Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Das FG Berlin-Brandenburg befasst sich mit Urteil vom 6.9.2018 mit Fragen des Kapitalertragsteuerabzugs auf ausländische Dividendeneinkünfte und der sogenannten Deltakorrektur nach § 43a Abs. 3 Satz 7 EStG.
Sachverhalt
Der Kläger bezog im Jahr 2009 Dividenden aus spanischen und norwegischen Aktien, für die seine Bank im Jahr 2009 zunächst einen zu geringen Kapitalertragsteuerabzug vornahm, da sie den gebotenen 25%igen Kapitalertragsteuereinbehalt um ausländische Quellensteuern minderte. Im Jahr 2012 belastete die Bank den Kläger schließlich mit dem bislang nicht einbehaltenen Differenzbetrag in Höhe von 132,90 EUR. Der Kläger wollte die nachgezahlte Kapitalertragsteuer im Abrechnungsbescheid zur Einkommensteuer 2012 angerechnet wissen, was sein Finanzamt jedoch ablehnte.
Entscheidung
Das Finanzgericht sprach sich ebenfalls gegen eine Anrechnung in 2012 aus und verwies darauf, dass durch den nacherhobenen Steuerbetrag (zulässigerweise) eine für 2009 geschuldete Kapitalertragsteuer abgeführt worden ist. Die Bank hätte als auszahlende Stelle bereits in 2009 eine Kapitalertragsteuer von 25% einbehalten müssen. Eine Kürzung um ausländische Quellensteuern hätte nicht erfolgen dürfen, weil dem Kläger sowohl in Spanien als auch in Norwegen ein Steuerermäßigungsanspruch auf 0 EUR zugestanden hatte. Der rechtlich zutreffende Steuereinbehalt wurde somit erst durch die Nacherhebung in 2012 vorgenommen. Da die Bank zur gesetzmäßigen Steueranmeldung und -erhebung verpflichtet ist, musste sie die Steuer nacherheben. Dem stand nicht entgegen, dass der Einkommensteuerbescheid des Klägers für 2009 bereits bestandskräftig war.
Banken sind für jeden Besteuerungsvorgang innerhalb der Festsetzungsverjährungsfrist ohne weiteres zur Korrektur ihrer Steueranmeldungen verpflichtet - und zwar solange, bis die geschuldete Steuer in der gesetzlichen Höhe abgeführt worden ist. Die Voraussetzungen einer Änderungsvorschrift der Abgabenordnung (z. B. nach § 172 AO) müssen hierfür nicht vorliegen. Diese Rechtslage führt auch nicht zu einer zeitlich unbefristeten Korrekturmöglichkeit ("open-end"), da eine Änderung nur bis zum Eintritt der Festsetzungsverjährung eröffnet ist.
Die Bank hat die Nacherhebung in 2012 zudem zutreffend als sogenannte Deltakorrektur vorgenommen; sie hatte die entsprechende Korrektur - ohne Stornierung des bisherigen Abzugs - erst zu dem Zeitpunkt vorzunehmen, in dem sie Kenntnis von der nachzuerhebenden Steuer erhalten hatte (§ 43a Abs. 3 Satz 7 EStG i. d. F. des JStG 2010). Diese Kenntnis erlangte sie erst im Jahr 2012 nach Veröffentlichung entsprechender BMF-Schreiben zur Anrechnung ausländischer Quellensteuer.
Hinweis
Das Finanzgericht erklärte, dass die Vorschrift des § 43a Abs. 3 Satz 7 EStG (i. d. F. des JStG 2010) keine unzulässige Rückwirkung beinhaltet, soweit nach ihr im Jahr 2012 ein Steuerabzug auf zugeflossene ausländische Dividendeneinkünfte aus 2009 im Wege der sogenannten Deltakorrektur berichtigt wird.
Link zur Entscheidung
FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06.09.2018, 12 K 12087/16