Art der Bezugnahme auf die Straf- und Ordnungswidrigkeitentatbestände des Außenwirtschaftsrechts den Anforderungen der Normenbestimmtheit und Normenklarheit gerecht wird. Gegenstand der verfassungsrechtlichen Prüfung sind demgegenüber nicht die einzelnen von § 39 AWG in Bezug genommenen Strafrechtsnormen. Bestimmtheitsbedenken gegen die Anknüpfung von Maßnahmen der Vorfeldermittlung an eine Norm oder einen Komplex unterschiedlicher Normen können unabhängig davon bestehen, ob die betreffenden Normen auch dann Bestimmtheitsbedenken unterliegen, wenn es – anders als hier – um die Beurteilung eines schon abgeschlossenen und durch Tatsachenaufklärung der normativen Bewertung zugänglichen Sachverhalts geht.
b) Die Überwachungsmaßnahme soll zum Zeitpunkt des Planens einer Straftat erfolgen (§ 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AWG). Das Merkmal des Planens bringt hinsichtlich seines Beginns und seines Endes Klärungsbedarf mit sich.
aa) Eine Ermächtigung zur Straftatenverhütung unterscheidet sich hinsichtlich der Tatsachenlage, an die sie eine Maßnahme anknüpft, erheblich von Normen wie beispielsweise § 100 a StPO, die die Begehung einer Straftat, einen strafbaren Versuch oder eine strafbare Vorbereitung, mithin einen in der Vergangenheit liegenden, zumindest teilweise abgeschlossenen Sachverhalt voraussetzen. Die vorliegende Ermächtigung gilt nicht einmal zwingend einem schon in der Entwicklung begriffenen Vorgang, sondern bereits seiner Planung. Diese soll auf der Grundlage von Tatsachen feststellbar sein, die nicht auf die Gewissheit eines solchen Planens verweisen müssen; es reicht, wenn sie eine entsprechende „Annahme” rechtfertigen. § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AWG verlangt vom Zollkriminalamt daher schwerpunktmäßig eine Prognose künftiger Entwicklungen, die sich in wesentlichen Teilen noch in der Vorstellungswelt des potentiellen Straftäters abspielen.
An die Stelle des bei der Strafverfolgung maßgebenden Verhaltens, das in einem gesetzlichen Straftatbestand umschrieben ist, tritt bei der Vorverlagerung des Eingriffs in das Planungsstadium ein zunächst meist nur durch relativ diffuse Anhaltspunkte für mögliche Straftaten gekennzeichnetes, in der Bedeutung der beobachteten Einzelheiten häufig noch schwer fassbares Geschehen. Die in Bezug genommenen Straftatbestände sind in diesem Stadium damit nur wenig geeignet, den maßgeblichen Sachverhalt einzugrenzen, der Indizien für eine geplante Straftat enthalten soll. Sachverhaltsfeststellung und Prognose sind mit vorgreiflichen Einschätzungen über das weitere Geschehen, aber auch über die erst noch bevorstehende strafrechtliche Relevanz der festgestellten Tatsachen verkoppelt. Die Feststellung des voraussichtlich weiteren Verlaufs ist auch dadurch erschwert, dass das Außenwirtschaftsrecht durch weit ausgreifende Gefährdungs- und Vorbereitungstatbestände gekennzeichnet ist, so dass der Eingriff in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht in den Grenzbereich eines Verhaltens verlagert sein kann, das sich möglicherweise zu einer Rechtsgutverletzung weiterentwickelt, eventuell aber auch nicht.
Die vom Zollkriminalamt gewonnenen Erkenntnisse können je nach Lage des Falles zu der Annahme führen, dass die Planung auf eine bestimmte Straftat oder aber auf eine Mehrzahl möglicher weiterer Geschehensabläufe bezogen ist, die alternativ verschiedene Straftatbestände erfüllen. Auch dies erweitert die tatsächlichen Geschehnisse, die mögliche Anhaltspunkte für die Annahme sind, Straftaten seien geplant.
Wegen der noch fehlenden Verwirklichung einzelner Tatbestandselemente wird die Tatsachenlage häufig durch hohe Ambivalenz der Bedeutung einzelner Verhaltensumstände geprägt sein. Die beobachteten Tätigkeiten können in harmlosen Zusammenhängen verbleiben; sie können aber auch der Beginn eines Vorgangs sein, der zur Straftat werden soll. Das Zollkriminalamt als Ermittlungsbehörde muss deshalb unter erheblicher Unsicherheit arbeiten, die größer ist als üblicherweise bei der Tätigkeit von Ordnungsbehörden und die trotz der Sachkunde und beruflichen Erfahrung ihres Personals nicht ausgeräumt werden kann. Das Amt befindet sich vor der Schwierigkeit, entweder Wichtiges zu übersehen und damit seine Aufgabe zu verfehlen oder Überwachungsmaßnahmen auf Indizien zu stützen, die eventuell zu schwach sind, den schweren Grundrechtseingriff zu rechtfertigen.
bb) Die Frage, wann das Stadium des Planens beendet ist, kann demgegenüber leichter beantwortet werden. Zweck der Norm ist die Verhinderung von Straftaten. Für Prävention besteht so lange Anlass, wie diese noch nicht beendet sind. Dies bedeutet, dass es eine Überschneidung zwischen den Präventionsmaßnahmen nach § 39 AWG und möglichen Strafverfolgungsmaßnahmen insoweit geben kann, als die „Planung” schon in ein straftatbestandliches Verhalten übergegangen, die Rechtsgutbeeinträchtigung hingegen noch nicht abgeschlossen ist, so dass präventive Maßnahmen weiter sinnvoll sein können. Bestimmtheitsprobleme wirft dies nicht auf.
c) Je weniger die eingrenzende Funktion der Bezugnahme auf Tatbestandsmerkmale einer schon verwirklichten oder in Verwirklichung begriffenen Straftat zum Tragen kommt, umso wichtiger sind sonstige Einengungen der Ermächtigung, die das Risiko einer Fehlprognose grundrechtlich hinnehmbar sein lassen.
