Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise: Kostenumlage

Im letzten Artikel dieser kleinen Reihe zu den neuen VWG VP lesen Sie die Auswirkungen der Kostenumlage und der Finanzierungsbeziehungen, sowie unser abschließendes Fazit zu den VWG VP.

Im Folgenden werden die Ausführungen zu den Kostenumlagen und Finanzierungsbeziehungen betrachtet. In den vorangehenden Artikeln wurde bereits eine Gesamteinschätzung gegeben und die Kapitel I und Kapitel II der Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreismethoden (VWG VP) näher erörtert. Zudem wurden die Leitlinien der Finanzverwaltung zu den Themen Fremdvergleichsgrundsatz, Verrechnungspreismethoden, Vergleichbarkeitsanalyse und Immaterielle Werte aus Kapitel III kritisch analysiert.

H. Kostenumlagen

Hinsichtlich Kostenumlagen beziehen sich die VWG VP auf die OECD-VPLL. Wie bereits am 5.7.2018 vom BMF festgelegt (BMF, Schreiben v. 5.7.2018, IV B 5 - S 1341/0 :003), wurden die bis zu diesem Zeitpunkt gültigen "Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung durch Umlageverträge zwischen international verbundenen Unternehmen" aus dem Jahr 1999 aufgehoben. Stattdessen wurde schon im damaligen BMF Schreiben an ihrer Stelle auf die OECD-VPLL Kapitel VIII verwiesen. Auf dieses Kapitel wird ebenfalls in den neuen VWG VP verwiesen, mit dem zusätzlichen Hinweis, dass Beiträge bei Entwicklungs- und Dienstleistungskostenumlagen zu fremdvergleichsüblichen Preisen bewertet werden sollen (Tz. 3.82).

Das BMF schließt sich somit den OECD-Empfehlungen dahingehend an, dass diese Beiträge nur in bestimmten Ausnahmefällen einer kostenbasierten Bewertung zu unterziehen sind. Zu den Voraussetzungen für eine kostenbasierte Bewertung von Beiträgen zählen eine marginale Kosten-Wert-Differenz, wie etwa bei Routinedienstleistungen (Dienstleistung mit geringer Wertschöpfung), oder ein signifikanter administrativer Aufwand (Tz. 3.83). Thematisiert werden zudem die Voraussetzungen für die Durchführung einer Entwicklungskostenumlage, die Bezug zu den OECD-VPLL aufnehmen (Tz. 3.84), sowie Eintritts-, Austritts- und Beendigungsregelungen von Entwicklungskostenumlagen (Tz. 3.85).

Wir empfehlen für den Fall, dass Umlagen mit kostenbasierter Bewertung vorliegen - insbesondere bei Entwicklungskostenumlagen - die Voraussetzungen zu überprüfen. 

J. Finanzierungsbeziehungen  

Es wird darauf verwiesen, dass bei der Einkunftsabgrenzung bei Finanzierungsbeziehungen Kapitel X der OECD-VPLL anzuwenden ist. Während die Finanzverwaltung aber bei den Abschnitten Effekte des Konzernrückhalts und Besicherung von Darlehen deutliche "Konkretisierungen", d. h. Ergänzungen zur Erläuterung ihres Standpunkts, vorgenommen hat, wird die Thematik Finanzgarantien nur oberflächlich behandelt.

Für eine Finanzierungsgesellschaft (FinCo), die einer Gruppe von Unternehmen angehört und keine Entscheidungsbefugnisse und Risikotragfähigkeit besitzt, wird in Tz. 3.92 verdeutlicht, dass diese lediglich eine kostenbasierte Vergütung erhalten sollten. Hierbei ist hinzuzufügen, dass es hierfür keine gesetzliche Grundlage im geänderten § 1 AStG gibt und die Anwendung auch von den OECD abweicht.

Prüfen Sie, ob für entsprechende FinCo-Strukturen Nachweise über auseichende Substanz erbracht bzw. dokumentiert werden können.

In Tz. 3.94 wird auf den Konzernrückhalt Bezug genommen, welcher bei der Analyse der Kreditwürdigkeit eine Rolle spielen soll. Nach Auffassung des BMF ist für das Rating der Kreditwürdigkeit weder eine isolierte Betrachtung noch die gesamte Betrachtung der Unternehmensgruppe ausschlaggebend ist. Vielmehr spricht sich die Finanzverwaltung in diesem Punkt für eine ausgewogene Betrachtung des Konzernratings aus.

