Dr. Tobias Hagemann, Prof. Dr. Adrian Cloer
Rz. 11
Auch wenn der Gesetzestitel eine umfassende Regelung des Außensteuerrechts nahelegt, sind viele Regelungen im Einkommensteuergesetz verortet, einige dagegen nur in einigen DBA, was unter gleichheitsrechtlichen Überlegungen problematisch erscheint. Von besonderer Bedeutung sind insbesondere:
2.3.1 § 50d Abs. 3 EStG
Rz. 12
Diese spezialgesetzliche Missbrauchsvermeidungsvorschrift zielt auf die aus Sicht des Gesetzgebers ungerechtfertigte Nutzung durch Zwischenschaltung weiterer Personen bei Nutzung von DBA (unmittelbarer Anwendungsfall) und der sog. 2/5-Ermässigung (§ 44a Abs. 9 S. 1 EStG mit Verweis auf § 50d Abs. 3 in § 44a Abs. 9 S. 2 EStG), der Quellensteuerbefreiung aufgrund der Mutter-Tochter-Richtlinie (§ 43b S. 1 und S. 2 EStG mit Verweis auf § 50d Abs. 3 in § 43b Abs. 1 S. 1 HS. 2 EStG) sowie der Zins- und Lizenzrichtlinie (§ 50g Abs. 1 S. 1 und 2 EStG mit Verweis auf § 50d Abs. 4 EStG). Die Vorschrift erfuhr durch das AbzStEntModG eine erhebliche Verschärfung, da der Gesetzgeber von der sog. Rechtsfolgen- zu der Rechtsgrundkongruenz überwechselte und somit in Ermangelung einer Exkulpation die Entlastung vollumfänglich versagt und nicht mehr ein Zurückfallen auf die Begünstigung des mittelbar Berechtigten auf der Grundlage einer anderen Vorschrift erlaubt.
2.3.2 § 50d Abs. 9 EStG
Rz. 13
Allen drei Tatbestandsalternativen ist die Anwendung des Methodenwechsels auch auf Teilmengen gemeinsam, d. h. aus deutscher Sicht ist eine Ermittlung der freizustellenden Einkünfte erforderlich und sodann die Prüfung, ob Teile hiervon der Nicht- oder Minderbesteuerung (§ 50d Abs. 9 Nr. 1 EStG) oder der Nichtbesteuerung (§ 50d Abs. 9 Nr. 2 und 3 EStG) unterliegen. Für diese erfolgt dann der Übergang zur Anrechnungsmethode.
Nr. 1 – Qualifikationskonflikt
Der § 50d Abs. 9 Nr. 1 EStG zielt auf die Vermeidung einer Nicht- oder Minderbesteuerung aufgrund eines abkommensrechtlichen Qualifikationskonfliktes im weiteren Sinne ab. Ein solcher liegt vor, wenn beide Vertragsstaaten bei Anwendung des DBA zu einer abweichenden rechtlichen Würdigung des Sachverhaltes kommen und diese zu einer Nicht- oder Minderbesteuerung führt. Der Grund (nämlich Unterschiede im innerstaatlichen Recht, sog. Qualifikationskonflikt im engeren Sinne, abweichendes Verständnis vom Sachverhalt oder einfach Falschanwendung) ist unerheblich. Entscheidend für die Anwendung des § 50d Abs. 9 Nr. 1 EStG ist allerdings die Anwendung des DBA-Rechts, kommt es hierzu gar nicht, dann kann auch kein Methodenwechsel auf der Grundlage des § 50d Abs. 9 Nr. 1 EStG erfolgen. Auf die vorherige Durchführung eines Verständigungsverfahrens (Art 24 Abs. 2 oder 3 DBA-VG) kommt es – anders als in dem ggf. anzuwendenden DBA vereinbart (Art. 22 Abs. 1 Nr. 5 lit. a) DBA-VG) nicht an.
Nr. 2 – Besserstellung durch Nichtbesteuerung
Der § 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG zielt auf die Vermeidung einer Ungleichbehandlung im Ausland ab. Vergleichsmaßstab ist ein im Ausland unbeschränkt Steuerpflichtiger (ggf. als resident domiciled tax payer), der diese Einkünfte erzielt. Unterliegt dieser anstelle des in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtigen einer Belastung, wohingegen der im Inland unbeschränkt Steuerpflichtige keiner Belastung unterliegt, dann ist die Freistellung zu versagen. Unterliegen beide einer Steuerbelastung, weicht diese jedoch zum Vor- oder Nachteil des in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtigen ab, ist dies unerheblich. Eine Ausnahme gilt für Beteiligungserträge und zwar für Dividenden, die abkommensrechtlich als Schachteldividende freigestellt werden. Reguläre Beteiligungserträge i. S. des § 8b Abs. 1 KStG qualifizieren hierfür nicht.
Nr. 3 – Zuordnungskonflikt (einschließlich anzunehmender schuldrechtlicher Beziehungen)
Der § 50d Abs. 9 Nr. 3 EStG zielt auf die Vermeidung einer Nichtbesteuerung von Einkünften ab, die aus einem Zuordnungskonflikt resultiert. Der Wechsel zur Anrechnungsmethode ist in zwei Konstellationen vorzunehmen.
Die erste Alternative betrifft die Situation, in der das Ausland Einkünfte einer anderen Betriebstätte (in einem anderen Staat) zuordnet und deshalb nicht besteuert. In diesem Fall kann das Ausland, das von deutscher Seite zugestandene Besteuerungsrecht nicht ausfüllen und damit entfällt die Verpflichtung zur Freistellung in Deutschland. Ob in dem Drittstaat eine Besteuerung erfolgt oder nicht, spielt keine Rolle, da bei Annahme einer Betriebstätte durch diesen Staat die Besteuerung – zumindest aus maßgeblicher deutscher Perspektive – zu Unrecht erfolgte. Eine Anrechnung dieser Drittstaatensteuer kommt daher auch nicht in Betracht.
In der zweiten Alternative erfolgt der Methodenwechsel bei Abzug als Betriebsausgabe aufgrund einer anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehung im Ausland ohne korrespondierende Besteuerung im Inland.
2.3.3 Abkommensrechtliche Besonderheiten
Rz. 14
In der Praxis erweist sich insbesondere der Zurechnungskonflikt ...