aa) Solche Einengungen sind für den Begriff des Planens im Tatbestand des § 39 Abs. 1 und 2 AWG nicht ausdrücklich enthalten. Sie können aber gegebenenfalls im Zuge der Auslegung insoweit gewonnen werden, als Anforderungen an die Sicherheit der Tatsachenbasis und an den geforderten Grad an Wahrscheinlichkeit gestellt werden, die der Intensität des Grundrechtseingriffs gerecht werden. Je gewichtiger das durch die geplante Tat betroffene Rechtsgut ist und je weiter gehend es beeinträchtigt würde, desto geringer darf die Wahrscheinlichkeit sein, mit der auf eine geplante Straftat geschlossen werden kann, und desto weniger fundierend dürfen gegebenenfalls die Tatsachen sein, die dem Verdacht zu Grunde liegen (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪392≫). Diesen Gesichtspunkt hat der Gesetzgeber in § 39 Abs. 3 Satz 1 AWG aufgegriffen und dahingehend geregelt, dass die Maßnahme nicht außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhalts stehen darf. In dieser Bezugnahme auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sind allerdings weitere Einengungen unterblieben, so dass der Regelung keine zusätzlich begrenzende Wirkung zukommt.
bb) Das Gesetz fordert, dass Tatsachen die Annahme der Planung der jeweiligen Straftaten rechtfertigen. Das Erfordernis des Vorliegens von Tatsachen verdeutlicht, dass bloße Vermutungen nicht ausreichen. Die Tatsachen müssen ferner so beschaffen sein, dass sie die Annahme einer Planung rechtfertigen. Dies fordert eine Bezugnahme auf Erfahrungssätze, die hinreichend sicher sind, um einen derart schweren Eingriff auslösen zu können.
cc) Nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AWG sind Maßnahmen auch gegen Personen oder Personenvereinigungen, für die die verdächtige Person tätig ist, zulässig, allerdings nur, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass die verdächtige Person an deren Postverkehr teilnimmt oder deren Telekommunikationsanschluss benutzt (§ 39 Abs. 2 Satz 2 AWG). Das Tatbestandsmerkmal der „tatsächlichen Anhaltspunkte” wird in der Rechtsprechung gelegentlich im Vergleich zu dem der „Tatsachen” als weniger streng bewertet (vgl. etwa SächsVerfGH, LKV 1996, S. 273 ≪284≫). Eine solche unterschiedliche Deutung scheidet im vorliegenden Zusammenhang aus. Für die in § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 AWG vorgesehene Inanspruchnahme eines Dritten genügen Vermutungen oder wenig aussagekräftige tatsächliche Anhaltspunkte nicht. § 39 Abs. 2 Satz 2 AWG ist daher nur verfassungsgemäß, wenn auch insofern Tatsachen verlangt werden, die einen hinreichend sicheren Schluss auf die Teilnahme des Verdächtigen am Postverkehr des Dritten oder die Nutzung seines Telekommunikationsanschlusses ermöglichen. Diese Einengung ist durch Auslegung erreichbar, so dass Bestimmtheitsbedenken insoweit nicht durchgreifen.
d) Die im Außenwirtschaftsgesetz gewählte Regelungstechnik mit ihren Verweisungen und Weiterverweisungen auf Strafrechtsnormen weist eine große Streubreite und Verschachtelung der in Bezug genommenen Tatbestände auf. Die Behörde und das Gericht können auf eine Vielzahl unterschiedlicher Tatbestandselemente zugreifen, die zum Teil in unterschiedlichen Zusammenhängen einsetzbar sind. Darunter leidet die Normenklarheit. Da die Tatbestandselemente auf ein Verhalten zu beziehen sind, das sich noch im Vorfeld einer Straftat und damit der Verwirklichung der Tatbestandselemente befindet, bewirken die Vielzahl und die Möglichkeiten zu unterschiedlichen Kombinationen solcher Tatbestandselemente ein hohes Fehlerrisiko in der Rechtsanwendung.
aa) § 39 Abs. 2 AWG verweist auf Vorschriften des Außenwirtschaftsgesetzes und des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen, die ihrerseits auf weitere Strafnormen und auf Ordnungswidrigkeitentatbestände sowie auf Anlagen und Genehmigungstatbestände Bezug nehmen. So führt die Verweisung des § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AWG auf § 34 Abs. 2 AWG zur Einbeziehung von § 33 Abs. 1, 4 und 5 AWG. Insbesondere werden über § 33 Abs. 1 AWG, wenn auch unter den in § 34 Abs. 2 AWG aufgeführten qualifizierten Voraussetzungen, die Ordnungswidrigkeitentatbestände der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) relevant. § 33 Abs. 1 AWG bezieht sich auf die §§ 2 und 7 AWG in Verbindung mit § 70 Abs. 1 AWV, der auf eine größere Zahl von Regelungen dieser Verordnung verweist. § 33 Abs. 4 AWG schließt mehrere Absätze von § 70 AWV ein, und zwar unter weiterer Verweisung auf eine ebenfalls größere Zahl von Vorschriften, die in einzeln aufgeführten EG-Verordnungen enthalten sind. Darüber hinaus sind nach § 34 Abs. 4 AWG nicht ausdrücklich zitierte Verbotsregelungen des Außenwirtschaftsgesetzes, auf Grund dieses Gesetzes erlassene Verordnungen sowie Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften einschlägig, sofern sie der Durchführung einer vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme dienen und im Bundesgesetzblatt oder im Bundesanzeiger veröffentlicht worden sind. § 33 Abs. 5 AWG nimmt verschiedene Vorschriften des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung in Bezug, die das Erfordernis einer Genehmigung anordnen, ferner die §§ 26, 26 a AWG in Verbindung mit § 70 Abs. 4, 5 und 6 AWV, unter Weiterverweisung auf weitere Vorschriften des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung. Auch wird auf § 44 und § 46 Abs. 1 bis 3 AWG verwiesen, die sanktionierte Auskunfts- und weitere Mitwirkungspflichten regeln.
