Rz. 57
Da verrechnungspreisrelevante Transaktionen üblicherweise zwischen Unternehmen (§ 2 UStG) stattfinden, wurde umsatzsteuerlichen Aspekten aufgrund der (vermeintlichen) Neutralität bei voller Vorsteuerabzugsfähigkeit traditionell wenig Beachtung in der Rechtsprechung und Fachliteratur zu Verrechnungspreisen geschenkt. Jedoch gewinnt eine korrekte umsatzsteuerliche und zollrechtliche Abwicklung solcher Transaktionen, besonders bei grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen, angesichts der beträchtlichen Transaktionsvolumina zwischen verbundenen Unternehmen und einer zunehmend intensiven Prüfung durch die Finanzbehörden, erheblich an Bedeutung. Teilweise können erstragsteuerliche Verrechnungspreiskorrekturen auch umsatzsteuerliche und zollrechtliche Anpassungen nach sich ziehen – und sollten insbes. auch bei einer Umstellung eines Verrechnungspreissystems nicht vernachlässigt werden.
Rz. 58
In Geschäftsbeziehungen zwischen verbundenen Unternehmen gelten die allgemeinen Regeln des Umsatzsteuergesetzes und der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV), da im Umsatzsteuerrecht keine spezifischen (Verrechnungspreis-)Vorgaben (wie explizit in § 1 AStG normiert) für diese Beziehungen bestehen. Umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage ist nach § 10 Abs. 1 S. 1 und 2 UStG das Entgelt, mithin alles was der Leistungsempfänger aufwendet – eine Begrenzung (nur) auf das "fremdübliche" Entgelt existiert hier im Grundsatz nicht. Ein wesentlicher Unterschied zu nicht verbundenen Unternehmen kann jedoch in der Möglichkeit und den Besonderheiten einer umsatzsteuerlichen Organschaft liegen, deren Effekte jedoch nach § 2 Nr. 2 Satz 2 UStG auf das Inland beschränkt sind. Bei unangemessenen Verrechnungspreisen könnte jedoch die sog. Mindestbemessungsgrundlage Anwendung finden. Dies bedarf stets einer Einzelfallprüfung. Wenn die Zahlung, die eine nahestehende Person oder Personal leistet, dem entspricht, was von anderen Marktteilnehmern als Entgelt gezahlt wird ("marktübliches Entgelt", s. § 10 Abs. 5 UStG), ist die Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 UStG nicht zu berücksichtigen. In diesem Paragraphen ist speziell festgelegt, dass der zu besteuernde Umsatz bei Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage das marktübliche Entgelt nicht überschreiten darf. Sollte jedoch das ausgezahlte Entgelt das marktübliche Niveau übersteigen, wird der gesamte Betrag, den der leistende Unternehmer vom Leistungsempfänger oder einer anderen Partei effektiv erhält oder erhalten wird, der Umsatzsteuer unterworfen.
Rz. 59
Bei der Berechnung einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) ist die darauf entfallende Umsatzsteuer standardmäßig mit einzubeziehen, was bedeutet, dass die vGA auf den Bruttobetrag anzuwenden ist. § 10 Nr. 2 KStG, nach der die Umsatzsteuer bei der ausschüttenden Kapitalgesellschaft zu den nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben zählt und dem Einkommen hinzugerechnet werden muss, findet in diesem Kontext sonach keine Anwendung. Dies ist begründet dadurch, dass die Umsatzsteuer bereits bei der Ermittlung der vGA einbezogen wurde und somit keine "weitere" Hinzurechnung nach dem KStG notwendig ist. Folglich tritt die spezifische Vorschrift des § 10 KStG zur Behandlung der Umsatzsteuer in den Hintergrund, wenn es um die Anwendung der vGA-Regelungen geht.
Rz. 60
Im Zollrecht wird die Angemessenheit von Verrechnungspreisen anders bewertet, da sich Zollabgaben nach dem Transaktionswert richten. Für die Zollabfertigung werden Transaktionswerte nur dann als angemessen anerkannt, wenn sie ohne Berücksichtigung der Beziehungsnähe zwischen den beteiligten Unternehmen festgelegt wurden. Gleichwohl entspricht der Zollwert nicht (zwingend) dem korrigierten steuerlichen "Verrechnungspreis" i. S. d. § 1 AStG. Ungeachtet dessen kann die Zollwertermittlung eine ergänzende Hilfestellung bei der Bestimmung von Fremdvergleichspreisen leisten.
Auch hierbei ist eine Einzelfallprüfung angezeigt. Gleichwohl können Verrechnungspreiskorrekturen auch Folgefragen im Hinblick auf Zollabgaben aufwerfen: Für Zollbeteiligte muss davon ausgegangen werden, dass im Grundsatz eine Erstattung von Einfuhrzöllen bei nachträglichen Verrechnungspreiskorrekturen nach unten (nachträgliche Debit Note) nicht möglich ist. Jedoch gibt es (derzeit) weder EuGH- noch BFH-Rechtsprechung, die sich mit nachträglichen Verrechnungspreisanpassungen nach oben (Debit Note) auseinandersetzt. Dazu ist jedoch derzeit ein Verfahren beim BFH anhängig, welches Klarheit schaffen wird.
Nachträgliche Verrechnungspreisanpassungen in Form von Nachbelastungen durch den Verkäufer sind zudem vom Anmelder dem zuständigen Hauptzollamt unverzüglich anzuzeigen (§ 153 AO).
Rz. 61–62
einstweilen frei