Grundsätze zur Behandlung von nachträglichen Anschaffungskosten aus Forderungsausfällen und Bürgschaftsinanspruchnahmen bei § 17 EStG und § 20 EStG
[Ohne Titel]
Dr. Nils Trossen, Richter am BFH
Das Schreiben des BMF v. 7.6.2022 – IV C 6 - S 2244/20/10001:001 – DOK 2022/0474692, GmbH-StB 2022, 244 (Trossen) erläutert die Grundsätze für die Berücksichtigung nachträglicher Anschaffungskosten bei § 17 EStG nach Maßgabe des im Jahr 2019 eingeführten Abs. 2a. Weiter gibt es die aktuelle Rechtslage aus Sicht der Finanzverwaltung für das Verhältnis von § 17 EStG zu § 20 EStG für den Fall des Ausfalls privater Darlehensforderungen wieder. Der nachfolgende Beitrag analysiert praxisrelevante Fragen zu dem BMF-Schreiben und gibt Beraterhinweise.
I. Erstes BMF-Schreiben zum Nichtanwendungsgesetz
Neuregelung des § 17 Abs. 2a EStG (= Nichtanwendungsgesetz) ...: Das BMF-Schreiben v. 7.6.2022 erläutert in insgesamt 35 Randnummern aus Sicht der Finanzverwaltung die mit dem Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften eingeführte Neuregelung des § 17 Abs. 2a EStG.
... als Reaktion auf BFH v. 11.7.2017 – IX R 36/15: Diese war als Nichtanwendungsgesetz zu dem Urteil des BFH v. 11.7.2017 – IX R 36/15 ergangen.
Ziel der gesetzlichen Neuregelung: Die gesetzliche Neuregelung hat zum Ziel,
- der geänderten BFH-Rechtsprechung im Urteil des BFH v. 11.7.2017 – IX R 36/15 den Boden zu entziehen und
- die bisherigen Grundsätze zur Berücksichtigung von Gesellschafterdarlehen nach Maßgabe der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit fortzuführen.
Zudem werden in dem BMF-Schreiben v. 7.6.2022 auch
II. Offene und verdeckte Einlagen (§ 17 Abs. 2a S. 3 Nr. 1 EStG)
Das BMF-Schreiben spricht in Bezug auf die Behandlung von Einlagen zunächst eine Selbstverständlichkeit an: Ob eine offene oder verdeckte Einlage vorliegt, richtet sich nach handels-, bilanzsteuer- und körperschaftsteuerlichen Grundsätzen. Zu den Einlagen zählen
BMF: Einzahlungen in letzter Minute = offene Einlage: Begrüßenswert ist, dass auch Einzahlungen in letzter Minute – die also in zeitlicher Nähe zur Veräußerung oder Liquidation der Beteiligung geleistet werden – als offene Einlage zu berücksichtigen sind.
BMF folgt damit BFH: Damit folgt die Finanzverwaltung der BFH-Rechtsprechung im Urteil des BFH v. 20.7.2018 – IX R 5/15. Eine Anwendung des § 42 AO seitens der Finanzverwaltung ist daher in diesen Fällen ausgeschlossen.
Beraterhinweis Dies ermöglicht, durch Einlagen ggf. den Ausfall einer Darlehensforderung zu verhindern, wobei die Fristen des AnfG zu beachten sein werden.
Nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten (AK) führt hingegen die rein gesellschaftsintern wirkende und lediglich auf einem Passivtausch beruhende Umgliederung einer freien Gewinnrücklage in eine zweckgebundene Rücklage. Auch der Verlust aus der Veräußerung eines gesellschaftsrechtlich veranlassten Darlehens an die Gesellschaft oder einen Dritten führt nach Tz. 19 des BMF-Schreibens nicht zu nachträglichen AK, soweit keine verdeckte Einlage vorliegt.
1. Darlehensverzicht
Nur werthaltiger Teil des Darlehens führt zu nachträglichen AK: Zu den Einlagen gehört der Verzicht auf ein Gesellschafterdarlehen in Höhe des werthaltigen Teils. Keine Rolle spielt dabei, ob das Darlehen unter fremdüblichen Bedingungen vereinbart war oder gesellschaftsrechtlich veranlasst war. Im Fall des Darlehensverzichts führt daher nur der in Zeitpunkt des Eintritts der Krise werthaltige Teil des Darlehens zu nachträglichen AK nach § 17 Abs. 2a S. 3 Nr. 1 EStG.
Beachten Sie: Der Verzicht auf den nicht werthaltigen Teil ist nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 EStG zu berücksichtigen.
Beraterhinweis Beachten Sie, dass nach der BFH-Rechtsprechung bei einer werthaltigen und teilweise nicht mehr werthalti...