2.1.3.1.1 10-%-Grenze
Rz. 75a
Die Anwendung des § 9 AStG setzt tatbestandlich voraus, dass die Zwischeneinkünfte nicht mehr als 10 % der gesamten Einkünfte der ausländischen Gesellschaft betragen. Demnach sind die Zwischeneinkünfte (Zähler) ins Verhältnis zu den gesamten Einkünften der ausländischen Gesellschaft (Nenner) zu setzen. Ergibt sich danach ein Verhältnis von 10 % oder weniger, ist die relative Freigrenze gewahrt.
Die ausländische Gesellschaft erzielt im Wirtschaftsjahr Zwischeneinkünfte in Höhe von 500 EUR und aktive Einkünfte in Höhe von 5.000 EUR. Ihre gesamten Einkünfte für das maßgebende Wirtschaftsjahr betragen somit 5.500 EUR.
Die Zwischeneinkünfte betragen weniger als 10 Prozent der gesamten Einkünfte der ausländischen Gesellschaft (500 EUR / 5.500 EUR = 9,09 %). Die relative Freigrenze ist damit gewahrt.
Durch die vom Gesetzgeber gewählte Formulierung ("wenn") ist ersichtlich, dass es sich hierbei um eine Freigrenze handelt, d. h. bereits eine geringfügige Überschreitung der 10-%-Grenze schließt die begünstigenden Rechtsfolgen des § 9 AStG aus.
In Bezug auf das Zusammenspiel von § 8 Abs. 2 AStG mit § 9 AStG s. Rz. 75.
2.1.3.1.2 Abstellen auf "Einkünfte"
Rz. 76
Im Vergleich zur Vorgängerregelung stellt § 9 AStG in der Fassung des ATADUmsG für Zwecke der relativen Freigrenze nicht mehr auf die "Bruttoerträge" der ausländischen Gesellschaft, sondern auf die "Einkünfte" ab. Ausweislich der Gesetzesbegründung handelt es sich hierbei um eine Anpassung an Art. 7 Abs. 3 S. 1 ATAD, die auf die Einkünfte der ausländischen Gesellschaft abstellt. Die Zwischeneinkünfte werden gem. § 10 Abs. 3 S. 1 AStG nach den Vorschriften des deutschen Steuerrechts ermittelt. Nichts anderes kann für die gesamten Einkünfte der ausländischen Gesellschaft gelten, um die Einheitlichkeit hinsichtlich der Bemessungsgrößen zur Ermittlung der relativen Freigrenze sicherzustellen.
Rz. 77
Durch das Abstellen auf "Einkünfte" als Saldo- bzw. Nettogröße für Zwecke der Ermittlung der relativen Freigrenze wird im Vergleich zur Vorgängerregelung ("Bruttoerträge") die Profitabilität der passiven Tätigkeit in den Vordergrund gestellt.
Die ausländische Gesellschaft erzielt im Wirtschaftsjahr Gesamterträge i. H. v. 1.000.000 EUR und Aufwendungen i. H. v. 600.000 EUR. Von den Erträgen resultieren 500.000 EUR aus einer niedrigbesteuerten, passiven Tätigkeit. Mit den passiven Erträgen stehen Aufwendungen von 475.000 EUR im wirtschaftlichen Zusammenhang.
Die Gesamteinkünfte betragen 400.000 EUR. Die Einkünfte aus passivem Erwerb belaufen sich auf 25.000 EUR. Damit betragen die Zwischeneinkünfte 6,25 % der gesamten Einkünfte. Die relative Freigrenze von 10 % ist somit unterschritten.
Sofern unterstellt wird, dass die Erträge den Bruttoerträgen entsprechen, wäre unter der Altregelung die relative Freigrenze überschritten, da die passiven Bruttoerträge 50 % der gesamten Bruttoerträge der ausländischen Zwischengesellschaft ausmachen würden.
Abwandlung: Die passiven Erträge belaufen sich auf 60.000 EUR. Die mit der passiven Tätigkeit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen betragen 10.000 EUR.
Die Gesamteinkünfte betragen wieder 400.000 EUR. Die Einkünfte aus passivem Erwerb belaufen sich auf 50.000 EUR. Damit betragen die Zwischeneinkünfte 12,5 % der gesamten Einkünfte. Die relative Freigrenze von 10 % ist somit überschritten. Unter der Altregelung wäre – unter der Annahme, dass die Erträge den Bruttoerträgen entsprechen – die relative Freigrenze unterschritten, da lediglich 6 % der Bruttoerträge solche aus passivem Erwerb sind.
2.1.3.1.3 Im maßgebenden Wirtschaftsjahr
Rz. 78
Darüber hinaus wurde im Zuge des ATADUmsG klarstellend festgelegt, dass sich die relative Freigrenze auf das für die Zwischengesellschaft maßgebende Wirtschaftsjahr i. S. d. § 7 Abs. 2 AStG bezieht. Hieraus ergeben sich im Vergleich zur bisherigen Rechtslage keine Änderungen.
2.1.3.1.4 Problem des Abstellens auf "Zwischeneinkünfte" der ausländischen Gesellschaft
Rz. 79
Fraglich ist, welche Auswirkungen sich auf die relative Freigrenze ergeben, wenn an der ausländischen Zwischengesellschaft auch Personen beteiligt sind, die nicht der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen.
An der ausländischen Zwischengesellschaft ist der unbeschränkt steuerpflichtige A zu 60 % und der Steuerausländer B zu 40 % beteiligt. Die ausländische Gesellschaft erzielt Gesamteinkünfte i. H. v. 1.000.000 EUR. Davon stellen 150.000 EUR Zwischeneinkünfte dar, d. h. es handelt sich um niedrigbesteuerte, passive Einkünfte (§ 8 Abs. 1 AStG)...