Nach § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 5 AO wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft, wer als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach § 370 Abs. 1 AO (also Steuerhinterziehungstaten) verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchsteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchsteuervorteile erlangt.

Bande: Eine Bande ist anzunehmen, wenn sich mindestens drei Personen zusammenschließen, um künftig für eine gewisse Dauer Straftaten eines bestimmten Deliktstyps zu begehen (BGH v. 22.3.2001 – GSSt 1/00, wistra 2001, 298; v. 22.8.2001 – 3 StR 287/01, wistra 2002, 21; v. 22.10.2001 – 5 StR 439/01, wistra 2002, 57; Schauf in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 1123 [Oktober 2019]; Joecks in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 370 AO Rz. 580; Rolletschke in Rolletschke/Kemper/Roth, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 1143 [Juni 2017]; Peters in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 370 AO Rz. 765 [Juli 2019].

Die Mitglieder der Bande müssen durch den Willen verbunden sein, gemeinsam künftig Straftaten zu begehen. Dieser Wille muss nicht immer ausdrücklich erklärt sein. Auch ein stillschweigendes Übereinkommen genügt. Es ist weder eine gegenseitige Verpflichtung der Mitglieder zur Begehung solcher Taten noch die Bildung einer festgefügten Organisation anders als bei einer kriminellen Vereinigung erforderlich. Ort, Zeit und Einzelheiten der Ausführung der Taten können noch unbestimmt sein. Der Begriff der "fortgesetzten Begehung" ist nicht so wie in § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 AO (vgl. hierzu BGH v. 21.4.1998 – 5 StR 79/98, wistra 1998, 265; Rolletschke in Rolletschke/Kemper/Roth, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 1132 [Juni 2017]) zu verstehen, dass schon mehrmals entsprechende Taten begangen worden sein müssen.

Ehegatten können im Hinblick auf die Mindestzahl von drei Personen zwar keine Bande bilden, wohl aber Eheleute mit ihren erwachsenen Kindern oder Eheleute mit einem StB. Jedenfalls stehen familiäre Verbindungen der handelnden Personen der Bandenqualifikation nicht entgegen (BGH v. 12.7.2006 – 2 StR 180/06, NStZ 20067, 339; Rolletschke in Rolletschke/Kemper/Roth, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 1143 [Juni 2017]. Allerdings ist das Bandenmerkmal nicht erfüllt, wenn sich drei oder mehr Beteiligte im Rahmen einer Personen- oder Kapitalgesellschaft zu einem legalen Zweck zusammenschließen, um ein Unternehmen zu betreiben bzw. eine entsprechende Gesellschaft zu gründen und es im Zusammenhang mit dem Betrieb dieses Unternehmens zu Steuerhinterziehung kommt (gl.A. Peters in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 370 AO Rz. 767 [Juli 2019]; ähnlich Joecks in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 370 AO Rz. 580 m.w.N.).

Steuern, auf welche sich die Tathandlungen des § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 5 AO beziehen, können ausschließlich USt und/oder Verbrauchsteuern sein.

Die USt ist seit jeher missbrauchsanfällig gewesen. So war denn auch das eigentliche Regelungsziel des § 370a AO a.F., der quasi durch § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 5 AOP ersetzt wurde, die Bekämpfung von USt-Karussellgeschäften (vgl. BT-Drucks. 16/5846 v. 27.6.2007, 89; Rüping / Ende, DStR 2008, 13). In der Praxis sind von § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 5 AO typischerweise USt-Karussellgeschäfte (vgl. hierzu Tormöhlen, AO-StB 2011, 153 [156]) und bandenmäßige Hinterziehung von TabSt und EUSt betroffen.

Einer Verbrauchsteuer unterliegen Bier (§ 1 Abs. 1 BierStG), Alkohol (§ 1 Abs. 1 AlkStG), Kaffee (§ 1 Abs. 1 KaffeeStG), Schaumwein und sog. Zwischenerzeugnisse (§ 1 Abs. 1 SchaumwZwStG), Tabakerzeugnisse (§ 1 Abs. 1 TabStG), Alkopops (§ 1 Abs. 1 AlkopopStG), Energieerzeugnisse (§ 1 Abs. 1 EnergieStG), Kernbrennstoffe (§ 1 Abs. 1 KernbrStG) und Strom (§ 1 Abs. 1 StromStG).

Kritisch ist m.E. zu beurteilen, dass § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 5 AO keine anderen Steuerarten erfasst als die USt und die Verbrauchsteuern. Denn in der Rechtswirklichkeit gibt es unbestritten Fallgestaltungen im Bereich der Besitz- und Verkehrsteuern, denen bandenmäßige Strukturen zugrunde liegen, z.B.

So wundert es nicht, dass das Land Nordrhein-Westfalen einen Vorstoß unternommen und im Februar 2022 eine Gesetzesiniative eingebracht hat, um das Steuerstrafrecht insoweit zu verschärfen. Organisierte Steuerhinterziehung soll de lege ferenda – über den bisherigen § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 5 AO hinaus – als besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung in § 370 Abs. 3 S. 2 AO eingestuft werden (vgl. FAZ v. 15.2.2022, https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/mehr-wirtschaft/wegen-cum-ex-nrw-will-das-steuerstrafrecht-verschaerfen-17807123.html).

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