13.5.1 Allgemeines
Rz. 405
Die Amtsermittlungspflicht der Finanzbehörde und die Mitwirkungspflicht der Beteiligten stehen grundsätzlich nebeneinander. Aber Verletzungen der o. g. Mitwirkungspflichten beeinträchtigen das grds. kohärente "Wechselspiel" zwischen dem Mitwirkungsverhalten des Steuerpflichtigen auf der einen Seite und den Amtsermittlungspflichten bzw. dem Untersuchungsgrundsatz der Finanzverwaltung auf der anderen Seite. Mit anderen Worten: Verletzt der Steuerpflichtige seine gesetzlichen Mitwirkungspflichten, indem er bspw. Tatsachen aus seiner Wissenssphäre nicht preisgibt, ist das Beweismaß zugunsten der Finanzbehörde gemindert. Eine Verletzung der gesetzlichen Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen (§ 90 Abs. 1, 2 oder 3 AO) kann daher zur Schätzungsbefugnis (§ 162 Abs. 1, 2 oder 3 AO) und zu etwaigen Strafzuschlägen (§ 162 Abs. 4 AO) durch die Finanzbehörde führen.
Rz. 406
Der Zweck einer solchen Schätzung besteht darin, diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, die mit der höchsten Wahrscheinlichkeit der Realität entsprechen und der tatsächlichen Sachlage am nächsten kommen. Es ist dabei erforderlich, dass jede Schätzung in sich stimmig, aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoll und so genau wie möglich ist. Der "Beweisverderber" soll aus seinem Verhalten (Verletzung der Mitwirkungspflichten) keinen Vorteil ziehen. Eine Schätzung ist nicht schon deswegen unrechtmäßig, weil sie nicht den tatsächlichen Verhältnissen entspricht. Abweichungen von den tatsächlichen Verhältnissen sind unvermeidlich und liegen hierbei in der Natur der Sache, da die Finanzbehörde gerade nicht über (vollständige) Kenntnis der wahren Gegebenheiten verfügt. Eine Schätzung ist erst dann rechtswidrig, wenn der Schätzungsrahmen überschritten wird, der durch die Kenntnisse der Finanzbehörde über den Fall vorgegeben ist. Wenn die Finanzbehörde also bewusst und willkürlich zum Nachteil des Steuerpflichtigen schätzt (sog. Strafschätzung), kann dies zur Nichtigkeit des Schätzungsbescheides führen.
Rz. 407–408
einstweilen frei
13.5.2 § 162 Abs. 1 AO
Rz. 409
Nach § 162 Abs. 1 S. 1 AO müssen die Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden, wenn die Finanzbehörde nicht in der Lage ist, diese zu ermitteln oder zu berechnen. Gemäß § 162 Abs. 1 Satz 2 AO sind dabei alle relevanten Umstände, die für die Schätzung bedeutsam sind, in Betracht zu ziehen. Eine Verletzung der Mitwirkungspflichten gemäß § 90 Abs. 1 und Abs. 2 AO oder eine sonstige unzureichende Beteiligung des Steuerpflichtigen an der Aufklärung des Sachverhalts kann somit einen Grund für die Anwendung einer Schätzung darstellen.
Rz. 410
Hat es der Steuerpflichtige zu verantworten, dass die Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden müssen, weil er bspw. seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 AO vernachlässigt hat, so gehen Unsicherheiten zu seinen Lasten (gemindertes Beweismaß). Bei groben Verstößen des Steuerpflichtigen, die erhebliche Abweichungen von seinen Angaben in der Steuererklärung erforderlich machen, ist die Finanzbehörde im Allgemeinen berechtigt und verpflichtet, die Besteuerungsgrundlagen nach dem für den Steuerpflichtigen ungünstigsten, aber noch möglichen Szenario festzustellen. Strafschätzungen sind jedoch auch in solchen Fällen nicht zulässig.
In Verrechnungspreisfällen soll eine Schätzung gemäß § 162 Abs. 2 AO zu einer Besteuerung des Gewinns führen, der erzielt worden wäre, wenn entsprechende Verrechnungspreise gemäß dem Fremdvergleichsgrundsatz angesetzt worden wären. An die Nachweise, die die Finanzbehörde dafür zu erbringen hat, dürfen keine übermäßigen Anforderungen gestellt werden. Sind die Voraussetzungen für eine Schätzung gemäß § 162 Abs. 2 AO erfüllt, können die Besteuerungsgrundlagen anhand von Methoden und Daten geschätzt werden, deren Beweiswert außerhalb einer solchen Schätzung nicht ausreicht, um eine Korrektur der Einkünfte zu begründen (z. B. Vergleich mit Richtsätzen, Branchendurchschnittswerte).
Rz. 411–412
einstweilen frei
13.5.3 § 162 Abs. 2 AO
Rz. 413
Eine Schätzung ist laut § 162 Abs. 2 S. 1 AO insbes. dann vorzunehmen, wenn der Steuerpflichtige nicht in der Lage ist, seine Angaben hinreichend zu erläutern oder wenn er seine Mitwirkungspflicht gemäß § 90 Abs. 2 AO nicht erfüllt.
Rz. 414–415
einstweilen frei
13.5.4 § 162 Abs. 3 AO
Rz. 416
Wenn ein Steuerpflichtiger seine (D...