13.4.1 Allgemeines
Rz. 371
Die Dokumentationsvorschriften (§ 90 Abs. 3 AO) sind Folge der Rechtsprechung des BFH vom 17.10.2001. Der BFH konstatierte hierbei, dass die Beweisführungs- oder Feststellungspflicht hinsichtlich der Existenz von verdeckten Gewinnausschüttungen, selbst bei Sachverhalten, die einen internationalen Bezug aufweisen, bei der Finanzbehörde liegt. Während Steuerpflichtige nach § 90 Abs. 2 AO zu einer verstärkten Mitwirkung aufgerufen sind, bestand seinerzeit für sie keine Verpflichtung, spezifische "Dokumentationen" zu internationalen Transaktionen (Verrechnungspreisen) anzufertigen.
Rz. 372–373
einstweilen frei
13.4.2 § 90 Abs. 3 AO
Rz. 374
Mit § 90 Abs. 3 Satz 1 AO ist der Steuerpflichtige nunmehr dazu verpflichtet, (Verrechnungspreis-)Dokumentationen bezüglich seiner grenzüberschreitenen Geschäftsbeziehungen mit nahestehenden Personen (§ 1 Abs. 4 AStG) anzufertigen. Die spezifischen Details hinsichtlich der Art, des Inhalts und des Umfangs dieser Aufzeichnungen sowie der generell notwendigen Dokumentationen (sog. Sachverhaltsdokumentation und Angemessenheitsdokumentation [Local File], und ggfs. Stammdokumentation [Masterfile], s. zum "dreistufigen Aufbau" sogleich Rz. 8.4.3. ff.) sind in den §§ 1 ff. der Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung (GAufzV) festgelegt.
Rz. 375
Gemäß § 90 Abs. 3 S. 2 AO beschränkt sich die Dokumentationspflicht einerseits auf eine sog. Sachverhaltsdokumentation bezüglich der Geschäftsbeziehungen gemäß § 90 Abs. 3 S. 1 AO. Diese Dokumentation muss umfassende Informationen, Beschreibungen oder Darstellungen der Beteiligungsverhältnisse, des Geschäftsmodells, der Organisationsstruktur, der Beziehungen zu nahestehenden Personen, der durchgeführten Funktions- und Risikoanalysen sowie der Verrechnungspreisermittlung beinhalten.
Rz. 376
Andererseits erfordert die Dokumentationspflicht gemäß § 90 Abs. 3 S. 2 AO auch eine Darlegung der wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen, die eine Vereinbarung von Bedingungen nach dem Fremdvergleichsprinzip, insbesondere der Verrechnungspreise, begründen. Dies umfasst Informationen über den Zeitpunkt der Verrechnungspreisfestlegung, die angewandte Verrechnungspreismethodik sowie die herangezogenen Vergleichsdaten für den Fremdvergleich (sog. Angemessenheitsdokumentation). Die spezifischen Details zur Angemessenheitsdokumentation sind in § 1 Abs. 3 GAufzV näher festgelegt.
Rz. 377
Die Aufzeichnungen müssen es einem sachverständigen Dritten ermöglichen, innerhalb einer angemessenen Frist festzustellen, welche Sachverhalte der Steuerpflichtige bei seinen grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen mit nahestehenden Personen verwirklicht hat und ob und inwieweit er dabei den Fremdvergleichsgrundsatz beachtet hat.
Erleichterungen für "kleinere Unternehmen":
Gemäß § 6 GAufzV müssen natürlich auch "kleinere Unternehmen" ihre Mitwirkungs- und Informationspflichten nach § 90 Abs. 1 bis 4 und 8 AO erfüllen (insbes. Beweisvorsorge s. § 90 Abs. 2 AO). Die Qualität ihrer Informationen muss den Vorgaben des § 2 Abs. 2 GAufzV genügen und durch entsprechende Dokumente belegt werden. Eine vollständige Dokumentation ist aber nicht erforderlich. Es reicht aus, wenn sie bei einer Anforderung durch das Finanzamt die angeforderten Unterlagen fristgerecht vorlegen und die notwendigen Auskünfte erteilen, wie auch in den Verwaltungsgrundsätzen-Verfahren des BMF unter Tz. 3.4.17 Abs. 1 festgehalten. Diese Unterlagen und Informationen müssen allerdings den ernsthaften Versuch des Steuerpflichtigen belegen, seine Geschäftsbeziehungen zu nahestehenden Personen nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zu gestalten.
Die vorgelegten Unterlagen müssen es einem fachkundigen Dritten ermöglichen, sich anhand der eingereichten Unterlagen innerhalb einer vertretbaren Zeit einen deutlichen Einblick in die Geschäftsbeziehungen und die damit verbundenen Bedingungen zu verschaffen.
Kleinere Unternehmen sind definiert als solche, die zusammen mit verbundenen Unternehmen im laufenden Geschäftsjahr Einnahmen aus Gütern und Waren von nicht mehr als 6 Mio. Euro und die Summe der Entgelte aus anderen (Dienst-)Leistungen mit verbundenen Unternehmen von nicht mehr als 600.000 Euro erzielen. Sollten diese Beträge überschritten werden, sind die Erleichterungen für Kleinunternehmen im darauffolgenden Jahr nicht mehr anwendbar.
Rz. 378
Bei grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen einer Personengesellschaft (bzw. einer Mitunternehmerschaft) zu nahestehenden Personen, die auf schuldrechtlichen Vereinbarungen fußen und nicht auf gesellschaftsrechtlichen Grundlagen beruhen, ist der Fremdvergleichsgrundsatz gleichsam nach § 1 AStG anzuwenden. Entsprechend sind Aufzeichnungen gemäß § 90 Abs. 3 AO und der GAufzV auch hierbei zu erstellen. Diese Regelung gilt auch für grenzüberschreitende Beziehungen nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Halbs. 2 EStG, die das Sonderbetriebsvermögen betreffen, selbst wenn die Leistungen unentgeltlich erbracht werden.
Rz. 379
Wenn ein Steuerpflichtig...