Diese Verweisungstechnik erschwert das Erkennen der maßgeblichen Straftatbestände und die Zuordnung einer Tatsachenbeobachtung zu einem bestimmten Tatbestandsmerkmal. Dieser Mangel an Normenklarheit bewirkt bei Überwachungsmaßnahmen im Planungsstadium und dort insbesondere beim Handeln unter Zeitdruck ein hohes Risiko, dass sich die Handelnden keine Rechenschaft mehr darüber geben, ob sich die beobachteten Indizien auf konkrete Straftatbestände beziehen lassen. Besonders schwer zu erfassen sind die vorausgesetzten tatsächlichen Anhaltspunkte, wenn die Norm einen Verweis auf Ordnungswidrigkeitentatbestände genügen lässt, aber zusätzlich fordert, dass das Verhalten weitere Anforderungen erfüllt, die es zur Straftat werden lassen (§ 34 Abs. 2 AWG). Ein Mangel an Normenklarheit ist auch damit verbunden, dass auf weitere Rechtsgrundlagen verwiesen wird, deren maßgebender Inhalt nur mit Schwierigkeiten erfasst werden kann. Dies betrifft Verweise auf Anlagen sowie Genehmigungen und teilweise auch auf Verordnungen der Europäischen Gemeinschaften. So regelt – um ein Beispiel herauszugreifen – die EG-Verordnung Nr. 1081/2000 des Rates vom 22. Mai 2000 (ABlEG Nr. L 122 S. 29), auf die in § 70 Abs. 5 e AWV verwiesen wird, Lieferungs- und Ausfuhrverbote in Bezug auf Birma. Sie ermächtigt ihrerseits in Art. 4 die Kommission, neben anderem den Anhang II der Verordnung zu ändern, in dem die Namen der Inhaber eingefrorener Konten aufgeführt sind. Die maßgebenden normativen Grundlagen können mithin von unterschiedlichen Normgebern verändert werden. Gleiches gilt, soweit auf UN-Resolutionen Bezug genommen wird (§ 34 Abs. 4 AWG). Als Beispiel sei § 69 g AWV mit der Bezugnahme auf die Resolutionen 1132 (1997) vom 8. Oktober 1997 und 1171 (1998) vom 4. Juni 1998 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen aufgeführt.
bb) Verweisungsketten können als solche in komplexen Regelungszusammenhängen gegenüber der als Alternative in Betracht kommenden Umschreibung aller Eingriffsvoraussetzungen in der Eingriffsnorm selbst durchaus vorzugswürdig sein. An Klarheit wird durch die Zusammenfassung in einer einzigen Norm nicht notwendig etwas gewonnen. Allerdings ist leichter zu erkennen, welche Tatbestandsmerkmale erheblich sind.
Erreicht der Gesetzgeber die Festlegung des Normeninhalts aber – wie hier – nur mit Hilfe zum Teil langer, über mehrere Ebenen gestaffelter, unterschiedlich variabler Verweisungsketten, die bei gleichzeitiger Verzweigung in die Breite den Charakter von Kaskaden annehmen, leidet die praktische Erkennbarkeit der maßgebenden Rechtsgrundlage. Der Prüfvorgang wird dadurch fehleranfällig. Gerade in Eilfällen besteht eine gesteigerte Gefahr von Fehlentscheidungen der Verwaltung und der eingeschalteten Gerichte.
cc) Auch für die Bürger als Normadressaten ist bei Regelungen mit tiefgestaffelten Verweisungen schwer erkennbar, worauf mögliche Eingriffsmaßnahmen gestützt werden können.
Deshalb wird in der Literatur zum Teil gefordert, der Betroffene müsse aus der Eingriffsnorm selbst entnehmen können, welche Eingriffe in sein informationelles Selbstbestimmungsrecht prinzipiell möglich sind (vgl. Bizer, Forschungsfreiheit und informationelle Selbstbestimmung, 1992, S. 174 f.; Denninger, in: Bäumler, Polizei und Datenschutz, 1999, S. 16 f.; Gusy, Polizeiarbeit zwischen Gefahrenabwehr und Strafverfolgung, StV 1993, S. 269 ≪274≫). Eine solch strikte Anforderung lässt sich der Verfassung zwar nicht entnehmen. Ist es auf Grund der Verweisungstechnik aber – wie hier – allenfalls Experten möglich, sämtliche Eingriffsvoraussetzungen mit vertretbarem Aufwand zu erkennen, spricht dies gegen die Beachtung des Grundsatzes der Klarheit einer Norm, die sich auch auf das Verhalten und die Rechte der Bürger auswirkt.
e) Die Bestimmtheit der Regelung leidet zusätzlich durch einzelne Arten von Verweisungen, so durch die Bezugnahme der Strafrechtsnorm auf ungenehmigtes Handeln. Das gilt namentlich für § 34 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 8 AWG, § 22 a Abs. 1 Nr. 4, 5 und 7 KWKG und insbesondere für § 33 Abs. 1 (§ 34 Abs. 2) AWG sowie § 34 Abs. 4 AWG in Verbindung mit § 70 AWV. Die Eingriffsnorm ist mittelbar in hohem Maße verwaltungsakzessorisch (vgl. John, in: Hohmann/John, Ausfuhrrecht, 2002, § 34 AWG Rn. 122).
Die Abhängigkeit einer strafrechtlichen Sanktion von den Voraussetzungen einer behördlichen Genehmigung ist unter dem Gesichtspunkt des Bestimmtheitserfordernisses zwar dann nicht zu beanstanden, wenn die Voraussetzungen für ihre Erteilung im Gesetz oder in einer Verordnung hinreichend festgelegt sind (vgl. BVerfGE 75, 329 ≪343 ff.≫; 78, 374 ≪383 ff., 387≫). Bedenken wecken insoweit aber die hier vorgesehenen Beurteilungs- und Ermessensspielräume für die Erteilung einer Genehmigung, insbesondere nach § 3 Abs. 1 und 2 AWG. Das Zollkriminalamt wird häufig nicht wissen, ob eine Genehmigung vorliegt. Auf Grund der vielen Entscheidungsspielräume der Genehmigungsbehörde wird das Amt nur mit hoher Unsicherheit beurteilen können, ob ein Verhalten genehmigungsfähig ist und deshalb vermutlich auch genehmigt würde. Ein Sonderproblem stellen Fälle dar, in denen eine Ausfuhr genehmigungsfähig ist, eine Genehmigung aber – gleich aus welchen Gründen – nicht erteilt wurde. Herrschend ist die Auffassung, dass sich hieraus keine strafbefreiende Wirkung herleitet (vgl. John, in: Hohmann/John, a.a.O., § 34 AWG Rn. 144).
