1 Allgemeines
1.1 Aufbau
Rz. 1
Die Sachverhaltsaufklärung steht im 6. Teil des AStG unter der Überschrift Ermittlung und Verfahren. Gemeinsam mit § 16 AStG dienen die Normen der Ermittlung besteuerungsrelevanter Angaben. § 17 AStG bezieht sich in sachlicher Hinsicht jedoch nur auf bestimmte Vorschriften der zwischengeschalteten Gesellschaften, der Hinzurechnungsbesteuerung sowie der Steuerpflicht von Stiftern, Bezugs- und Anfallsberechtigten.
Rz. 2
Zur Sachverhaltsaufklärung trägt § 17 Abs. 1 AStG bei, indem zur Anwendung der Vorschriften der §§ 5 und 7–15 AStG die notwendigen Auskünfte durch den Stpfl. zu erteilen sind. Für die ausgeklammerten Normen der §§ 1–4 und 6 AStG verbleibt der Anwendungsbereich des § 16 AStG und der allgemeinen Mitwirkungspflichten der Abgabenordnung. Tritt ein inländischer Stpfl. in Gestaltungen mit bestimmten ausländischen Rechtsträgern ein, die im Anwendungsbereich der von § 17 Abs. 1 AStG in Bezug genommenen Vorschriften liegen, typisiert die Vorschrift die Erwartungen des Gesetzgebers über Aufklärungs- und Beweisquellen, die der Stpfl. beschaffen oder sich einräumen lassen muss. Die Erteilung der Auskunft steht unter dem Vorbehalt eines ausdrücklichen Verlangens. Dies wird in der Einleitung zu den Regelbeispielen in § 17 Abs. 1 S. 2 AStG deutlich.
Rz. 3
Durch § 17 Abs. 2 AStG wird ein Anhaltspunkt im Sinne einer Mindestgrenze für eine erforderliche Schätzung bei der Ermittlung der Einkünfte, für die eine ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, aufgestellt. Abs. 2 stellt keine Sanktionsnorm für nicht erteilte Auskünfte des Stpfl. nach Abs. 1 dar, sondern ist als eigenständige Regelung für das Vorgehen bei einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO anzusehen.
1.2 Entstehungsgeschichte und Rechtsentwicklung
Rz. 4
§ 17 AStG ist mit dem Gesetz vom 8.9.1972 eingeführt worden und ist damit originärer Bestandteil des AStG. Der 2. Absatz wurde mit dem Einführungsgesetz zur Abgabenordnung vom 14.12.1976 eingeführt und wurde anschließend lediglich redaktionell angepasst.
Rz. 5
Inhaltliche Anpassungen wurden in der Vorschrift durch das Gesetz zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATADUmsG) vom 25.6.2021 in § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und 2 AStG vorgenommen. In § 17 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AStG wurde das Näheverhältnis unter Bezugnahme auf § 7 Abs. 3, 4 AStG konkretisiert. Hintergrund dieser Änderung ist die Anpassung an die neue umfassendere Definition des Nahestehens i. S. d. § 7 AStG in der Fassung des ATADUmsG. Die Definition fingiert in § 7 Abs. 4 S. 1 AStG erstmals das Zusammenwirken durch abgestimmtes Verhalten in Bezug auf eine Zwischengesellschaft als wechselseitiges Nahestehen (sog. "acting in concert"). In § 7 Abs. 4 S. 2 AStG wird das Bestehen eines solchen Zusammenwirkens für die unmittelbaren oder mittelbaren Gesellschafter einer Personengesellschaft oder Mitunternehmerschaft, die an einer Zwischengesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, widerlegbar unterstellt. Eine weitere Anpassung wurde in § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AStG vorgenommen. Der Gesetzgeber erweiterte den Normbezug auf ausländische Familienstiftungen nach § 15 AStG. Zudem ergänzte der Gesetzgeber die zur Vorlage sachdienlichen Unterlagen um die Angaben zu Beteiligungsverhältnissen, Steuererklärungen und Steuerbescheiden. Die Erweiterungen haben insofern lediglich klarstellende Bedeutung, da es sich bereits um relevante Unterlagen handelte. Nach § 21 Abs. 4 AStG sind vorgenannte Änderungen für Veranlagungs- bzw. Erhebungszeiträume anzuwenden, die nach dem 31.12.2021 beginnen.
1.3 Normzweck
Rz. 6
Der Zweck des § 17 AStG erstreckt sich mit dessen Abs. 1 als Verfahrensvorschrift auf die Anwendung des § 5 und §§ 7–15 AStG. Durch die verfahrensrechtlichen Vorgaben wird die Anwendung der in Bezug genommenen Vorschriften abgesichert. In Ergänzung zu Abs. 1 regelt Abs. 2 eigenständig eine Schätzungsfolge für den Fall, dass der Sachverhalt nicht aufgeklärt werden kann.
Rz. 7
Wassermeyer sieht die Vorschrift des § 17 AStG ihrer Daseinsberechtigung entzogen. Dies sei vor dem Hintergrund zu sehen, dass die §§ 90 und 162 AO durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 16.5.2003 erheblich erweitert und weitgehende Pflichten durch die Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung einfügt worden seien. Zweifel würden durch das Faktum unterstrichen, dass ...