3.1 Regelungsinhalt
Rz. 49
"(2) Fallen Einkünfte in der ausländischen Betriebsstätte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen an und sind sie auf Grund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Besteuerung auszunehmen und wären die Einkünfte ungeachtet des § 8 Absatz 2 als Zwischeneinkünfte steuerpflichtig, falls diese Betriebsstätte eine ausländische Gesellschaft wäre, ist insoweit die Doppelbesteuerung nicht durch Freistellung, sondern durch Anrechnung der auf diese Einkünfte erhobenen ausländischen Steuern zu vermeiden; ein negativer Betrag ist nicht zu berücksichtigen, § 10 Absatz 3 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. Satz 1 gilt nicht, soweit in der ausländischen Betriebsstätte Einkünfte anfallen, die nach § 8 Absatz 1 Nummer 5 Buchstabe a als Zwischeneinkünfte steuerpflichtig wären."
Die Regelung des § 20 Abs. 2 AStG ordnet für die Einkünfte einer ausländischen Betriebsstätte den Wechsel (sog. Umschalt- oder Switch-Over-Klausel) von der in den DBA vorgesehenen Freistellungsmethode zur Steueranrechnung an, wenn die Einkünfte Zwischeneinkunftscharakter haben. Dies ist der Fall, wenn anstelle der Betriebsstätte eine Kapitalgesellschaft im Ausland bestünde und deren Einkünfte der Hinzurechnungsbesteuerung im Inland unterlägen. Hierdurch wird die Umgehung der Hinzurechnungsbesteuerung verhindert. Im Kern ist die Vorschrift Ausdruck eines pauschalisierten Missbrauchsvorwurfes. Die Vorschrift erlangt ihre hauptsächliche Bedeutung in den Konstellationen, in denen das einschlägige DBA nicht über einen Aktivitätskatalog verfügt. Die Vorschrift ist aber auch bei Bestehen eines solchen ergänzend anzuwenden, d. h. ein DBA-Aktivitätsvorbehalt sperrt kraft Spezialität nicht den § 20 Abs. 2 AStG.
Unterschiede eines abkommensrechtlichen Aktivitätsvorbehalts und des § 20 Abs. 2 AStG ergeben sich i. d. R. durch die statische Natur der Verweise auf das AStG. Zwar kann sich ein Begriffsinhalt ändern und somit im Rahmen des Art. 3 Abs. 2 DBA-VG eine dynamische Auslegung geboten sein, dies ändert aber nichts an dem statischen Charakter des Verweis auf die jeweilige Fassung des AStG. Der andere Vertragstaat stimmt dem Text (und somit auch dem Verweis) im Moment der Unterzeichnung zu. Dies ist der maßgebliche Stand, nachfolgende (auch zwischen Unterzeichnung und Abschluss der Ratifikation erfolgende Änderungen des AStG) spielen keine Rolle. Dies gilt ungeachtet der Frage, ob der Rechtsanwender der dynamischen Auslegung von DBA i. S. der OECD bzw. der Finanzverwaltung oder der statischen Auslegung des BFH folgt.
3.2 Änderungen durch das ATADUmsG v. 25.6.2021
Rz. 50
Durch das ATADUmsG vom 25. Juni 2021 erfolgte die Anpassung des § 20 Abs. 2 AStG. Die Änderungen sind redaktioneller Natur im § 20 Abs. 2 S. 1 Halbs. 1, inhaltlicher Natur im Halbs. 2 AStG durch die Einschränkung der Verlustverrechnung. Der Satz 2 stellt eine gesetzgeberische Fehlleistung dar, denn durch die Verortung in § 20 Abs. 2 AStG kann die Ausnahme in den Fällen, in denen der Methodenwechsel bereits auf Abkommensebene bei Dienstleistern erfolgt, nicht zur Anwendung kommen.
3.3 Die Tatbestandsvoraussetzungen
3.3.1 Überblick
Rz. 51
Für den Übergang von der Freistellungsmethode zur Anrechnungsmethode bedarf es folgender Voraussetzungen:
- Einkünfte einer ausländischen Betriebsstätte;
- Unbeschränkt steuerpflichtiger Einkünftebezieher (Rechtssubjekt);
- Zwischeneinkunftscharakter nach §§7 bis 14 AStG und
- Freistellung der Einkünfte nach DBA.
- Unerheblichkeit eines möglichen Substanznachweises
3.3.1.1 Einkünfte der ausländischen Betriebsstätte
Rz. 52
Ausländische Betriebsstätte:
Es muss eine Betriebsstätte i. S. d. § 12 AO bestehen. Auf das DBA-Recht kommt es insoweit nicht an. Die der Tätigkeit des Unternehmens dienende Geschäftseinrichtungen und Anlagen müssen sich im Ausland befinden oder die Bauausführungen und Montagen im Ausland erfolgen. Da – s. insoweit Rz. 74 – eine Freistellung ebenfalls Voraussetzung für die Anwendung des § 20 Abs. 2 AStG ist, bedarf es i. d. R. auch einer Betriebsstätte i. S. d. DBA, dies ist aber nicht zwingend. Diese Prüfung ist aber separat vorzunehmen. Handelt es sich bei dem Stpfl. um einen selbständig Tätigen i. S. d. § 18 EStG, dann verfügt dieser (um überhaupt in den Anwendungsbereich der Norm zu kommen) im Ausland entweder über eine feste Einrichtung oder eine Betriebsstätte. Da die feste Einrichtung mit dem Betriebsstättenbegriff des § 12 S. 1 AO korrespondiert ergeben sich für den selbständig Tätigen insoweit keine Unterschiede. Versteht man eine feste Einrichtung dagegen einengend als Geschäftseinrichtung, die auch das Aufhalten darin für den Stpfl. zur Ausübung ermöglicht, dann ist das Begriffsverständnis zwar enger als eine Betriebsstätte i. S. d. § 12 AO,...