Rz. 315
§ 8 Abs. 1 Nr. 9 Hs. 2 AStG sieht sodann eine Rückausnahme vor, bei deren Erfüllung die Umwandlung unter den Aktivtatbestand fällt. Die Rückausnahme ist erfüllt, wenn die Umwandlung im Inland ungeachtet des § 1 Abs. 4 UmwStG zu Buchwerten hätte erfolgen können (abstrakte Buchwertfortführung) und im Ausland tatsächlich zu Buchwerten erfolgt ist (konkrete Buchwertfortführung). Es handelt sich dabei um zwei kumulative Voraussetzungen. Nach im Schrifttum vertretener Auffassung soll der Anwendungsbereich der Rückausnahme eingeschränkt sein, weil infolge der tatsächlichen Buchwertfortführung im Ausland keine Einkünfte erzielt würden, die der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen könnten. Diese Auffassung verkennt jedoch die Maßgeblich des deutschen Steuerrechts für die Ermittlung der Einkünfte (s. Rz. 298). Da es sich um eine qualitativ-konditionale Rückausnahme ("es sei denn", nicht aber "soweit") handelt, führt das Nichtvorliegen einer der beiden Voraussetzungen in Gänze zur Versagung der Rückausnahme. Dies ist z. B. bei einem Zwischenwertansatz im Ausland relevant, der in Gänze und nicht nur anteilig der Rückausnahme entgegensteht.
Rz. 316
Der Nachweis über das Vorliegen der beiden Voraussetzungen obliegt dem Stpfl. Während die Nachweiserbringung im Hinblick auf die konkrete Buchwertfortführung im Ausland die Vorlage von Tatsache (Buchwertanträge, Schluss- und Eröffnungsbilanzen, etc.) erfordert, kann eine hypothetische Buchwertfortführung nicht nachgewiesen, sondern lediglich argumentiert werden.
Rz. 317
Als erste Voraussetzung hat der Stpfl. die abstrakte bzw. hypothetische Buchwertfortführung nachzuweisen. Diese ist erfüllt, wenn die Umwandlung im Inland zu Buchwerten hätte erfolgen können. Auf die – nur für Einbringungsvorgänge i. S. d. §§ 20-25 UmwStG relevanten – persönlichen Anwendungsvoraussetzungen des § 1 Abs. 4 UmwStG kommt es ausdrücklich nicht an. Von Bedeutung für die Prüfung der abstrakten Buchwertfortführung können somit sein:
- Spezielle Anforderungen an den Übertragungsgegenstand (Teilbetriebserfordernis i. S. v. § 15 UmwStG, Betriebs-, Teilbetriebs- oder Mitunternehmeranteilserfordernis i. S. v. §§ 20, 24 UmwStG, qualifizierter Anteil i. S. v. § 21 UmwStG), s. Rz. 318.
- Die Erfüllung der Voraussetzungen für einen Buchwertansatz in Abhängigkeit von der jeweiligen Umwandlungsart (§ 3 UmwStG für Verschmelzungen auf eine Personengesellschaft bzw. i. V. m. § 9 UmwStG für den Formwechsel in eine Personengesellschaft, § 11 UmwStG für Verschmelzungen auf eine Kapitalgesellschaft bzw. i. V. m. § 15 UmwStG für die Auf- oder Abspaltung auf eine Kapitalgesellschaft, § 20 Abs. 2 UmwStG bei Einbringung in eine Kapitalgesellschaft oder i. V. m. § 25 UmwStG beim Formwechsel in eine Kapitalgesellschaft, § 21 Abs. 1 S. 2 UmwStG beim Anteilstausch), s. dazu Rz. 319.
- Spezialgesetzliche Missbrauchstatbestände (§§ 15 Abs. 2 UmwStG, § 22 UmwStG), S. Rz. 320.
Auf etwaige Antragserfordernisse kann es dagegen im Rahmen einer abstrakten bzw. hypothetischen Betrachtung nicht ankommen.
Rz. 318
Damit eine Auf- oder Abspaltung i. S. v. § 15 UmwStG zu Buchwerten erfolgen kann, muss das doppelte Teilbetriebserfordernis erfüllt sein. Die Anwendung des § 20 UmwStG setzt das Vorliegen eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils als Einbringungsgegenstand voraus. Ein Anteilstausch i. S. v. § 21 UmwStG setzt das Vorliegen der Mehrheit der Stimmrechte auf Ebene der übernehmenden Gesellschaft voraus. Diese Anforderungen an eine "qualifizierte" Übertragung müssen stets erfüllt sein, damit eine abstrakte Buchwertfortführung denkbar ist.
Rz. 319
Den Vorschriften in §§ 3 Abs. 1, 11 Abs. 1 und 20 Abs. 2 UmwStG sind als Buchwertvoraussetzungen gemein die Verhaftung des Vermögens im Bereich der Einkommen- oder Körperschaftsteuer, keine eintretende Verschlechterung des deutschen Besteuerungsrechts und die Schädlichkeit von Gegenleistungen, die nicht in neuen Anteilen bestehen (und in § 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 UmwStG bestimmte Größenmerkmale überschreiten. Bei Einbringungsvorgängen i. S. v. § 20 UmwStG dürfen zudem die Passivposten die Aktivposten nicht übersteigen (§ 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 UmwStG). Die beiden letztgenannten sachlichen Anforderungen sind m. E. stets zu beachten. Liegen schädliche Gegenleistungen vor, hätte der Umwandlungsvorgänge im Inland zu nicht Buchwerten erfolgen können. Fraglich ist dagegen, ob den beiden erstgenannten (Entstrickungs-)Tatbeständen Bedeutung zukommen kann. Eine Prüfung der Verhaftung im steuerpflichtigen Bereich liegt auch dann vor, wenn Körperschaftsteuerpflicht im Ausland besteht, weshalb dieses Merkmal im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung geprüft werden könnte. Im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung erscheint dieses Merkmal gleichwohl ungeeignet, weil eine Übertragung in den steuerfreien Bereich nichts am Eingreifen der Hinzurechnungsbesteuerung ändern kann. Anders könnte es sich mit Blick auf die Entstrickungsvoraussetzung bezüglich des Ausschlusses oder d...