Unklarheit kann sich ferner aus § 34 Abs. 8 AWG ergeben, dem zufolge ohne Genehmigung auch handelt, wer diese unlauter erlangt hat; dadurch kann die Entscheidung über den Eingriff im Einzelfall von zusätzlichen wertenden Elementen abhängen.
f) Die Bedenken gegen die hinreichende Bestimmtheit der Ermächtigung zur Vorfeldermittlung werden nicht dadurch ausgeräumt oder abgemildert, dass § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AWG eine Einengung auf „Straftaten von erheblicher Bedeutung” vorsieht.
Das Merkmal der „Straftaten von erheblicher Bedeutung” ist – bezogen auf seinen jeweiligen Kontext – in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 107, 299 ≪321 f.≫; BVerfG, 3. Kammer des Zweiten Senats, BVerfGE 103, 21 ≪33 f.≫; NJW 2001, S. 2320 ≪2321≫), des Sächsischen Verfassungsgerichtshofs (LKV 1996, S. 273 ≪283 f.≫, zu § 36 Abs. 1, § 39 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a SächsPolG) und des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg (LKV 1999, S. 450 ≪452≫, zu § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BbgPolG) für hinreichend bestimmt erachtet worden. Es ist Bestandteil einer Vielzahl polizeirechtlicher und strafverfahrensrechtlicher Regelungen (vgl. Lindemann, Die Straftat von erheblicher Bedeutung, KJ 2000, S. 86). In § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AWG wird das Tatbestandsmerkmal allerdings anders verwendet als üblicherweise im Polizei- und Strafverfahrensrecht. Dort wird es im Zusammenhang mit Regelbeispielen benannt (vgl. Art. 30 Abs. 5 BayPAG und § 8 Abs. 3 PolG NRW; Gleiches gilt für § 81 g Abs. 1 und § 100 g Abs. 1 Satz 1 StPO) oder es dient als Oberbegriff für enumerativ aufgezählte Straftatbestände (vgl. § 1 Abs. 4 des Hamburgischen Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei). Demgegenüber ergänzt es in § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AWG einen geschlossenen Straftatenkatalog, ohne damit Regelbeispiele näher zu charakterisieren.
Das spricht dafür, dass dieses Tatbestandsmerkmal bei Vorliegen eines der in Bezug genommenen Straftatbestände zusätzlich zur Eingrenzung der Eingriffsvoraussetzungen heranzuziehen ist. Aber auch insofern taugt es nicht dazu, die Verweisungskette näher zu konkretisieren und dadurch die Mängel der Verweisungstechnik zu beheben.
g) Das Tatbestandsmerkmal der Straftaten von erheblicher Bedeutung erfordert allerdings eine Gewichtung der konkret geplanten Tat. Da die betreffenden Straftatbestände aber bereits für sich gesehen Taten von nicht unerheblicher Bedeutung zum Gegenstand haben, stellt sich die Frage, anhand welcher Kriterien diese zusätzliche Eingrenzung vorgenommen werden soll.
Außer einem Hinweis auf die Polizeigesetze der Länder enthält die Gesetzesbegründung (BTDrucks 12/1134, S. 10) keine Erwägungen dazu, wie das Merkmal zu verstehen ist; sie geht lediglich davon aus, dass die Erheblichkeit „tatbestandliche Voraussetzung der Überwachungsmaßnahme” sei. Das deutet auf eine selbständig eingrenzende Funktion hin. Die Kommentarliteratur nimmt dementsprechend eine eigenständige Bedeutung des Merkmals an (vgl. Hocke und andere, Außenwirtschaftsrecht, § 39 AWG Anm. 3, Stand: Mai 1998; Ricke, in: Bieneck, Handbuch des Außenwirtschaftsrechts, 1998, § 25 AWG Rn. 17; vgl. auch Hund, Überwachungsstaat auf dem Vormarsch – Rechtsstaat auf dem Rückzug?, NJW 1992, S. 2118 ≪2121≫). Insofern kann das Merkmal von der Warte des einfachen Rechts im Sinne einer eingriffsbegrenzenden eigenständigen Bedeutung gehandhabt werden.
Gleichwohl ist es zur Begrenzung von Eingriffsmaßnahmen im Stadium der Planung nur begrenzt geeignet, weil sich auf der eher schwachen Tatsachengrundlage des Ausgangssachverhalts die Schwere des konkret geplanten Delikts nicht stets verlässlich abschätzen lässt. Das Gesetz fordert auch insofern – wie im Übrigen – nur, dass Tatsachen eine entsprechende Annahme rechtfertigen. Es reichen also auch Indizien. Diese müssen auf die Erheblichkeit der konkreten Straftat hindeuten. Damit ist der Kreis der im konkreten Fall hinreichenden Anlasstaten eingeengt. Es fehlen aber Anhaltspunkte, welche Anforderungen an die Indizien zu stellen sind.
h) Die Ermächtigungsnorm begegnet auch insoweit Bestimmtheitsbedenken, als sie unbestimmte Tatbestandselemente genügen lässt, für deren nähere Bestimmung die Norm keine hinreichenden Anhaltspunkte bietet. So bezieht sich § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AWG auf § 34 Abs. 2 AWG, der über § 33 AWG auf die Außenwirtschaftsverordnung verweist, die dort normierten Ordnungswidrigkeitentatbestände aber nur genügen lässt, wenn die Maßnahme geeignet ist, die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, das friedliche Zusammenleben der Völker oder die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden.
