Rz. 33
§ 2 AO steht – ebenso wie die Zustimmungsgesetze zu dem konkret anwendbaren DBA – im Rang eines einfachen Bundesgesetzes. Die Vorschrift ist daher nicht in der Lage gegenüber dem DBA einen hierarchischen Vorrang (i. S. eines lex superior) und somit gegenüber § 20 AStG einen Nachrang anzuordnen. Ebenso wenig ist der Vorschrift kein Vorrang des DBA zeitlicher Folge (i. S. eines lex posterior) zu entnehmen. Vielmehr ist grundsätzlich von einer Spezialität des im konkreten Sachverhalt anzuwendenden DBA (i. S. eines lex specialis) auszugehen, dieser Grundsatz wird aber im Einzelfall durchbrochen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Abkommensüberschreibung vor oder nach Abschluss des DBA angeordnet wurde. Schlussendlich kann die Vorschrift auch keine völkerrechtsfreundliche Auslegung anordnen, denn dies setzte aufgrund der gleichen Hierarchie des Zustimmungsgesetzes und dem übrigen Steuerrecht eine verfassungsrechtliche Anordnung voraus.
Rz. 34
§ 50d Abs. 9 S. 3 EStG ordnet das Unberührtbleiben von weitergehenden Vorschriften an, insbesondere des § 20 Abs. 2 AStG. Hierbei handelt es sich nicht um eine Subsidiarität, sondern vielmehr um die Klarstellung einer Idealkonkurrenz: Aufgrund der unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen kann es zu Überschneidungen kommen, aber eine Nachrangigkeit mit Folge einer Sperre der Anwendung einer Vorschrift ist nicht anzunehmen. Vielmehr kann sich die Rechtsfolge des Methodenwechsels in verschiedenen Konstellationen ergeben und insoweit sind diese auch vollumfänglich zu prüfen.
Rz. 35
Im Verhältnis zu § 7 Sätze 7 bis 8 GewStG kommt § 20 Abs. 2 AStG die Entscheidung zu, ob ausländische Betriebsstätteneinkünfte entgegen der grundsätzlichen Nichteinbeziehung solcher ausnahmsweise gleichwohl der Gewerbesteuer unterliegen und zwar – abweichend von der Regelungslage für das EStG oder KStG – unabhängig davon, ob ein DBA besteht oder ob dieses die Anrechnungs- oder Freistellungsmethode anordnet. Dies soll die Gleichbehandlung inländischer Gewerbetreibender bei der Nutzung von Tochterkapitalgesellschaften und Betriebsstätten bei grenzüberschreitenden Sachverhalten sicherstellen. Passive und niedrigbesteuerte Betriebsstätteneinkünfte sind in diesem Fall – ungeachtet des Territorialitätsprinzips – der Gewerbesteuer zu unterwerfen. Rechtfertigen lässt sich dies nur durch einen Missbrauchsvorwurf, der allerdings in EU/EWR-Konstellationen durch einen Substanznachweis ausgeräumt werden kann. Gelingt dies nicht, kann eine Anrechnung der ausländischen Steuern auf die dann fällige Gewerbesteuer aufgrund des besonderen realsteuerlichen Charakters – auch bei Bestehen eines DBA – nicht erfolgen. Dies gilt nicht nur für die Betriebsstätteneinkünfte i. S. d. § 9 Nr. 3 GewStG (vgl. § 9 Nr. 3 S. 1 Halbs. 2 GewStG), sondern auch die Gewinnanteile an ausländischen Mitunternehmerschaften i. S. d. § 9 Nr. 2 GewStG (vgl. § 9 Nr. 2 S. 2 GewStG).