Rz. 91
Bei einer Beteiligung von weniger als 1 % knüpft § 13 Abs. 1 S. 4 AStG die Anwendbarkeit der erweiterten Hinzurechnungsbesteuerung an weitere Voraussetzungen. Bei einer Beteiligung Kleinstbeteiligung (i. H. v. weniger als 1 %) gilt § 13 Abs. 1 S. 1 AStG (d. h. die erweiterte Hinzurechnungsbesteuerung) nur, wenn die Einkünfte der ausländischen Gesellschaft ausschließlich oder nahezu ausschließlich aus Einkünften mit Kapitalanlagecharakter bestehen und mit der Hauptgattung der Aktien der ausländischen Gesellschaft kein wesentlicher und regelmäßiger Handel an einer Börse in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens oder an einer in einem anderen Staat nach § 193 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 4 KAGB von der BaFin zugelassenen Börse stattfindet.
Rz. 92
Ob eine Beteiligung in Höhe von weniger als 1 % vorliegt ist anhand der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligung am Nennkapital (oder einer strukturell vergleichbaren Bezugsgröße nach ausländischem Gesellschaftsrecht) der ausländischen Gesellschaft zu ermitteln (s. zur unmittelbaren und mittelbaren Beteiligung am Nennkapital unter 2.1.1.2). Die Beteiligung von weniger als 1 % bezieht sich auf die Beteiligung i. S. d. § 13 Abs. 1 S. 1 AStG.
Rz. 93
Ausschließlich oder nahezu ausschließlich Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter
Die Einkünfte der ausländischen Gesellschaft müssen ausschließlich oder nahezu ausschließlich aus Einkünften mit Kapitalanlagecharakter bestehen, damit § 13 Abs. 1 S. 4 AStG zur Anwendung kommt. Das Ausschließlichkeitserfordernis ist erfüllt, wenn die gesamten Einkünfte der ausländischen Gesellschaft zu mindestens 90 % aus Einkünften mit Kapitalanlagecharakter i. S. d. § 13 Abs. 2 oder 3 AStG bestehen. Die im Ertragsteuerrecht verwendeten Begriffe "fast ausschließlich" werden ebenfalls dahingehend ausgelegt, dass eine 90-%-Grenze angewandt wird (vgl. etwa § 2a Abs. 1 S. 1 Nr. 6 b) EStG, § 7g Abs. 1 S. 1 EStG). Die Einkünfte der ausländischen Gesellschaft bestehen daher "ausschließlich" aus Einkünften mit Kapitalanlagecharakter, wenn die ausländische Gesellschaft neben Einkünften mit Kapitalanlagecharakter i. S. d. § 13 Abs. 2 und 3 keine anderweitigen – nicht unter § 13 Abs. 2 oder 3 fallenden – Einkünfte erzielt.
Rz. 94
Börsenklausel
Der Gesetzgeber intendierte mit der Vorgängerreglung des § 7 Abs. 6 S. 3 AStG a. F. eine Verhinderung von dem leicht zu bewegenden Kapital in das niedrig besteuerte Ausland, insbesondere in Form von Kapitalanlagemodellen; bei einer Beteiligung von weniger als 1 % an einer ausländischen Publikumsgesellschaft, deren Aktien an einer Börse gehandelt werden, fand die Regelung keine Anwendung. Die Grundzüge der Vorgängervorschrift sind in § 13 Abs. 1 S. 4 AStG erhalten geblieben. Danach gilt § 13 Abs. 1 S. 1 AStG bei einer Beteiligung von weniger als 1 % nur, wenn die Einkünfte der ausländischen Gesellschaft ausschließlich oder nahezu ausschließlich aus Einkünften mit Kapitalanlagecharakter bestehen und mit der Hauptgattung der Aktien der ausländischen Gesellschaft kein wesentlicher und regelmäßiger Handel an einer Börse in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens oder an einer in einem anderen Staat nach § 193 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 4 des KAGB von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zugelassenen Börse stattfindet.
Rz. 95
§ 13 Abs. 1 S. 4 AStG setzt neben der Ausschließlichkeit voraus, dass mit der Hauptgattung der Aktien der ausländischen Gesellschaft kein wesentlicher und regelmäßiger Handel an einer Börse in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens oder an einer in einem anderen Staat nach § 193 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 4 KAGB von der BaFin zugelassenen Börse stattfindet (sog. Börsenklausel). Zur Anwendung der Börsenklausel ist zunächst festzustellen, ob die ausländische Gesellschaft Aktien ausgegeben hat. Regelmäßig ist dies der Fall, wenn die ausländische Gesellschaft nach dem Rechstypenvergleich einer Aktiengesellschaft nach deutschem Recht entspricht und die Anteile der Gesellschaft deren Aktienkapital repräsentieren.
Rz. 96
In dem Falle, in dem die ausländische Gesellschaft keine Aktien ausgibt, kommt es allein auf das Ausschließlichkeitserfordernis an (s. 2.1.5. Rz. 93). Sofern die ausländische Gesellschaft Aktien ausgibt, sind diese zur Feststellung der Hauptaktiengattung gesellschaftsbezogen in Gattungen einzuteilen. Aktien mit gleichen Rechten bilden – in Anlehnung an § 11 S. 2 AktG – eine Gattung. Ergeben sich im Hinblick auf die rechtliche Ausgestaltung der Aktien mehrere Gattungen, ist eine Hauptgattung festzustellen. Die Hauptaktiengattung bilden dabei die Aktien, die das Aktienkapital repräsentieren und i. d. R. auch Stimmrechte verleihen.
Rz. 97
Von diesen Aktien muss ein nicht unbedeutender Teil an einer anerkannten Börse ohne weiteres gehandelt werden können, um die 1-%-Grenze unterschreiten zu können, ohne dass die Hinzurec...