In der Steuerberaterbranche liegen Mandanten-Informationen, die die Ausgangslage für die Tätigkeiten sind, heute bereits oft digitalisiert vor. Es ist jedoch noch großes Potenzial zur weiteren Datennutzung vorhanden.
"Allein im Hinblick auf die riesigen Datenmengen, die bisher bei den meisten Steuerberatern ungenutzt herumliegen, zeigt sich außerdem deutlich das große Potenzial der Digitalisierung."
In digitalen Steuerberatungskanzleien werden Prozesse automatisiert und algorithmenbasierte Analysen angestoßen. Mit neuen digitalen Geschäftsmodellen "veredeln" digitale Steuerberater-Kanzleien Datenflüsse zwischen Mandanten, Finanzbehörde und weiteren IT-Dienstleistern durch Sammlung, Aufbereitung, Analyse, Verbesserung der Datenqualität, Speicherung, Ermöglichung des Zugangs und der Nutzung der Daten.
Mittels Datenanalysen und Datenanreicherung kann die Auswertung steuerlicher und betriebswirtschaftlicher Geschäftsdaten verbessert werden. Dabei kommen Prognose- und Entscheidungsunterstützungssysteme auf Basis von sog. "Künstlicher Intelligenz" oder maschinellem Lernen zum Einsatz. Auf Basis ihrer Ergebnisse können weitere Dienstleistungen, wie z. B. digitalisierte Beratungen, mit hoher Effizienz angeboten werden. Insbesondere die Digitalisierung von Steuererklärung und -erhebung ist eine Chance für effiziente Einhaltung der Steuergesetzgebung.
Das Geschäftsmodell des Steuerberaters verändert sich damit grundlegend von den gesetzlich definierten Vorbehaltsaufgaben und den auf Basis der Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV) vereinbaren Tätigkeiten hin zu einem datenbasierten Geschäftsmodell mit nutzungsbezogenen Erlösquellen. Darunter ist folgendes zu verstehen:
"Datenbasiert sind Dienstleistungen, Produkte oder Services, die bei einem Kunden Mehrwert schaffen, indem Daten, darauf basierende Modelle oder datengeneriertes Wissen als notwendiger Bestandteil der Wertschöpfung verwendet werden."
Folgende Definitionen für Unternehmen mit datenbasierten Wertschöpfungsprozesse können auf Steuerberatungen zutreffen:
- Personenbezug: Das Unternehmen sammelt, aggregiert oder verkauft Daten von anderen Unternehmen, die dann zur Entscheidungsfindung über Personen verwendet werden, z. B. bei der Sammlung und Aggregation von Mandantendaten inklusive der Mitarbeiterdaten mit den Daten aus weiteren Quellen wie Sozialbehörden etc.
- Automatisierte Entscheidungssysteme als Nutzer: Das Unternehmen nutzt von Dritten gelieferte Prognose- oder Entscheidungsunterstützungssysteme, um Entscheidungen über Personen zu treffen bzw. für Mandanten vorzubereiten, z. B. beim Einsatz von "Künstlicher Intelligenz" zur Analyse steuerlicher Sachverhalte ("Tax Data Analytics") oder für Fragen des HR-Controllings.
- Algorithmen, die in das Leben von Menschen eingreifen: Das Unternehmen erstellt und/oder verwendet Produkte oder Dienstleistungen, welche mit datenbasierten Algorithmen Entscheidungen treffen, die in das Leben von Menschen eingreifen, z. B. bei algorithmischen Analysen von Daten der Lohnbuchhaltung und der Personalabteilungen der Mandanten.
- Automatisierte Entscheidungssysteme als Anbieter: Das Unternehmen liefert Dritten Prognose- oder Entscheidungsunterstützungssysteme, die Entscheidungen über Menschen treffen oder solche Entscheidungen unterstützen, z. B. bei der Bereitstellung von Entscheidungsunterstützungssystemen nach mandantenspezifischen Scorings von steuerlichen oder betriebswirtschaftlichen Sachverhalten.
Gesetzlich wurde dies durch die Änderung von § 11 StBerG des JStG 2019 v. 12.12.2019 ermöglicht. Darin wurde zweifelsfrei klargestellt, dass es Steuerberatern möglich ist, auch besondere Kategorien personenbezogener Daten als Verantwortliche weisungsfrei i. S. d. DSGVO zu verarbeiten. Steuerberater sind nach dem Gesetz keine Auftragsverarbeiter von Daten.
Damit ist das Datenmanagement sowie der Einsatz von algorithmischen Prognose- oder Entscheidungsunterstützungssysteme integraler Teil des Aufgabenspektrums von digitalisierten Steuerberatungen.