Rz. 91
Die Anwendung der begünstigenden Rechtsfolgen des § 9 AStG setzt neben dem Unterschreiten der relativen (gesellschaftsbezogenen) Freigrenze auch das Unterschreiten der absoluten (gesellschafterbezogenen) Freigrenze voraus.
Tatbestandsseitig fordert die absolute Freigrenze, dass die bei einem Stpfl. aus all seinen Beteiligungen an ausländischen Zwischengesellschaften hinzuzurechnenden Einkünfte den Betrag i. H. v. insgesamt 80.000 EUR nicht übersteigen. Sinn und Zweck dieser gesellschafterbezogenen Freigrenze ist es, die Mehrfachnutzung der Bagatellgrenze des § 9 AStG durch Aufteilung der Zwischeneinkünfte auf verschiedene ausländische Gesellschaften zu verhindern.
Rz. 92
Im Gegensatz zur relativen Freigrenze ist für Zwecke der absoluten Freigrenze auf die insgesamt anzusetzenden Hinzurechnungsbeträge i. S. d. § 10 Abs. 1 AStG des jeweiligen Stpfl. abzustellen. Die absolute Freigrenze stellt auf die Ebene des Stpfl. ab und dort auf die "außer Ansatz zu lassenden Beträge". Gemeint ist hiermit der Hinzurechnungsbetrag bzw., sofern mehrere Beteiligungen an ausländischen Zwischengesellschaften bestehen, die Hinzurechnungsbeträge. Die Prüfung der absoluten Freigrenze erfolgt gesondert für jeden einzelnen Stpfl. Das Überschreiten der absoluten Freigrenze durch einen Stpfl. sollte nicht zur Versagung der begünstigenden Rechtsfolgen des § 9 AStG für sämtliche weitere Stpfl. führen.
An der ausländischen Zwischengesellschaft ist die unbeschränkt steuerpflichtige A-GmbH zu 75 % und die unbeschränkt steuerpflichtige B-GmbH zu 25 % beteiligt. Bei der A- und B-GmbH handelt es sich um nahestehende Personen. Die Zwischengesellschaft erzielt neben aktiven Einkünften auch Zwischeneinkünfte i. H. v. 100.000 EUR, wobei die relative Freigrenze nicht überschritten werden soll. Die hinzurechnungspflichtigen Einkünfte der A-GmbH betragen 75.000 EUR und die der B-GmbH 25.000 EUR. Daneben wird der A-GmbH aus einer weiteren Beteiligung ein Hinzurechnungsbetrag i. H. v. 10.000 EUR zugerechnet.
Die absolute Freigrenze wird nur durch die A-GmbH überschritten. Die gesamten Hinzurechnungsbeträge der A-GmbH betragen 85.000 EUR. Das Überschreiten der absoluten Freigrenze führt jedoch nicht dazu, dass § 9 AStG für die B-GmbH keine Anwendung mehr findet. Vielmehr hat auch für die B-GmbH eine gesonderte Prüfung hinsichtlich der absoluten Freigrenze zu erfolgen. Da der B-GmbH nur ein Hinzurechnungsbetrag i. H. v. 25.000 EUR zugerechnet wird, unterschreitet die B-GmbH die absolute Freigrenze.
Rz. 93
Dabei ist in zeitlicher Hinsicht auf Ebene des Stpfl. auf den Veranlagungszeitraum abzustellen, in dem der Hinzurechnungsbetrag gem. § 10 Abs. 2 S. 1 AStG als zugeflossen gilt. Dies ist insbesondere bei abweichenden Veranlagungszeiträumen der ausländischen Zwischengesellschaften relevant.
Die unbeschränkt steuerpflichtige A-GmbH hat ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr vom 01.10. bis 30.09. Sie ist jeweils Alleingesellschafterin der Zwischengesellschaft Z 1 (Wirtschaftsjahr =Kalenderjahr) und der Zwischengesellschaft Z 2 (Wirtschaftsjahr vom 01.07. bis 30.06.). Es ergeben sich folgende Hinzurechnungsbeträge
Z 1 |
WJ 2022 |
30.000 EUR |
WJ 2023 |
50.000 EUR |
Z 2 |
WJ 2022 / 2023 |
25.000 EUR |
WJ 2023 / 2024 |
45.000 EUR |
Die relative Freigrenze des § 9 AStG ist jeweils gewahrt.
Die Anteile an Z 1 und Z 2 gehören zum Betriebsvermögen der A-GmbH. Die Hinzurechnungsbeträge erhöhen daher den Gewinn des Wirtschaftsjahres der A-GmbH, in dem die Wirtschaftsjahre von Z 1 und Z 2 enden (vgl. § 10 Absatz 2 Satz 2 AStG).
Der Gewinn des Wirtschaftsjahres vom 01.10.2022 bis 30.09.2023 der A-GmbH gilt im Kalenderjahr (= Veranlagungszeitraum) 2023 als bezogen (vgl. § 8 Absatz 1 Satz 1 KStG i. V. m. § 4a Absatz 2 Nummer 2 EStG). Dieser Gewinn ist um den Hinzurechnungsbetrag aus Z 1 (WJ 2022) und den Hinzurechnungsbetrag aus Z 2 (WJ 2022 / 2023) zu erhöhen.
Da die Summe der Hinzurechnungsbeträge aus Z 1 und Z 2 (= 55.000 EUR) die absolute Freigrenze im Veranlagungszeitraum 2023 unterschreitet, sind die Hinzurechnungsbeträge außer Ansatz zu lassen.
Der Gewinn des Wirtschaftsjahres vom 01.10.2023 bis 30.09.2024 der A-GmbH gilt im Kalenderjahr (=Veranlagungszeitraum) 2024 als bezogen. Dieser Gewinn ist um den Hinzurechnungsbetrag aus Z 1 (WJ 2023) und den Hinzurechnungsbetrag aus Z 2 (WJ 2023 / 2024) zu erhöhen. Da die Summe der Hinzurechnungsbeträge aus Z 1 und Z 2 (= 95.000 EUR) die absolute Freigrenze im Veranlagungszeitraum 2024 überschreitet, findet die Freigrenze des § 9 AStG keine Anwendung.
Rz. 94
Gem. § 10 Abs. 1 S. 2 AStG sind negative Hinzurechnungsbeträge nicht hinzuzurechnen. Folglich kann ein positiver Hinzurechnungsbetrag aus einer Zwischengesellschaft nicht mit einem negativen Hinzurechnungsbetrag aus einer anderen Zwischengesellschaft für Zwecke der absoluten Freigrenze ausgeglichen werden.
Rz. 95–105
einstweilen frei