2.1.3.1 Stifter als vorrangiges Zurechnungssubjekt
Rz. 49
Die Einkünfte der Familienstiftung werden nur bei unbeschränkt Stpfl. zugerechnet. Für die Höhe des zuzurechnenden Anteils der Einkünfte der Stiftungen besteht folgende Rangfolge: Solange ein Stifter unbeschränkt steuerpflichtig ist, sind diesem sämtliche Einkünfte zuzurechnen. Liegen mehrere unbeschränkt steuerpflichtige Stifter vor, ist auf das Verhältnis des jeweils zugewandten Stiftungskapitals abzustellen, wobei es auf die Verkehrswerte im Moment der jeweiligen (Zu-)Stiftung ankommt. Denn wenn bei einem einzigen Stifter eine volle Zurechnung erfolgt, dann kann dies nur aus dem alleinigen Stiften resultieren. Etwaige Bezugs- oder Anfallsberechtigungen des Stifters spielen insoweit keine Rolle. Ist nur ein Stifter – von mehreren – unbeschränkt steuerpflichtig, so ist bei ihm eine anteilige Zurechnung vorzunehmen, denn bei unterstellter Regelungsidentität im Ausland bestünde andernfalls das Risiko einer Doppelbesteuerung durch Doppelzurechnung. Nach hier vertretener Auffassung sperrt das Bestehen von Stiftern nicht die Zurechnung beim Bezugs- und Anfallsberechtigten, so auch BMF 22.12.2023, Tz. 15.1.2.1., Rz. 794. Dies führt zur Prüfung, welcher Anteil auf Stifterebene zu berücksichtigen ist und der nicht berücksichtigungsfähige Anteil wird dann bei den Bezugsberechtigten berücksichtigt (zur Berücksichtigung bei dem Anfallsberechtigten siehe Rz 53).
Die Konjunktion „sonst“ ließe zwar auch ein Verständnis im Sinne einer Sperrwirkung zu, dies erscheint aber im Lichte des Sinns- und Zwecks der Vorschrift nicht sinnvoll: Denn zu Lebzeiten eines Stifters sperrte bei einem solchen Verständnis der Stifter die Zurechnung der Einkünfte und des Vermögens bei den Bezugs- und Anfallsberechtigten, wenn ersterer nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist.
Rz. 50
Beispiel: Die ausländische Familienstiftung verfügt über drei Stifter, davon ist eine Person unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Darüber hinaus bestehen diverse Bezugsberechtigte, die im Inland jeweils unbeschränkt steuerpflichtig sind. Lösung: Die Zurechnung erfolgt lediglich zu einem Drittel bei dem unbeschränkt Stpfl., die übrigen zwei Drittel sind bei den Bezugsberechtigten zu erfassen. Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind hierbei (gleiche Kategorie) auch die Anfallsberechtigten zu berücksichtigen. Folgte man einer Sperrwirkung des Stifters, dann wären die verbleibenden zwei Drittel gar nicht zu erfassen.
2.1.3.2 Bezugsberechtigte als zweitrangige Zurechnungssubjekte
Rz. 51
Erfolgt bei einer durch eine Person gegründeten Stiftung keine Zurechnung beim Stifter (sei es, weil er nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist oder verstorben ist), erfolgt eine Zurechnung bei den unbeschränkt steuerpflichtigen Bezugs- und Anteilsberechtigten. Der Wortlaut des § 15 Abs. 1 AStG nimmt keine Einschränkung auf den Familienkreis vor. Die Wortlautauslegung bedarf aber einer teleologischen Einschränkung: Fremde Dritte können nicht von dem Missbrauchsvorwurf des § 15 AStG erfasst werden. Sie versteuern ihre Einkünfte vielmehr regulär als Einkünfte i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG. Nach Auffassung der Finanzverwaltung verhält es sich jedoch anders: Jeder Bezugs- und Anfallsberechtigte wird von § 15 AStG erfasst, unabhängig davon, ob diese Personen dem Familienkreis entstammt oder nicht.
Rz. 52
Die Aufteilung der Zurechnungsbetrages zwischen den Bezugs- und Anfallsberechtigten ist sowohl für Zwecke der Einkommen- als auch Vermögensteuer umstritten. Nach Auffassung der Finanzverwaltung und der Rechtsprechung erfolgt die Zurechnung – soweit diese nicht beim Stifter erfolgt – bei den Bezugs- und Anfallsberechtigten. Besteht irgendeine unbeschränkt steurepflichtige Person aus dem Kreis der Stifter, Bezugs- oder Anfallsberechtigten sind die Einkünfte vollumfänglich zuzurechnen. Vorzugswürdig erscheint auch für Zwecke der Einkommensteuer ein differenziertes Herangehen, das den Lebenszyklus der Stiftung berücksichtigt: Während der Stifter die Familienstiftung gründet und hierfür auch steuerlich verantwortlich i. S. der grundsätzlichen Erfassung des Zurechnungsbetrags ist, erhält der Bezugsberechtigte nachrangig die laufenden Einkünfte und der Anfallsberechtigung die Vermögensauskehrung bei Auflösung. Unter Beachtung der teleologisch...