Verfassungsrechtlich problematisch ist jedenfalls die Verwendung des Merkmals der erheblichen Gefährdung der auswärtigen Beziehungen. Es hat sprachlich einen weiten Inhalt und umfasst diejenigen Sachverhalte, die für das Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zu anderen Staaten oder zwischenstaatlichen Einrichtungen, insbesondere für die Gestaltung der Außenpolitik, Bedeutung haben (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪368≫, zu Art. 73 Nr. 1 GG). Nach allgemeinem sprachlichen Verständnis können hierzu im konkreten Regelungszusammenhang auch Kontakte politischer, wirtschaftlicher und kultureller Art gehören (vgl. Hocke und andere, a.a.O., § 7 AWG Anm. 11, Stand: Oktober 2002). Trotz der damit gegebenen Konzentration auf die staatliche Ebene erstreckt sich das Merkmal im Rahmen des § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG daher auf eine praktisch nicht überschaubare Vielfalt von Beziehungen. Damit aber drohen die möglichen Anlässe einer Überwachungsmaßnahme uferlos zu werden.
i) Die Bestimmtheitsdefizite können durch die verfahrensmäßigen Absicherungen in § 39 Abs. 4, § 40 AWG nicht aufgefangen werden. Ausfüllungsbedürftige materielle Normen können zwar unter bestimmten Voraussetzungen rechtsstaatlich eher tragbar sein, wenn durch ein formalisiertes, gerichtlich kontrollierbares und kontrolliertes Verfahren dafür gesorgt wird, dass die wesentlichen Entscheidungsfaktoren geprüft und auslegungsbedürftige Rechtsbegriffe angemessen angewandt werden (vgl. BVerfGE 33, 303 ≪341≫). Verfahrensgarantien, insbesondere gerichtlicher Rechtsschutz, vermögen aber nicht einer insgesamt unbestimmten Norm zur Bestimmtheit zu verhelfen. Es ist nicht erkennbar, wie die vom Gesetzgeber vorgesehenen Verfahrensgarantien im vorliegenden Fall einen Ausgleich für Mängel der Vorhersehbarkeit und Justitiabilität schaffen sollten.
Das gilt auch für die richterliche Kompetenz zur Kontrolle und Entscheidung nach § 40 Abs. 2 und 3 AWG. Der richterliche Sachverstand kann zwar den Umgang mit der gesetzlichen Verweisungstechnik erleichtern. Er kann aber nicht das Fehlen der eingrenzenden Funktion einer Bezugnahme auf Tatbestände einer Strafrechtsnorm kompensieren, wenn die Überwachung sich auf bloße Maßnahmen der Planung bezieht. Insoweit verfügt das Landgericht kaum über andere Erkenntnisquellen als das Zollkriminalamt. Die Aufgabe des Gerichts konzentriert sich damit auf eine Schlüssigkeitsprüfung, die nicht anders als der Antrag des Zollkriminalamts die Unwägbarkeiten der Vorfeldermittlung in sich trägt. Auch die Rechtsprechung und die von dieser wahrzunehmende Kontrolle muss durch das Gesetz determiniert sein. Daher erstrecken sich die aufgezeigten Mängel der Gesamtregelung auch auf die Möglichkeit der richterlichen Kontrolle.
k) Soweit die Vorgaben bezüglich des zu schützenden Rechtsguts und der Art und Schwere seiner Gefährdung in § 39 Abs. 1 und 2 AWG nicht bestimmt genug sind, fehlen auch Bezugspunkte für die Beurteilung der Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Ermächtigung. Eine Klärung, ob die Norm den weiteren verfassungsrechtlichen Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügt, kann jedoch angesichts der sonstigen Mängel unterbleiben.
III.
Auch § 41 Abs. 2 AWG steht mit Art. 10 Abs. 1 GG nicht im Einklang.
Der Schutz des Art. 10 GG erstreckt sich auf die Weitergabe der durch Überwachung gewonnenen Daten an andere Stellen sowie auf die Verarbeitung durch diese. Zweckänderungen bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Sie müssen durch Allgemeinbelange gerechtfertigt sein, die die grundrechtlich geschützten Interessen überwiegen. Der neue Verwendungszweck muss sich auf die Aufgaben und Befugnisse der Behörde beziehen, der die Daten übermittelt werden, und hinreichend normenklar geregelt sein. Ferner dürfen der Verwendungszweck, zu dem die Erhebung erfolgt ist, und der veränderte Verwendungszweck nicht miteinander unvereinbar sein (vgl. BVerfGE 65, 1 ≪46 ff., 61 f.≫; 100, 313 ≪360≫; Urteil vom 3. März 2004 – 1 BvR 2378/98 und 1 BvR 1084/99 –, C VII 2). Diesen Anforderungen wird § 41 Abs. 2 AWG nicht gerecht.
1. a) In § 39 Abs. 1 AWG liegt zugleich die Ermächtigung des Zollkriminalamts, die von ihm zur Straftatenverhütung erhobenen Daten in diesem Zusammenhang zu verwerten. § 41 Abs. 2 AWG regelt die darüber hinausgehende Verarbeitung und Nutzung der Daten. Diese Norm enthält insoweit eine Ermächtigung auch für das Zollkriminalamt, dem gestattet wird, die Daten über den ursprünglichen Erhebungszweck hinaus zur Verhütung oder Aufklärung anderer Straftaten zu nutzen und sie an andere Stellen zu übermitteln.
Die Staatsanwaltschaft nimmt im Kreis der Übermittlungsempfänger keine unter Hinweis auf § 39 Abs. 4 AWG zu begründende Sonderstellung ein. Dementsprechend wird in der Kommentarliteratur zwischen der Unterrichtung über Ergebnisse (§ 39 Abs. 4 AWG) und der Übermittlung von Daten unterschieden und für Letzteres auf die Voraussetzungen des § 41 Abs. 2 AWG verwiesen (vgl. Fehn, in: Hohmann/John, a.a.O., § 39 AWG Rn. 28, § 41 AWG Rn. 6; Fuhrmann, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 41 AWG Rn. 3, Stand: Dezember 2000).
§ 41 Abs. 2 AWG erlaubt die Übermittlung von Daten an alle öffentlichen Stellen im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 BDSG. Die Streichung der ursprünglich in der Norm enthaltenen Begrenzung auf öffentliche Stellen „des Bundes” (vgl. Art. 2 Abs. 23 Nr. 3 Buchstabe a des Gesetzes vom 17. Dezember 1997, BGBl I S. 3108 ≪3115≫) wurde schwerpunktmäßig damit begründet, dass eine Übermittlung der erhobenen Daten auch an Landesbehörden ermöglicht werden solle (vgl. BTDrucks 13/8453, S. 9, 15). Von einer Anwendung der Norm in diesem Sinne geht auch die Kommentarliteratur aus (vgl. Fehn, a.a.O., § 41 AWG Rn. 6). Das ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
b) Der Bestimmtheitsgrundsatz wird aber dadurch verletzt, dass § 41 Abs. 2 AWG keinen Bezug auf bestimmte Empfangsbehörden oder zumindest deren Aufgabenbereich enthält.
