Leitsatz
Schenkt eine Mutter ihren minderjährigen Kindern einen Geldbetrag, der zeitnah dem Vater zur Finanzierung der Anschaffung eines Grundstücksanteils als Darlehen gewährt wird, überträgt der Vater alsdann die Hälfte des Grundstücks auf die Mutter und investiert diese einen Betrag in die Renovierung des Gebäudes, der dem Wert ihres Anteils entspricht, dann ist die Darlehensgewährung nicht rechtsmissbräuchlich (Abgrenzung zum BFH, Urteil vom 26.3.1996, IX R 51/92, BStBl II 1996, 443).
Normenkette
§ 42 AO , § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG , § 21 Abs. 1 EStG
Sachverhalt
Die Kläger (Eheleute) haben drei Kinder. Der Ehemann (M) war zu 1/6 Eigentümer eines Gebäudegrundstücks. Im Februar 1981 erwarb er die restlichen 5/6-Anteile hinzu. Ebenfalls im Februar 1981 schenkte die Ehefrau (F) ihren Kindern jeweils 100 000 DM, die die Kinder am selben Tag M als verzinsliches Darlehen zur Verfügung stellten. Die Darlehensvaluten wurden den Verkäufern der 5/6-Anteile ausgezahlt.
Im Mai 1982 übertrug M den Hälfteanteil an dem Grundstück schenkweise auf F (Wert rund 220 000 DM). F trug den Finanzierungsaufwand für das Haus (ca. 400 000 DM).
Das Gebäude war vermietet. Die Eheleute machten die Zinszahlungen an die Kinder als Werbungskosten bei VuV geltend.
Das FA versagte den Abzug mit der Begründung, der Gesamtplan der Eheleute sei nur vor dem Hintergrund der Schaffung von Werbungskosten verständlich. F habe die Finanzierungslücke des M zum Ankauf der Miteigentumsanteile geschlossen und zum Ausgleich den Hälfteanteil erhalten. Die Schenkungen der F an die Kinder ständen in Zusammenhang mit den Darlehen an M und der Übertragung des Hälfteanteils auf F.
Entscheidung
Der BFH lehnte einen Gestaltungsmissbrauch ab. Die Schenkung an die Kinder sei durch außersteuerliche Gründe gerechtfertigt. F habe zwar mit der Grundstückshälfte einen Wert von 220000 DM von M erhalten. Deshalb hätte sie ihm aber nicht 300 000 DM (die Schenkungen an die Kinder) zur Verfügung stellen müssen, zumal sie weitere 400 000 DM für die Renovierung aufgewandt habe.
Berücksichtigte man die Darlehensaufnahme des M von den Kindern (300 000 DM), seien die Beiträge der Eheleute in etwa ausgeglichen: M habe 1/6-Anteil (75 000 DM) eingebracht und eine Schuld von 300 000 DM aufgenommen; F habe für ihre Hälfte 400 000 DM aufgebracht.
Die Sache wurde gleichwohl an das FG zurückverwiesen, um zu prüfen, ob die Zinszahlungen, obwohl die Zinsen regelmäßig ausgezahlt worden waren, aufgrund eines Fremdvergleichs unter Würdigung aller Umstände anerkannt werden können.
Hinweis
Wesentliche Merkmale einer Steuerumgehung sind die Unangemessenheit der Gestaltung (nicht durch wirtschaftliche sonstige außersteuerliche Gründe gerechtfertigt) und der Zweck der Steuerminderung.
Nach dem im Leitsatz zitierten Urteil, von dem sich die Entscheidung abgrenzt, ist bei einer Schenkung an Kinder und anschließender Rückgewährung als Darlehen, mit dem die Anschaffung finanziert wird, eine unangemessene Gestaltung anzunehmen, wenn die Eltern wirtschaftlich gesehen mit eigenem Geld erworben haben.
Das ist dann der Fall, wenn ein Elternteil seine vorhandenen Mittel nicht zum Erwerb einsetzt, sondern dem Kind zuwendet und anschließend als Darlehen zurückbekommt.
Anders ist es jedoch, wenn – wie hier – z.B. die Ehefrau (F) an die Kinder schenkt, die die Darlehen dem Ehemann (M) gewähren, der die Anschaffung tätigt. Dann finanzieren die Darlehen nur den Erwerb des M, ohne dass sich F die Schenkungen selbst darlehensweise zurückgewährt hat.
Würde man hier eine missbräuchliche Gestaltung annehmen, liefe dies darauf hinaus, dass der Steuerpflichtige nicht nur seine eigenen, sondern sogar die Mittel seines Ehepartners zur Finanzierung einsetzen müsste.
Beachten Sie den Hinweis des Senats auf denBeschluss zum Zweikontenmodell vom 8.12.1997, GrS 1-2/95, BStBl II 1998, 193. Danach steht es dem Steuerpflichtigen grundsätzlich frei, ob er eine Ausgabe auch dann mit Kredit finanziert, wenn er über eigene Mittel verfügt. Der Senat lässt ausdrücklich offen, ob er nach dem Zweikontenmodell-Beschluss in vollem Umfang an den Gründen des BFH-Urteils in BStBl II 1996, 443 festhalten würde. Hier zeichnet sichmöglicherweise eine großzügigere Betrachtungvon Angehörigen-Darlehen nach vorangegangener Schenkung ab.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 19.2.2002, IX R 32/98