1 Allgemeines
1.1 Aufbau
Rz. 1
§ 6 umfasst insgesamt 5 Absätze, die abschließend die Wegzugsbesteuerung für Anteile i. S. v. § 17 EStG regeln. Die Vorschrift ist im Zusammenspiel mit § 17 EStG zu lesen und anzuwenden.
Rz. 2
§ 6 Abs. 1 regelt zugleich Tatbestände und Rechtsfolgen der Wegzugsbesteuerung. Satz 1 enthält den Tatbestand der Wegzugsbesteuerung, regelt die allg. Rechtsfolge der Wegzugsbesteuerung sowie deren Verhältnis zu den Vorschriften des EStG, KStG oder UmwStG. Satz 2 regelt den Zeitpunkt des Wegzugs, d. h. den Zeitpunkt der angenommenen Veräußerung. Satz 3 enthält eine Regelung zur Vermeidung einer Mehrfachbelastung bei späterer Veräußerung der Anteile, wenn nach dem Wegzug ein deutsches Besteuerungsrecht fortbesteht.
Rz. 3
§ 6 Abs. 2 definiert den persönlichen Anwendungsbereich der Wegzugsbesteuerung. Satz 1 enthält die allgemeine Definition der unbeschränkten Steuerpflicht i. S. d. § 6 Abs. 1. Die Sätze 2 und 3 enthalten Sondervorschriften bei unentgeltlichem Erwerb der Anteile. Satz 4 betrifft den Fall einer erfolgten Rückkehr nach vorübergehender Abwesenheit i. S. d. § 6 Abs. 3.
Rz. 4
§ 6 Abs. 3 regelt die Voraussetzungen eines Entfallens der bereits festgesetzten Wegzugsteuer bei vorübergehender Abwesenheit. Satz 1 regelt die Voraussetzungen einer vorübergehenden Abwesenheit. Satz 2 enthält eine Vorschrift die Rückkehr bei zwischenzeitlich erfolgter unentgeltlicher Übertragung von Todes wegen betreffend. Satz 3 sieht die Möglichkeit einer Verlängerung der Abwesenheit durch das FA vor. Die Sätze 4 und 5 betreffen die Anwendung des Abs. 3 bei den übrigen Wegzugstatbeständen, d. h. nicht beim klassischen Wegzug durch den Anteilseigner.
Rz. 5
§ 6 Abs. 4 enthält die Möglichkeit einer Ratenzahlung der Wegzugsteuer. Die Sätze 1 bis 4 regeln die Modalitäten der Antragstellung sowie der Ratenzahlung. Satz 5 enthält Tatbestände, bei deren Erfüllung die noch nicht entrichtete Wegzugsteuer sofort fällig wird. Satz 6 enthält eine Ausnahme von Satz 5 für den Fall einer unentgeltlichen Übertragung von Todes wegen. Die Sätze 7 und 8 enthalten Regelungen über die Möglichkeit einer Stundung ohne Raten in Fällen einer nur vorübergehenden Abwesenheit i. S. d. § 6 Abs. 3.
Rz. 6
§ 6 Abs. 5 enthält verfahrensrechtliche Vorschriften, namentlich Mitteilungs- und Anzeigepflichten, die der Stpfl. i. R. d. Wegzugsbesteuerung zu beachten hat.
Rz. 7–9
einstweilen frei
1.2 Entstehungsgeschichte und Rechtsentwicklung
1.2.1 Einführung des § 6 AStG mit Einführung des AStG
Rz. 10
Die Vorschrift über die Wegzugsbesteuerung war in der ursprünglichen Fassung des AStG bereits enthalten. Die damalige Gesetzesfassung umfasste bereits 5 Absätze und galt ausschließlich für Beteiligungen an inländischen Gesellschaften. Vor Augen hatte der Gesetzgeber bei Einführung der Norm bereits das Problem eines Ausschlusses des deutschen Besteuerungsrechts bei Wegzug in einen Staat aufgrund internationaler Steuerverträge und damit einhergehende Gestaltungsmöglichkeiten, die es auszuschließen galt. Auslöser für die Einführung des § 6 waren Auswanderungen prominenter, vermögender Privatpersonen.
Rz. 11
Bevor die Wegzugsbesteuerung durch das SEStEG umfangreich überarbeitet wurde, kam es lediglich zu geringfügigen Anpassungen der Norm. Zwar verweist § 6 AStG seit seiner Einführung unverändert auf § 17 EStG. Mittelbar kam es dadurch auch zu Änderungen der Wegzugsbesteuerung infolge von Anpassungen des § 17 EStG. Hervorzuheben ist insbesondere das Herabsetzen der Beteiligungsschwelle i. S. v. § 17 EStG von mehr als 25 % bei Einführung des § 6 AStG auf 1 %.
1.2.2 Neufassung der Norm durch das SEStEG und Folgeänderungen
Rz. 12
Durch das SEStEG wurde § 6 AStG weitreichend überarbeitet und dabei modifiziert und ergänzt. Hintergrund der umfangreichen Änderungen waren insbesondere Entscheidungen des EuGH. So hat der Gerichtshof eine dem § 6 AStG vergleichbare französische Regelung für unionsrechtswidrig gehalten, weil diese an den Wegzug eine Abschlussbesteuerung knüpfte und dabei eine Steuerstundung nur unter strengen Voraussetzungen vorsah. In einer darauffolgenden Entscheidung bestätigte der EuGH dies nicht nur, sondern erkannte zugleich einen Unionsrechtsverstoß darin, nach dem Wegzug eingetretene Wertminderungen im Wegzugstaat nicht zu berücksichtigen.
Rz. 13
Um einen unionsrechtskonformen Zustand herzustellen, wurden als wesentliche Reaktionen auf die genannte Rechtsprechung des EuGH eine Dauerstundung für EU/EWR-Wegzüge in § 6 Abs. 5 AStG a. F. und die Möglichkeit einer Berücksichtigung nachträglicher Wertminderungen in EU/EWR-Fällen in § 6 Abs. 6 AStG a. F. eingeführt. Entgegen einem zwischenzeitlichen Gesetzesentwurf wurde § 6 Abs. 1 AStG nicht als allgemeine Entstrickungsvorschrift...