Rz. 188
§ 6 Abs. 1 S. 3 AStG vermied eine Doppelbelastung von Vermögenszuwächsen durch eine (Doppel-)Fiktion. Demnach gelten zunächst – dem Grunde nach – die Anteile als erworben und ferner – der Höhe nach – grundsätzlich zum gemeinen Wert. Die Fiktion gilt auf Ebene des Anteilseigner nach Durchführung der Wegzugsbesteuerung – d. h. in Fällen des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Nr. 3 AStG auf Ebene des Steuerpflichtigen und bei unentgeltlichen Übertragungen i. S. d. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AStG auf Ebene dessen Rechtsnachfolgers.
Eingeschränkt wird die Fiktion der Höhe nach, indem der Wertansatz an die tatsächliche Entrichtung der Steuer geknüpft wird. Bis zur (anteiligen) Entrichtung der Wegzugssteuer gilt zwar – dem Grunde nach – die Erwerbsfiktion fort, der Höhe nach gelten dann aber nur die historischen Anschaffungskosten als Erwerbspreis.
Rz. 189
Der Höhe nach ist der Wertansatz auf den gemeinen Wert, höchstens aber auf den Wert, für den die "auf den Veräußerungsgewinn" entfallende (Wegzugs-)Steuer entrichtet worden ist, begrenzt. Bei der auf den Veräußerungsgewinn entfallenden Steuer muss es sich folglich um die Wegzugssteuer handeln.
Diese Steuer muss entrichtet worden sein. Dies setzt nicht nur eine "Festsetzung" der Steuer, sondern auch deren Zahlung voraus. Diese ist jedenfalls insoweit nicht gegeben, als eine festgesetzte Wegzugssteuer nach § 6 Abs. 4 AStG gestundet ist. Bei Zahlung der Steuer in Raten liegt eine Entrichtung nur insoweit vor, als die Raten tatsächlich geleistet worden sind. Im Ratenzahlungsfall werden daher die Anschaffungskosten mit Entrichtung der Raten jährlich um 1/7 aufgestockt.
Eine "Entrichtung" der Steuer liegt bei Zahlung oder Aufrechnung vor. Die Wegzugssteuer ist auch dann gezahlt, wenn der fiktive Veräußerungsgewinn mit einem Verlustvor- oder Verlustrücktrag bzw. mit laufenden Verlusten ausgeglichen wird.
Rz. 190
In Stundungsfällen kann es – insbesondere im Fall einer Veräußerung der Anteile (§ 6 Abs. 4 S. 5 Nr. 4 AStG) – zu einer vorzeitigen, sofortigen Fälligkeit der gestundeten Steuer kommen. Die nachträgliche Entrichtung der Wegzugssteuer stellt ein rückwirkendes Ereignis i. S. d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO für einen dem Wegzug nachfolgenden Veräußerungsvorgang dar. Die Entrichtung der Steuer wirkt somit auf den Wegzugszeitpunkt – und damit auf einen vor der Veräußerung liegenden Zeitpunkt – zurück und führt durch die Erhöhung der Anschaffungskosten zur Vermeidung einer doppelten Besteuerung des Vermögenszuwachses.
Rz. 191
Entfällt die Wegzugssteuer aufgrund einer Rückkehr ins Inland zu einem späteren Zeitpunkt gem. § 6 Abs. 3 AStG, so wird eine bereits entrichtete Steuer erstattet (s. Rz. 245). Soweit eine Erstattung der Wegzugssteuer erfolgt, sind die Anschaffungskosten entsprechend wieder zu reduzieren.
Ebenso wie die Entrichtung stellt auch die Erstattung der Steuer ein rückwirkendes Ereignis i. S. v. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO dar.
Rz. 192
Die Vorschrift des § 6 Abs. 1 S. 3 AStG wird mit dem Ansatz eines Erhöhungsbetrags i. S. v. § 23 Abs. 2 UmwStG verglichen.
Anders als § 23 Abs. 2 UmwStG ist § 6 Abs. 1 S. 3 AStG allerdings nicht antragsgebunden.
Rz. 193
einstweilen frei