Rz. 442
Zur Definition der nahestehenden Person rekurriert § 7 Abs. 3 S. 1 AStG auf § 1 Abs. 2 AStG. Dem Stpfl. ist eine Person nahestehende Person, wenn zwischen ihr und dem Stpfl.
- eine wesentliche Beteiligung,
- ein Anspruch auf Gewinn oder Liquidationserlös,
- ein Beherrschungsverhältnis,
- Einflussmöglichkeit einer dritten Person sowohl an der Person als auch dem Stpfl. selbst oder
- eine Einflussmöglichkeit außerhalb der Geschäftsbeziehungen oder eine Interessenidentität besteht.
Insoweit wird auf die Kommentierung zu § 1 Abs. 2 AStG verwiesen.
Rz. 443
Nahestehende Person müssen nicht unbeschränkt steuerpflichtig sein. Das Näheverhältnis strahlt in sämtliche Richtungen aus, d. h. sowohl Anteile an der Muttergesellschaft ("nach oben"), an Tochtergesellschafen ("nach unten") als auch Anteile der Schwestergesellschaften ("zur Seite") werden für Zwecke der Beherrschung berücksichtigt, sofern ein Näheverhältnis nach § 1 Abs. 2 AStG besteht. Auf diese Weise sollen Sachverhaltskonstellationen erfasst werden, in denen neben einer im Inland Stpfl. Person ggf. ausländische Mutter- oder Schwestergesellschaften Anteile an der ausländische Zwischengesellschaft halten.
Die Berücksichtigung von nahestehenden Personen entspricht den Vorgaben der ATAD. Der Verweis in § 7 Abs. 3 AStG auf § 1 Abs. 2 ist die Umsetzung der Definition des verbundenen Unternehmens gem. Art. 7 Abs. 1 Buchst. a ATAD i. V. m. Art. 2 Abs. 4 ATAD im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung. Gleichwohl ist zu beachten, dass der Gesetzgeber mit der Verweistechnik auf die nahestehende Person nach § 1 Abs. 2 AStG über die ATAD hinausgeht, denn Art. 2 Abs. 4 ATAD enthält etwa das Kriterium des "beherrschenden Einflusses" nicht.
Rz. 444
Besteht zwischen dem Stpfl. und der "vermittelnden" Person ein Näheverhältnis i. S. d. § 1 Abs. 2 AStG, so erfolgt nach Auffassung der Verwaltung stets eine vollumfängliche Zurechnung der Beherrschungskriterien zum Stpfl. Nach der hier vertretenden Auffassung ist diesbezüglich zu unterscheiden, ob der Stpfl. "zusammen mit" oder "über" eine nahestehende Person an der ausländischen Gesellschaft beteiligt ist (siehe hierzu die Ausfürhungen unter 2.5.3 Rz. 429ff).
Rz. 445
Keine Zurechnung des Nahestehens über mehrere Ebenen
Bei der mittelbaren Beteiligung an einer Zwischengesellschaft über mehrere Ebenen kann nur der jeweils unmittelbare Gesellschafter der Zwischengesellschaft dem Stpfl. nahestehen; es erfolgt keine Zurechnung der Eigenschaft als nahestehende Person über mehrere Ebenen. Dabei hat für die Frage des Nahestehens eine "isolierte" Prüfung zwischen dem Stpfl. und dem unmittelbaren Gesellschafter der Zwischengesellschaft zu erfolgen. Eine wesentliche Beteiligung und mithin ein Nahestehen kann gem. § 1 Abs. 2 AStG auch im Falle einer mittelbaren Beteiligung zu mindestens 25 % vorliegen. Dem Stpfl. sind mittelbare Beteiligungen im Umfang der "Durchrechnung", d. h. Multiplikation der Anteilsquoten zuzurechnen. Die mittelbare Beteiligung kann durch andere Kapitalgesellschaften, aber auch durch Personengesellschaften vermittelt werden.
Gleichwohl ist zu beachten, dass für Zwecke der Beherrschung keine Zurechnung des Nahestehens über mehre "Ebenen" erfolgt. Dies verdeutlicht das nachfolgende Beispiel.
Die M-GmbH ist zu 90 % an HoldCo 1 beteiligt. HoldCo 1 hält 25 % der Anteile an HoldCo 2. HoldCo 2 hält 100 % der Anteile an ForCo. ForCo erzielt passive und niedrigbesteuerte Einkünfte (keine Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter).
Abwandlung: HoldCo 1 hält 45 % der Anteile an HoldCo 2.
Die M-GmbH beherrscht ForCo nicht alleine, da M-GmbH mittelbar an ForCo i. H. v. 22,5 % beteiligt ist. Eine Beherrschung liegt auch unter Berücksichtigung von nahestehenden Personen nicht vor.
HoldCo 2 ist keine nahestehende Person i. S. d. § 7 Abs. 3 AStG i. V. m. § 1 Abs. 2 AStG zur M-GmbH. Zwar kann u. a. gem. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. a AStG ein Nahestehen auch über eine mittelbare Beteiligung begründet werden. Dies setzt jedoch voraus, dass bei Multiplikation der Anteilsquoten eine Beteiligung von mindestens 25 % besteht. M-GmbH ist jedoch durchgerechnet nur zu 22,5 % an HoldCo 2 beteiligt. Mithin kann auch nach der "weiten Auslegung" keine vollumfängliche Zurechnung (hier 100 % der Beteiligung an ForCo) des Beherrschungskriteriums erfolgen.
HoldCo 1 ist nahestehende Person zur M-GmbH (Beteiligung i. H. v. 90 %). Mithin erfolgt nach der "weiten Auslegung" eine Zurechnung der (mittelbaren) Beteiligung i. H. v. 25 %, d. h. die Beherrschungsquote beträgt 25 %. Die mittelbare Beteiligung der M-GmbH an der ForCo i. H. v. 22,5 % (90 % x 25 %) wird nicht berücksichtigt, da diese bereits durch die höhere Zurechnung über die HoldCo 1 mitumfasst ist.
Nach der engen Auslegung des Tatbestandsmerkmals "zusammen mit", wäre vorliegend ausschließlich auf die durchgerechnete Beteiligungsquote abzustellen (d. h. Beherrschungsquote i. H. v. 22,5 %).
Abwandlung:
Unter Anwendung der "weiten Auslegung" de...