1.2.1 Einführung des § 6 AStG mit Einführung des AStG
Rz. 10
Die Vorschrift über die Wegzugsbesteuerung war in der ursprünglichen Fassung des AStG bereits enthalten. Die damalige Gesetzesfassung umfasste bereits 5 Absätze und galt ausschließlich für Beteiligungen an inländischen Gesellschaften. Vor Augen hatte der Gesetzgeber bei Einführung der Norm bereits das Problem eines Ausschlusses des deutschen Besteuerungsrechts bei Wegzug in einen Staat aufgrund internationaler Steuerverträge und damit einhergehende Gestaltungsmöglichkeiten, die es auszuschließen galt. Auslöser für die Einführung des § 6 waren Auswanderungen prominenter, vermögender Privatpersonen.
Rz. 11
Bevor die Wegzugsbesteuerung durch das SEStEG umfangreich überarbeitet wurde, kam es lediglich zu geringfügigen Anpassungen der Norm.
Zwar verweist § 6 AStG seit seiner Einführung unverändert auf § 17 EStG. Mittelbar kam es dadurch auch zu Änderungen der Wegzugsbesteuerung infolge von Anpassungen des § 17 EStG.
Hervorzuheben ist insbesondere das Herabsetzen der Beteiligungsschwelle i. S. v. § 17 EStG von mehr als 25 % bei Einführung des § 6 AStG auf 1 %.
1.2.2 Neufassung der Norm durch das SEStEG und Folgeänderungen
Rz. 12
Durch das SEStEG wurde § 6 AStG weitreichend überarbeitet und dabei modifiziert und ergänzt. Hintergrund der umfangreichen Änderungen waren insbesondere Entscheidungen des EuGH. So hat der Gerichtshof eine dem § 6 AStG vergleichbare französische Regelung für unionsrechtswidrig gehalten, weil diese an den Wegzug eine Abschlussbesteuerung knüpfte und dabei eine Steuerstundung nur unter strengen Voraussetzungen vorsah. In einer darauffolgenden Entscheidung bestätigte der EuGH dies nicht nur, sondern erkannte zugleich einen Unionsrechtsverstoß darin, nach dem Wegzug eingetretene Wertminderungen im Wegzugstaat nicht zu berücksichtigen.
Rz. 13
Um einen unionsrechtskonformen Zustand herzustellen, wurden als wesentliche Reaktionen auf die genannte Rechtsprechung des EuGH eine Dauerstundung für EU/EWR-Wegzüge in § 6 Abs. 5 AStG a. F. und die Möglichkeit einer Berücksichtigung nachträglicher Wertminderungen in EU/EWR-Fällen in § 6 Abs. 6 AStG a. F. eingeführt. Entgegen einem zwischenzeitlichen Gesetzesentwurf wurde § 6 Abs. 1 AStG nicht als allgemeine Entstrickungsvorschrift, die allein an einen Ausschluss oder eine Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts anknüpft, ausgestaltet. Neben den unionsrechtlich geboteten Entschärfungen der Wegzugsbesteuerung wurde durch das SEStEG ein Auffangtatbestand für die Wegzugsbesteuerung in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AStG a. F. eingeführt.
Rz. 14
§ 6 AStG unterlag in der Folge punktuellen Änderungen. Erwähnenswert ist die durch das ZollkodexAnpG erfolgte Einführung einer Stundungsmöglichkeit in § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 4 AStG a. F. für den Wegzugs-Auffangtatbestand des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AStG a. F., ohne die eine Wegzugsbesteuerung unionsrechtswidrig war. Im Hinblick auf den Brexit wurde durch das Brexit-StBG mit § 6 Abs. 8 AStG a. F. eine Norm eingeführt, der zufolge allein der Brexit nicht zum Widerruf der bereits Stundung der Wegzugsteuer bei bereits erfolgten Wegzügen führt.
1.2.3 Umfangreiche Verschärfung der Wegzugsbesteuerung durch das ATAD-UmsG
Rz. 15
Obschon der persönliche Anwendungsbereich der Anti Tax Avoidance Directive (ATAD) der EU sich auf Körperschaftsteuersubjekte beschränkte (Art. 1 ATAD), wurde die Umsetzung nämlicher Richtlinie zum Anlass genommen, die Vorschriften über die Wegzugsbesteuerung für natürliche Personen zu verschärfen. Hintergrund war eine Entscheidung des EuGH, der zufolge hinsichtlich der Rechtfertigung des durch eine Wegzugsbesteuerung erfolgten Eingriffs in die Grundfreiheiten keine Unterscheidung zwischen natürlichen und juristischen Personen geboten sei. Darin wurde im Schrifttum zugleich eine Aufgabe der Rechtsprechung erkannt, die zur Anpassung der Wegzugsbesteuerung durch das SEStEG geführt hatte (Rz. 12). Auf diese Erwägungen wurde die Reform des § 6 AStG gestützt.
Rz. 16
Durch das ATADUmsG wurde § 6 AStG neu ausgerichtet, verschärft und um 2Absätze gekürzt. Weggefallen ist die Differenzierung hinsichtlich der Erhebung der Wegzugsteuer zwischen Drittstaaten- (§ 6 Abs. 4 AStG a. F.) und EU/EWR-Sachverhalten (§ 6 Abs. 5 AStG a. F.) sowie die in § 6 Abs. 6 AStG a. F. enthaltene Möglichkeit der Berücksichtigung nachträglicher Wertminderungen.
Rz. 17
Der in § 6 Abs. 1 AStG enthaltene Tatbestand d...