Rz. 233
DEMPE-Konzept:
Nach Satz 3 bildet das (zivilrechtliche oder wirtschaftliche) Eigentum oder die Inhaberschaft an einem immateriellen Wert zunächst nur den Ausgangspunkt zur Bestimmung, welchem Beteiligten die Erträge aus dessen Verwertung zustehen. Weiterhin ist i. S. einer funktionsorientierten Vergütung zu prüfen, welche wertschöpfenden Funktionen in Bezug auf den immateriellen Wert von welchem Beteiligten tatsächlich ausgeführt werden. Hierbei erlangt das DEMPE-Konzept nach Satz 4 Bedeutung: Wenn eine dem Eigentümer oder Inhaber nahestehende Person eine der (DEMPE-)Kernfunktionen – Entwicklung oder Erschaffung (Development), Verbesserung (Enhancement), Erhalt (Maintenance), Schutz (Protection) oder Verwertung (Exploitation) – ausübt, Risiken trägt und Vermögenswerte einbringt, soll sie hierfür angemessen vergütet werden.
Überblick der DEMPE-Funktionen, jedoch ist stets der Einzelfall und auch die jeweilige Branche entscheidend:
- Development (Entwicklung): Diese Funktion bezieht sich auf die Aktivitäten, die mit der Forschung und Entwicklung (F&E) eines immateriellen Wirtschaftsgutes verbunden sind. Unternehmen, die in dieser Phase aktiv sind, beteiligen sich an der Konzeption und dem Design neuer Produkte, Technologien oder Prozesse.
- Enhancement (Verbesserung): Hierunter fallen Maßnahmen, die auf die Verbesserung oder Weiterentwicklung eines bereits bestehenden immateriellen Wirtschaftsgutes abzielen. Dies kann die Modifizierung von Technologien, die Erhöhung der Leistungsfähigkeit oder die Erweiterung von Anwendungsmöglichkeiten beinhalten.
- Maintenance (Erhaltung): Diese Funktion bezieht sich auf Aktivitäten, die erforderlich sind, um den gegenwärtigen Zustand eines immateriellen Wirtschaftsgutes zu bewahren oder dessen Wertverlust zu verhindern. Hierzu gehören auch Routineaktivitäten, die sicherstellen, dass das Wirtschaftsgut weiterhin in der beabsichtigten Weise genutzt werden kann.
- Protection (Schutz): Der Schutz immaterieller Wirtschaftsgüter aus rechtlicher und kommerzieller Sicht, einschließlich der Durchsetzung von Patentrechten, Markenrechten und des Schutzes vor Piraterie oder unerlaubter Nutzung durch Wettbewerber.
- Exploitation (Nutzung): Diese Funktion betrifft die Art und Weise, wie das immaterielle Gut am Markt genutzt wird, um wirtschaftlichen Gewinn zu generieren. Entscheidend sind auch besondere Marketing- und Werbestrategien, indem die Bekanntheit und das Markenimage verstärkt werden, was (indirekt) zu höheren Umsätzen führt.
Eine genaue Analyse (im Einzelfall), wer innerhalb eines Unternehmensverbundes die DEMPE-Funktionen ausführt, ist entscheidend für die Festlegung angemessener Verrechnungspreise bei der Verwertung immaterieller Vermögenswerte und hat somit signifikante steuerliche Implikationen.
Abs. 3c äußert sich dabei nicht zur spezifischen Verrechnungspreismethode, die für die Aufteilung bzw. Weiterleitung der Vergütungen für ausgeübte DEMPE-Funktionen angewendet werden sollte. Somit bleibt die in Absatz 3 Satz 5 festgelegte Vorgabe maßgeblich, wonach die jeweils am besten geeignete Verrechnungspreismethode zu wählen ist. Mögliche Methoden sind bspw. die Kostenaufschlagsmethode, die besonders für einfache, routinemäßige Beiträge geeignet ist, die transaktionsbezogene Gewinnaufteilungsmethode sowie der hypothetische Fremdvergleich, der in insbes. für einzigartige Wertbeiträge empfohlen wird (OECD-VPLL Rz. 6.57). Diese Bewertung muss aus einer ex ante-Perspektive erfolgen, wie in VWG VP Rz. 3.49 angeführt wird.
Rz. 234
Nutzungen von immateriellen Werten, die typischerweise durch die Bezahlung anderer Lieferungen oder Leistungen abgedeckt sind, bedürfen jedoch keiner gesonderten Vergütung. Ein Beispiel hierfür ist die Nutzung eines Namens für den Vertrieb eines Produktes, wenn diese Nutzung bereits durch den Einkauf der Produkte vom Hersteller abgegolten ist.
Rz. 235
Das DEMPE-Konzept stellt mithin einen gesetzlich (vorgegebenen) Rahmen für die Funktions- und Risikoanalyse bei Transaktionen mit immateriellen Werten dar, ähnlich einer "Funktions- und Risikoanalyse eigener Art" im Binnenbereich immaterieller Werte.
Verlagerung der DEMPE-Funktionen als Funktionsverlagerung:
Wenn Unternehmensfunktionen ins Ausland transferiert werden, ist stets zu prüfen, ob dabei eine Funktionsverlagerung nach § 1 Abs. 3b AStG vorliegt (s. dazu Punkt 6). Die Verlagerung einer DEMPE-Funktion kann ebenfalls eine Funktionsverlagerung auslösen, wenn sie die weiteren gesetzlichen erforderlichen Kriterien erfüllt (s. VWG VP Rz. 3.89 i. V. m. Rz. 3.53). Besonders bei einem hohen Wertschöpfungsanteil der Funktion ist dies naheliegend. Die Ausnahmeregelung des § 1 Abs. 3b Satz 3 AStG kann aber auch hierbei eine Funktionsverlagerung ausschließen, wenn die zugehörigen Wertschöpfungsbeiträge durch die Kostenaufschlagsmethode abgedeckt sind.
Rz. 236–237
einstweilen frei