7.1 Allgemeines
Rz. 220
Abs. 3c wurde in das deutsche Steuerrecht eingeführt, um spezifische "Besonderheiten" bei der Verwertung von immateriellen Werten zu adressieren. Diese Vorschrift soll die Intention des Gesetzgebers verdeutlichen, dass sich (auch) die Bewertung und Verrechnungspreisbestimmung bei immateriellen Werte an einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise orientieren sollte. Letztlich soll danach bei einer Transaktion, die immaterielle Werte zum Gegenstand hat, eine fremdübliche Vergütung dem Unternehmensteil zukommen, welches in diesem Zusammenhang die tats. wertschöpfenden Funktionen ausführt (die sog. DEMPE-Funktionen als "Leitplanken" bei immateriellen Werten). Die Besonderheit besteht im Wesentlichen in den DEMPE-Funktionen, womit die wesentlichen Funktionen im Binnenbereich immaterieller Werte gesetzlich fixiert wurden. Diese Regelung entspricht dem internationalen Konsens, wie er in Kapitel VI der OECD-Verrechnungspreisleitlinien dargelegt wird.
Abs. 3c wurde durch das Gesetz zur Modernisierung des Abzugssteuerentlastungsverfahrens, das AbzStEntModG, am 2. Juni 2021 neu eingeführt und ist ab dem Veranlagungszeitraum 2022 gültig (s. § 21 Abs. 1 AStG). Abs. 3c erweitert und konkretisiert damit die bisherigen Regelungen in § 1 Abs. 3 AStG im Binnenbereich von Transaktionen, die immaterielle Werte (z. B. Marken und Patente) umfassen. Die Einführung von Abs. 3c basiert insbes. auf den Ergebnissen der BEPS (Base Erosion and Profit Shifting) Aktionspunkte 8 bis 10. Diese Aktionspunkte wurden infolge verschiedener Enthüllungen, wie den Luxemburg-Leaks und den Panama-Leaks, international thematisiert und schließlich in Kapitel VI der OECD-Verrechnungspreisleitlinien 2017 aufgenommen. Obwohl Abs. 3c (erst) ab 2022 gilt, sieht die Finanzverwaltung ihre Anwendung in gewissem Maße auch für davorliegende Veranlagungszeiträume als angemessen an. Die die Neuregelung weiter konkretisierenden VWG VP 2023 sollen daher gem. Rz. 6.2 auf alle offenen Fälle angewendet werden (s. auch VWG VP 2024).
Rz. 221–222
einstweilen frei
7.2 Übertragung oder Überlassung immaterieller Werte (§ 1 Abs. 3c S. 1 AStG)
Rz. 223
Satz 1 bestimmt, dass die Übertragung oder Überlassung zur Nutzung eines immateriellen Werts (s. dazu Satz 2) zu vergüten ist, wenn diese auf der Grundlage einer Geschäftsbeziehung (s. dazu Abs. 4) erfolgt und hiermit eine finanzielle Auswirkung für den Übernehmer, den Nutzenden, den Übertragenden oder den Überlassenden verbunden ist. Dies folgt eigentlich bereits aus grundlegenden stl. Prinzipien, gleichwohl normiert Abs. 3c im Fortgang die (wertschöpfenden) DEMPE-Funktionen.
Übertragung oder Nutzungsüberlassung:
Abs. 3c ist sowohl bei der Übertragung (z. B. Veräußerung) als auch bei der bloßen Nutzungsüberlassung (z. B. Lizensierung) eines immateriellen Wertes einschlägig. Ein Vorgang gilt als Übertragung, wenn das Eigentum oder die Inhaberschaft über einen immateriellen Wert auf eine andere (nahestehende) Person übergeht. Zudem werden auch wirtschaftliche Handlungen, die einer Übertragung gleichkommen, einbezogen. Dies schließt ebenfalls Transaktionen zwischen Unternehmen und ihren Betriebsstätten ein, insofern sie der Annahme der Selbstständigkeit gemäß dem "Authorized OECD-Approach" (AOA) folgen. Im Gegensatz dazu wird bei einer Nutzungsüberlassung ausschließlich das Nutzungsrecht eines immateriellen Wertes übertragen, wie bspw. die Lizenzierung von Urheberrechten oder die zeitlich und regional begrenzte Vergabe von Vertriebsrechten. Dabei hat die wirtschaftliche Betrachtungsweise Vorrang vor der vertraglichen Gestaltung.
Rz. 224
Finanzielle Auswirkung:
Eine finanzielle Auswirkung in diesem Sinne liegt zum Beispiel vor, wenn der Übertragende nicht auf ein Entgelt verzichten würde, weil der immaterielle Wert in der Vergangenheit zur Generierung von Cashflows beigetragen hat und dies auch zukünftig tun wird. Es muss im Einzelfall genau geprüft werden, ob ein immaterieller Wert eine finanzielle Auswirkung hat und ob die Übertragung oder Überlassung zwischen fremden Dritten entgeltlich erfolgen würde.
Rz. 225–226
einstweilen frei
7.3 Immaterielle Werte (§ 1 Abs. 3c S. 2 AStG)
Rz. 227
Immaterielle Werte sind seit Umsetzung des AbzStEntModG in § 1 Abs. 3c S. 2 AStG gesetzlich definiert. Diese gesetzliche Legaldefinition im AStG orientiert sich dabei eng an die internationale Definition der OECD.
Rz. 228
Immaterielle Werte sind gem. § 1 Abs. 3c S. 2 AStG Vermögenswerte, die
1.) die weder materielle Wirtschaftsgüter oder Beteiligungen noch Finanzanlagen sind,
2.) die Gegenstand eines Geschäftsvorfalls sein können, ohne einzeln übertragbar sein zu müssen, und
3.) die einer Person eine tatsächliche oder rechtliche Position über diesen Vermögenswert vermitteln können.
Rz. 229
Als Beispiele für immaterielle Werte werden in der Gesetzesbegründung z. B. Patente, Know-How und Handelsgeheimnisse, War...