2.1 Tatbestandsvoraussetzungen des § 9 AStG
Rz. 71
Voraussetzung für die Anwendung des § 9 AStG ist, dass
- die Voraussetzungen der regulären Hinzurechnungsbesteuerung erfüllt sind,
- die ausländische Gesellschaft gemischte Einkünfte erzielt und
- die beiden Freigrenzen, d. h. die relative und absolute Freigrenze nicht überschritten werden.
2.1.1 Grundtatbestand der regulären Hinzurechnungsbesteuerung
Rz. 72
Tatbestandsseitig fordert § 9 AStG, dass die Voraussetzungen der regulären Hinzurechnungsbesteuerung in persönlicher und sachlicher Hinsicht erfüllt sind. Dies ergibt sich aus dem Verweis auf § 7 Abs. 1 AStG D.h. an der ausländischen Gesellschaft muss ein Stpfl. i. S. d. § 7 AStG beteiligt sein und die ausländische Gesellschaft muss niedrigbesteuerte, passive Einkünfte erzielen.
2.1.2 Gemischte Einkünfte
Rz. 73
§ 9 AStG setzt voraus, dass die ausländische Zwischengesellschaft neben den Einkünften aus passivem Erwerb auch aktive oder nicht niedrig besteuerte Einkünfte erzielt. Dies lässt sich bereits der Überschrift des § 9 AStG entnehmen ("Freigrenze bei gemischten Einkünften"). Für die Frage, ob sowohl aktive als auch passive Einkünfte vorliegen, ist auf das maßgebende Wirtschaftsjahr der Zwischengesellschaft abzustellen.
Rz. 74
Für Zwecke der Abgrenzung zwischen aktiven und passiven Einkünften ist die funktionale Betrachtungsweise zu beachten (vgl. Kommentierung zu § 8 AStG). Demnach ist zu prüfen, ob bei isolierter Betrachtung die passive Tätigkeit einer anderweitigen aktiven Tätigkeit zuzuordnen ist und sie hierdurch ihre außensteuerrechtliche Eigenständigkeit mit der Folge verloren hat, dass die gesamten Einkünfte ausschließlich aus aktiven Tätigkeiten stammen. Umgekehrt können unter der funktionalen Betrachtungsweise auch Einkünfte aus einer aktiven Tätigkeit zu einer passiven Haupttätigkeit zugeordnet werden.
2.1.3 Freigrenzen
Rz. 75
§ 9 AStG enhält eine relative (gesellschaftsbezogene) Freigrenze und eine abosulute (gesellschafterbezogene) Freigrenze. § 9 AStG ist nur einschlägig, wenn beide Freigrenzen gewahrt sind, d. h. die Freigrenzen müssen kummulativ erfüllt werden.
2.1.3.1 Relative (gesellschaftsbezogene) Freigrenze
2.1.3.1.1 10-%-Grenze
Rz. 75a
Die Anwendung des § 9 AStG setzt tatbestandlich voraus, dass die Zwischeneinkünfte nicht mehr als 10 % der gesamten Einkünfte der ausländischen Gesellschaft betragen. Demnach sind die Zwischeneinkünfte (Zähler) ins Verhältnis zu den gesamten Einkünften der ausländischen Gesellschaft (Nenner) zu setzen. Ergibt sich danach ein Verhältnis von 10 % oder weniger, ist die relative Freigrenze gewahrt.
Die ausländische Gesellschaft erzielt im Wirtschaftsjahr Zwischeneinkünfte in Höhe von 500 EUR und aktive Einkünfte in Höhe von 5.000 EUR. Ihre gesamten Einkünfte für das maßgebende Wirtschaftsjahr betragen somit 5.500 EUR.
Die Zwischeneinkünfte betragen weniger als 10 Prozent der gesamten Einkünfte der ausländischen Gesellschaft (500 EUR / 5.500 EUR = 9,09 %). Die relative Freigrenze ist damit gewahrt.
Durch die vom Gesetzgeber gewählte Formulierung ("wenn") ist ersichtlich, dass es sich hierbei um eine Freigrenze handelt, d. h. bereits eine geringfügige Überschreitung der 10-%-Grenze schließt die begünstigenden Rechtsfolgen des § 9 AStG aus.
In Bezug auf das Zusammenspiel von § 8 Abs. 2 AStG mit § 9 AStG s. Rz. 75.
2.1.3.1.2 Abstellen auf "Einkünfte"
Rz. 76
Im Vergleich zur Vorgängerregelung stellt § 9 AStG in der Fassung des ATADUmsG für Zwecke der relativen Freigrenze nicht mehr auf die "Bruttoerträge" der ausländischen Gesellschaft, sondern auf die "Einkünfte" ab. Ausweislich der Gesetzesbegründung handelt es sich hierbei um eine Anpassung an Art. 7 Abs. 3 S. 1 ATAD, die auf die Einkünfte der ausländischen Gesellschaft abstellt. Die Zwischeneinkünfte werden gem. § 10 Abs. 3 S. 1 AStG nach den Vorschriften des deutschen Steuerrechts ermittelt. Nichts anderes kann für die gesamten Einkünfte der ausländischen Gesellschaft gelten, um die Einheitlichkeit hinsichtlich der Bemessungsgrößen zur Ermittlung der relativen Freigrenze sicherzustellen.
Rz. 77
Durch das Abstellen auf "Einkünfte" als Saldo- bzw. Nettogröße für Zwecke der Ermittlung der relativen Freigrenze wird im Vergleich zur Vorgängerregelung ("Bruttoerträge") die Profitabilität der passiven Tätigkeit in den Vordergrund gestellt.
Die ausländische Gesellschaft erzielt im Wirtschaftsjahr Gesamterträge i. H. v. 1.000.000 EUR und Aufwendungen i. H. v. 600.000 EUR. Von den Erträgen resultieren 500.000 EUR aus einer niedrigbesteuerten, passiven Tätigkeit. Mit den passiven Erträgen stehen Aufwendungen von 475.000 EUR im wirtschaftlichen Zusammenhang.
Die Gesamteinkünfte betragen 400.000 EUR. Die Einkünfte aus passivem Erwerb belaufen sich auf 25.000 EUR. Damit betragen die Zwischeneinkünfte 6,25 % der gesamten Einkünfte. Die relative Frei...