Für Zwecke der Bewertung wird die optierende Personenhandelsgesellschaft den "echten" Personenhandelsgesellschaften gleichgestellt (§ 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 BewG). Der gemeine Wert des Gesamtunternehmens gem. § 97 Abs. 1a BewG wird auf die einzelnen Gesellschafter verteilt. Dabei wird den einzelnen Gesellschaftern zunächst der Wert ihrer Eigenkapitalkonten aus der Gesamthandsbilanz individuell vorweg zugerechnet. Lediglich der verbleibende Wert wird anhand des Gewinnverteilungsschlüssels auf die Gesellschafter aufgeteilt. Etwaiges Mehr- und Minderkapital aus Ergänzungsbilanzen bleibt unberücksichtigt (vgl. Eisele in Rössler/Troll/Eisele, 33. EL 1/2021, § 97 BewG Rz. 28). Übertragenes SBV wird dem besitzenden Gesellschafter direkt zugewiesen.
Beraterhinweis Es ist unseres Erachtens folgerichtig, die Wertaufteilung der optierenden Gesellschaft wie bei einer nicht optierenden Gesellschaft vorzunehmen, da die Bereicherung des Erben bzw. Beschenkten zivilrechtlich und wirtschaftlich in derselben Beteiligung an einer "echten" Personenhandels- oder Partnerschaftsgesellschaft besteht.
Allerdings stellt diese Wertermittlung "wie bisher" die Praxis vor die Frage, welche Eigenkapitalkonten dem Gesellschafter vorweg zugerechnet werden sollen. Bei einer optierenden Gesellschaft soll es – wie bei Kapitalgesellschaften – keine steuerlichen individuellen Kapitalkonten geben. Auch das steuerliche Einlagekonto wird nicht gesellschafterbezogen geführt (Demuth, kösdi 2021, 2241, 2252) Die Kapitalkonten können daher nicht einfach aus der Steuerbilanz entnommen werden und dem Gesellschafter individuell zugerechnet werden. Demuth schlägt daher vor, die steuerlichen Kapitalkonten in einer Schattenrechnung gesellschafterbezogen fortzuführen (vgl. Demuth, kösdi 2021, 2241, 2252), was aber einen erheblichen Aufwand bedeuten würde.
Auch wenn es in Vorbereitung der Anwendung des Optionsmodells zu einer Anpassung der Gewinnverteilungsabreden kommt, wird die optierende Gesellschaft weiterhin eine gesellschafterindividuelle Kapitalkontenstruktur aufweisen, da gesellschaftsrechtlich weiterhin eine klassische Personenhandelsgesellschaft vorliegt (so auch Kölbl/Luce, Ubg 2021, 264, 267). Handelsbilanziell werden daher wie bisher die gesellschaftsrechtlichen Kapitalkonten geführt. Demzufolge können diese Konten direkt aus der handelsrechtlichen Buchführung abgeleitet werden. Sofern Eigenkapitalkonten bestehen, die nicht individualisiert sind, haben die Gesellschafter ohnehin einen Anspruch entspr. der Beteiligungsquote. Abweichungen zwischen handels- und steuerbilanziellen Bilanzansätzen sind für die Verteilung des Unternehmenswertes grundsätzlich unbeachtlich, da nur die zivilrechtlichen Bestimmungen Auswirkungen auf den Wertanteil des Gesellschafters haben (vgl. Ros, DStR 2021, 844). Bei den Abweichungen zwischen handelsrechtlichen und steuerlichen Wertansätzen handelt es sich ausschließlich um Bewertungskorrekturen für Zwecke der steuerlichen Gewinnermittlung. Auf die Verteilung des Anspruchs auf den Unternehmenswert zwischen den Gesellschaftern haben die Abweichungen keinen Einfluss (vgl. auch das Beispiel in Kreutziger in Kreutziger/Schaffner/Stephany, 5. Aufl. 2021, § 97 BewG Rz. 62), es kommt lediglich auf die zivilrechtliche Betrachtungsweise an, da einem Gesellschafter auch bewertungsrechtlich nur der Wert zugewiesen werden kann, auf den er einen zivilrechtlichen Anspruch hat (vgl. Ros, DStR 2021, 841). Etwaige ehemalige Ergänzungsbilanzen, die in der Bilanz der optierenden Gesellschaft Auswirkungen auf die steuerbilanziellen Wertansätze haben, hatten folgerichtig auch vor Einführung des Optionsmodells keinen Einfluss auf die Verteilung des Unternehmenswertes.
Beispiel 1
Gesellschafter der optierenden AB-KG sind zu 25 % A und zu 75 % B. Das Kapitalkonto I spiegelt die Beteiligungsquoten wider und beträgt für A 25.000 EUR und für B 75.000 EUR. Daneben besteht eine individualisierte Rücklage (Kapitalkonto II) für B i.H.v. 100.000 EUR und ein Gewinnvortrag i.H.v. 200.000 EUR. Der gemeine Wert der AB-KG beträgt 1.000.000 EUR. Fiktives SBV besteht nicht. Zu bewerten ist der Anteil von B, der von Todes wegen den vollen Anteil auf seine Tochter überträgt.
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A |
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B |
Gesellschafter |
EUR |
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EUR |
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EUR |
Wert des Gesamthandsvermögens |
1.000.000 |
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abzgl. Kapitalkonten aus Handelsbilanz |
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Kapitalkonto I |
100.000 |
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25.000 |
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75.000 |
Kapitalkonto II |
100.000 |
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100.000 |
Zwischensumme |
200.000 |
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25.000 |
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175.000 |
zu verteilender Unterschiedsbetrag zwischen Unternehmenswert und Kapitalkonten |
800.000 |
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200.000 |
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600.000 |
Anteil am Wert des Betriebsvermögens |
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225.000 |
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775.000 |
Beraterhinweis Eine steuerliche Schattenrechnung der Kapitalkonten ist somit für handelsrechtlich bilanzierungspflichtige Unternehmen nicht erforderlich, da disquotale Wertansätze individueller Kapitalkonten bereits aus der Handelsbilanz abgeleitet werden können.