Entscheidungsstichwort (Thema)

Begriff des Betriebsvermögens verfassungsrechtlich unbedenklich. keine Bindung der Artfeststellung nach BewG für ertragsteuerliche Behandlung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Begriff des Betriebsvermögens wird zwar im Einkommensteuergesetz nicht definiert, seine Merkmale sind jedoch von der Rechtsprechung in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise entwickelt worden.

2. Es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, daß die Artfeststellung für Grundstücke nach § 69 BewG als Grundvermögen durch einen Einheitswertbescheid für die ertragsteuerliche Einordnung keine Bindung entfaltet. Weder dem § 17 BewG noch dem EStG läßt sich eine derartige Bindung für die Zuordnung zum Privat- bzw. Betriebsvermögen entnehmen.

 

Normenkette

GG Art. 103 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; EStG § 4 Abs. 1; BewG §§ 17, 69; BFHEnt1G Art. 1 Nr. 6

 

Verfahrensgang

BFH (Beschluss vom 10.06.1987; Aktenzeichen IV B 33/86)

FG München (Urteil vom 05.12.1985; Aktenzeichen VI 14/85 E)

 

Gründe

1. a) Das Finanzgericht hat in Auslegung und Anwendung des Einkommensteuergesetzes und in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung die fraglichen Grundstücke dem landwirtschaftlichen Betriebsvermögen der Beschwerdeführer zugeordnet und dementsprechend den aus deren Veräußerung entstandenen Gewinn gemäß § 13 a Abs. 8 Nr. 4 EStG dem nach Abs. 1 bis 4 dieser Vorschrift ermittelten Durchschnittssatzgewinn hinzugerechnet.

Das Bundesverfassungsgericht ist auf die Prüfung beschränkt, ob die in der angegriffenen Entscheidung verwendete Auslegungsmethode oder das Auslegungsergebnis gegen Grundrechte verstoßen oder auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung und Tragweite dieser Grundrechte beruhen (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪92 f.≫},

Das Finanzgericht hat die im einzelnen nachvollziehbare und im Ergebnis vertretbare Überzeugung gewonnen, daß diese Grundstücke im Anschluß an ihre unentgeltliche Übertragung dem landwirtschaftlichen Betrieb der Beschwerdeführer in dem Sinne unmittelbar gedient haben, daß sie nicht nur vorübergehend objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im landwirtschaftlichen Betrieb selbst bestimmt waren und entsprechend genutzt worden sind, mithin notwendiges Betriebsvermögen geworden sind (vgl. BFH, BStBl. II 1975 S. 582 ≪583≫)•

Der Begriff des Betriebsvermögens wird zwar im Einkommensteuergesetz nicht definiert, seine Merkmale sind jedoch von der Rechtsprechung in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise entwickelt worden (vgl. BVerfGE 26, 302 ≪311≫; Schmidt, EStG, 6. Aufl., § 4 Anm. 20 b, Anm. 23). Sie werden jedenfalls im Bereich des notwendigen Betriebsvermögens bei allen Gewinnermittlungsarten in gleicher Weise angewendet (vgl. Schmidt, a.a.O., § 4 Anm. 34 d aa).

Die Auslegungsbedürftigkeit eines gesetzlichen Merkmals nimmt einer Norm auch noch nicht die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit (vgl. BVerfGE 21, 209 ≪215≫; 63, 312 ≪323≫). Die Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe ist vielmehr gerade eine herkömmliche richterliche Aufgabe (BVerfGE 13, 153 ≪160≫).

In Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung (BFH, BStBl. II 1975 S. 582 ≪583≫; BStBl. II 1980 S. 5 ≪6≫; BStBl. II 1981 S. 783 ≪784≫) hat das Finanzgericht in ebenfalls verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise eine Bindung an die im Wege einer Nachfeststellung erfolgte Artfeststellung für die betreffenden Grundstücke nach § 69 BewG als Grundvermögen durch den Einheitswertbescheid vom 13. November 1981 auf den- Stichtag am 1. Januar 1974 für die ertragsteuerliche Einordnung nicht angenommen. Weder dem § 17 BewG noch dem Einkommensteuergesetz läßt sich eine derartige Bindung für die Zuordnung zum Privat- bzw. Betriebsvermögen entnehmen.

Ebensowenig wurde die Zugehörigkeit der Grundstückezum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen dadurch in Frage gestellt, daß sie in der gemeindlichen Bauleitplanung bereits als Bauland ausgewiesen worden waren (vgl. BFH, BStBl. II 1983 S. 448 ≪449≫; BFH, NV 1987, S. 84).

b) Verfassungsrechtliche Bedenken sind auch nicht ersichtlich, soweit das Finanzgericht eine Bindung an eine Zusicherung des Finanzamts ausgeschlossen hat. In dem von den Beschwerdeführern angeführten Schreiben des Finanzamts vom 17. Oktober 1980 werden die hier streitigen Grundstücke gerade nicht dem Privatvermögen zugeordnet mit der Folge, daß sie grundsätzlich auch von der Bodengewinnbesteuerung ausgenommen wären.

2. a) Verfassungsrechtliche Verstöße sind im Rahmen der Prüfungszuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts auch nicht erkennbar, soweit der Bundesfinanzhof gemäß Art. 1 Nr. 6 BFHEnt1G die auf grundsätzliche Bedeutung und Divegenz (vgl. § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO) gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Finanzgericht als unbegründet zurückgewiesen hat. Wie ausgeführt, hat das Finanzgericht in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung den Sachverhalt rechtlich gewürdigt.

b) Letztinstanzliche, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare Entscheidungen müssen von Verfassungs wegen nicht begründet werden (vgl. BVerfGE 50, 287 ≪289≫). Hier war auch nicht ausnahmsweise, etwa wegen Abweichens vom eindeutigen Wortlaut einer gesetzlichen Bestimmung, eine Begründung geboten (vgl. dazu BVerfG, iudW 1987, S. 1619 ≪1620≫).

c) Hat der Bundesfinanzhof in sachlich vertretbarer Weise die Revision mangels der hierfür gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen nicht zugelassen, so wird auch der Anspruch auf rechtliches Gehör der Beschwerdeführer (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht verletzt (vgl. BVerfGE 69, 141 ≪144≫).

Schließlich gewährleistet Art. 103 Abs. 1 GG auch keinen Instanzenzug (BVerfGE 65, 76 ≪90≫).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 34 Abs. 2 BVerfGG. Die Verfassungsbeschwerde geht in Verkennung der einfachrechtlichen Rechtslage davon aus, die Ertragsteuer müsse der – rückwirkenden – Artfeststellung im Bewertungsrecht folgen, für eine Besteuerung eines Gewinns aus der Veräußerung von Privatvermögen fehle aber eine gesetzliche Grundlage. Die rechtlich eindeutige Argumentation des Finanzgerichts (vgl. oben Ziffer 1) bietet für eine solche Annahme jedoch keine Grundlage.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1556566

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