aa) Da der Eingriff in das Grundrecht aus Art. 10 GG durch die Weitergabe der erhobenen Daten und deren weitere Auswertung ein zusätzliches Gewicht erhält (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪360, 384≫), beziehen sich die Anforderungen der Grundrechtsnorm auch auf die Weitergabe der Daten, die unter Aufhebung des Brief- und Fernmeldegeheimnisses erlangt worden sind (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪359 f.≫). Die zum Schutz der betroffenen Grundrechte entwickelten Vorkehrungen, namentlich das Erfordernis einer normenklaren, bereichsspezifischen Regelung des Eingriffszwecks, die Wahrung des Übermaßverbots und die verfahrensmäßigen Sicherungen, gelten demnach auch hier (vgl. BVerfGE 65, 1 ≪46≫; 100, 313 ≪359 f., 389≫). Insbesondere muss sich der Umfang der Beschränkung in Bezug auf die Datenverarbeitung aus dem Gesetz eindeutig ergeben, damit dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entsprochen ist. Es bedarf gesetzlicher Regelungen, aus denen eindeutig zu erkennen ist, zu welchen Zwecken die Daten verwertet werden können. Das gilt umso mehr, als diese nicht nur beim Verdächtigen, sondern auch bei Dritten erhoben werden durften, die selbst keine Straftaten planten. Letztlich muss der Betroffene in der Lage sein, die Auswirkungen einer Datenerhebung zu überblicken (vgl. BVerfGE 65, 1 ≪44, 62 f., 65≫).
bb) Unter Bestimmtheitsaspekten benötigen die hier zur Überprüfung gestellten Normen eine ausdrückliche oder jedenfalls eine hinreichend sicher erschließbare Kennzeichnung der Empfangsbehörden, einhergehend mit Regeln, welche die Übermittlung auf deren jeweiligen spezifischen Aufgabenbereich konzentrieren.
Durch die Übermittlung der nach § 39 Abs. 1 AWG erhobenen Daten an eine andere Behörde erhöht sich die Intensität des Eingriffs in erheblichem Maße. Die Kompetenzzuweisung an das Zollkriminalamt gründet sich auf die Bundeskompetenz für das Außenwirtschaftsrecht nach Art. 73 Nr. 5 GG und hierauf aufbauend auf die in Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG enthaltene Kompetenz zur Errichtung des Zollkriminalamts als Bundesoberbehörde und zur Zuweisung der Aufgaben nach den §§ 39 ff. AWG. Der Aufgabenbereich des Zollkriminalamts wird mithin durch das Grundgesetz in Bezug auf den Ausschnitt des Wirtschaftslebens, in dem Eingriffe stattfinden können, eng eingegrenzt (zur parallelen Bewertung der Aufgaben des Bundesnachrichtendienstes im Rahmen der Bundeskompetenz aus Art. 73 Nr. 1 GG vgl. BVerfGE 100, 313 ≪383≫). Für die als Empfänger in Betracht kommenden öffentlichen Stellen des Bundes und der Länder gilt diese Einengung nicht; auch ist der Kreis der öffentlichen Stellen nicht überschaubar.
Im Falle der Datenübermittlung ordnen sie die Daten in den eigenen Aufgabenbereich und damit in einen neuen Verwendungszusammenhang ein. Dies führt zu einer Erweiterung des Überwachungseingriffs. Der außenwirtschaftsbezogene Kontext der Datenerhebung und ihrer Gewinnung im Zuge einer Vorfeldermittlung droht auf dem Wege der Datenübermittlung und -verwertung verloren zu gehen. Deshalb bedarf es besonderer Belange und deren genügend bestimmter Umschreibung, um zu gewährleisten, dass der in der Übermittlung liegende weitere Eingriff in die Rechte des Betroffenen zu rechtfertigen ist. Dafür hinreichende Voraussetzungen der Datenübermittlung sind in § 41 Abs. 2 AWG nicht geregelt. Allein durch die Begrenzung auf einen Katalog von Strafnormen und die Prüfung von Verdachtstatsachen wird dem Gebot der normenklaren und bereichsspezifischen Zweckbestimmung nicht Genüge getan.
c) Den Bestimmtheitsanforderungen aus Art. 10 GG genügt darüber hinaus nicht die Verweisung des § 41 Abs. 2 AWG auf die in § 39 Abs. 1 AWG und § 3 Abs. 1 sowie in § 7 Abs. 1 bis 4 G 10 genannten Straftaten.
aa) Der Wortlaut von § 41 Abs. 2 AWG trägt die Annahme, dass als Voraussetzung für einen Eingriff nach dieser Vorschrift an Strafnormen und Straftatenkataloge aus dem Artikel 10-Gesetz angeknüpft werden soll. § 7 Abs. 1 G 10 enthält indes keine strafrechtliche Regelung, sondern eine sich an die Berichtspflicht des Bundesnachrichtendienstes nach § 12 BND-Gesetz anschließende Bezugnahme auf die in § 5 Abs. 1 Satz 3 G 10 genannten Gefahren. Auf diese Gefahren beziehen sich zwar auch einschlägige Straftatbestände, die jedoch in dem betreffenden Zusammenhang nicht benannt werden. Ähnlich liegen die Dinge in § 7 Abs. 2 G 10; dort werden Tatsachenfelder umschrieben, ohne die entsprechenden Straftaten anzuführen. Bei der in § 7 Abs. 2 Nr. 1 G 10 enthaltenen Weiterverweisung auf § 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 BVerfSchG stehen Straftaten ebenfalls nur im Hintergrund. § 7 Abs. 3 G 10 verweist in Nr. 1 auf ordnungsrechtliche Aspekte des Außenwirtschaftsverkehrs. In Nr. 2 wird auf Voraussetzungen der ausfuhrrechtlichen Genehmigung Bezug genommen. Auch in dieser Hinsicht mögen bei Verstößen gegen gesetzliche Vorschriften oder gegen die Außenwirtschaftsverordnung – insoweit über § 34 Abs. 2 AWG – Straftaten in Rede stehen; es fehlt jedoch an einer inhaltlich eindeutigen Bezugnahme.
