Von wesentlicher Bedeutung ist in dem Entwurf, dass die gesetzgeberische Intention besteht, nicht nur repressiv Straftaten zu verfolgen, sondern Maßnahmen der Compliance zu fördern, um Unternehmenskriminalität zu verhindern (Cappel / Duttiné, DStR 2020, 1685, 1687). Der Entw. gebraucht hier den Begriff der verbandsinternen Untersuchungen (§ 17 VerSanG-Entw.)., in der Literatur auch als "internal investigations" bezeichnet (vgl. Alexander/Winkelbauer in Müller-Gugenberger, Wirtschaftsstrafrecht, 7. Aufl. 2021, Rz. 31.28 ff.).
Exkurs: Zu beachten ist, dass Anhörungen von Arbeitnehmern in diesem Zusammenhang Grenzen gesetzt sind: Die Arbeitnehmer sind zwar arbeitsrechtlich zur wahrheitsgemäßen Aussage verpflichtet, strafprozessual gilt aber die Selbstbelastungsfreiheit ("nemo tenetur se ipsum accusare"; vgl. Bittmann/Molkenbur, wistra 2009, 373; Alexander/Winkelbauer in Müller-Gugenberger, Wirtschaftsstrafrecht, 7. Aufl. 2021, Rz. 31.29a).
So soll das Gericht die Verbandssanktion mildern, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ gegeben sind:
- wesentlicher Beitrag des Verbandes oder eines beauftragten Dritten zur Aufklärung der Verbandstat und der Verbandsverantwortlichkeit;
- der beauftragte Dritte darf nicht der Verteidiger des Verbandes oder Beschuldigten sein;
- ununterbrochene und uneingeschränkte Kooperation mit den Verfolgungsbehörden;
- Dokumentation der internen Untersuchungen mit Ergebnis- und Abschlussbericht (zur Beschlagnahmefähigkeit solcher Unterlagen nach § 94 StPO, wenn sie keine Verteidigungsunterlagen nach § 97 StPO darstellen, vgl. LG Braunschweig v. 21.7.2015 – 6 Qs 116/15, wistra 2016, 40 = NZWiSt 2016, 37 = StV 2016, 352; Fehrenbach, wistra 2021, 95, 101; Eschelbach in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StPO, 4. Aufl. 2020, § 97 Rz. 34);
- Befragungen in den verbandsinternen Untersuchungen nach den Grundsätzen eines fairen Verfahrens (Recht auf Hinzuziehung eines Rechtsbeistands, Hinweispflicht auf Verwendung der Auskünfte im Strafverfahren und auf Zeugnis- bzw. Auskunftsverweigerungsrechte nach §§ 52, 55 StPO).
Die Milderung kann nach dem insoweit gebundenen Ermessen ("... soll") des Gerichts zu einer Reduzierung der Sanktion bis zur Hälfte des Höchstmaßes erfolgen (§ 18 S. 1 VerSanG-Entw.). Die Milderung ist aber ausgeschlossen, wenn der Verband die Ergebnisse erst nach Eröffnung des Hauptverfahrens nach § 202 StPO offenbart (§ 17 Abs. 3 VerSanG-Entw.).