Rz. 16
Die Bedeutung von immateriellen Werten, vornehmlich das geistige Eigentum an Urheberrechten und gewerblichen Schutzrechten, aber auch sonstigem wertvollen Wissen (Know-how) sowie gesammelte Daten, wächst für einen nachhaltigen (internationalen) Geschäftserfolg seit Jahrzehnten und dies über die verschiedensten Branchen hinweg. Dabei sind in einer immer weiter fortschreitenden digitalisierten Welt auch vermehrt immaterielle Werte Gegenstand grenzüberschreitender Transaktionen im Konzernverbund, die gleichsam dem Fremdvergleichsgrundsatz standhalten müssen. Mithin ziehen die staatenübergreifende Zuordnung der imateriellen Werte und letztlich die Vergütung ihrer Nutzung viele steuerliche Rechtsfolgen nach sich (zu dem sog. DEMPE-Konzept vgl. § 1 Abs. 3c AStG). So verwundert es nicht, dass es gerade jene konzerninternen Geschäftsvorfälle sind, die oftmals Aufgriffspunkt und Streitgegenstand in der Betriebsprüfung sind. Denn immaterielle Werte sind regelmäßig die Hauptwerttreiber in multinationalen Unternehmensgruppen, sodass deren (funktionale) Zuordnung maßgeblich über die Verteilung von Steuersubstrat über die Grenze entscheidet. Ferner bergen imaterielle Werte aber auch aufgrund ihrer fehlenden physischen Verortung und regelmäßigen Einzigartigkeit bzw. mangelnden Vergleichbarkeit ein erhebliches Steuergestaltungs- und Streitpotenzial. Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziebar, dass der Staat derweil versucht, (ungerechtfertigten) Gewinnverlagerungen mittels mobiler Einkünfte über die Grenze entgegenzuwirken und eine angemessene Besteuerung in Deutschland geschaffener immaterieller Werte (wenn nötig auch nachträglich) sicherzustellen. Es wäre kaum zu rechtfertigen, wenn immaterielle Wirtschaftsgüter (wie z. B. wertvolle Patente, Know-How, Markenrechte), die mit Hilfe deutscher Infrastruktur und deutschem Know-How erstellt wurden, ohne eine angemessene (Exit-)Besteuerung der inländischen Wertschöpfung ins Ausland transferiert und sodann dort genutzt werden.
Rz. 17
An dieser Nahtstelle setzt die Preisanpassungsklausel des § 1a AStG als eine Spezialregelung für nachträgliche Preisanpassungen an: Die Stoßrichtung des § 1a AStG tritt bereits mit der Überschrift "Preisanpassungsklausel" deutlich hervor. Es geht also um eine nachträgliche (Verrechnungs-)Preisanpassung bei grenzüberschreitenden Transaktionen mit immateriellen Werten oder Vorteilen (z. B. Marken- oder Patentrechte) denen – wie beschrieben – regelmäßig Preisunsicherheiten innewohnen und sonach latent deutsches Steuersubstrat gefährdet ist. Die Zielsetzung der Vorschrift besteht daher vordergründig darin, deutsches Steuersubstrat zu schützen. Mit anderern Worten: Der Gesetzgeber möchte mit der Preisanpassungsklausel des § 1a AStG verhindern, dass verbundene Unternehmen bei der Übertragung oder Überlassung von wesentlichen immateriellen Werten oder Vorteilen "zu niedrige" Verrechnungspreise zulasten des deutschen Steueraufkommens ansetzen, weil sie das bei der Preisbemessung angenommene künftige "Gewinnpotenzial" aus der Übertragung zu niedrig einschätzen. Sind (nur) materielle Vermögenswerte Gegenstand einer Verrechnungspreistransaktion, findet die gesetzliche Preisanpassungsklausel tatbestandlich keine Anwendung. Dies ist auch sinnhaft, denn hierbei bestehen (regelmäßig) nicht die beschriebenen Bewertungs- bzw. Preisunsicherheiten.
Rz. 18
Die Übertragung von immateriellen Werten oder Vorteilen kann v.a. auch im Rahmen einer Funktionsverlagerung (s. § 1 Abs. 3 S. 9-10 a. F., § 1 Abs. 3b n. F.) erfolgen. Daher beabsichtigte der Gesetzgeber bereits mit dem UntStRefG 2008 und der damit (erstmaligen) Implementierung einer Preisanpassungsklausel im AStG die Sicherung deutschen Steuersubstrats bei grenzüberschreitenden Geschäftsvorfällen. Hierzu führte der Gesetzgeber – neben der Zinsschranke (§ 4h EStG, § 8a KStG) und anderen (Abwehr-)Normen – auch die Besteuerung von Funktionsverlagerungen ein. Da gerade bei einer Funktionsverlagerung häufig kein tatsächlicher Fremdvergleich geführt werden kann, vielmehr der hypothetische Fremdvergleich zur Anwendung kommt, kann sich hierbei nachträglich herausstellen, dass die den Preis bestimmenden Faktoren (insbes. die übertragenen immateriellen Werte oder Vorteile) ex ante falsch eingeschätzt wurden und die über die Grenze verlagerten Funktionen und imateriellen Werte somit im Inland nicht hinreichend der (Exit-)Besteuerung zugeführt wurden. Um dennoch eine zutreffende Besteuerung in Deutschland (nachträglich) zu erreichen, wurden mit dem UntStRefG 2008 seinerzeit die Vorschriften zur Funktionsverlagerungen mit einer Preisanpassungsklausel (§ 1 Abs. 11-12 AStG a. F.) flankiert.
Rz. 19
einsweilen frei