Hinsichtlich Tz. 3.95 ist kritisch anzumerken, dass das Verständnis der Finanzverwaltung im Hinblick auf die Fremdüblichkeit von unbesicherten Darlehen unserer Ansicht nach weder mit empirischen Daten noch mit aktueller Rechtsprechung übereinstimmt. Darüber hinaus zeigt die Praxis, dass es möglich ist, mithilfe einer Datenbankstudie die Fremdüblichkeit von unbesicherten Darlehen zwischen unverbundenen Marktteilnehmern nachzuweisen.

Es ist zu empfehlen, dass im Hinblick auf Tz. 3.95 Datenbankstudien gleichermaßen untersucht und innerhalb der Verrechnungspreisdokumentation, hinsichtlich der Verteilung von unbesicherten Darlehen zwischen unverbundenen Marktteilnehmern, aufbereitet werden.

J.2 Vergütung für eine erhöhte Kreditwürdigkeit 

In Tz. 3.96 beschreibt das BMF unseres Erachtens irreführenderweise die Vergütung einer Garantie als Differenz zwischen den Bedingungen einer multinationalen Unternehmensgruppe und den Bedingungen für Unternehmen, welche (Garantie-)Verpflichtungen übernehmen. Dies steht im eindeutigen Widerspruch zu den OECD-Leitlinien, in welchen der "Yield" Approach als Vergleichsmaßstab auf die Zinsen eines Garantieempfängers ohne die Garantie abstellt und nicht auf das Rating der Gruppe.

Fazit

Positiv ist zu betrachten, dass das BMF internationale Konzepte wie das DEMPE Konzept und den Risikokontrollansatz in seine deutschen VWG VP integriert hat. Es wird zunehmend ersichtlich, dass sich das BMF von einer agierenden Rolle zu einer reagierenden Rolle neu positioniert. An Stellen, an denen zuvor dezidierte Positionierungen erfolgten, verzichtet das BMF nun auf eine eigene Positionierung und verweist auf die OECD Leitlinien, was grundsätzlich für eine Vermeidung von Doppelbesteuerungen förderlich ist. Die OECD Leitlinien sind jedoch als Kompromisspapier anzusehen und in ihren Empfehlungen vage und unpräzise. Dies kann in Zukunft dazu führen, dass es zu einem Verlust an Rechtssicherheit in laufenden und anstehenden Betriebsprüfungen kommt.

Darüber hinaus ist die Tatsache, dass die VWG VP 2021 auf alle noch offenen Fälle anzuwenden ist, während Gesetzesanpassungen wie das ATADUmsG und das AbzStEntModG erst ab dem Veranlagungszeitraum 2022 Anwendung finden, kritisch hervorzuheben. Finanzverwaltung und BMF sollten daran interessiert sein, Auseinandersetzungen über Verrechnungspreise stärker in ihren Händen zu behalten und nicht weitgehend Gerichten oder "Competent Authorities" zu überlassen. Steuerpflichtigen und Konzernen ist es nahezulegen, dass tendenziell präventiv anstatt eskalativ vorgegangen wird und eine Betroffenheitsanalyse durchgeführt wird, sodass Handlungsoptionen herausgearbeitet werden können, um eine Minimierung des Risikos herbeizuführen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Teil 1: Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise: Kritische Würdigung und Hinweise für die Praxis

Teil 2: Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise: Kritische Würdigung und Hinweise für die Praxis

Teil 3: Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise: Kritische Würdigung und Hinweise für die Praxis

Buchempfehlung

Verrechnungspreise – Praxisleitfaden für Controller und Steuerexperten

Jörg Hanken/Guido Kleinhietpaß/Martin Lagarden

Eine clevere Verrechnungspreisstruktur hilft, weltweite Tax Compliance-Risiken zu reduzieren und Chancen in Bezug auf das internationale Steuergefälle sowie die Cashflow-Optimierung zu realisieren.

ISBN: 978-3-648-14031-4 / Bestell-Nr.: E01207
Auflage: 3. Auflage 2020 / Umfang: 924 Seiten / Preis: 149,95 EUR

Erhältlich im Haufe Online Shop oder im Buchhandel.


Schlagworte zum Thema:  Verrechnungspreis, OECD