Rz. 177
Der Grundsatz der Einordnung des Handels als aktive Tätigkeit steht unter dem Vorbehalt zweier Ausnahmen, die jeweils konzerninterne Handelsgeschäfte betreffen. Zweck der Ausnahmen ist es, die Verlagerung von Einkünften auf ausländische Vertriebs- oder Einkaufsgesellschaften im niedrig besteuerten Ausland zu verhindern. Namentlich werden Einkünfte einer ausländischen konzerninternen Vertriebsgesellschaft (Buchst. a) oder Einkaufsgesellschaft (Buchst. b) passiv gestellt. Aus eine gewissen Regelmäßigkeit kommt es m. E. nicht an. Der Handel zwischen fremden Dritten ist somit stets als aktive Tätigkeit zu qualifizieren. Entsprechend der Konjunktion "soweit" führen nur die konzerninternen Handelsgeschäfte zur Erfüllung der Ausnahme. Ist eine der beiden Ausnahmen erfüllt, bleibt zu prüfen, ob die Rückausnahme in Gestalt des Funktionsnachweises (s. Rz. 185ff.) greift und die konzernintern erzielten Handelseinkünfte aktiv stellt.
Rz. 178
Schädliche konzerninterne Handelsgeschäfte gem. Buchst. a und Buchst. b sind solche, bei denen die ausländische Gesellschaft die Güter oder Waren an- oder von einer Person kauft, die im Gesetz einem schädlichen Personenkreis zugeordnet wird. Schädlicher Handelspartner ist zunächst der gem. § 7 an der ausländischen Gesellschaft beteiligte Stpfl. Dies können unbeschränkt oder beschränkt Stpfl. i. S. v. § 7 AStG sein. Das Gesetz spricht von einem "Beteiligten", während das neue Beherrschungskonzept i. S. v. § 7 Abs. 2 AStG keine Beteiligung am Kapital mehr voraussetzt. Vor diesem Hintergrund wird im Schrifttum vertreten, zum schädlichen Personenkreis i. S. d. § 8 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a AStG gehörten nur Stpfl., die eine Beteiligung am Nennkapital innehätten. Trotz des unpräzisen Wortlauts kann dieser Einschränkung nicht zugestimmt werden. § 7 AStG spricht an verschiedenen Stellen (z. B. § 7 Abs. 1 S. 2 und S. 4 AStG) von "Beteiligungen" und meint damit sämtliche Beherrschungsformen i. S. v. § 7 Abs. 2 AStG. Ein anderes Verständnis wäre mit dem Mindestschutzcharakter (Art. 3 ATAD) unvereinbar. Jeder beherrschende Stpfl. i. S. v. § 7 AStG ist daher "beteiligter Stpfl." i. S. d. § 8 Abs. 1 Nr. 4 AStG. Zum schädlichen Personenkreis gehören auch dem Stpfl. i. S. v. § 7 AStG i. S. d. § 1 Abs. 2 AStG nahestehende Personen. Aufgrund des Verweises auf § 1 Abs. 2 AStG kommt der Regelung in § 7 Abs. 4 AStG keine Bedeutung zu.
Rz. 179
Im Hinblick auf den schädlichen Personenkreis ist als zusätzliches Kriterium ein schädlicher Inlandsbezug erforderlich. Dies ergibt sich aus dem Relativsatz, wonach die Person "mit ihren Einkünften hieraus im Geltungsbereich dieses Gesetzes steuerpflichtig" sein muss. Dieser Relativsatz bezieht sich ausschließlich auf die nahestehende Person. Dies muss im Geltungsbereich des AStG unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtig sein und infolge dessen mit ihren Einkünften "hieraus" – d. h. aus der Verschaffung der Verfügungsmacht – im Inland steuerpflichtig sein. Erforderlich ist insoweit eine konkrete Steuerpflicht der Handelstätigkeit im Inland und nicht bloß eine abstrakte Steuerpflicht. Daran fehlt es, wenn die nahestehende Person zwar unbeschränkt steuerpflichtig ist, aber ihre Tätigkeit über eine Freistellungs-Betriebsstätte im DBA-Ausland ausübt. Diese Einschränkung des schädlichen Personenkreises erklärt sich vor dem Hintergrund des Zwecks der Norm, Steuersubstrat ins Ausland zu verlagern. Im Hinblick auf den Stpfl. i. S. v. § 7 AStG enthält das Gesetz keine entsprechende Beschränkung. Relevant wird dies, wenn der Stpfl. i. S. d. § 7 AStG mit seinen Einkünften aus den schädlichen Handelsgeschäften nicht der Besteuerung unterliegt, z. B. weil er eine Freistellungs-Betriebsstätte im DBA-Ausland unterhält, oder – und spätestens hier wäre eine Einschränkung geboten gewesen – es sich um einen beschränkt Stpfl. i. S. v. § 7 Abs. 1 S. 4 AStG handelt. Der Gesetzeswortlaut ist indes eindeutig. In EU/EWR-Fällen begegnet eine Hinzurechnung passiver Einkünfte ohne Verlagerung aus dem Inland jedoch unionsrechtlichen Bedenken.
Rz. 180
Der schädliche Personenkreis ist in § 8 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a und Buchst. b AStG identisch, weil in Buchst. b auf "solche" Personen und somit erkennbar auf Personen i. S. d. Buchst. a Bezug genommen wird. Die Finanzverwaltung vertritt zu § 8 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b AStG allerdings die Auffassung, die Steuerpflicht der nahestehenden Person müsse nur abstrakt bestehen, nicht aber konkret in Bezug auf die Einkünfte aus der Handelstätigkeit. Hierfür beruft sich das BMF auf eine Entscheidung des BFH zu § 8 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b AStG, die allerdings auf § 8 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b AStG nicht übertragbar ist. Denn wenngleich beide Normen gleich formuliert sind, leitete der BFH seine Sichtweise aus dem Umstand des bloßen Leistungsbezugs durch die nahestehende Person ab, der lediglich den Abzug als Aufwand im Inland zur Folge hätte. Diese Argumentation ist auf den Erwerb von Gütern od...