Rz. 430
Gem. § 8 Abs. 5 S. 1 AStG liegt eine Niedrigbesteuerung grds. dann vor, wenn die nach § 10 Abs. 3 EStG ermittelten Einkünfte, für die die Gesellschaft Zwischengesellschaft ist, einer Belastung mit Ertragsteuern von weniger als 15 % unterliegen. Die Norm basiert somit auf einer Division der auf die passiven Einkünfte erhobenen Ertragsteuern durch die nach § 10 Abs. 3 AStG ermittelten passiven Einkünfte. Eine Niedrigbesteuerung ist nur dann gegeben, wenn die so ermittelte Belastung den Niedrigsteuersatz von 15 % erreicht oder überschreitet.
Rz. 431
Zähler (Dividend) der Belastungsrechnung des § 8 Abs. 5 S. 1 AStG ist die "Belastung mit Ertragsteuern", d. h. der Betrag der auf die passiven Einkünfte entfallenden Ertragsteuern. Eine "Ertragsteuer" setzt eine Steuer i. S. v. § 3 Abs. 1 AO voraus, die auf erwirtschaftetes Einkommen bzw. die erzielten Einkünfte als Bemessungsgrundlage zugreift. Die Steuer muss sich nicht auf das Gesamteinkommen beziehen, sondern kann Teile davon erfassen.Indirekte Steuern und Objektsteuern sind nicht zu berücksichtigen. Die Einkünfte muss der Belastung mit Ertragsteuern "unterliegen", was i. S. d. "rechtlich vorgesehenen Steuer" zu verstehen ist. Es greift in § 8 Abs. 5 S. 1 AStG somit eine abstrakte Betrachtung. Die inländischen Behörden und Gerichte müssen eigenständig ermitteln, welche Steuer sich nach dem maßgeblichen ausländischen Recht ergibt. Die fehlende oder niedrige Ertragsteuerbelastung kann Folge einer persönlichen fehlenden persönlichen Steuerpflicht, der fehlenden Steuerbarkeit der Einkünfte oder deren Steuerfreiheit sein. Steuervergünstigungen, die ein Hochsteuerland für bestimmte Einkünfte gewährt, können ebenfalls eine Niedrigbesteuerung nach sich ziehen. Auch eine unterschiedliche Qualifizierung von Einkunftsquellen (z. B. hybride Finanzinstrumente) im In- und Ausland können ursächlich für eine niedrige Besteuerung sein. Aufgrund der abstrakten Betrachtung kommt dem Zeitpunkt der Erhebung einer Steuer im Kontext des S. 1 keine Bedeutung zu.
Rz. 432
Das Gesetz regelt weder, "wer" der Steuer unterliegt noch "wo" dies der Fall ist. Der Gesetzeswortlaut setzt somit keine zulasten der ausländischen Gesellschaft entstehende Steuer voraus. Daher entsteht eine Niedrigbesteuerung nicht allein durch eine Gruppenbesteuerung im Ausland, in deren Rahmen die Einkünfte bei einer anderen Gesellschaft besteuert werden. Gleiches gilt bei einer transparenten Behandlung der Gesellschaft im Ausland. Die Ertragsteuern können im Ansässigkeitsstaat der Zwischengesellschaft, in einem Drittstaat, aber auch im Inland entstehen. In mehreren Staaten auf passive Einkünfte geschuldete Steuern sind zu addieren. Hypothethische Steuern auf hypothetische zukünftige Erträge können nicht berücksichtigt werden.
Rz. 433
Nenner (Divisor) der Belastungsrechnung i. S. v. § 8 Abs. 5 S. 1 AStG sind die nach § 10 Abs. 3 AStG ermittelten passiven Einkünfte. Für Einzelheiten wird auf § 10 AStG Rz. 268ff. verwiesen. Durch das Abstellen auf die Einkünfte nach deutschem Steuerrecht kann sich eine Niedrigbesteuerung auch dann ergeben, wenn der Nominalsteuersatz im Ausland über der Niedrigsteuergrenze liegt. Dies wird insbesondere der Fall sein, wenn die deutsche Bemessungsgrundlage höher ausfällt als die Bemessungsgrundlage im Ausland.
Rz. 434
Die Niedrigsteuergrenze liegt aktuell bei 15 %. Diese herabgesenkte Niedrigsteuergrenze gilt gem. § 21 Abs. 6 AStG erstmals für das Wirtschaftsjahr 2024 der ausländischen Gesellschaft bzw. bei Abweichung vom Kalenderjahr für das Wirtschaftsjahr 2023/2024. Für frühere Wirtschaftsjahre lag die Niedrigsteuergrenze bei 25 %. Danach war beinahe die ganze Welt Niedrigsteuerland.
Rz. 435
Unklar ist, wie mit temporären Differenzen zu verfahren ist. Nach im Schrifttum vertretener Auffassung sollen temporäre Differenzen keine Niedrigbesteuerung auslösen können. Da im deutschen Steuerrecht der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung gilt und die §§ 7ff. AStG davon keine Abweichung vorsehen, dürfte für ein solches Vorgehen die Gesetzesgrundlage fehlen. Es erscheint aber denkbar, sofern sich temporäre Differenzen tatsächlich ausgeglichen haben, die über § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO zu berücksichtigen. Das BMF hat sich im AEAStG zu der Frage nicht geäußert.
Rz. 436
Auch negative Zwischeneinkünfte können im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung von Bedeutung sein. Zwar unterbleibt insoweit eine Hinzurechnung (§ 10 Abs. 1 S. 2 AStG). § 10 Abs. 3 S. 5 AStG erlaubt aber einen Vortrag der negativen Zwischeneinkünfte. Da Zwischeneinkünfte nur vorliegen, wenn eine Niedrigbesteuerung gegeben ist (§ 8 Abs. 1 AStG), stellt sich die Frage, wie die Niedrigbesteuerung auf negative Einkünfte zu ermitteln ist. Hierfür muss m. E. auf den Nominalsteuersatz im Ausland abgestellt werden, der auf positive Zwischeneinkünfte derselben Art anzuwenden wäre.
Rz. 437–439
einstweilen frei