Rz. 76
§ 4 Abs. 1 AStG wirkt ausschließlich "bei Erbschaftsteuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 des Erbschaftsteuergesetzes". Folglich wird die beschränkte Erbschaft- oder Schenkungsteuerpflicht zum Tatbestand des § 4 Abs. 1 AStG. Liegt infolge eines inländischen Erwerbers unbeschränkte Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vor, ist der Tatbestand des § 4 Abs. 1 AStG nicht erfüllt.
Rz. 77
Beschränkte Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG liegt vor, wenn und soweit Inlandsvermögen i. S. d. § 121 BewG übertragen wird. Fehlt es an der Übertragung von Inlandsvermögen i. S. d. § 121 BewG, so zieht der Vermögensübergang auch keine beschränkte Steuerpflicht i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG nach sich. Im Schrifttum wird daraus mitunter gefolgert, der Tatbestand des § 4 Abs. 1 AStG könne nicht erfüllt sein, wenn mangels Inlandsvermögens keine beschränkte Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG bestehe. Teilweise wird dabei noch differenziert zwischen dem Erfordernis einer (Mit-)Übertragung von Inlandsvermögen und der Notwendigkeit der bloßen Existenz von Inlandsvermögen.
Rz. 78
Das Erfordernis der (Mit-)Übertragung oder nur der Existenz von Inlandsvermögen i. S. d. § 121 BewG für die Erfüllung des Tatbestands des § 4 Abs. 1 AStG ist – im Einklang mit der Verwaltungsauffassung- abzulehnen. Die Gegenauffassung orientiert sich formal am (nur vermeintlich klaren) Gesetzeswortlaut, lässt dabei aber Gesetzessystematik und Gesetzeszweck unberücksichtigt.
Rz. 79
Zunächst enthält der Wortlaut des § 4 Abs. 1 AStG keineswegs eine derart eindeutige Aussage, wie er mitunter verstanden werden will: Durch das Abstellen auf eine "Erbschaftsteuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG" setzt der Gesetzgeber den sachlichen Anwendungsbereich der Vorschrift – nämlich die Erbschaft- und Schenkungsteuer – in den Fokus, nachdem die Norm zunächst auf § 2 Abs. 1 AStG und somit auf eine ertragsteuerliche Norm abstellt. Ein Verweis auf § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG ist notwendig, um eine Abgrenzung zur unbeschränkten Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vorzunehmen, bei deren Vorliegen § 4 AStG nicht greift. Dies trägt auch der Auffangfunktion des § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG Rechnung, der "in allen anderen Fällen" gilt. Lässt sich dem Verweis auf § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG aber ein Sinn abseits der tatsächlichen Steuerpflicht von Inlandsvermögen zusprechen, ist der Wortlaut auslegungsbedürftig und jedenfalls nicht eindeutig. Im Übrigen ist in § 2 ErbStG die "persönliche Steuerpflicht" geregelt, weshalb auch eine persönliche Natur des Verweises in § 4 Abs. 1 AStG näher liegt als ein sachlicher Bezug auf vorhandenes Inlandsvermögen.
Rz. 80
Neben dem Wortlaut sprechen Systematik und Telos eindeutig gegen das Vorhandensein von Inlandsvermögen. Systematisch ist zunächst der Vergleich zu § 2 AStG zu ziehen, der ebenfalls keine regulär beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte voraussetzt. Angesichts der vermittels des Rechtsgrundverweises auf § 2 Abs. 1 S. 1 AStG erforderlichen wesentlichen wirtschaftlichen Inlandsinteressen (§ 2 Abs. 3 AStG) wäre es widersprüchlich, mit Inlandsvermögen i. S. d. § 121 BewG einen weiteren Inlandsnexus zu fordern. Schließlich kann es gemessen am Gesetzeszweck nur als vernünftig und sachgemäß angesehen werden, die Rechtsfolgen des § 4 AStG ungeachtet des von dieser Norm nicht erfassten Inlandsvermögens eintreten zu lassen, um zufällig und ungleichmäßige Ergebnisse zu vermeiden.
Rz. 81
Die hier vertretene Auffassung entspricht auch der Verwaltungsauffassung zu entsprechen. In Tz. 4.1.3. des alten AEAStG war dies zwar nicht explizit, im Ergebnis aber wohl ebenso geregelt, indem der Fall angesprochen wurde, in dem "nur Erbschaftsteuerpflicht nach § 4 Abs. 1 AStG besteht", in dem folglich kein steuerpflichtiges Inlandsvermögen i. S. d. § 121 BewG vorliegt.
Rz. 82
einstweilen frei