1.7.1 Verhältnis zum Verfassungsrecht
Rz. 211
Bereits in der Vergangenheit wurden in der Literatur verfassungsrechtliche Bedenken (im Wesentlichen verfassungsrechtliche Zweifel an der Niedrigsteuergrenze, ein strukturelles Vollzugsdefizit sowie verfassungsrechtliche Zweifel am Treaty Override in Art. 20 Abs. 1 AStG) an dem gegen die Hinzurechnungsbesteuerung geäußert. Der BFH hatte hierzu in der Vergangenheit Stellung bezogen und die Hinzurechnungsbesteuerung §§ 7 ff. AStG a. F. als verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden angesehen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Urteile jeweils Streitjahre betrafen, in denen ein Gleichlauf von Körperschaft- und Niedrigsteuergrenze von 25 % bestand.
Seit Aufgabe des "Gleichlaufs" von Körperschaftsteuer- und Niedrigsteuersatzgrenze von 25 % im Zuge des UntStRefG
(Absenkung Körperschaftsteuersatz auf 15 % bei Beibehaltung der Niedrigsteuergrenze von 25 %) ergeben sich jedoch nach Ansicht des BFH (obiter dictum) ganz erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßgkeit der Hinzurechnungsbesteuerung. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die niegrigste Gesamtsteuerbelastung einer unbeschränkt steuerpflichtige juristische Person i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG bei 22,825 % liegt. Die Niedrigsteuergrenze jedoch gem. § 8 Abs. 3 AStG a. F. bei 25 %. Insbesondere bei einer Steuer im Ausland von mehr als 15 % aber weniger als 25 % kam es zu Anrechnungsüberhängen, da eine Anrechnung nur auf die Körperschaftsteuer erfolgt, der Hinzurechnungsbetrag aber neben der Körperschaftsteuer grundsätzlich auch der Gewerbesteuer unterlag. Mithin sollte eine Niedrigsteuergrenze, die höher als die niedrigste Gesamtsteuerbelastung von unbeschränkt Stpfl. i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG ist, nicht mit dem Sinn und Zweck der Hinzurechnungsbesteuerung vereinbar sein. Vielmehr kommt die Hinzurechnungsbesteuerung einer "Strafbesteuerung" gleich, die gerade nicht vom Telos gedeckt ist (siehe hierzu Rz. 47).
Rz. 212
Aufgrund der Absenkung der Niedrigsteuersatzgrenze auf 15 % i. R.d. MinBestRL-UmsG sollten die Hinzurechnungsbesteuerung insoweit keinen verfassungsrechtlichen Zweifeln ausgesetzt sein. Für "Altjahre", in denen kein Gleichlauf von Niedrigsteuergrenze und Körperschaftsteuersatz bestand, sollten Stpfl. entsprechende Bescheide unter Verweis auf die potenzielle Verfassungswidirgkeit der Niedrigsteuergrenze anfechten.
Rz. 213-220
einstweilen frei
1.7.2 Verhältnis zum Völkerrecht
Rz. 221
Die Vorschriften zur Hinzurechnungsbesteuerung gehen den DBA vor. Gem. § 20 Abs. 1 AStG werden die Vorschriften zur Hinzurechnungsbesteuerung durch DBA „nicht berührt“ („Treaty Override“). Das BVerfG hat das einseitige Überschreiben von DBA für verfassungsrechtlich zulässig erklärt.Entsprechend hat der I. Senat des BFH zu §§ 7 ff. AStG a. F. entschieden. Damit sollte die Diskussion zur potenziellen Verfassungswidrigkeit bei unilateraler Überschreibung von völkerrechtlichen Verträgen (hier DBA) beendet sein.
Rz. 222-230
einstweilen frei
1.7.3 Verhältnis zum Recht der Europäischen Union
1.7.3.1 Verhältnis zum Primärrecht
Rz. 231
Die Hinzurechnungsbesteuerung stellt einen Eingriff in die europäischen Grundfreiheiten dar. Grenzüberschreitende Sachverhalte werden im Vergleich zu rein innerstaatlichen Sachverhalten steuerlich benachteiligt. Dieser Eingriff kann nach der Rechtsprechung des EuGH nur aus Gründen der Abwehr von Steuerumgehung gerechtfertigt werden und nur solange rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltungen vorliegen. Dem Stpfl. muss die Exkulpation von der Hinzurechnungsbesteuerung ermöglicht werden.
Für die Frage, unter welche Grundfreiheit eine nationale Regelung fällt, ist laut der Rechtsprechung des EuGH auf den betreffenden Gegenstand der Regelung abzustellen. Es kommt ausschließlich allei...