Dipl.-Finanzwirt Rüdiger Happe
Leitsatz
Ein Rechtsnachfolger hat im Jahr der Herstellung einer zur Vermietung vorgesehenen Eigentumswohnung Anspruch auf die degressive AfA nach § 7 Abs. 5 EStG in voller Jahreshöhe und nicht nur zeitanteilig, auch wenn der Erblasser aufgrund beabsichtigter Selbstnutzung keine AfA in Anspruch nehmen konnte.
Sachverhalt
Die Erblasserin erwarb eine Eigentumswohnung, die sie nach Fertigstellung selbst nutzen wollte. Die Wohnung wurde im Dezember 2005 fertig gestellt. Die Erblasserin verstarb noch im gleichen Monat, bevor sie diese beziehen konnte. Die Erben vermieteten daraufhin die Wohnung.
In der Feststellungserklärung beantragte die Erbengemeinschaft die Abschreibung nach § 7 Abs. 5 EStG in voller Jahreshöhe. Das Finanzamt gewährte die AfA jedoch nur zeitanteilig für die drei Tage des Bestehens der Erbengemeinschaft. Die AfA sei bis zum Erbfall der Erblasserin zuzurechnen, der Erbengemeinschaft aber erst ab dem Zeitpunkt des Erbfalls. § 11d Abs. 1 Satz 2 EStDV sehe keine Übertragung der AfA des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger vor. Da die Erblasserin die Wohnung selbst habe bewohnen wollen, könne nach R 7.4 Abs. 2 Satz 1 EStR 2005 die AfA nur zeitanteilig gewährt werden.
Entscheidung
Der Erbengemeinschaft steht im Fertigstellungsjahr der Eigentumswohnung die degressive AfA nach § 7 Abs. 5 EStG in Höhe des Jahresbetrags zu. Die AfA ist nicht zeitanteilig, sondern in voller Jahreshöhe anzusetzen, da von der Erblasserin keine AfA in Anspruch genommen wurde. Der Erblasserin stand für das Objekt keine AfA zu, da sie es selbst nutzen wollte und daher keine Einkunftserzielungsabsicht hatte. Dass das Eigentum auf die Erbengemeinschaft erst kurz vor Ende des Fertigstellungsjahrs übergegangen ist, ist unschädlich, da § 7 Abs. 5 Satz 3 EStG für das Jahr der Fertigstellung bzw. Anschaffung die zeitanteilige Gewährung der degressiven AfA grundsätzlich ausschließt. Eine zeitanteilige Gewährung wäre nur dann vorzunehmen, wenn die Übertragung im Laufe eines Kalenderjahrs stattgefunden und sowohl Rechtsvorgänger als auch Rechtsnachfolger das Wirtschaftsgut zur Erzielung von Einkünften genutzt hätten. R 7.4 EStR 2005 solle nur ausschließen, dass einem Steuerpflichtigen für ein Wirtschaftsgut, das er etwa aufgrund Selbstnutzung oder durch Veräußerung während eines Teils des Jahres nicht zur Einkunftserzielung genutzt hat, die volle degressive Jahres-AfA gewährt wird. Bei ihrer Anwendung sei auf die Nutzung des Objekts durch den AfA-Berechtigten abzustellen, hier also auf die Nutzung durch die Erbengemeinschaft. Diese habe aber keine schädliche Nutzung vorgenommen.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 18.05.2010, 13 K 1288/07