1.5.1 Verhältnis zu Doppelbesteuerungsabkommen
Rz. 53
Soweit die Ermittlung der Einkünfte der ausländischen Gesellschaft betroffen ist, ergibt sich kein Konflikt der Hinzurechnungsbesteuerung mit den Doppelbesteuerungsabkommen. Die Ermittlung der Einkünfte wird nicht durch das Abkommensrecht geregelt. Anders ist die Regelungslage hingegen mit der Besteuerung des Hinzurechnungsbetrags für den inländischen Steuerpflichtigen. Die Hinzurechnungsbesteuerung (§§ 7ff. AStG) ist nach § 20 Abs. 1 AStG ungeachtet der Doppelbesteuerungsabkommen anzuwenden (sog. Treaty Override). Mithin verhindert eine einschlägige abkommensrechtliche Vorschrift (etwa ein abkommensrechtliches Schachtelprivileg) die Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung nicht. Der Hinzurechnungsbetrag unterliegt mithin auch dann der Besteuerung, wenn das Abkommensrecht eine Freistellung von der inländischen Besteuerung für Dividenden oder Betriebsstätteneinkünfte der ausländischen Gesellschaft vorsieht.
Rz. 54
Vor dem Inkrafttreten des StVergAbG am 16.5.2003 (BGBl I 2003, 660) war die Rechtslage noch anders zu beurteilen. Nach § 10 Abs. 5 AStG a. F. waren die Bestimmungen der Doppelbesteuerungsabkommen unter der Annahme anzuwenden, der Hinzurechnungsbetrag sei an einen im Inland ansässigen Steuerpflichtigen ausgeschüttet. Nach altem Recht konnte der Hinzurechnungsbetrag somit einer abkommensrechtlichen Freistellung unterliegen. Die alte Rechtslage ist erstmals für Wirtschaftsjahre der Zwischengesellschaft nicht mehr anzuwenden, die nach dem 31.12.2002 beginnen.
Rz. 55-60
einstweilen frei
1.5.2 Verhältnis zu § 1 AStG
Rz. 61
Konkurrenzprobleme können sich aus Sicht eines Inlandsbeteiligten zwischen der Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG und der Einkünftekorrektur nach § 1 AStG ergeben. Wenn ein unbeschränkt Steuerpflichtiger eine nicht fremdvergleichskonforme Geschäftsbeziehung zu seiner ausländischen Zwischengesellschaft unterhält, können die Anwendungsbereiche von § 1 AStG und von §§ 7 ff. AStG gleichzeitig eröffnet sein.
Rz. 62
Das Verhältnis der Vorschriften zur Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG und der Einkünftekorrektur nach § 1 AStG ist noch nicht abschließend geklärt. Nach Auffassung des BFH sei bei der Anwendung der §§ 7 ff. AStG einerseits und des § 1 AStG andererseits kein Vorrang der §§ 7 ff. AStG abzuleiten, wenn die Anwendung der Vorschriften gegenüber verschiedenen Rechtssubjekten erfolgt (siehe Beispiel Rz. 64). Bei drohender Überbesteuerung, einerseits durch die Einkünftekorrektur nach § 1 AStG und andererseits durch den Ansatz des Hinzurechnungsbetrags gem. § 10 AStG, habe eine Berichtigung der hinzurechnungspflichtigen Einkünfte der Zwischengesellschaft nach den §§ 163, 227 AO im Billigkeitswege zu erfolgen. Dieses Vorgehen wird von der Finanzverwaltung im Anwendungsschreiben zu § 1 AStG vertreten. Der BFH bestätigte die Auffassung der Finanzverwaltung entgegen sowohl abweichender erstinstanzlicher Rechtsprechung als auch abweichender Auffassungen im Schrifttum.
Rz. 63
Nach Auffassung des FG Münster vom 10.12.2020 sei der Hinzurechnungsbesteuerung in Gestalt des § 7 AStG gegenüber § 1 AStG der Vorrang einzuräumen, wenn die Rechtsfolgen der Vorschriften auf Ebene des gleichen Rechtssubjekts eintreten. Die Revision ist beim BFH unter dem Az. I R 38/22 anhängig. Die Entscheidung des BFH bleibt abzuwarten. Die Auffassung des FG Münster überzeugt mE. § 1 AStG greift nur "unbeschadet anderer Vorschriften". Die Vorschrift ist mithin subsidiär und als Auffangvorschrift zu verstehen.
Für die Anwendung des § 1 AStG besteht keine Notwendigkeit, wenn die Einkünfte des Steuerpflichtigen bereits durch Anwendung der §§ 7 ff. AStG korrigiert wurden. Durch den Ansatz des Hinzurechnungsbetrags fehlt es auf Ebene des inländischen Steuerpflichtigen mithin an einer Einkünfteminderung i. S. d. § 1 AStG.
Rz. 64
Beispiel (in Anlehnung an BFH I R 4/01): Die inländische X-GmbH ist zu 100 % an der ebenfalls inländischen Y-GmbH beteiligt, welche wiederum zu 100 % an einer ausländischen Z-Ltd. beteiligt ist. Die Z-Ltd. erzielt passive Einkünfte und unterliegt in ihrem Ansässigkeitsstaat einer niedrigen Besteuerung i. S. d. § 8 Abs. 5 AStG, ist mithin als Zwischengesellschaft zu qualifizieren. Die X-GmbH gewährt der Z-Ltd. ein Darlehen mit unüblich niedrigen Zinsen.Der Anwendungsbereich des § 1 AStG auf Ebene der X-GmbH ist eröffnet. Die Darlehensbeziehung ist angesichts unüblich niedriger Zinsen nicht fremdvergleichskonform. Die Differenz zum marktkonformen Zins ist nach § 1 AStG gewinnerhöhend für die X-GmbH zu korrigieren. Auch der Anwendungsbereich der Hinzurechnungsbesteuerung auf Ebene der Y-GmbH ist eröffnet. Die Z-Ltd. erzielt passive und niedrigbesteuerte Einkünfte. Die niedrige Verzinsung wirkte sich für die Z-Ltd. gewinnerhöhend aus, da diese bei marktkonformen Zinsen niedrigere passive Einkünfte erzielt hätte. Die insoweit zu hoch ausfallenden passiven Einkünfte der Z-Ltd. unterliegen bei der Y-Gm...