Herausforderungen für die Praxis i.R.d. Erbschaft- und Schenkungsteuer
[Ohne Titel]
Harald Dörfler, WP/StB / Stefan Spitz, WP/StB
I. Einleitung
Auf den letzten Metern der abgelaufenen Legislaturperiode wurde im Juni 2021 das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) eingeführt (vgl. BT-Drucks. 19/29843). Dadurch wird es Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften ermöglicht, durch bloßen Antrag vom bisherigen Transparenzprinzip zum Trennungsprinzip zu optieren, so dass die Gewinne der Personenhandels- bzw. Partnerschaftsgesellschaft mit Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer besteuert werden (§ 1a Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 KStG). Insbesondere im Falle der Gewinnthesaurierung ergibt sich durch das Optionsmodell ein deutlicher Liquiditätsvorteil i.R.d. laufenden Ertragsbesteuerung (vgl. hierzu Cordes/Kraft, FR 2021, 401).
Ein großer Vorteil der Option für Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften liegt darin, dass in bestimmten Fällen "das Beste aus zwei Welten" (Mayer/Käshammer, NWB 2021, 1300) kombiniert werden kann. Neben dem ertragsteuerlichen Vorteil handelt es sich dabei insb. um eine Privilegierung nach §§ 13a, 13b, 13c oder 28a ErbStG – auch bei einer Beteiligungsquote von unter 25 %. Beteiligungen an "echten" Kapitalgesellschaften würden bei diesen Beteiligungsquoten grundsätzlich nicht mehr der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Begünstigung unterliegen. Allenfalls mit Poolverträgen i.S.d. § 13b Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 ErbStG könnte dieses Problem gelöst werden.
Die optierende Gesellschaft unterliegt dem Trennungsprinzip, d.h. sie wird i.R.d. Ertragsteuer wie eine Kapitalgesellschaft behandelt. Dies führt insb. dazu, dass bei der optierenden Gesellschaft kein Sonderbetriebsvermögen (SBV) für ertragsteuerliche Zwecke mehr existiert (vgl. Demuth, kösdi 2021, 2241, 2246). Für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer wird die optierende Gesellschaft jedoch weiterhin wie eine (nicht-optierende) Mitunternehmerschaft behandelt (§ 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 und 2, Nr. 3 Satz 1, § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG i.V.m. § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 BewG). Bei der optierenden Gesellschaft soll jedoch allein für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke fiktives SBV existieren (vgl. Demuth, kösdi 2021, 2241, 2252). Auch wenn Demuth dies für den Entwurf des KöMoG noch als "redaktionelles Versehen" bezeichnete, fand die Verweiskette dennoch Eingang in die finale Gesetzesfassung.
Im BMF-Schreiben zum Optionsmodell (BMF v. 10.11.2011 – IV C 2 - S 2707/21/10001:004, GmbH-StB 2011, 386) wurde nicht auf die erbschaft- und schenkungsteuerlichen Folgen des Optionsmodells eingegangen. Der vorliegende Beitrag soll daher mögliche Konsequenzen aufzeigen und dem Rechtsanwender Lösungsansätze für die offenen Rechtsfragen geben.
II. Die optierende Personenhandelsgesellschaft im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht
1. Abweichende Betrachtungsweise im Ertragsteuerrecht und Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht
Nur für ertragsteuerliche Zwecke wird die optierende Gesellschaft nicht mehr wie eine Personenhandelsgesellschaft, sondern wie eine Kapitalgesellschaft, behandelt. Der ertragsteuerliche Wechsel des Besteuerungsregimes hat einen fiktiven Formwechsel zur Folge (§ 1a Abs. 2 Satz 1 und 2 KStG i.V.m. § 1 Abs. 3 Nr. 3 UmwStG sowie §§ 1 und 25, 20 ff. UmwStG). Dabei muss ein wirksamer Antrag auf Besteuerung als Kapitalgesellschaft ebenso gestellt werden, wie ein etwaiger Antrag auf Buchwertfortführung i.R.d. fiktiven Formwechsels.
Entsprechend dem originären Formwechsel kann die Buchwertfortführung jedoch nur gewährt werden, wenn sämtliche funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen des Mitunternehmeranteils i.R.d. Formwechsels in die fiktiv formgewechselte Kapitalgesellschaft eingebracht werden. Insbesondere müssen im Zeitpunkt der Optionsausübung funktional wesentliche Wirtschaftsgüter des SBV auf die optierende Gesellschaft übertragen werden (vgl. Kelm/Rindermann/Hennrichs, WPg 2021, 1166, 1173).
Etwaiges nicht auf die optierende Gesellschaft übergehende SBV wird im Wege der Entnahme in das Privatvermögen der Gesellschafter übertragen (Strecker/Carlé, NWB 2021, 2025), mit der Folge, dass die Entnahmegewinne als "Dry-Income" der Besteuerung unterliegen. Nach Ausübung der Option besteht – wie bei echten Kapitalgesellschaften – auch bei der optierenden Gesellschaft kein ertragsteuerliches SBV mehr.
Für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer verbleibt es bei der Qualifikation als Personenhandelsgesellschaft (vgl. Kelm/Rindermann/Hennrichs, WPg 2021, 1166, 1172). Als Rechtsfolge hiervon kann alleine für erbschaft- und schenkungsteuerliche Zwecke nach herrschender Literaturmeinung (Cordes/Kraft, FR 2021, 407; Demuth, kösdi 2021, 2241, 2252) noch SBV bestehen, sofern nach dem fiktiven Formwechsel positive oder negative Wirtschaftsgüter existieren bzw. angeschafft wurden, die im Privateigentum eines Gesellschafters stehen und diese ertragsteuerlich dem SBV einer nicht optierenden Gesellschaft zuzuordnen wären (§ 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 BewG).
2. Wertermittlung der optierenden Gesellschaft
Für Zwecke der Bewertung wird die optier...