Rz. 160
§ 8 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 Hs. 2 AStG enthält eine Ausnahme vom Aktivtatbestand. Diese dient der Umsetzung von Art. 7 Abs. 3 Satz 2 ATAD. Der Ausnahmetatbestand ist erfüllt, wenn die den Einkünften aus dem Betrieb des Versicherungsunternehmens, Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstituts oder Finanzunternehmens zugrunde liegenden Geschäfte zu mehr als einem Drittel mit dem Stpfl. oder ihm nahestehenden Personen betrieben werden. Es handelt sich hierbei um eine Freigrenze, deren Überschreitung sämtliche Einkünfte zu passiven Einkünften werden lässt. Die Freigrenze ist je Wirtschaftsjahr zu prüfen.
Rz. 161
Praktische Relevanz hat die Ausnahmeregelung nur für Drittstaatenfälle (s. Rz. 157). In EU/EWR-Fällen läuft sie aufgrund der Aktivitätsvoraussetzung in Gestalt von § 8 Abs. 2 AStG ins Leere.
Rz. 162
Anknüpfungspunkt der Ausnahmeregelung sind "die diesen Einkünften zugrunde liegenden Geschäfte". Gemeint sind die den Tätigkeiten der in § 8 Abs. 1 Nr. 3 AStG erfassten Unternehmenstypen. Dies sind die Geschäfte, aus der die jeweiligen Einkünfte erzielt werden, d. h. die Versicherungsgeschäfte bzw. die banküblichen Geschäfte im engeren Sinne, einschließlich der damit funktional zusammenhängenden Nebentätigkeiten (s. Rz. 151). Dies umfasst Aktiv- und Passivgeschäfte.
Rz. 163
Die Geschäfte müssen mit dem Stpfl. oder ihm nahestehenden Personen betrieben werden, d. h. eine dem schädlichen Personenkreis angehörende Person muss Vertragspartner sein. Die Zwischenschaltung von fremden Dritten steht der Anwendung der Ausnahmeregelung nicht entgegen. Bei der Rückversicherung von konzernextern erstversicherten Risiken liegt nicht zwingend eine bloße Zwischenschaltung vor, sondern es ist danach zu unterscheiden, ob nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Geschäfte die zwischengeschaltete konzernfremde Versicherung lediglich die Funktion einer Zahlstelle innehat, oder tatsächlich als Versicherer auftritt.
Rz. 164
Zum schädlichen Personenkreis gehört zunächst der Stpfl. Das Gesetz verweist – anders als § 8 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 AStG – nicht auf den Stpfl. i. S. v. § 7 AStG und – anders als § 8 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. b und Buchst. c AStG – nicht auf den "unbeschränkt" Stpfl. i. S. v. § 7 EStG. Abweichungen ergeben sich daraus zunächst nicht, weil der "Steuerpflichtige" im Kontext der Hinzurechnungsbesteuerung jeder i. S. v. § 7 Abs. 1 AStG ist. Allerdings können neuerdings auch beschränkt Stpfl. Subjekt der Hinzurechnung sein (§ 7 Abs. 1 S. 4 AStG). Im Kontext des § 8 Abs. 1 Nr. 3 AStG ist der Umfang der Steuerpflicht irrelevant. Schädlich sind zudem Geschäfte mit nahestehenden Personen. Auf eine Steuerpflicht der nahestehenden Person im Inland kommt es – anders als z. B. in § 8 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 AStG – nicht an. Der Begriff "nahestehende Person" ist aufgrund des Gesetzesbefehls in § 7 Abs. 3 AStG nach § 1 Abs. 2 AStG zu beurteilen. Gem. der Verwaltungsauffassung sollen dabei auch § 7 Abs. 3 S. 2 AStG und § 7 Abs. 4 AStG zu beachten sein. Zwingend ist dies im Hinblick auf § 7 Abs. 4 AStG nicht. Zunächst handelt es sich bei § 7 Abs. 4 AStG um eine "ergänzende Regelung zum Beherrschungskriterium". Sie dient somit einem anderen Zweck als § 8 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 Hs. 2 AStG, weil letztere Norm konzerninterne Banken und Versicherungen vom Aktivtatbestand ausnehmen möchte. Die in § 7 Abs. 4 AStG erfassten Personen sind indes gerade nicht Teil des Konzerns.
Rz. 165
Schließlich ist die Ausnahme nur dann erfüllt, wenn die Geschäfte "zu mehr als einem Drittel" mit schädlichen Personen betrieben werden. Bereits nach § 8 Abs. 1 Nr. 3 AStG a. F. gab es eine Freigrenze, deren Bezugsgröße unklar und daher mit Unsicherheiten behaftet war. Der Gesetzgeber hat nicht nur versäumt, eine klare Bezugsgröße ins Gesetz aufzunehmen, weshalb sich die Unklarheiten im neuen Recht fortsetzen. Weitere Unsicherheiten treten auf, weil im ersten Referentenentwurf zunächst auf "Einkünfte" abgestellt wurde, dies dann aber wieder revidiert und schließlich auch anders ins Gesetz aufgenommen wurde. Die Finanzverwaltung hält neben dem Bilanzwert der mit den Geschäften zusammenhängenden Wirtschaftsgütern auch Umsatz, Gewinn und Anzahl der Geschäfte für "mögliche Kriterien" und will von einem Überschreiten der Drittelgrenze ausgehen, wenn die mit dem schädlichen Personenkreis erzielten Erträge im Verhältnis zu den Gesamterträgen mehr als ein Drittel betragen. Das Nebeneinander von mehreren Berechnungsoptionen steht mit einer einheitlichen Rechtsanwendung in Konflikt. Der Wortlaut spricht zwar für ein Abstellen auf die Anzahl der Geschäfte, dieser Ansatz erschiene allerdings gestaltungsanfällig. Die Vorschrift in Art. 7 Abs. 3 S. 2 AStG, die durch die Drittel-Freigrenze umgesetzt wird, stellt auf die "Einkünfte" ab. Dieses Kriterium reflektiert den Zweck der Norm. Eine dahingehende richtlinienkonforme Auslegung wäre insofern zu begrüßen. Ein Richtlinienverstoß wäre in einem abweichenden Verständ...