Rz. 180
§ 2 Abs. 1 S. 2 AStG setzt (gewerbliche) Einkünfte voraus, die weder durch eine ausländische Betriebsstätte noch durch einen ständigen Vertreter im Ausland erzielt werden. Da solche gewerblichen Einkünfte, die einer inländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind, aufgrund des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchsz. a EStG von § 2 AStG nicht erfasst werden brauchen, setzt der Tatbestand der Norm offenkundig betriebsstättenlose Einkünfte (floating income) voraus.
Ausweislich der Rechtsprechung des BFH ist dies jedoch nicht denkbar. § 2 Abs. 1 S. 2 AStG ändert diese Rechtsprechunglinie nicht, weshalb der Tatbestand der Norm gar nicht eintreten kann. Nach Auffassung der Verwaltung soll die Vorschrift dagegen solche Einkünfte erfassen, die lediglich mangels Existenz betriebsstättenloser Einkünfte der ausländischen Geschäftsleitungsbetriebsstätte zuzuordnen sind. Im Gesetzeswortlaut kommt dieses Verständnis aber nicht zum Ausdruck, weil der BFH qualitativ nicht nach dem "Zuordnungsmaßstab" fuktionale Zuordnung einerseits und Vermeidung betriebsstättenloser Einkünfte andererseits unterscheidet. Es wird daher zu Recht bezweifelt, ob der Vorschrift in § 2 Abs. 1 S. 2 AStG überhaupt ein Anwendungsbereich zukommt. Sie läuft weitgehend leer. In Einzelfällen sind betriebsstättenlose Einkünfte nach hier vertretener Auffassung gleichwohl denkbar, nämlich dann, wenn das vom BFH bemühte hilfsweise Abstellen auf den Wohnsitz des Stpfl. am Fehlen eines solchen Wohnsitzes scheitert. Dies kann bei Stpfl., die in keinem Staat ansässig sind, der Fall sein.
Rz. 181
Soweit man den Tatbestand des § 2 Abs. 1 S. 2 AStG als erfüllt ansieht, besteht die Rechtsfolge der Norm zunächst in der Fiktion einer inländischen Geschäftsleitungsbetriebsstätte. Wieso explizit eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte fingiert wird, bleibt unklar. Man könnte meinen, dies rechtfertige eine weitergehende Zuordnung von Einkünfte. Allerdings werden die der Betriebsstätte zuzuordnenden Einkünfte ebenfalls geregelt, weshalb es auf funktionale Aspekte nicht ankommt.
Rz. 182
Neben der Fiktion einer inländischen Geschäftsleitungsbetriebsstätte bestimmt § 2 Abs. 1 S. 2 AStG auch die Zuordnung "solcher" Einkünfte. Gemeint sind die vom Tatbestand der Norm in Bezug genommenen gewerblichen Einkünfte, die weder einer in- noch einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind. Soweit im Schrifttum eine fiktive Zuordnung verneint wird, weil diese im Widerspruch zur BFH-Rechtsprechung stehe, verkennt dies das genau darin zu liegende Ziel der Vorschrift als rechtsprechungsbrechendes Gesetz. Die Anordnung einer Zuordnung zur inländischen Betriebsstätte erschließt sich für Zwecke der Anwendung des § 2 AStG nicht, denn § 2 Abs. 1 S. 1 AStG erfasst nicht-ausländische Einkünfte, setzt folglich keine inländischen Einkünfte voraus, die § 2 Abs. 1 S. 2 AStG aber fingiert.
Rz. 183-185
einstweilen frei