Auf Grund dieser Unklarheiten, namentlich des inneren Widerspruchs zwischen dem aus dem Wortlaut erkennbaren Regelungsziel und der Einbeziehung von Regelungen, die keine strafbaren Handlungen zum Inhalt haben, steht die Verweisung auf § 7 Abs. 1 bis 4 G 10 mit dem Bestimmtheitsgebot nicht im Einklang.
bb) Die Bezugnahme des § 41 Abs. 2 auf § 39 Abs. 1 AWG weicht von der Eingriffsermächtigung in § 39 AWG ab, bei der die Voraussetzungen von Absatz 1 und 2 kumulativ erfüllt sein müssen, so dass der Katalog des § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AWG maßgeblich wird. Demgegenüber bezieht § 41 Abs. 2 AWG sich seinem Wortlaut nach nur auf § 39 Abs. 1 AWG und verweist damit global auf alle Straftaten nach dem Außenwirtschaftsgesetz oder dem Kriegswaffenkontrollgesetz. Damit wird der Kreis der maßgebenden Straftaten sehr weit. In der Kommentarliteratur wird die Bezugnahme als ungenau kritisiert und eine einschränkende Auslegung dahin erwogen, den Hinweis auf § 39 Abs. 1 AWG als Bezugnahme auf den Katalog des § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AWG zu lesen (so Hocke und andere, a.a.O., § 41 AWG Anm. 2; offenbar auch Fehn, a.a.O., § 41 AWG Rn. 6). Dieser Auslegung steht jedoch der Wortlaut des Gesetzes entgegen. Sie lässt sich auch nicht mit Hilfe der Gesetzesmaterialien (vgl. BTDrucks 12/1134, S. 11) rechtfertigen.
Im Übrigen entstünde auch bei einer solchen restriktiven Auslegung keine klare Regelung. Ginge man mit der soeben dargestellten Literaturmeinung davon aus, dass sich die Bezugnahme auf Straftaten nur auf den Katalog des § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AWG bezieht, bliebe weiterer Klärungsbedarf. Während § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AWG auf § 34 Abs. 1 bis 6 AWG verweist, nimmt § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b G 10 zusätzlich § 34 Abs. 8 AWG in Bezug. Dabei handelt es sich zwar nur um eine gesetzliche Klarstellung des Tatbestandsmerkmals „ohne Genehmigung”. Indes kann in einem nicht näher vorhersehbaren Streitfall die Frage aufkommen, ob hinsichtlich der Geltung dieses Absatzes zwischen den beiden Verweisungen ein Unterschied besteht. Die Bezugnahme auf die einschlägigen Normen des Kriegswaffenkontrollgesetzes enthält ähnliche Unklarheiten. § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b G 10 verweist global auf die §§ 19 bis 21 KWKG; demgegenüber nimmt § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AWG lediglich § 19 Abs. 1 bis 3 und § 20 Abs. 1 und 2 KWKG in Bezug. Es unterbleibt mithin die Einbeziehung von § 19 Abs. 4 und 5 sowie von § 20 Abs. 3 KWKG, die Fälle fahrlässiger Begehung regeln, und von § 19 Abs. 6 sowie § 20 Abs. 4 KWKG, die Ausnahmen von der Strafbarkeit nach § 19 Abs. 1 bis 5 und § 20 Abs. 1 bis 3 KWKG aufführen.
cc) Die Unbestimmtheit der Regelungen, die durch die aufgezeigten redaktionellen Ungenauigkeiten verstärkt wird, zieht die Unvereinbarkeit der gesamten Verweisung mit dem Bestimmtheitsgrundsatz nach sich. Eine die Mängel ausgleichende einengende Interpretation müsste von der Gesamtheit der in Bezug genommenen Normen so erheblich abweichen, dass sie ihrerseits mit dem Gebot der Bestimmtheit nicht mehr in Einklang stünde.
2. § 41 Abs. 2 AWG enthält keine dem Art. 10 Abs. 1 GG entsprechenden Vorkehrungen zur Sicherstellung der Vereinbarkeit des Übermittlungszwecks mit dem ursprünglichen Eingriffszweck.
Verfassungsmäßig ist die Weiterverwendung von Daten nur für Zwecke, die auch als Rechtfertigung für die ursprüngliche Erhebung ausgereicht hätten (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪360, 389≫; Urteil vom 3. März 2004 – 1 BvR 2378/98 und 1 BvR 1084/99 –, C VII 2, 3). Die in § 41 Abs. 2 AWG für die Weiterverwertung festgelegten Zwecke sind mit dem Zweck der Datenerhebung insoweit nicht vereinbar, als der Straftatenkatalog insgesamt nachhaltig ausgeweitet worden ist (vgl. auch BVerfGE 100, 313 ≪360≫). Damit wird außer Acht gelassen, dass die weit im Vorfeld ansetzenden Ermittlungen des Zollkriminalamts nur auf Grund der besonderen Gegebenheiten des Außenwirtschaftsverkehrs sachlich zu rechtfertigen sind. In der vollen Breite der in § 41 Abs. 2 AWG ohne nähere Eingrenzung in Bezug genommenen Straftaten nach dem Außenwirtschaftsgesetz, dem Kriegswaffenkontrollgesetz und dem Artikel 10-Gesetz ist eine personenbezogene Datenerhebung auf der Tatsachenbasis des § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AWG und unter Einbeziehung des in § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 AWG erfassten Adressatenkreises nicht zulässig.
3. § 41 Abs. 2 AWG lässt sich auch nicht in vollem Umfang mit dem Übermaßverbot vereinbaren. Die diesbezüglichen Vorgaben des G 10-Urteils (BVerfGE 100, 313 ≪390 ff.≫) sind vom Gesetzgeber trotz mehrfacher Verlängerung der Geltungsdauer im Außenwirtschaftsgesetz noch nicht umgesetzt worden.
a) Wegen der fehlenden Bezugnahme auf den Aufgabenbereich der Empfängerbehörden lässt sich nicht beurteilen, ob die dem Zollkriminalamt ermöglichte Übermittlung von Daten zu dem vorgesehenen Zweck geeignet und erforderlich ist.
