Leitsatz
1. § 10 Abs. 1 SortSchG vermittelt dem Sortenschutzinhaber (§ 8 SortSchG) eine geschützte Rechtsposition, Vermehrungsmaterial der geschützten Sorte zu erzeugen, für Vermehrungszwecke aufzubereiten, in den Verkehr zu bringen, ein- oder auszuführen oder hierfür aufzubewahren. Überlässt ein Züchter dieses Recht zeitlich befristet einem Saatguthersteller gegen Lizenzzahlung, liegt eine Rechteüberlassung i.S. des § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG vor.
2. Bei der Rechteüberlassung eines Züchters an einen Saatguthersteller handelt es sich nicht um eine sog. Vertriebslizenz i.S. des § 8 Nr. 1 Buchst. f., Klammerzusatz Alt. 3 GewStG. Denn der Saatguthersteller nutzt die Lizenz zur Herstellung von Vermehrungsmaterial für den Verkauf. Dieses Recht wird nicht unverändert an die Landwirte weitergegeben, da diese im Gegensatz zum Saatguthersteller nicht befugt sind, Vermehrungsmaterial zu erzeugen.
Normenkette
§ 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG, § 10 Abs. 1 SortSchG
Sachverhalt
Die Klägerin produziert und vertreibt Saatgut. 2007 schloss sie eine "exklusive Produktions-, Vertriebs- und Lizenzvereinbarung" mit der X‐GmbH, die Sorten einer landwirtschaftlichen Kulturart bis zur Marktreife züchtet und u.a. beim Bundessortenamt anmeldet und Inhaberin von Sorten und Sortenrechten ist.
Die Klägerin kann von der X-GmbH angebotene Sorten in die Vermarktung aufnehmen, ihr wird dann das exklusive Recht zur Produktion und zum Vertrieb übertragen. Die Rechte und Pflichten aus dem Vertrag sind nicht auf andere übertragbar. Die X‐GmbH produziert das aufgrund der Planung notwendige Ausgangsmaterial (sog. "Basis-Saatgut") und stellt es der Klägerin zur Aussaat am Ort der Vermehrung zur Verfügung.
Die Vermehrung des Ausgangsmaterials erfolgt durch Einschaltung landwirtschaftlicher Betriebe, sog. "Vermehrer", die die Klägerin auswählt. Das vermehrte Saatgut wird als Fertigware in das Zentrallager der Klägerin übernommen und anschließend an Landwirte als Endkunden ausgeliefert. Für das verkaufte zertifizierte Saatgut erhält die X‐GmbH eine Lizenzgebühr.
Das FA rechnete im Bescheid über den vortragsfähigen Gewerbeverlust zum 31.12.2009 und den Gewerbesteuermessbescheiden 2010 bis 2013 ein Viertel der Lizenzgebühren hinzu (§ 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG).
Die Klage blieb ohne Erfolg (FG Münster, Urteil vom 13.10.2017, 13 K 2554/15 G, F, Haufe-Index 11441338, EFG 2018, 144).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück.
Hinweis
Der BFH hat erst wenige Revisionsverfahren entschieden, in denen um die in 2008 eingeführte Hinzurechnung von Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten gestritten wurde (BFH, Beschluss vom 31.12.2012, I R 105/10, BFH/NV 2012, 996, betr. Glücksspielabgaben; BFH, Urteil vom 12.1.2017, IV R 55/11, BFH/NV 2017, 988, betr. Franchise; BFH, Urteil vom 26.4.2018, III R 25/16, BFH/NV 2018, 1199, betr. transaktionsbezogene Zahlungen bei computerisierten Reisevertriebssystemen); anhängig ist ein Verfahren, in dem es um Zahlungen an Verwertungsgesellschaften geht (III R 38/18).
1. Der BFH bejahte zunächst die für die Hinzurechnung erforderliche zeitlich befristete Überlassung von (Sortenschutz-)Rechten gegen Lizenzzahlungen. Die zeitlich befristete Rechteüberlassung steht im Gegensatz zur endgültigen Rechtsübertragung. Für die zeitlich befristete Überlassung genügt es, wenn bei Abschluss des Vertrags ungewiss ist, ob und wann die Nutzungsüberlassung endet, z.B. wegen gesetzlicher Kündigungsmöglichkeiten, auch wenn diese auf bestimmte Fälle beschränkt sind, oder wegen einer auflösenden Bedingung im Übertragungsvertrag.
Dagegen liegt eine endgültige Übertragung vor, wenn das Recht dem Berechtigten mit Gewissheit endgültig verbleiben wird, ein Rückfall kraft Gesetzes oder Vertrags nicht in Betracht kommt oder das wirtschaftliche Eigentum sich während der vereinbarten Nutzungsdauer in seinem wirtschaftlichen Wert erschöpft (sog. "verbrauchende" Rechtsüberlassung).
Gegen eine endgültige Überlassung sprach hier die Regelung in der Lizenzvereinbarung, wonach die Rechte und Pflichten aus dem Vertrag nicht auf andere übertragbar sind, denn eine solche Einschränkung wäre bei einem dinglichen Vollerwerb des Sortenschutzrechts nach § 11 Abs. 1 SortSchG nicht möglich. Die Lizenzvereinbarung sah zudem verschiedene Konstellationen vor, in denen die eingeräumten exklusiven Nutzungsrechte an die Rechteinhaberin zurückfallen, was einer endgültigen Übertragung des Vollrechts widerspricht. Gegen eine verbrauchende Rechteüberlassung sprach auch, dass der Sortenschutz nach 25 bzw. 30 Jahren endet, der Vertrag aber nur eine Mindestlaufzeit von fünf Jahren vorsah und von beiden Seiten gekündigt werden konnte.
2. Aufwendungen für sog. Vertriebslizenzen oder Durchleitungsrechte werden nicht hinzugerechnet. Solche Lizenzen, die ausschließlich dazu berechtigen, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen, liegen nur dann vor, wenn der Lizenznehmer die eingeräumten Rechte nicht selbst nutzt, verändert oder bearbeitet, ...