Rz. 360
Gem. § 8 Abs. 2 S. 2 AStG setzt "dies" – gemeint ist das Vorliegen einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit i. S. v. § 8 Abs. 2 S. 1 AStG – "insbesondere den Einsatz der für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen sachlichen und personellen Ausstattung in diesem Staat voraus". Nach § 8 Abs. 2 S. 3 AStG muss die Tätigkeit "durch hinreichend qualifiziertes Personal selbständig und eigenverantwortlich ausgeübt werden". § 8 Abs. 2 S. 2 und 3 AStG dienen folglich beide der Konkretisierung einer "wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit" i. S. v. Abs. 2 S. 1. Die Vorschriften sind somit ausschließlich im Kontext des § 8 Abs. 2 S. 1 AStG zu beachten. Eine weitergehende Bedeutung kommt ihnen nicht zu.
Rz. 361
§ 8 Abs. 2 S. 2 und 3 AStG umschreiben die "sachlichen und personellen" Anforderungen an das Vorliegen der nötigen Substanz in Form der wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit voraus. Auch insoweit besteht ein Gleichlauf mit Art. 7 Abs. 2 Buchst. a ATAD, wonach die wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit auf Personal, Ausstattung, Vermögenswerte und Räumlichkeiten "gestützt" sein muss. Diese Kriterien können auf die Rechtsprechung des EuGH zurückgeführt werden, wonach die reale – nicht bloß fiktive – Niederlassung auf Grundlage von "Geschäftsräumen, Personal und Ausrüstungsgegenständen" zu beurteilen ist. Die Substanzanforderungen müssen – ebenso wie die Tätigkeit (s. Rz. 348f.) – in dem Staat gegeben sein, in dem die ausländische Gesellschaft ihren Sitz oder ihren Ort der Geschäftsleitung hat.
Rz. 362
Wenn das Gesetz den Einsatz der "erforderlichen" personellen und sachlichen Ausstattung sowie den Einsatz "hinreichend" qualifizierten Personals erfordert, ist dies als reine Klarstellung der vorstehend genannten Grundsätze der Rechtsprechung zu verstehen. Die im Gesetzestext verwendeten Adjektive setzen lediglich die für die jeweilige Tätigkeit gebotene Ausstattung voraus. Dies spiegelt aber den in der Rechtsprechung des BFH entwickelten Grundsatz wider, je nach Tätigkeit einer ausländischen Gesellschaft die Substanzanforderungen im Einzelfall herabzusetzen. Auch der EuGH legt der Missbrauchsprüfung ein entsprechendes Verständnis zugrunde. Dementsprechend ist nur so viel sachliche Ausstattung nötig, wie es die Tätigkeit erfordert, und kann es genügen, wenn Personal nur wenige Tage im Monat in den Geschäftsräumen ist. So ist auch das von § 8 Abs. 2 S. 3 AStG geforderte Qualifikationsniveau einzelfallabhängig. Verhältnismäßig wenig Substanzanforderungen wird man bei Kapitalanlage- und Finanzierungsfunktionen, Holdingfunktionen oder auch im Fall der bloßen (routinemäßigen) Lizenzverwaltung fordern können. Wenngleich in diesen Fällen ein Substanznachweis – dem Grunde nach – recht einfach gelingen kann, ist damit noch nichts über die Reichweite dieses Nachweises – den Substanznachweis der Höhe nach – gesagt (s. Rz. 370ff.).
Rz. 363
Weitere von § 8 Abs. 2 S. 3 AStG aufgestellte Bedingung ist die "selbständige und eigenverantwortliche" Ausübung der Tätigkeit durch das Personal. Die ausländische Gesellschaft darf nicht lediglich Vollzugsorgan für anderorts getroffene Entscheidungen sein. Auch diese Anforderung ist – je nach Funktions- und Risikoprofil der ausländischen Gesellschaft – einzelfallabhängig auszulegen. Gerade bei Routinegesellschaften wird man in Anbetracht der geringen Einkünfte keine strengen Anforderungen stellen können.
Rz. 364–369
einstweilen frei