Es fehlt insoweit bereits auf der Gesetzesebene jegliche Regelung dahin, dass eigene Maßnahmen des Zollkriminalamts insoweit Vorrang haben. Gerade bei der Verhütung von Straftaten kann das Zollkriminalamt in dem hier maßgeblichen Rahmen des Außenwirtschaftsverkehrs nach § 3 Abs. 5, § 4 ZFdG Einfluss auf die Tätigkeit der Zollfahndungsämter nehmen und selbständig ermitteln. Solche Maßnahmen wären das mildere Mittel, da sie eine Ausweitung des Kreises derer, die von den betreffenden Daten Kenntnis erlangen, verhindern. Die fehlende Begrenzung der Datenübermittlung auf den Aufgabenbereich der Empfangsbehörden lässt darüber hinaus eine Prüfung, wie weit der Kreis der Empfänger gezogen werden soll und ob in dieser Hinsicht jeweils mildere Mittel zur Verfügung stehen, nicht zu. Diesem Gesichtspunkt hat das Bundesverfassungsgericht bereits tragende Bedeutung beigemessen, indem auf die Begrenzung der Weitergabe in einen bestimmten Aufgabenbereich der Empfangsbehörde abgestellt wurde (vgl. BVerfGE 100, 313 ≪391≫).
b) Unter Angemessenheits- und Zumutbarkeitsaspekten ist die Regelung ebenfalls mangelhaft. Es fehlt auch insoweit an der Umsetzung der Vorgaben des G 10-Urteils (BVerfGE 100, 313 ≪391 ff.≫).
Der Gesetzgeber muss die Straftaten, deren Begehung oder geplante Begehung bei dem jeweiligen Übermittlungsvorgang in Rede stehen, so eingrenzen, dass das von ihnen geschützte Rechtsgut gewichtig genug ist, um die Fortsetzung des Überwachungseingriffs zu rechtfertigen.
Es fehlt an klaren Regelungen zu der Frage, inwieweit die Empfangsbehörden befugt sein sollen, Daten zu verwerten, welche im Vorfeld von Straftaten erhoben worden sind und zur Verhinderung eben solcher Taten erneut im Vorfeld und nunmehr im Aufgabenbereich der Empfangsbehörde verwertet werden.
Die Regelung trifft zwischen personenbezogenen Daten des Verdächtigen (§ 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AWG) und den Daten Dritter (§ 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 sowie Abs. 3 Satz 2 AWG) keine Unterscheidung. Dem Wortlaut nach können also Daten, die sich auf die Person eines nach § 39 Abs. 3 Satz 2 AWG unvermeidbar betroffenen Dritten beziehen, im Rahmen der von § 41 Abs. 2 AWG vorgegebenen Zwecke auch gegen einen Vierten verwertet und mit diesem Ziel weiter verarbeitet und damit auch übermittelt werden.
c) In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist eine Pflicht zur Kennzeichnung der an eine andere öffentliche Stelle übermittelten Daten nicht vorgesehen (hierzu vgl. BVerfGE 100, 313 ≪360 f.≫). Auch fehlt es an einer Regelung, die sicherstellt, dass der Übermittlungsvorgang protokolliert wird (hierzu vgl. BVerfGE 100, 313 ≪395 f.≫). Eine Niederschrift ist lediglich für die Vernichtung vorgesehen (§ 41 Abs. 3 Satz 2 AWG). Dies erlaubt aber keine Kontrolle der Datenübermittlung durch die dafür bestimmten Gremien oder auch im Wege des Gerichtsschutzes. Die rechtsstaatlich gebotene Kontrolle kann mithin nicht in dem erforderlichen Umfang stattfinden.
IV.
Auch die weiteren, nicht ausdrücklich vom Normenkontrollantrag erfassten Regelungen in den §§ 39 bis 41 AWG sind mit dem Grundgesetz unvereinbar. Das Gleiche gilt für die in dem Antrag nicht erwähnte Bestimmung des § 40 AWG. Diese Regelungen bilden mit den beanstandeten Vorschriften ein untrennbares Ganzes und haben für sich allein keine selbständige Bedeutung. Die §§ 39 bis 41 AWG können daher in ihrer Gesamtheit keinen Bestand haben (zu vergleichbaren Fällen BVerfGE 8, 274 ≪301≫; 57, 295 ≪334≫; 73, 118 ≪151≫).
V.
Der Gesetzgeber wird unter Nutzung seines Gestaltungsspielraums zu entscheiden haben, auf welche Weise er den verfassungswidrigen Zustand beseitigt. Entscheidet er sich für Überwachungsmaßnahmen zur Straftatenverhütung im Außenwirtschaftsverkehr auf neuer Rechtsgrundlage, wird er bei einer Neuregelung außerdem die Grundsätze zu beachten haben, die der Senat in seinen Urteilen vom 14. Juli 1999 (BVerfGE 100, 313) und vom 3. März 2004 (1 BvR 2378/98 und 1 BvR 1084/99) niedergelegt hat. Zu sichern ist insbesondere ein hinreichender Rechtsschutz für sämtliche Betroffenen gegenüber der Datenerhebung und Weiterverwertung, aber auch bei der Vernichtung nicht mehr benötigter oder rechtswidrig erhobener Daten, ferner die Kennzeichnung der erhobenen Daten bei der Verwendung zu weiteren Zwecken.
Durch die Befristung der Geltungsdauer der §§ 39 bis 41 AWG in § 51 AWG hat der Gesetzgeber selbst zum Ausdruck gebracht, dass es sich nicht um eine endgültige Regelung handelt. Bis zum Ablauf der vorgesehenen Frist am 31. Dezember 2004 ist die gegenwärtige Rechtslage noch hinnehmbar.
Unterschriften
Papier, Jaeger, Haas, Hömig, Steiner, Hohmann-Dennhardt, Hoffmann-Riem, Bryde
Fundstellen
Haufe-Index 1262351 |
BVerfGE 2005, 33 |
NJW 2004, 2213 |
NWB 2004, 1066 |
EuGRZ 2004, 196 |
NVwZ 2004, 1223 |
NVwZ 2004, 708 |
AW-Prax 2004, 127 |
DSB 2004, 16 |
DVP 2004, 298 |
JuS 2004, 910 |
RDV 2004, 218 |
DVBl. 2004, 719 |
NPA 2005, 0 |
BGBl. I 2004, 543 |
Nds.MBl 2004, 214 |
Polizei 2004, 174 |