3.1 Festsetzungsverfahren
Rz. 465
Als Teil der Einkommensteuer entsteht die mit Ablauf des Veranlagungszeitraums, in dem der Besteuerungszeitpunkt i. S.V. § 6 Abs. 1 S. 2 AStG liegt (§ 36 Abs. 1 EStG). Die in § 6 Abs. 1 S. 2 AStG normierten fiktiven Veräußerungszeitpunkte ändern daran nichts, sondern regeln lediglich zu welchem Zeitpunkt der Besteuerungstatbestand verwirklicht wird und somit mittelbar auch, welchem Vz die Wegzugsbesteuerung zuzuordnen ist.
Rz. 466
Der Stpfl. hat den Wegzug im Rahmen der Einkommensteuererklärung für den Vz, in dem der Besteuerungstatbestand gemäß § 6 Abs. 1 S. 2 AStG verwirklicht wurde, zu deklarieren. Dabei hat er den fiktiven Veräußerungsgewinn gem. § 17 EStG i. V. m. § 6 AStG zu ermitteln, wozu insbesondere die Bewertung der Anteile gehört. Veräußerungskosten kann der Stpfl. in diesem Rahmen geltend machen.
Rz. 467
Der Wegzug i. S. v. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AStG ist grundsätzlich (noch) ein rein nationaler Besteuerungssachverhalt, für den die Ermittlungspflicht die Finanzbehörde trifft (§ 88 AO). Ein Sachverhalt mit Auslandsbezug liegt bezüglich der Festsetzung der Wegzugssteuer dabei nur vor, soweit Anteile an ausländischen Kapitalgesellschaften betroffen sind oder die Erfüllung des Wegzugstatbestand bereits eine Berücksichtigung der Gegegebenheiten im Ausland erfordert (so insb. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Nr. 3 AStG). Dann gelten die erhöhten Mitwirkungspflichten des Stpfl. für Auslandssachverhalte (§ 90 Abs. 2 AO).
Rz. 468
Einwände gegen die Festsetzung der Wegzugssteuer hat der Stpfl. durch Einspruch gegen den Steuerbescheid geltend zu machen (§ 347 AO).
Rz. 469
Entfällt die Wegzugssteuer aufgrund der Rückkehr des Stpfl., stellt dies ein auf den Zeitpunkt des Besteuerungsereignisses gem. § 6 Abs. 1 S. 2 AStG rückwirkendes Ereignis dar. Dieses ist – ohne Antragserfordernis durch den Stpfl. – vom Amts wegen durch das Zuständigkeitsfinanzamt i. S.V. § 19 AO zu berücksicktigen, indem die Steuer entfällt.
Rz. 470
Für das Festsetzungsverfahren und für eine etwaige Aufhebung der Wegzugssteuer nach § 6 Abs. 3 AStG zuständig ist das nach § 19 AO zuständige Finanzamt (s. Rz. 481 ff.). Dieses muss nicht mit dem letzten Wohnsitzfinanzamt identisch sein. Es kann im Laufe der Abwesenheit auch wechseln.
Rz. 471
einstweilen frei
3.2 Erhebungsverfahren
Rz. 472
Die Zahlung der Wegzugssteuer wird einen Monat nach Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids fällig (§ 220 Abs. 1 AO; § 36 Abs. 4 S. 1 EStG). Dieser Grundsatz gilt – vorbehaltlich des § 6 Abs. 4 AStG – auch im Rahmen der Wegzugsbesteuerung.
Rz. 473
Der Stpfl. kann gem. § 6 Abs. 4 S. 1 AStG eine Entrichtung der Wegzugssteuer in Raten beantragen. Über den Antrag entscheidet das Zuständigkeitsfinanzamt i. S.V. § 19 AO.
Rz. 474
Wird die Stundung durch das Finanzamt versagt, stellt dies einen eigenständigen Verwaltungsakt dar. Der Steuerpflichtige muss gegen den die Stundung versagenden Verwaltungsakt vorgehen, nicht aber gegen die Festsetzung der Steuer.
Rechtsmittel im vorläufigen Rechtschutz ist die einstweilige Anordnung (§ 114 AO).
Rz. 475
Gem. § 6 Abs. 4 S. 2 AStG soll die Stundung in der Regel nur gegen Sicherheitsleistung gewährt werden. Das Zuständigkeitsfinanzamt muss folglich auch über die Sicherheitsleistung entscheiden. Bei Streitigkeiten über Sicherheiten ist folgendes zu beachten:
- Die Anordnung einer Sicherheit ist Gegenstand einer Nebenbestimmung des Steuerverwaltungsakts (z. B. des Stundungsbescheids), die nur zusammen mit dem Verwaltungsakt anfechtbar ist. Der Stpfl. muss folglich gegen den Stundungsbescheid i. S.V. § 6 Abs. 4 S. 1 AStG vorgehen und ggf. Verpflichtungsklage auf Erlass der Stundung ohne Sicherheitsleistung erheben.
- Ist dagegen nicht die Statthaftigkeit der Sicherheitsleistung streitig, sondern lehnt die Finanzbehörde eine Sicherheit ab, kann der ablehende Verwaltungsakt durch Einspruch und ggf. Anfechtungsklage selbständig angefochten werden.
Rz. 476
einstweilen frei
3.3 Erklärungs, Anzeige- und Mitwirkungspflichten
Rz. 477
Das Gesetz sieht außerhalb des § 6 Abs. 5 AStG keine besonderen Pflichten des Stpfl. vor. Die Erklärungspflicht basiert auf den allgemeinen Regelungen. Es gelten die erweiterten Mitwirkungspflichten für Auslandssachverhalte (§ 90 Abs. 2 AO).
Rz. 478
§ 6 Abs. 5 S. 1 und S. 3 AStG auferlegen dem Stpfl. Mitteilungspflichten (s. Rz. 430 ff.). Da deren Verletzung drastische Folgen nach sich ziehen kann, ist eine besondere Sorgfaltspflicht geboten.
Rz. 479
Die Verwirklichung eines Wegzugstatbestands fällt zwar nicht unter die allgemeinen Anzeigepflichten nach §§ 138 ff. AO. Ein Wegzug kann aber unter die Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen fallen (§§ 138d ff. AO), wenn eines der in § 138e AO genannten Kennzeichen (ggf. mit Prüfung des sog. Main-Benefit-Test) erfüllt ist. So wäre es z. B. denkbar, in dem Wegzug ins Ausland und dem damit regelmäßig einhergehenden Ausschluss des deutschen Besteuerungsrechts ein "Umwandeln" von Einkünften in nicht steuerbare Einkünfte zu sehe...