1. Übertragung des ganzen Mitunternehmeranteils
Voraussetzung der Gewährung der erbschaftsteuerlichen Betriebsvermögensbegünstigungen ist gem. § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG, dass eine Beteiligung an einer Gesellschaft i.S.d. § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 BewG übertragen wird. Dort wird auf die optierende Gesellschaft i.S.d. § 1a KStG verwiesen. In Satz 2 des § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG wird normiert, dass eine solche Beteiligung auch das SBV umfasst, so dass nur mit diesem zusammen insgesamt ein Mitunternehmeranteil vorliegt. Für die Gewährung der Begünstigung des Mitunternehmeranteils, d.h. Gesamthands- und Sonderbetriebsvermögen, ist, dass im Zeitpunkt der Übertragung auch das funktional wesentliche SBV mit übertragen wird, da ansonsten kein vollständiger Mitunternehmeranteil übertragen wird (vgl. Kugelmüller-Pugh, DStR 2020, 2725, 2728 zu BFH v. 17.6.2020 – II R 33/17, ErbStB 2021, 65 [Knittel]).
Dieser bislang geltende Grundsatz besteht auch nach Einführung der optierenden Gesellschaft fort. Für diese ist es jedoch schwieriger, das SBV für den Zeitpunkt der Übertragung festzustellen, da es an der ertragsteuerlichen Bilanzierung des SBV fehlt. Bestand auch bereits bislang die Gefahr von "unentdecktem" SBV, ist diese nun ungleich höher. Da keine jährliche Vermögensübersicht über das SBV mehr geführt wird, kann es gerade bei komplexeren Vermögensverhältnissen dazu führen, dass SBV nicht bekannt ist und – versehentlich bzw. unwissentlich – bei der Übertragung im Privatvermögen zurückbehalten wird. Dies hat zur Folge, dass auch die Übertragung des originären Betriebs nicht erbschaft- und schenkungsteuerlich begünstigt ist.
Beispiel 2
A ist zu 50 % Kommanditist der A-KG, welche seit dem Jahr 01 die Option nach § 1a KStG erklärt hat. Im Jahr 05 erwirbt A ein Nachbargrundstück des bisherigen Betriebsgeländes und errichtet aus eigenen Mitteln auf diesem eine weitere Fertigungshalle, welche er der A-KG überlässt. A überträgt nach Fertigstellung des Grundstücks 05 seinen Kommanditanteil am 1.1.2006 auf sein Kind B. Das Grundstück überträgt er jedoch nicht, da er die Erträge für die Finanzierung seines Lebensunterhalts verwendet. Die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung sind (mangels personeller Verflechtung) nicht erfüllt.
Das Grundstück von A ist ertragsteuerliches Privatvermögen, obwohl es sich um eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage der A-KG handelt. Es liegt jedoch zum Übertragungsstichtag aus erbschaft- und schenkungsteuerlicher Sicht funktional wesentliches SBV von A bei der A-KG vor, welches nicht übertragen wurde. Die Übertragung ist daher insgesamt erbschaft- und schenkungsteuerlich nicht begünstigt.
Beraterhinweis Aufgabe der Praxis wird bei optierenden Gesellschaften i.R.v. Nachfolgeplanungen somit sein, etwaiges fiktives SBV sorgfältig zu ermitteln.
2. Begünstigung von fiktivem SBV
Der größte Vorteil von fiktivem SBV liegt darin, dass SBV i.R. eines Mitunternehmeranteils weiterhin der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Begünstigung zugänglich ist. Dies führt zu einer Besserstellung ggü. der vergleichbaren Situation bei Kapitalgesellschaften.
Beispiel 2 (Abwandlung 1)
A überträgt gleichzeitig mit dem Kommanditanteil zum 1.1.2006 auch das Grundstück auf Kind B.
Die Übertragung kann nun insgesamt, d.h. einschließlich des Grundstücks, erbschaftsteuerlich begünstigt werden. Wenn die Voraussetzungen der Optionsverschonung vorliegen, ist grundsätzlich sogar eine vollständige Steuerfreiheit möglich.
Zu beachten ist, dass in dieser Abwandlung das Grundstück kein Verwaltungsvermögen darstellt, da es von der A-KG genutzt wird (§ 13b Abs. 4 Nr. 1 lit. a Alt. 2 ErbStG). Sollte im SBV Verwaltungsvermögen vorliegen, ist zu prüfen, ob dieses als junges Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG) einzuordnen ist. Dies könnte bspw. bei Kapitalgesellschaftsbeteiligungen unter 25 % der Fall sein.
Exkurs: Steuerlich problematisch erweisen sich insb. die Fälle, in denen das funktional wesentliche SBV fremdfinanziert wurde und die Verbindlichkeiten mitübertragen werden oder werden sollen. In diesem Fall liegt ertragsteuerlich eine (voll- oder teil-)entgeltliche Veräußerung vor, die – aufgrund der Eigenschaft als ertragsteuerliches Privatvermögen – unter den Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerpflichtig ist (BFH v. 3.9.2019 – IX R 8/18, BFH/NV 2020, 265 = EStB 2020, 49 [Formel]).
Beispiel 2 (Abwandlung 2)
Statt einer Beteiligung an der A-KG hält A eine hälftige Beteiligung an der A-GmbH. Das Grundstück ist wiederum ertragsteuerliches Privatvermögen. A überträgt das Grundstück und die Beteiligung gleichzeitig auf Kind B.
Die Beteiligung an der A-GmbH kann gem. §§ 13a, 13b, 13c, 28a ErbStG begünstigt sein. Für das Grundstück als Privatvermögen ist dies ausgeschlossen. Der gemeine Wert des Grundstücks erhöht den Steuerwert des übertragenen Vermögens ohne Befreiungsmöglichkeit, da auch die Voraussetzungen des § 13d ErbStG nicht vorliegen.
3. Wertermittlung des SBV
Fraglich ist auch die Wertermittlung des Sonderbetriebsvermögens, da keine bilanzielle Werterfassung stattfindet. Dies ist für erbschaft- und sche...