Rz. 100
Bedenken gegen die Unionsrechtsmäßigkeit des § 12 AStG bestehen wegen der fehlenden Anrechnungsmöglichkeit auf die Gewerbesteuer unter 2 Aspekten. Zum einen kann es bei einer teilweisen Doppelbesteuerung der Zwischeneinkünfte verbleiben, wenn die Steuer der Zwischengesellschaft nicht vollständig auf die Einkommen- oder Körperschaftsteuer des Stpfl. angerechnet werden kann und dadurch teilweise im Inland, auch wegen der fehlenden Anrechnungsmöglichkeit auf die Gewerbesteuer; unberücksichtigt bleibt. Zum anderen unterliegt der Hinzurechnungsbetrag nach § 7 S. 7 GewStG einer zusätzlichen Belastung durch die Gewerbesteuer.
Rz. 101
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob sich aus Art. 8 Abs. 7 ATAD-RL eine Verpflichtung zur Anrechnung der von der Zwischengesellschaft gezahlten Steuern auch auf die Gewerbesteuer ableiten lässt.
Dies ist zu verneinen. Mit Art. 8 Abs. 7 ATAD-RL lässt sich das Erfordernis der Anrechnung der Steuern der ausländischen Gesellschaft auf die Gewerbesteuer nicht begründen. Zwar enthält der Wortlaut ("Abzug von der Steuerschuld") keine Einschränkung auf eine bestimmte Steuer und steht somit einer Anrechnung auf die Gewerbesteuer grundsätzlich nicht entgegen. Allerdings kann aus dem Fehlen einer konkreten Bezugnahme auf die Körperschaftsteuer in Art. 8 Abs. 7 ATAD-RL entgegen der in der Lit. vertretenen Auffassung nicht geschlossen werden, dass hier im Unterschied zu anderen Bestimmungen der Richtlinie auch andere Steuern umfasst sein sollen. Vom Anwendungsbereich der ATAD-RL sind nach Erwägungsgrund 4 und Art. 1 ATAD-RL lediglich Unternehmen, die der Körperschaftsteuer unterliegen, erfasst. Die fehlende Anrechnungsmöglichkeit auf die Gewerbesteuer ist auch deshalb ATAD-konform, weil sich deren sachlicher Anwendungsbereich lediglich auf die Körperschaftsteuer bezieht. In anderen Artikeln der Richtlinie (z. B. Art. 6 oder 7 Abs. 1 Buchst. b ATAD-RL) wird lediglich auf die Körperschaftsteuer Bezug genommen. Zudem stellt Art. 8 Abs. 1 ATAD-RL für die in die Steuerbemessungsgrundlage einzubeziehenden Einkünfte auf die Körperschaftsteuervorschriften der Mitgliedstaaten ab. Daher kann auch in Art. 8 Abs. 7 ATAD-RL mit dem Begriff "Steuerschuld" einzig die Körperschaftsteuerschuld gemeint sein. In der Richtlinie werden auch an anderer Stelle keine Regelungen für Objektsteuern, wie sie die Gewerbesteuer ist, getroffen. Für diese Auslegung spricht auch, dass die anderen EU-Mitgliedstaaten in der Regel keine der Gewerbesteuer vergleichbare Steuer erheben. Der Begriff "Steuerschuld" i. S. d. Art. 8 Abs. 7 ATAD ist jedoch für alle Mitgliedstaaten einheitlich auszulegen. Die fehlende Anrechnungsmöglichkeit auf die Gewerbesteuer als Objektsteuer in § 12 AStG ist folglich richtlinienkonform.
Rz. 102
Eine unmittelbare Berufung auf die Richtlinie zur Anrechnung der Steuern der Zwischengesellschaft auf die Gewerbesteuer scheidet damit aus. Zudem wäre für die Bejahung einer sich unmittelbar aus der ATAD-RL ergebenden Anrechnungsmöglichkeit auf die Gewerbesteuer nach der EuGH-Rspr. eine eindeutige Handlungsanweisung in der Richtlinie erforderlich. Die Bestimmungen der Richtlinie müssen uneingeschränkt, hinreichend klar und eindeutig sein. Dies ist bei Art. 8 Abs. 7 ATAD-RL nicht der Fall. Dort wird lediglich der Abzug der von der Zwischengesellschaft entrichteten Steuer von der Steuerschuld des Stpfl. verlangt. Für die Einzelheiten wird auf die nationalen Vorschriften verwiesen. Dies dürfte nicht der vom EuGH geforderten hinreichenden Klarheit und Eindeutigkeit genügen. Der Begriff der "Steuerschuld" ist vielmehr nicht eindeutig bestimmt und erst durch Auslegung und den Kontext der Richtlinie festzulegen. Dies zeigt bereits die Diskussion zu den verwendeten Begrifflichkeiten in der Lit. hierzu.
Eine unmittelbare Berufung des Stpfl. auf die ATAD-RL, um eine Anrechnung auf die Gewerbesteuer zu erreichen, ist daher nicht möglich.
Rz. 103–120
einstweilen frei